Mein Garten im Sommer - Vita Sackville-West - E-Book

Mein Garten im Sommer E-Book

Vita Sackville-West

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Beschreibung

Vita Sackville-West, Schriftstellerin und begnadete Gärtnerin, hat nicht nur den berühmtesten Garten der Welt – Sissinghurst – geschaffen, sondern ihre Liebe zur Natur auch in ihren legendären, weil ebenso kenntnisreich wie charmanten Gartenkolumnen festgehalten, die hier nach Jahreszeiten geordnet vorgestellt werden.

In »Mein Garten im Sommer « entführt uns Vita Sackville-West in ein märchenhaftes Reich mit alten Rosensorten. Sie porträtiert die große Blumenvielfalt der Jahreszeit und gibt Hinweise, wie man sie im Beet farblich kombiniert. Den Gärtnern empfiehlt sie, schon jetzt phantasievoll an die Zukunft zu denken und die Bepflanzung für das kommende Frühjahr zu planen.

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Vita Sackville-West

Mein Garten im Sommer

Aus dem Englischen von Gabriele Haefs

Mit farbigen Illustrationen von Pierre-Joseph Redouté

Insel Verlag

Juni

Es gibt zwei sehr hübsche im Mai und Juni blühende Sträucher, die nicht viel Pflege brauchen und trotzdem nicht häufig zu sehen sind. Sie passen gut zueinander, denn beide sind von einem zarten Muschelrosa, und beide gehören zur selben botanischen Familie (Caprifoliceae), aus der wir vor allem die vertrauten Weigelien und das Geißblatt mit seinen kleinen, trompetenförmigen Blüten kennen, die an eleganten Zweigen hängen. Die beiden Sträucher, von denen hier die Rede ist, heißen Kolkwitzia amabilis und Dipelta floribunda.

Kolkwitzia blüht ein wenig später als Dipelta, wodurch derselbe Farbton länger erhalten bleibt; mit anderen Worten, eine Kombination von beiden sichert uns während etlicher Wochen eine blaßrosa Wolke im Garten. Dipelta sollte hinter Kolkwitzia gepflanzt werden, denn Kolkwitzia ist rundlicher, während Dipelta höher und lockerer wächst und bisweilen gestützt werden muß, um nicht zu sehr zu hängen. Beide Sträucher stammen aus China, und beide haben das Adjektiv des anderen verdient, denn beide sind liebenswürdig und blütenreich.

Wenn ich schon von im Mai blühenden Sträuchern spreche, dann möchte ich auch noch Rubus odoratus erwähnen. Er stammt aus den Rocky Mountains und ist ein Dornstrauch ohne stechende Dornen. Ich weiß einfach nicht, warum dieser schöne und pflegeleichte Strauch auf so törichte Weise vernachlässigt wird. Wer die große weiße Einzelrose Nevada kennt, kann sich Rubus odoratus bestimmt sofort vorstellen, denn mir ist aufgefallen, daß die beiden oft verwechselt werden, bis die Betrachter bei näherem Hinsehen entdecken, daß die Blüten zwischen Blättern wie denen der Schwarzen Johannisbeere sitzen. Rubus odoratus kann über zwei Meter hoch werden. Ansonsten macht er keine Arbeit, nur das tote Holz muß bisweilen abgeschnitten werden.

Dieser für den Mai bestimmte Rubus hat im Rubus biflorus, der Zierbrombeere, einen Verwandten aus dem Himalaya. Die Zierbrombeere jedoch wird weniger wegen ihrer unbedeutenden Blüten gepflanzt als wegen der Schönheit ihrer reinen weißen Zweige im Winter. Wie große weiße Gespenster tauchen sie überraschend in der Winterlandschaft auf und sehen aus, als seien sie permanent mit Reif überzogen. Die Zierbrombeere zieht reichen Boden vor, und Sie müssen im folgenden Jahr die Zweige, die geblüht und vermutlich auch Früchte getragen haben, abschneiden, denn Sie sollten die neuen Sprößlinge ermutigen und am Leben erhalten.

