Max IV./I. Joseph - Katharina Weigand - E-Book

Max IV./I. Joseph E-Book

Katharina Weigand

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Beschreibung

Max IV./I. Joseph – erst Pfalzgraf, dann Herzog, 1799 Kurfürst und schließlich 1806 erster König von Bayern: Keiner hätte bei der Geburt dieses Zweitgeborenen vermutet, welcher Aufstieg ihm gelingen sollte. Dabei dauerte es lange, bis er regierender Fürst wurde, wobei er nicht nur vom erbenlosen Tod einiger Familienmitglieder profitierte, sondern auch später von Napoleons Drang, die europäische Landkarte von Grund auf zu verändern. Mit Max IV./I. Joseph (1756–1825) vollzog sich der Wandel vom Alten zum Neuen Bayern. Da er sich klug beraten ließ, insbesondere von seinem Minister Maximilian von Montgelas, sollte seine Regierungszeit viel dazu beitragen, dass gerade Bayern die Stürme im Gefolge der Französischen Revolution unbeschadet, ja sogar als Gewinner überstand.

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herausgegeben vonThomas Götz

KATHARINA WEIGAND

Max IV./I. Joseph

Letzter Kurfürst,erster König

Biografien machen Vergangenheit lebendig: Keine andere literarische Gattung verbindet so anschaulich den Menschen mit seiner Zeit, das Besondere mit dem Allgemeinen, das Bedingte mit dem Bedingenden. So ist Lesen Lernen und Vergnügen zugleich.

Dafür sind gut 100 Seiten genug – also ein Wochenende, eine längere Bahnfahrt, zwei Nachmittage im Café. Wobei klein nicht leichtgewichtig heißt: Die Autoren sind Fachleute, die wissenschaftlich Fundiertes auch für den verständlich machen, der zwar allgemein interessiert, aber nicht speziell vorgebildet ist.

Bayern ist von nahezu einzigartiger Vielfalt: Seine großen Geschichtslandschaften Altbayern, Franken und Schwaben eignen unverwechselbares Profil und historische Tiefenschärfe. Sie prägten ihre Menschen – und wurden geprägt durch die Männer und Frauen, um die es hier geht: Herrscher und Gelehrte, Politiker und Künstler, Geistliche und Unternehmer – und andere mehr.

Das wollen die KLEINEN BAYERISCHEN BIOGRAFIEN: Bekannte Personen neu beleuchten, die unbekannten (wieder) entdecken – und alle zur Diskussion um eine zeitgemäße regionale Identität im Jahrhundert fortschreitender Globalisierung stellen. Eine Aufgabe mit Zukunft.

DR. THOMAS GÖTZ, Herausgeber der Buchreihe, geboren 1965, studierte Geschichte, Germanistik und Philosophie. Er lehrt Neuere und Neueste Geschichte an der Universität Regensburg und legte mehrere Veröffentlichungen, vor allem zu Stadt und Bürgertum in Bayern und Tirol im 18., 19. und 20. Jahrhundert, vor. Darüber hinaus arbeitet er im Museums- und Ausstellungsbereich.

Inhalt

Einleitung

1Der Pfalzgraf

Zweitgeborener eines Zweitgeborenen / Max Josephs Eltern / Kurfürst Max III. Joseph / Kinderjahre und Erziehung / Kurfürst Karl Theodor / Nachfolgeprobleme, Erbschaftsverträge und Heiratspläne / Die wittelsbachischen Hausverträge / Karl August auf dem Zweibrückener Thron / Max Josephs Anfänge als Offizier in Straßburg / Das Aussterben der altbayerischen Linie der Wittelsbacher / Karl Theodors Tauschpläne / Herzogin Maria Anna und die bayerischen Patrioten / Der Bayerische Erbfolgekrieg und der Friede von Teschen / Tod des Zweibrückener Thronfolgers / Max Josephs Vermählung mit Auguste Wilhelmine / Die letzten Jahre vor der Französischen Revolution / 1789: Ausbruch der Französischen Revolution / Die Linie Zweibrücken-Birkenfeld-Gelnhausen / Beginn des 1. Koalitionskrieges / Die Koalitionskriege / Schwindende Chancen auf das kurfürstliche Erbe?

