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Vita Sackville-West, Schriftstellerin und begnadete Gärtnerin, hat nicht nur den berühmtesten Garten der Welt – Sissinghurst – geschaffen, sondern auch ihre Liebe zur Natur in ihren legendären, weil ebenso kenntnisreichen wie charmanten Gartenkolumnen festgehalten, die hier nach Jahreszeiten geordnet vorgestellt werden.
Die Gartenarbeit ist abgeschlossen, die Bäume sind kahl, der Garten liegt im Winterschlaf – scheinbar. Denn nun entfaltet sich die stille Pracht des Wintergartens. Christrosen trotzen Schnee und Frost und erblühen in Weiß und zartem Rosa, und die Hyazinthen lassen ihre dichten Trauben leuchten und verheißen den baldigen Frühling.
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Seitenzahl: 134
Veröffentlichungsjahr: 2019
Vita Sackville-West
Mein Wintergarten
Aus dem Englischen von Gabriele Haefs
Mit farbigen Illustrationen von Pierre-Joseph Redouté
Insel Verlag
Jetzt haben wir also Dezember, den Mid-winter-monath, wie er auf altsächsisch hieß, und wie schwer ist es, auch nur genug Blumen für einige Vasen zu erlangen. Die winterblühende Rosenkirsche, Prunus subhirtella Autumnalis, ist da eine große Hilfe. Ich habe in den letzten beiden Wochen immer wieder kleine Zweige abgeschnitten und sie in warmen Räumen ins Wasser gestellt, wo sich die grünen Knospen dann ganz überraschend zu den weißen, leicht duftenden Blüten öffnen, die den Frühling erwarten lassen. Die Rosenkirsche ist ein kleiner Baum, der eigentlich in jeden Garten gehört. Er braucht nicht viel Platz, und zwischen November und März kann man sich überreichlich seiner Zweige bedienen. Selbst wenn einige Knospen dem Frost zum Opfer fallen, scheint dieser tapfere kleine Bursche immer wieder neue liefern zu können.
Dann gibt es noch Mahonia japonica, einen stacheligen, berberitzenähnlichen Strauch mit spitzen zitronengelben Blüten, die wie Maiglöckchen riechen. Er ist keine übermäßig schöne Pflanze, keine, die wir wegen ihrer Schönheit anschaffen, uns geht es nur um die Blüten, die er uns zu dieser toten Jahreszeit schenkt, und deshalb würde ich raten, ihn in eine überzählige Ecke zu setzen, wenn möglich in den Schutz anderer Sträucher. Er gedeiht in jedem normal guten Boden und hat auch gegen ein wenig Schatten nichts einzuwenden. Vielleicht ist er Ihnen schon unter dem Namen Berberis bealei begegnet.
Beides sind Pflanzen, die im Freien und eigentlich in jedem Garten stehen können. Wer jedoch ein Gewächshaus hat, das gerade genug beheizt wird, um den Frost auszusperren, sollte sich den FrauenschuhCypripedium insigne zulegen. Diese Orchidee ist als Topfpflanze wirklich zu empfehlen. In einer Vase halten die Blüten sich bis zu sechs Wochen, vielleicht nicht ganz so lange in einer rußigen Stadt, aber auf jeden Fall in sauberer Umgebung. Die Gattung ist grünlich mit brauner, aufgeblasener Lippe mit gelben Streifen, außerdem gibt es viele attraktive Hybriden in anderen Farben. Es ist eine äußerst pflegeleichte Pflanze, sie ist fast unverwüstlich, solange Sie sie nicht erfrieren lassen oder zu gießen vergessen. Sie muß alle drei bis vier Jahre umgetopft werden, nehmen Sie dazu einen Kompost aus der Gärtnerei.
Die Mode, Pflanzen im Haus zu ziehen, wächst so rasch wie einige der zu diesem Zweck empfohlenen Pflanzen. Das ist verständlich. Nur wenige unter uns haben heutzutage ein beheizbares Gewächshaus, deshalb müssen wir unsere warmen Zimmer und unsere sonnigen Fensterbänke nach Kräften nutzen. Voller Neid denken wir daran zurück, wie unsere Großmütter ihre Töpfe mit duftenden Geranien über Jahre hinweg am Leben erhielten, oder an ihren geliebten Topf mit Alpenveilchen, die eigentlich nach dem ersten oder zweiten Blühen auf den Müll gehört hätten. Ich frage mich oft, wieso unsere Großmütter das so erfolgreich durchhielten, obwohl ihnen all die Hilfsmittel und Werkzeuge und guten Ratschläge fehlten, mit denen wir heute geradezu überhäuft werden.