Im Rasen gibt es nur gekräuseltes Unkraut. Löwenzahn-, Wegerich- und Gänseblümchenblätter schauen alle nach oben, wie kleine Hände, die sich in einem letzten, verzweifelten Gebet zum Himmel erheben. In wenigen Wochen, das ist meine erbarmungslose Hoffnung, werden sie verschwunden und einer schönen sauberen Decke von tadellosem Rasen gewichen sein, von dem Besucher aus Übersee irrtümlicherweise annehmen, man brauche vierhundert Jahre, um ihn anzulegen.

Diesem Unkraut muß man mit dem Unkrautmittel »Verdone« zu Leibe rücken. Ich halte es für ein Wunder, daß eine schnöde Flüssigkeit aus einer Dose derart wählerisch und intelligent ist, daß sie weiß, welche Pflanzen sie zu zerstören hat. Aber so ist es nun einmal. Ich weiß natürlich, daß das Mittel im Grunde den Wuchs der Unkrauts dermaßen stimuliert, daß die Zellen schließlich vor lauter Üppigkeit bersten und die Pflanze eingeht, während die Grashalme keinen Schaden davontragen. Höchst seltsam und vielfältig sind die arbeitsschonenden Mittel, die die Wissenschaft inzwischen für den überarbeiteten Gärtner bereit hält.

Statt allein, schlechtgelaunt und vom murrenden Ischias geplagt mit einem Pflanzenheber oder einem abgebrochenen Küchenmesser auf allen vieren auf dem Rasen umherzukriechen, können Sie jetzt lässig flanieren, können hin und her spazieren und dabei mit einer Gießkanne Tod verteilen, während sie sich mit den Freunden unterhalten, die zum Tee gekommen sind. Auf diese Weise verbinden Sie Ihr gesellschaftliches Leben mit der Gartenarbeit, zu der Sie bisher noch nicht gekommen sind. Ihre Freunde finden Sie vielleicht ein wenig zerstreut, aber Sie können sie immer noch zur Arbeit heranziehen, wenn Sie über eine weitere Gießkanne verfügen. Erwachsene wie auch Kinder machen sich gern nützlich; es vermittelt ihnen das Gefühl, wichtig zu sein.

Die Gebrauchsanweisungen, die den Dosen beigelegt sind, sind so klar, daß ich sie hier nicht zu wiederholen brauche. Ich möchte nur auf die Möglichkeit sparsamer Verwendung hinweisen, wir können jetzt die dreifache Stärke kaufen, die mit Wasser verdünnt wird. Für sehr wenig Geld können wir sehr viel Rasen vom Unkraut befreien. Wegerich und Butterblume reagieren außerordentlich schnell auf diese grausame, aber effektive Behandlung; Gänseblümchen und Löwenzahn brauchen vielleicht einen zweiten Durchgang. Und lassen Sie den Kopf nicht hängen, wenn Sie nach einem oder zwei Monaten noch keinen wirklichen Erfolg sehen. Am Ende klappt es immer.

Aber ach, ich hoffe so sehr, daß solche auswählenden Unkrautvertilgungsmittel niemals am Rand unserer Landwege eingesetzt werden. Kein Mittel kann wählerisch genug sein, um wilde Veilchen und Primeln zu verschonen.

Der Streit um die besten Methoden, Rosen von Ablegern zu ziehen, wird sich wohl niemals beilegen lassen. Züchter tun diese Methode gern ab und ziehen es aus naheliegenden Gründen vor, ihre jungen Stecklinge den verschiedenen Dornsträuchern aufzupfropfen. Auf diese Weise läßt sich in kürzerer Zeit eine Pflanze von verkäuflicher Größe ziehen, außerdem sind in Fällen, wo eine große Anzahl von Exemplaren einer Sorte gewünscht wird, von der Elternpflanze mehr Stecklinge zu erwarten als Ableger; drittens behaupten die Züchter, und das vielleicht zu Recht, daß die Kraft der wilden Pflanze auch die Konstitution ihres Pflegekindes stärkt.