2Der Herzog

Neuerliche Flucht / Der Tod Auguste Wilhelmines / Flucht nach Ansbach / Maximilian von Montgelas / Maximilian von Montgelas als Berater / Max Josephs zweite Eheschließung / Politische Nöte / Mediatisierung / Der Tod des Kurfürsten Karl Theodor / Die schwere neue Aufgabe

3Der Kurfürst

Einzug in München / Der 2. Koalitionskrieg / Erste Schritte auf dem Weg zum Bündniswechsel / Der Friede von Lunéville und die Entschädigung für die linksrheinischen Verluste / Die bayerischen Stände und die Landschaftsverordnung / Erste innenpolitische Maßnahmen / Säkularisation / Der Reichsdeputationshauptschluss / Die Auflösung der Klöster in Bayern / Weitere frühe Reformen / Die neue Beamtenschaft / Einführung der Wehrpflicht / Max Joseph und München / Familienangelegenheiten / Schwierige Orientierungsphase zwischen Österreich und Frankreich / Die Entscheidung fällt / Auf dem Weg zur Königskrone und zu einer bayerisch-französischen Heirat

4Der König

Max Josephs Königsproklamation / Die bayerischen Kroninsignien / Die Hochzeit von Prinzessin Auguste und Eugène de Beauharnais / Bayern im Rheinbund / Der Krieg von 1806/07 / Krieg gegen Österreich und Aufstand in Tirol / Die Maßnahmen gegen den Adel und die Aufhebung der Stände / Die Konstitution von 1808 / Weitere Reformen / Staatsfinanzen und Staatsschulden / Erste Rückschläge an der Seite Frankreichs / Die Hochzeit des Thronfolgers / Die Kontinentalsperre / Napoleons Russlandfeldzug 1812 / Der neuerliche Bündniswechsel und die Befreiungskriege / Bayern und der Wiener Kongress / Der Deutsche Bund / Das Konkordat von 1817 / Integration der jüdischen Bevölkerung / Montgelas’ Entlassung / Die Verfassung von 1818 / Ständeversammlungen bis 1825 / Die bayerische Ständeversammlung / Städtebauliche Maßnahmen in München / Max Joseph und sein Schwager Wilhelm / Eugène de Beauharnais als Herzog von Leuchtenberg / Die Verheiratung der vielen Töchter / Max Joseph am Tegernsee / Todesfälle / Das letzte Lebensjahr und der Tod König Max I. Josephs / Die Erinnerung an Bayerns ersten König

Epilog: Nicht zum König geboren

Anhang

Die Monarchen / Zeittafel / Bildnachweis / Stammbäume / Literatur / Impressum

Einleitung

Das wissenschaftliche Interesse an den bayerischen Königen ist ungleich verteilt. Während die Fülle der Veröffentlichungen zu Ludwig II. kaum noch überschaubar ist und für Ludwig I. neben vielen Einzelstudien die grandiose Biografie aus der Feder von Heinz Gollwitzer vorliegt, stellt sich die Literatursituation zu Max II., zu Prinzregent Luitpold sowie zu Ludwig III., dem letzten bayerischen König, jeweils als recht dürftig dar.