Ich selber bin allerdings keine große Freundin von Zimmerpflanzen. Ich ziehe Zwiebeln in Torf, das tun wir schließlich alle, und ich bin dankbar für ihre aufeinanderfolgenden Geschenke, die sie getreulich von Weihnachten an bis zu dem Zeitpunkt abliefern, wenn die ersten Blumen im Garten erscheinen. Ich möchte eigentlich keine Efeuranken um meine Bücherregale winden, wie unsere skandinavischen Freunde das in Norwegen und Schweden angeblich tun; das würde mich nur daran hindern, das Buch, in dem ich gerade lesen will, herauszunehmen.
Aber es gibt doch eine kleine Zimmerpflanze, die ich allen empfehlen würde, die sich ein wenig leuchtendes Grün in einem Topf oder einem hängenden Korb wünschen. Diese Pflanze wurde zu Ehren von John Tradescant, dem Gärtner Charles I, Tradescantia getauft. Sie ist auch als Dreimasterblume bekannt. Ich nehme an, daß sie ihren Namen dem heftigen Wachstum ihrer Wurzeln verdankt; jeder Knoten entwickelt neue, und wenn Sie einen Stengel einige Wochen ins Wasser legen, werden Sie daran bald weiße, wurmähnliche Wurzeln entdecken.
Es ist eine sehr hübsche Pflanze mit ihren grünweißgestreiften Blättern, ich wünschte nur, ihre Liebhaber würden sie nicht »Trad« nennen. Diese Abkürzung ist genauso häßlich wie Daff für Osterglocken (Daffodils), Pollies für Polianthes, Rhodos für Rhododendron, Mums für Chrysanthemen oder Glads für Gladiolen. Die einzige Abkürzung, die mir gefällt, ist eine echt ländliche: Dandies für Löwenzahn (Dandelions). Aber diese Abkürzung stammt von einem Kind, nicht von einem Gärtner.
Ich habe mir oft überlegt, und ich glaube, ich habe es auch schon in dieser Kolumne erwähnt, daß es reizvoll sein müßte, einen Garten ganz allein mit der einheimischen Flora der Britischen Inseln zu füllen. Wir müßten jedoch genau auswählen und Streuner und Invasoren vermeiden, außerdem müßten wir uns über die nötigen Bodenverhältnisse informieren; es wäre beispielsweise absurd, Heidekraut in die Nähe von kalkliebenden Pflanzen zu setzen oder die Bewohner von Marschboden zusammen mit Büscheln von Gras- oder anderen Nelken, die uns so munter und trocken aus Rissen in unseren Klippen zuwinken. Aber wir brauchen wirklich nur auf die grundlegendsten Unterschiede zu achten.
Kein leidenschaftlicher Bewahrer unserer wilden Blumen soll jetzt aber denken, ich riete dazu, Seltenheiten zu versetzen, die schon jetzt durch die Ausweitung von Ackerland oder durch die von wohlmeinenden, aber unwissenden Amateurbotanikern angerichteten Verwüstungen in ihrer Existenz bedroht sind. Nur über meine Leiche … Aber es ist durchaus möglich, (1) Samen zu sammeln, (2) bei einem Gärtner Einzelexemplare zu kaufen. Auf diese Weise könnte sogar die ein oder andere Art vor dem Aussterben gerettet werden. Auch die Verpflanzung in besseren Boden könnte von Vorteil für sie sein und schönere Pflanzen ergeben. Beim himmelblauen Chicorée ist das beispielsweise der Fall.
In einem so kurzen Artikel kann ich allerdings nur auf einige wilde Blumen hinweisen, die sich auch für die Zucht im Garten eignen. Die erste Reaktion mancher Leser besteht nun sicher in dem Ausruf: »Wilde Blumen? Meinen Sie etwa Unkraut?« Aber gemach: Viele wilde Blumen können wir einfach nicht als Unkraut betrachten. Kaiserkrone, Osterglocke, kleines Maiglöckchen, die gelbe Tulpesylvestris, Herbstkrokus, die weinrote Daphne mezereum (Seidelbast), verschiedene lila oder weiße Veilchen, grüne Christrose, Gladwyn-Iris, goldene Trollblume, Sumpfdotterblume, Pfingstnelke, Süßdolde, diverse Glockenblumen, Sumpfvergißmeinnicht, Bibernellrose, manche Wolfsmilcharten, Schneeglöckchen und Märzenbecher. Und dabei fehlen noch die gesamte Primelfamilie und die Orchideen, die aber eine Verpflanzung vermutlich nicht überleben werden. Kaufen Sie sie bei einem Gärtner, wenn Sie nicht darauf verzichten wollen, aber graben Sie sie auf keinen Fall aus.