Da ich keine Züchterin bin, finde ich es billig und unterhaltsam, zu meinem eigenen Vergnügen allerlei Rosen zu ziehen. Entweder möchte ich mehr von einer Sorte, die ich schon habe, oder ich erbettele mir von Freunden den Ableger einer neuen Sorte. Auf diese Weise habe ich innerhalb weniger Jahre eine ansehnliche Rosengruppe zusammengebracht, die allesamt aus ihren eigenen Wurzeln heraus wachsen; sie haben mich nichts gekostet, und ich weiß, daß jedes neue Gewächs, das der Wurzelstock hervorbringt, nicht zu diesen vermehrungssüchtigen Arten gehört, die, wenn man sie läßt, die Rosen schließlich zu den Arten Rosa canina oder Rosa rugosa zurückführen. Meine neue Gewächse gehören zu ihrer eigentlichen Rose, und ich kann sie dort lassen, wo sie stehen, ich kann sie verpflanzen, und ich kann sie verschenken.

Es ist ein einfaches Verfahren. Sie nehmen Ableger mit reifem Holz, das unten kräftiger wird, und pflanzen sie sehr fest auf einem freien Stück Boden, wo sie der Sonne nicht gar zu sehr ausgesetzt sind, in Reihen. Dort lassen Sie sie ein Jahr, danach sollten die Wurzeln entwickelt und zum Umzug bereit sein. Ende September oder Anfang Oktober ist dafür die beste Zeit, obwohl als Alternative manchmal auch der Juli empfohlen wird. Wichtig ist, daß das Holz reif ist, das heißt, nicht zu weich, und daß die Ableger so fest im Boden stecken müssen, daß kein Wind sie losreißen und kein Tauwetter nach einem Frosteinbruch sie hochwerfen kann. Sie sollten immer nach ihnen sehen, wenn eine solche Gefahr bestehen kann, wenn nötig, pflanzen Sie sie noch einmal.

Rechnen Sie nicht mit hundertprozentigem Erfolg; bei manchen kann es einfach nicht funktionieren. Es lohnt sich, doppelt so viele Ableger zu pflanzen, wie Sie wirklich brauchen. Denken Sie auch daran, daß manche Rosen einfach nicht ausschlagen, das ist zum Beispiel bei vielen Centifolien der Fall. Bei allem jedoch ist Erfahrung die beste Beraterin, und zumeist sollten Sie mit Ihren Ergebnissen mehr als zufrieden sein. Ein gesunder Rosenstrauch, den wir selber gezogen haben, ist viel befriedigender als ein fertiger, der von der Post geliefert wird. Nach dem ersten Triumph müssen wir das Experiment einfach wiederholen, und schon bald ertappen Sie sich vielleicht dabei, wie Sie auch noch andere blühende Sträucher nach dieser Methode ziehen. Ich sollte vielleicht noch hinzufügen, daß ein Hormonpräparat wie Seradix A, wie es in jedem Kramladen verkauft wird, die Wurzelbildung sehr stark stimuliert. Anleitungen liegen jeder Flasche bei.

Die Tulpen in Chelsea waren wie immer großartig und farbenprächtig, und in Erwartung der herbstlichen Zwiebelkataloge habe ich mir einige notiert, die mir besonders gefallen haben. Vielleicht entsprechen sie nicht jedem Geschmack, aber wir müssen den Mut haben, zu unseren Überzeugungen zu stehen.

Unter den rötlichen Farbtönen würden sich sicher Palestrina, Prunus und Général de la Rey zu einer wunderschönen lachsrosa Gruppe zusammentun, nicht süßlich rosa wie die alte Clara Butt, sondern mit der richtigen Nuance von Orange, die das Süßliche wieder ausgleicht. Es ist immer schwierig, Farben zu beschreiben, vor allem, da die Struktur von Blütenblättern immer noch eine ganz besondere Rolle spielt; Sie könnten sie mit Seide und Samt vergleichen, aber kein Textilstoff hat ein solches Leuchten. Sagen wir, daß Palestrina, Prunus und Général de la Rey Räucherlachs ähneln, wenn Sie sich so dünn geschnittenen Räucherlachs vorstellen können, daß man durch ihn hindurch das Licht sieht. Unter den Dunkelroten sind Indian Chief und Bandoeng fein und feierlich zugleich.