Geht es aber um Max Joseph, den letzten bayerischen Kurfürsten und ersten bayerischen König, dann gewinnt man den Eindruck, als habe sein Minister, Maximilian von Montgelas, dem König ein gutes Stück der Aufmerksamkeit geraubt. Denn zumeist wird eher von der Politik Montgelas’ gehandelt als von derjenigen Max Josephs, wenn die hochproblematische Situation Bayerns an der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert in Rede steht. Wie intensiv die Jahre von 1796 (Ansbacher Mémoire) bzw. 1799 (Regierungsantritt Max Josephs als Kurfürst in München) bis 1817 (Entlassung Montgelas’) tatsächlich vom Minister und nicht vom Monarchen geprägt wurden, darauf wird noch zurückzukommen sein. Es wird allerdings kaum thematisiert, dass Max Joseph ein Leben vor 1796/99 hatte: als zweitgeborener Sohn eines Zweitgeborenen, als Pfalzgraf und Militär sowie als Herzog von Zweibrücken. Und hinsichtlich der späteren Lebensjahre Max Josephs, von etwa 1817 bis 1825, werden oft mehr die Aktivitäten seines ältesten Sohnes, des Kronprinzen Ludwig, wahrgenommen als die des Vaters.

Zu berücksichtigen ist gleichermaßen, dass Max Joseph in eine Zeit hineingeboren wurde, in der die äußeren Einflüsse, etwa die Folgen der Französischen Revolution und der Napoleonischen Kriege, einem autonomen herrscherlichen Handeln enge Grenzen setzten, was noch verstärkt gilt, wenn es den Herrscher eines Mittelstaates wie Bayern betraf. Darüber hinaus sollen im Folgenden nicht nur Max Josephs Seelenfalten in den Blick genommen werden. Es geht stattdessen ganz maßgeblich um seine Regierungszeit als Kurfürst bzw. König und somit um die Frage, welche Entwicklung Bayern zwischen 1799 und 1825 insgesamt genommen hat.

Hinzu kommt, dass bislang keine moderne wissenschaftliche Biografie über Max Joseph vorliegt, wobei auf keinen Fall der Detailreichtum und die familiäre Binnensicht der letzten umfassenden biografischen Darstellung, verfasst von Adalbert von Bayern und erschienen 1957, gering geschätzt werden soll. Denn ohne dieses Werk wäre die vorliegende knappe Skizze, vor allem hinsichtlich der Jahre bis 1799, nicht zu schreiben gewesen.

Gegliedert ist diese kleine Biografie ganz konventionell: Sie folgt den Lebensetappen ihres Protagonisten: den Jahren als Pfalzgraf (1756–1795), der kurzen Phase als Herzog von Zweibrücken (1795–1799), der Zeit als Kurfürst (1799–1805) und schließlich den Jahren als erster König von Bayern (1806 bis zu seinem Tod 1825).

1Der Pfalzgraf

ZWEITGEBORENER EINES ZWEITGEBORENEN

Es war bei Max Josephs Geburt nicht wirklich zu erwarten gewesen, dass er an der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert der Erbe fast aller noch verbliebenen Linien des Hauses Wittelsbach werden würde: der altbayerischen Linie sowie der pfälzischen Linien von Zweibrücken-Birkenfeld und Sulzbach. Denn am 27. Mai 1756 kam Max Joseph in Mannheim als zweitgeborener Sohn eines Zweitgeborenen zur Welt. Sein Vater, Pfalzgraf Friedrich Michael aus der Linie Zweibrücken-Birkenfeld, war der jüngere Bruder des seit 1735 regierenden Herzogs von Zweibrücken, Christians IV. Und auch Max Joseph hatte einen Bruder, den zehn Jahre älteren Karl August.

Gleichzeitig aber wurde Max Joseph in eine Zeit hineingeboren, als immer mehr Zweige der wittelsbachischen Dynastie ausstarben, weil es entweder keinen männlichen Nachwuchs mehr gab oder zumindest keinen legitimen. Die Repräsentanten der bei Max Josephs Geburt noch existierenden wittelsbachischen Linien waren der bayerische Kurfürst Max III. Joseph, Herzog Christian IV. von Pfalz-Zweibrücken-Birkenfeld sowie der pfälzische Kurfürst Karl Theodor aus der Linie Pfalz-Sulzbach. Alle drei Genannten sollten freilich sterben, ohne dass jeweils ein Thronfolger zur Verfügung stand.