Im Vergleich mit der Pracht der Alpen, der Dolomiten, der Pyrenäen oder des Libanons können wir nur eine bescheidene kleine Auswahl produzieren, aber vielleicht ist jetzt doch schon deutlich geworden, daß ein botanischer Urlaub zumindest ein Stück Garten füllen könnte, in sicherer Entfernung zu den auserleseneren blumigen Nachbarn. Dieses Stück Garten könnte bezaubernde Erinnerungen wecken: »Weißt du noch, wie wir den walisischen Mohn entdeckt haben?« – »Ich habe die Küchenschelle aber früher gesehen als du!«
Der für den Winter zum Schlafen gebrachte Garten bietet einen angenehmen Anblick. Braune Erddecken verhüllen die verborgenen Wurzeln. Auf dem Boden ist nichts zu sehen, doch in der Tiefe bereitet sich allerlei auf den Frühling vor. Ich glaube, es lohnt sich, blühenden Sträuchern eine dicke Schicht von alten Blättern zu verpassen, statt diese allesamt wegzuharken. Eine solche Schicht schützt die Sträucher einerseits vor Frost und wird auf die Dauer zu dem wertvollen Humus, den alle Pflanzen brauchen. Es gibt natürlich Blätter und Blätter, nicht alle verrotten gleich schnell. Eiche und Buche sind die besten, um einen großen, viereckigen Haufen Lauberde zu produzieren, aber eigentlich ist jedes Blatt während der nächsten Monate als Schutzschicht über Beeten und Rabatten geeignet.
Der professionelle Gärtner wird Einwände erheben. Er wird uns erzählen, daß die Blätter bei jedem Wind »durch den ganzen Garten fliegen«. Das stimmt auch bis zu einem gewissen Punkt, aber wir können das verhindern, indem wir ein wenig Erde oder Sand auf die Blätter streuen. Manche Einwände lassen sich oft entkräften, wenn wir nur den gesunden Menschenverstand anwenden. Nur wenige Menschen sind so starrköpfig wie ein professioneller Gärtner, der gern in seinen Vorstellungen feststeckt.
November und Dezember bedeuten für Gärtner eine schwierige, leere Zeit. Wir müssen uns an die beerentragenden Pflanzen halten, von denen ich vor allem den selten verwendeten Celastrus orbiculatus empfehlen möchte, auch der Baumwürger genannt. Es handelt sich dabei um einen heftigen Kletterer, der sich um jeden wertlosen alten Apfel- oder Birnbaum, über ein Schuppendach oder überhaupt um alles windet, was wir für keinen anderen Zweck vorgesehen haben. Im Sommer ist er eine eher langweilige grüne Pflanze, dann fällt sie Ihnen vermutlich gar nicht weiter auf; in den Herbstmonaten Oktober und November dagegen zeigt sie ihre buttergelben Beeren, die sich sehr bald öffnen und ihre orangefarbenen Samen zeigen, bunt wie ein prächtiges Wappen, gülden und lohfarben. Im Haus macht diese Pflanze sich wunderbar an einem Spalier vor dunkler Holztäfelung, doch auch vor einer weißgetünchten Wand kommt sie hervorragend zur Geltung.
Sie windet sich mit Leidenschaft. Sie rollt sich zu Korkenziehern auf, die sich dann nicht mehr entwirren lassen, aber das spielt keine Rolle, denn sie braucht niemals beschnitten zu werden, es sei denn, Sie wollten sie unter Kontrolle halten. Ich mußte sie bisher nur einmal von einem Baum herunterholen, in dem sie zu energisch wuchs; es war ein junger Prunus, der ansonsten sehr bald erstickt wäre. Wenn wir sie am Fuße eines toten oder sterbenden alten Baumes pflanzen, klettert sie in kurzer Zeit hoch und hängt in perlenbesetzten Girlanden herunter, wie Tausende von winzigen Herbstmonden, die in einer Frostnacht am östlichen Horizont aufsteigen.