Ich liebe auch die gefransten Tulpen und halte nichts von der Theorie, ihr federartiges Aussehen sei von einem Virus verursacht. Zuerst war ich von Black Boy hingerissen, aber ich habe ohnehin eine Schwäche für all die Rembrandt-, Bizarres- und Bijbloemen-Tulpen, die aus einem niederländischen Blumenbild entsprungen zu sein scheinen. Ich schwärme auch für die großen Papageien-Tulpen, die jedes Jahr zahlreicher werden, wilder und wilder in ihrer Lumpenpracht. Ich nehme an, daß alle Tulpenliebhaber schon seit Jahren Fantasy pflanzen, apfelgrün und rosa, und daß sie vermutlich auch zur schwarzen, blauen, orangefarbenen und auch zur Drachenmischung weitergegangen sind. Ich möchte noch Discovery erwähnen, altrosa und grün, und Faraday, eine weiße Variante von Fantasy.

Die Papageien-Tulpen sind allesamt sehr bekannt und eher zu groß und zu wenig standfest für einen kleinen Garten, deshalb kommt jetzt eine kleinere und pflegeleichtere Art zur Sprache, die vorzugeben scheint, sie sei aus Porzellan hergestellt. Haben Sie jemals Artist gepflanzt? Wenn nicht, dann sollten Sie sich einige bestellen, sie sind noch teuer, aber sie sind ja auch fast noch eine Neuheit. Terracotta und grün beim ersten Öffnen, später dann rosa, grün und weiß. Für eine Cottage-Tulpe sehen sie seltsam künstlich aus. Artist ist von dezenter Farbgebung, Fireflame, »Feuerflamme«, macht ihrem Namen alle Ehre. Eine Variante des schönen alten Inglescombe, hat sie das solide Gold ihrer Ahnen mit orangenen und roten Einsprengseln angereichert.

Vielleicht ist die vornehmste aller gestreiften Cottage-Tulpen die Viridiflora praecox, sie ist allerdings auch die teuerste, sie kostet wirklich erschreckend viel. Wir können nur hoffen, daß die Preise sinken werden, denn sie ist für Kenner wirklich ein Schatz. Es gibt eine billigere Viridiflora, nämlich Greenland, ich habe sie jedoch noch nicht gesehen.1 Ich habe das Gefühl, daß die reine grünweiße Viridiflora praecox vorzuziehen wäre. Leider kommt es eben manchmal vor, daß das Teuerste auch das Beste ist.

Diese Juniabende, wenn uns ausnahmsweise einmal tiefer, warmer, schrägstehender Sonnenschein gegönnt wird, wie selten und wie kostbar sind sie doch! Sie sollten von Glühwürmchen begleitet werden, von kleinen goldenen Lichtern in der Luft, aber auf unseren Inseln hier müssen wir uns mit festwachsenden Blüten begnügen. Und unter diesen kommt den riesigen lachsrosa Sträuchern der alten Rosen zweifellos ein Ehrenplatz zu.

Die alten Rosen sind in letzter Zeit zu neuer Beliebtheit gekommen, und das ist wirklich kein Wunder. Sie verlangen so wenig und geben so viel! Unter alten Rosen verstehe ich Albarosen, Moosrosen, Centifolien, Gallicas, Moschusrosen und die Damaszenerrosen, deren Name ja auch an einen duftenden Sonnenuntergang in südlichen Gefilden denken läßt.

Ich weiß, daß sie weder über Eleganz noch über Brillanz der Teehybriden verfügen, und ich weiß auch, daß viele von ihnen den argen Nachteil haben, nur einmal pro Saison zu blühen, aber wenn sie es tun, dann ist ihre Freigebigkeit unvergleichlich. Sie haben nichts Knausriges oder Geiziges. Sie sind von einer Großzügigkeit, die bei Pflanzen wie bei Menschen gleichermaßen wünschenswert ist.

Durch die Renaissance der alten Rosen haben wir zweifellos auch eine Form von Gartenpflege neu entdeckt, die unseren viktorianischen Großeltern vertraut war. Ich erinnere mich an einen 1870 angelegten Rosengarten, der von alten Rosen, die überall aus ihren eigenen Wurzeln herauswachsen, nur so übersät ist, ein Wirrwarr von Rosen, deren Namen ich nicht einmal nennen könnte. Ich habe eine großartige Rosenzüchterin hingeführt, und niemals werde ich ihre Erregung vergessen, sie lief hin und her, sagte, auch sie wisse die Namen nicht, brauche aber Ableger, um diese alten Schätze vor Verlust und Zerstörung zu bewahren.