MAX JOSEPHS ELTERN

Wie aber stellten sich die Familienverhältnisse des jungen Max Joseph dar? Die Ehe seiner Eltern sollte für damalige Verhältnisse auf spektakuläre Weise scheitern. Pfalzgraf Friedrich Michael verfolgte eine Karriere beim Militär, wie viele andere nachgeborene Prinzen regierender Häuser. Er befehligte einige Jahre in Diensten des französischen Königs das in Straßburg stationierte Regiment Royal Alsace. Anschließend war er Offizier in der Armee von Kurfürst Karl Theodor, um schließlich während des Siebenjährigen Krieges (1756–1763) als Feldmarschall für das Reich und für Maria Theresia zu kämpfen. Mit Blick auf den möglichen Erbschaftsanfall der Kurfürstentümer Pfalz und vor allem Bayern war Max Josephs Vater im Jahr 1745 zum katholischen Glauben übergetreten, weshalb seine vier Kinder – zwei Söhne, zwei Töchter – katholisch erzogen wurden.

Kurfürst Max III. Joseph

Der Sohn des bayerischen Kurfürsten Karl Albrecht (1742–1745 Kaiser Karl VII.) wurde 1727 in München geboren. 1745 folgte er dem Vater auf dem kurfürstlichen Thron. Noch im selben Jahr beendete Max III. Joseph die Auseinandersetzungen seines Vaters mit Wien (Österreichischer Erbfolgekrieg). Im Frieden von Füssen erkannte der junge Kurfürst die Pragmatische Sanktion an und versicherte, bei der anstehenden Wahl zum römisch-deutschen König den Gatten Maria Theresias, Franz Stephan von Lothringen, zu unterstützen.

Max III. Joseph versuchte zwar in den folgenden Jahren, auch angesichts der immensen bayerischen Staatsschulden, neutral zu bleiben, kam dann aber nicht umhin, sich während des Siebenjährigen Krieges Österreich anzuschließen. Im Innern führte er als aufgeklärter Fürst diverse Reformen durch, außerdem gründete er die Akademie der Wissenschaften in München.

Da seine Ehe kinderlos blieb, erneuerte Max III. Joseph mit den pfälzischen Zweigen seiner Dynastie die bestehenden Hausverträge, um so sicherzustellen, dass Bayern den Wittelsbachern erhalten blieb. Mit seinem Tod 1777 erlosch die altbayerische Linie der Wittelsbacher.

Max Josephs Mutter, Maria Franziska, stammte aus der Sulzbacher Linie des Hauses Wittelsbach, sie war die Schwester der Gemahlin des pfälzischen Kurfürsten Karl Theodor, Elisabeth Maria. Wegen der ständigen Abwesenheit ihres in militärischen Diensten stehenden Gatten ließ sich Maria Franziska auf ein Verhältnis mit einem Schauspieler ein, von dem sie schließlich sogar ein Kind erwartete. Dies aber nahm ihr Schwager Christian IV., der regierende Herzog von Zweibrücken, zum Anlass, Max Josephs Mutter Maria Franziska des Hofes zu verweisen, sie von ihren Kindern zu trennen und in ein Kloster zu verbannen. Erst nach dem Tod Friedrich Michaels 1767 ermöglichte ihr Kurfürst Karl Theodor zumindest die Rückkehr nach Sulzbach, wenn auch der Kontakt zu ihren Kindern unterbrochen blieb. Seit dem Tod des Vaters waren Karl August, Max Joseph und deren zwei Schwestern im Grunde genommen Waisen, obwohl ihre Mutter noch bis 1794 lebte.

Pfalzgraf Friedrich Michael von Zweibrücken-Birkenfeld, Max Josephs Vater. – Gemälde von Johann Georg Ziesenis, 1749 (Bayerische Staatsgemäldesammlungen, Alte Pinakothek München).