In dieser bedeutenden Pflanzzeit im Jahr sollten wir auf jeden Fall an die vielen Nelken (Dianthus) denken, denn nur wenige Pflanzen sind bezaubernder, genügsamer oder traditioneller. In alten Küchengärten sahen wir oft lange Streifen von Mrs. Sinkins, die am Wegesrand wuchsen, und was könnte wünschenswerter sein als diese zerlumpte alte Dame, die der Luft ihren würzigen Duft gibt? Sie ist eine sehr alte Dame. Manche halten sie für nicht weniger als hundertvierzig Jahre alt, andere schätzen sie eher auf bloße achtzig und behaupten, sie stamme aus dem Garten eines Armenhauses in Slough. Wie immer die Wahrheit aussehen mag, Mrs. Sinkins ziert voller Stolz das Wappen der Gemeinde Slough, auf dem ein Schwanenschnabel sie fest im Griff hält.
Sie hat eine Tochter, Miss Sinkins, nicht so bekannt, dafür aber ordentlicher und züchtiger in ihrem Auftreten, eine viktorianische alte Jungfer, die Sie in den Katalogen der meisten Gärtner wohl umsonst suchen würden. In dem ganzen Stapel von Katalogen auf meinem Tisch finde ich sie nur auf einer einzigen Liste, und der Gärtner, der sie anbietet, weist darauf hin, sein Vorrat sei klein, er hoffe jedoch für das nächste Jahr auf größere Ausbeute. Machen Sie sich aber keine Sorgen, andere Familienmitglieder gibt es in Hülle und Fülle. Unsere einheimische PfingstnelkeDianthus caesius duftet fast ebenso aromatisch wie Mrs. Sinkins und ist ebenso pflegeleicht.
Das gilt übrigens für fast alle Nelkensorten. Sie stellen nur geringe Ansprüche. Sie alle lieben die Sonne und ziehen gut entwässerten und eher sandigen Boden vor; wenn Sie ihnen noch dazu eine großzügige Portion Kalk bieten können, werden sie so glücklich sein, wie das Jahr lang ist. Das heißt, daß sie lieber in Kalkboden, in alkalireicher Erde wachsen; aber sie bestehen nicht darauf; sie sind so bescheiden, daß sie sich mit allem abfinden, nur ganz und gar wäßrig darf der Standort nicht sein. Das hassen sie, und dann rächen Sie sich an Ihnen, indem sie einfach eingehen.
Ihr einziger anderer Fehler, ein höchst liebenswerter Fehler, der ein viel zu großzügiges Wesen verrät, ist, daß sie sich in Ihren Diensten zu Tode blühen. Darauf müssen Sie achten und die Blütenfülle hart auf die graugrünen Büschel zurückschneiden, um sie vor ihrer eigenen extravaganten Freigebigkeit zu schützen.
Plötzlich und unerwartet überwältigt uns der Frost. Wir sollten uns allerdings nicht überwältigen lassen, denn wir kennen unser Klima gut genug, um die Gefahren zu begrenzen, die zwischen Sonnenuntergang und Sonnenaufgang auf uns lauern. Aber wie viele Gärtner stellen sich dieser Drohung wirklich rechtzeitig? Wie viele bedecken ihre zarten Pflanzen, ehe es zu spät ist?
Ich halte es für richtig, die Stalltür zu schließen, ehe das Pferd entwischt ist.
Diese Bemerkungen beziehen sich vor allem auf die Behandlung von Pflanzen oder Sträuchern in großen Töpfen oder hölzernen Bottichen. Viele setzen Hortensien und Fuchsien in Bottiche und wissen nicht, was sie in den schrecklichen Monaten, die jetzt vor uns liegen, damit machen sollen. Der gesunde Menschenverstand rät uns, sie nicht zu gießen, denn Wasser würde aus der Erde einen betonharten Block machen. Viel sinnvoller ist es, die Töpfe mit Stroh oder Farn warm einzuwickeln, und wenn Ihre Töpfe nicht zu groß sind, stecken Sie sie bis an die Kante in ein Aschenbett. Das hält den Frost ab, denn eine Pflanze in einem Topf ist dem Frost natürlich viel hilfloser ausgeliefert als eine im Boden. Der Pflanze im Topf fehlt der Schutz, den das tiefe Erdreich in ihrer Nähe bietet, deshalb müssen wir ihr mit einem tiefen Aschenbeet zu Hilfe kommen.