Glücklicherweise können wir heute solche alten Rosen bei Züchtern kaufen, die sich darauf spezialisiert haben. Ihre Kataloge klingen wie ein einziges langes, aus Namen bestehendes Gedicht: Reine des Violettes, Cardinal de Richelieu, Nuits de Young, Tuscany, Rosa mundi, die rosaweiß gestreifte Rose, die so oft mit der York und der Lancaster verwechselt wird. Es gibt so viele, daß ich nur kurze Empfehlungen dafür geben kann, welche Sie pflanzen sollten, wenn Sie in Ihrem Garten Platz genug haben.

In kleinen Gärten ist oft genug einfach nicht so viel Boden vorhanden, wie der Gärtner es sich in seiner Gier wünscht. Vor kurzem jedoch habe ich in dem relativ kleinen Garten einer Freundin eine geniale Idee gesehen, mit der sie sich aus der Enge befreit hatte. Sie hatte anfangs nur ein flaches Blumenbeet, aber anstatt dieses flach und räumlich begrenzt zu belassen, hatte sie aus groben Steinen drei Ebenen von Terrassen angelegt, und diese Terrassen hatte sie mit jeder Sorte Pflanze gefüllt, die guten Wasserablauf schätzt: Nelken, Grasnelken, Glockenblumen, Bitterwurz, Veilchen, alles ganz normale Pflanzen, aber in dieser Anordnung eine schäumende Masse aus Blüten und Farben. Verstehen Sie, was ich meine? Auf diese Weise erzielen Sie drei Vorteile. Sie haben die Steineinfassung, Sie haben die flachen Flächen unter den Steinen, und oben haben Sie noch ein Beet, in dem Sie anpflanzen können, was Sie wollen. Auf diese Weise haben Sie Ihre Gartenfläche dann verdreifacht.

Zu dem räumlichen Gewinn kommt hinzu, daß es Spaß macht, mit der Bepflanzung von Steinmauern zu experimentieren, auch wenn die Mauer nur zwei Steine hoch sein sollte. Viele Pflanzen, die ansonsten in unserem feuchten Klima eingehen, gedeihen hier. Wenn sie ihre Wurzeln zwischen Steine stecken können, dann scheinen sie sich festzukrallen und selber zu schützen. Wir brauchen keinen Wolkenkratzer zu bauen, wir brauchen nur zwei Reihen von Steinen, um unsere einheimischen Pfingstnelken zu pflanzen.

Wenn ich an einige der Freuden des Frühlings zurückdenke, die bereits hinter uns liegen, dann erinnere ich mich voller Dankbarkeit an das Virginia-Blauglöckchen, Mertensiavirginica. Gäste aus den usa, die durch meinen Garten schlenderten, starrten sie in mißtrauischer Überraschung an. Für sie galt diese Blume als Unkraut, und ich fürchtete schon, sie würden sie aus lauter Hilfsbereitschaft ausrupfen. Wir vergessen immer wieder, daß die Schätze unseres eigenen Gartens das Unkraut eines anderen Landes sein können. In Japan wurden zum Beispiel die Zwiebeln von Lilium auratum, der Goldbandlilie, Schicht für Schicht gegessen, wie bei uns Artischocken. Erst der Erfolg der Blume auf den europäischen Märkten hat sie dann auch in Japan zu einer beliebten Gartenblume werden lasen.

Meine Gäste waren eben noch vom Anblick ihres ersten englischen Glockenblumenwaldes bezaubert gewesen. Als ich sagte, daß die Mertensia, wenn sie ihr einheimisches Auengebiet überwuchert, ebenso hinreißend aussehen muß, starrten sie mich an, als habe ich ein Paradoxon vorgetragen. Sie hielten es offenbar für einen Spleen von mir, daß ich sechs arme Exemplare einer Pflanze pflegte, die bei ihnen per Dekar wächst. Meine Freude über meine Mertensia