KINDERJAHRE UND ERZIEHUNG

Da Christian IV., der Herzog von Zweibrücken, eine nicht standesgemäße Ehe führte und seine Söhne aus dieser Verbindung somit nicht sukzessionsfähig waren, lebte Max Josephs älterer Bruder, Karl August, als nächster Anwärter auf den Thron seines Onkels inzwischen am Hof in Zweibrücken. Max Joseph und eine seiner zwei älteren Schwestern wurden zuerst in Mannheim, am Hof des pfälzischen Kurfürsten Karl Theodor, später dann ebenfalls in Zweibrücken erzogen. Während Karl August anscheinend ein schwieriger Charakter war, eroberte Max Joseph als Kind die Herzen aller, besonders am Mannheimer Hof. Seit dem Tod des Pfalzgrafen Friedrich Michael agierten Kurfürst Karl Theodor, dessen Gemahlin Elisabeth Maria sowie deren Schwester Maria Anna, verheiratet mit dem altbayerischen Wittelsbacher Herzog Klemens Franz, gemeinsam als Vormund der vier Kinder. Das ergab umso mehr Sinn, als – wie bereits erwähnt – die pfälzische Kurfürstin Elisabeth Maria sowie die in München verheiratete Herzogin Maria Anna Schwestern von Maria Franziska waren, also der Mutter der vier Halbwaisen.

Zum Erzieher zunächst von Karl August, später auch von Max Joseph, bestellte der Herzog von Zweibrücken den Rousseau-Verehrer Agathon Keralio, dessen Aufgabe u. a. darin bestand, die jungen Pfalzgrafen zu Anhängern Frankreichs zu machen. Ansonsten versuchte Keralio, Max Joseph möglichst natürlich und im Geist der Aufklärung heranwachsen zu lassen. 1767 schieb Keralio diesbezüglich an Herzogin Maria Anna in München: »In Gesellschaft hat er [Max Joseph] besser abgeschnitten, als ich erwartet hatte; denn ich lehre ihn wenig oder richtiger gesagt gar nichts, was man Höflichkeit nennt aus Besorgnis, ihn falsch zu machen.« (zit. nach Bayern, Max I. Joseph, S. 34) Erfreuliche Anlagen waren beim jungen Pfalzgrafen offensichtlich vorhanden, von allzu großem Ehrgeiz war er allerdings nicht beseelt, wie sein Erzieher 1772 kritisch über seinen damals 16-jährigen Schützling feststellte: »Mit seinem guten Kopf könnte er die größten Fortschritte machen. Leider will er nicht allein arbeiten. Die Zeit, die man ihm zum Vorbereiten läßt, ist gänzlich verloren. Daraus folgt, daß man drei bis vier Unterrichtsstunden für eine Arbeit braucht, die in einer einzigen abgetan wäre. Lobenswert ist seine Folgsamkeit und Standhaftigkeit, solang die Lehrer bei ihm sind, seine Aufmerksamkeit, Intelligenz, sein guter Wille.« (zit. nach Bayern, Max I. Joseph, S. 52)

Kurfürst Karl Theodor

1724 geboren, entstammte Karl Theodor der wittelsbachischen Nebenlinie Pfalz-Sulzbach. Ohne darauf vorbereitet zu sein, trat er 1741 die Herrschaft im Herzogtum Sulzbach und ein Jahr später im Kurfürstentum Pfalz sowie im Herzogtum Neuburg an. 1777 fiel ihm, nach dem kinderlosen Tod Max III. Josephs, auch noch das Kurfürstentum Bayern zu. Seit 1778 regierte Karl Theodor, gemäß den wittelsbachischen Hausverträgen, im ungeliebten München, wohin er seine pfälzischen Räte mitbrachte, was ihm die massive Ablehnung von Seiten der bayerischen Bevölkerung bescherte. Am liebsten hätte er Bayern im Tausch Österreich überlassen, um im Gegenzug ein niederländisch-niederrheinisches Territorium mit den Zentren Mannheim, Düsseldorf und Brüssel zu erhalten. Letztendlich scheiterten diese Pläne am Widerstand der anderen wittelsbachischen Linien, aber auch am Widerstand Preußens, das einen österreichischen Machtzuwachs unbedingt verhindern wollte. Spätestens seit dem Ausbruch der Französischen Revolution verfolgte Karl Theodor eine scharf repressive Innenpolitik; während der Revolutionskriege bemühte er sich, außenpolitisch neutral zu bleiben. Bei seinem Tod 1799 hatte er trotz zweier Ehen keinen legitimen männlichen Erben vorzuweisen. Seine Territorien gingen daher 1799 an die pfälzische Nebenlinie des Hauses Wittelsbach, Zweibrücken-Birkenfeld, über.