Und was sollten wir sonst noch für unsere Topfpflanzen tun? Meistens werden sie verhätschelt und verwöhnt. Das Thema ist ein viel zu weites Feld für einen so kurzen Artikel, aber ganz allgemein würde ich folgendes raten:
Topfen Sie alle Pflanzen um, deren Töpfe zu eng geworden sind, was immer der Fall ist, wenn die Wurzeln aus dem Loch unten im Topf herauswachsen.
Wenn eine Pflanze nicht umgetopft werden muß, dann sollten Sie die oberste Erdschicht wegkratzen und neue Nahrung in Form von Kompost oder Knochenmehl verabreichen. Topfpflanzen erschöpfen die Erde, in der sie gepflanzt sind, und brauchen neue Nahrung. Sie können sich selber keine beschaffen und sind deshalb auf uns, ihre Besitzer, angewiesen. Wir tragen für diese wunderschönen Schöpfungen der Natur, die auf so hilflose und bemitleidendenswerte Weise unseren Wünschen unterstellt sind, eine große Verantwortung.
Ein recht attraktiver, holziger kleiner Strauch heißt Callicarpa bodinieri var. giraldii. Vielleicht ist er nicht schrecklich aufregend, aber er bietet doch eine Abwechslung zu den häufiger auftretenden Berberitzen und Cotoneastern und bringt im November und Dezember ein wenig Farbe. Außerdem macht er sich gut in einem Glas unter einer Elektrolampe. Seine Blüten, die sich früher im Jahr einstellen, sind unscheinbar; interessanter sind die tieflila Beeren, die dicht am Stamm in Dolden wie großgeratene Liebesperlen wachsen. Ich glaube nicht, daß sie für unsere kargen oder nördlichen Gebiete zäh genug sind, doch in einer sonnigen Ecke im Süden des Wash [Arm der Nordsee zwischen Norfolk und Lincolnshire], wie es in Wetterberichten heißt, müßten sie sich gut machen; in meinem Garten haben sie im letzten Winter achtzehn Grad unter Null heil überstanden.
Bei der Schönfrucht (Callicarpa) müssen wir jedoch auf eines achten: Sie ist eine der geselligen Pflanzen, die die Gesellschaft von ihresgleichen brauchen, deshalb sollten Sie mindestens zwei oder drei nebeneinandersetzen, sonst müssen Sie auf die Beeren verzichten. Es geht hier nicht um männliche und weibliche Pflanzen, wie zum Beispiel beim Sanddorn, der nur in der Ehe seine orangefarbenen Früchte liefert; die Erklärung scheint ganz einfach die zu sein, daß die Schönfrucht eine unverbesserliche Partylöwin ist.
Das gilt natürlich für viele beerentragende Sträucher ebenso wie für viele Menschen.
Angeblich macht die Schönfrucht sich auch als Topfpflanze gut, dann wächst sie mit einem einzigen Stengel, an dem die Beeren sich noch dichter aneinanderdrängen. Aber auch hier brauchen Sie mehrere Töpfe, nicht bloß einen.
Ein weiterer kleiner Strauch, der im Moment sehr fröhlich aussieht, ist die KronwickeCoronilla Valentina ssp. glauca. In meiner Verwirrung habe ich ihn in einigen Büchern nachgeschlagen und dort erfahren, daß er eigentlich zwischen April und Juni blüht. Dagegen bin ich machtlos. Ich weiß nur, daß er in meinem und im Garten eines Nachbarn während des ganzen letzten Dezembers geblüht hat. Dieser Rekord scheint ihn als Winterblüher auszuweisen. Er wirft nicht jedes Jahr seine graugrünen Blätter ab, sondern behält sie und seine leuchtend gelben, wickenähnlichen Blätter auch während der dunklen Tage. Er ist ein netter, nützlicher und munterer kleiner Strauch, vielleicht nicht zäh genug für sehr kalte Gegenden, glücklich jedoch vor einer Hausmauer in einem engen Beet in Südwest-Kent, in Sussex oder noch weiter westlich.
Es gibt eine Variante dieses Strauchs, die ich jedoch noch nie gesehen habe, wie ich zugeben muß, und die ich deshalb nicht so einfach empfehlen kann. Sie heißt Coronilla Emerus