Max Joseph als Knabe. – Gemälde von Johann Georg Ziesenis, nicht datiert (Privatbesitz).

Für den nachgeborenen Max Joseph war ganz selbstverständlich die militärische Laufbahn vorbestimmt; er sollte in die Fußstapfen seines Vaters treten. Im April 1770, im Alter von knapp 14 Jahren, erhielt der junge Pfalzgraf daher sein Patent als Oberst des Regiments Royal Alsace, das Herzog Christian IV. in Versailles für seinen darüber sehr erfreuten Neffen erwirkt hatte. Das bedeutete freilich nicht, dass Max Joseph ab 1770 bereits aktiven Dienst geleistet hätte. Stattdessen ging seine Ausbildung weiter, z. T. in Zweibrücken – wo ihn der Herzog am liebsten zu seinem Nachfolger bestimmt hätte, wäre da nicht der ältere Bruder Karl August gewesen –, und z. T. in Mannheim, am Hof Karl Theodors, der ebenfalls große Stücke auf Max Joseph hielt.

NACHFOLGEPROBLEME, ERBSCHAFTSVERTRÄGE UND HEIRATSPLÄNE

Als im August 1770 der aus der altbayerischen Linie der Wittelsbacher stammende Herzog Klemens Franz kinderlos starb, nahm jene Entwicklung endgültig ihren Anfang, die schließlich dazu führte, dass am Ende Max Joseph Erbe Zweibrückens sowie der beiden kurfürstlichen wittelsbachischen Linien werden sollte. Gleichsam als Reaktion auf den Tod des Herzogs wurden Ende Februar 1771 die bereits vorliegenden wittelsbachischen Hausverträge wieder einmal erneuert, womit verhindert werden sollte, dass – solange noch ein Zweig des Hauses Wittelsbach blühte – pfälzisches oder bayerisches Territorium vom Kaiser als heimgefallenes Lehen behandelt werden konnte. Und diese Gefahr bestand hinsichtlich Bayerns durchaus. 1771 waren sowohl Max III. Joseph in München als auch Karl Theodor in der Pfalz die letzten männlichen Vertreter ihrer Zweige.

Etwas hoffnungsvoller konnte man in dieser Hinsicht zu Anfang in Zweibrücken in die Zukunft sehen, als sich Max Josephs älterer Bruder 1774 mit Maria Amalia von Sachsen vermählte. Der einzige Sohn des Paares starb jedoch bereits 1784, womit der Erbanspruch für das Herzogtum Zweibrücken für Max Joseph allmählich in greifbare Nähe rückte.

Genau aus diesem Grund kam der Frage, wen er ehelichen würde, besondere Bedeutung zu. Dass er den Frauen sichtlich zugetan war, konnte niemand übersehen. Um aber nicht nur selbst Herzog oder gar Kurfürst zu werden, sondern den Thron anschließend an die eigenen Nachkommen weitergeben zu können – auch wenn diese Chancen zu dieser Zeit noch eher vage waren –, musste Max Joseph eine Prinzessin aus einem regierenden, also einem ebenbürtigen Hause zum Altar führen. Nur auf diese Weise wurde aus einem Sohn ein legitimierter Thronfolger. Allerdings versetzte der junge Pfalzgraf seine Verwandtschaft in den kommenden Jahren immer wieder in Aufregung, wenn seine jeweils aktuelle Liebschaft bzw. sein Schwärmen für diese oder jene Dame so gar nicht mit den Plänen übereinstimmten, die diesbezüglich in Zweibrücken, München und Mannheim geschmiedet wurden. Dazu kam, dass umgekehrt vor allem Wien Interesse an einer gerade nicht standesgemäßen Heirat hatte. Denn dann wären Max Josephs Söhne nicht sukzessionsfähig gewesen, während Österreich schon seit langer Zeit davon träumte, sein eigenes Territorium nach Norden hin zu vergrößern, indem es sich bayerisch-wittelsbachische Gebiete einverleibte.

Die wittelsbachischen Hausverträge

Im Jahr 1329 wurde der erste der sogenannten wittelsbachischen Hausverträge, der Hausvertrag von Pavia, geschlossen, nachdem sich die Dynastie in die Linien Pfalz und Bayern geteilt hatte. Weil man die wittelsbachischen Lande aber weiterhin gegenüber Kaiser und Reich als Einheit aufgefasst sehen wollte, wurde in diesem Vertrag gleichzeitig festgelegt, dass beim Aussterben einer Linie im Mannesstamm die andere Linie deren Territorien und Rechte erben solle. In der Mitte des 18. Jahrhunderts wurde das Problem der weiteren Existenz des Hauses Wittelsbach akut: Nacheinander starben mehrere Linien aus. Bereits 1746 wurden von Max III. Joseph und Karl Theodor erste Schritte unternommen, die wittelsbachischen Territorien endgültig in einen »unveräußerlichen und unteilbaren Familienbesitz, ein Fideikommiß, das […] gegen alle Ansprüche Habsburgs und des Reiches gefeit war«, zu verwandeln. (Hammermayer, S. 1207) Weitere Schritte auf diesem Weg wurden 1761, 1766 und 1771 unternommen. Die sogenannte dritte Hausunion von 1774 »dehnte das Mitbesitzrecht der beiden Kurfürsten nicht nur auf die Reichslehen, sondern auch auf die gesamten beiderseitigen Territorien aus und erkannte es allen Anverwandten, d. h. der Linie Zweibrücken zu«. (Hammermayer, S. 1210) Diese dritte Hausunion war schließlich die rechtliche Basis sowohl für die Übernahme Bayerns durch Karl Theodor 1777 als auch für den Regierungsantritt des gebürtigen Pfalzgrafen und seit 1795 Herzogs Max Joseph im Jahre 1799.

Eine jener nicht ebenbürtigen Schwärmereien, die dem Pfalzgrafen aber von verschiedenen Seiten regelrecht schmackhaft gemacht wurde, betraf die vermögende Anna Charlotte von Lorraine-Brionne aus dem französischen Zweig des Hauses Lothringen. Vor allem Max III. Joseph äußerte sich besorgt darüber, sein junger pfälzischer Verwandter könnte seine Hand an diese Prinzessin vergeben. Der bayerische Kurfürst legte damit gleichzeitig offen, dass er in gewisser Weise damit rechnete, das gesamte territoriale Erbe der Wittelsbacher könnte einst dem jungen Max Joseph zufallen: »es wäre sehr traurig, die einzige, auf Max gesetzte Hoffnung durch eine schlecht gewählte Heirat zu zerstören; denn […] ich [Max III. Joseph] werde wahrscheinlich kinderlos sterben und der Kurfürst von der Pfalz [Karl Theodor] und der Herzog von Zweibrücken [Christian IV.] haben ebenfalls keine (in Frage kommenden) Söhne und mit Karl [August, dem älteren Bruder von Max Joseph] wird man vielleicht auch nicht rechnen können. So ruht alles auf Max und der soll eine Heirat eingehen, die seine Kinder von der Nachfolge ausschließt. Welches Unglück für das Haus.« (zit. nach Bayern, Max I. Joseph, S. 54f.)

Als andere Heiratskandidatinnen ins Spiel kamen, verkomplizierte sich die Angelegenheit abermals. So schrieb Kurfürst Max III. Joseph Mitte Februar 1773 an Kurfürst Karl Theodor: »Es besteht die Absicht, dem Prinzen Max die Prinzessin Amalie von Sachsen zu verschaffen, jedoch unter der Bedingung, daß der Prinz Karl [August] von Zweibrücken einen Revers ausstellt, daß er nicht heiraten wird. Dazu kann man ihn gegen seinen Willen nicht zwingen und zweitens wäre es gegen das Interesse des Hauses; denn ich glaube nicht, daß wir genug Prinzen haben können, um den Fortbestand des Hauses zu sichern.« (zit. nach Bayern, Max I. Joseph, S. 58f.) Doch ganz einerlei, wen Max Joseph einmal ehelichen würde, es war allen Beteiligten klar, dass gerade seine Heirat den Interessen der Dynastie Wittelsbach zu dienen hatte, nicht seinen Herzensneigungen. Die im Brief des bayerischen Kurfürsten angesprochene sächsische Prinzessin kam freilich nach kurzer Zeit nicht mehr als Braut für Max Joseph in Betracht, sie wurde 1774 mit seinem Bruder Karl August vermählt.

Kurfürst Max III. Joseph, Bayerns letzter Kurfürst aus der altbayerischen Linie des Hauses Wittelsbach. – Gemälde von Georg Desmarées, vor 1776 (Residenz München).

KARL AUGUST AUF DEM ZWEIBRÜCKENER THRON

Ob es u. a. mit diesen verwickelten Eheprojekten zusammenhing, ist ungewiss, jedenfalls scheint das Verhältnis zwischen Karl August und Max Joseph zu dieser Zeit stark belastet gewesen zu sein. Als Christian IV. Anfang November 1775 starb, bestieg – den Sukzessionsregeln gemäß – Max Josephs Bruder als Karl II. August den herzoglichen Thron in Zweibrücken. Als Chef der Linie Zweibrücken-Birkenfeld war es nun die Sache Karl Augusts, seinem jüngeren Bruder die Aufnahme des aktiven Dienstes beim Regiment Royal Alsace zu erlauben. Da aber damals noch davon ausgegangen werden musste, dass die sächsische Prinzessin ihrem Gatten, Karl II. August, Kinder und vor allem einen Thronfolger schenken werde, nahm Max Joseph dies zum Anlass, um nach München zu reisen. Hier wollte er sich für seinen weiteren Lebensweg der Protektion von Max III. Joseph sowie von seiner Tante Herzogin Maria Anna, der Witwe von Herzog Klemens Franz, versichern. Das bedeutete freilich gleichzeitig, dass er bei den Münchner Verwandten um finanzielle Unterstützung nachsuchte. Das Problem, immer auf der Suche nach derlei Hilfe zu sein, sowohl bei seinen Verwandten als auch beim König von Frankreich und später ebenso beim König von Preußen, sollte den Pfalzgrafen bis 1799, also bis zu seiner Thronbesteigung in München, dauerhaft und häufig äußerst drängend begleiten.

MAX JOSEPHS ANFÄNGE ALS OFFIZIER IN STRASSBURG

Mitte März 1776 erhielt der knapp 20-jährige Max Joseph schließlich die Erlaubnis, als Kommandeur des Regiments Royal Alsace nach Straßburg zu reisen. Das Regiment war im Elsass stationiert, rekrutierte sich aus deutschen Soldaten, stand aber in Diensten des Königs von Frankreich. In Straßburg genoss es Max Joseph sichtlich, endlich mehr oder weniger sein eigener Herr zu sein. Der militärische Dienst forderte ihn nicht wirklich, stattdessen führte der junge Pfalzgraf ein Leben, das zwar seinem Stand, aber nicht seinen Einkünften angemessen war. Er wohnte in Straßburg im eigenen Palais,