0,00 €
Der Verfasser dieses Tagebuchs hat seine Jugend - Erlebnisse aufgeschrieben in dem Buch „Nun spielen andre Kinder hier.“ Er wurde in den letzten Kriegstagen von sowjetischen Soldaten verschleppt, was er später literarisch verarbeitete und auch vertonte: „Das Wunder von Danzig.““
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Veröffentlichungsjahr: 2016
Unser Leben währet siebzig Jahre, und wenn´s hochkommt, so sind´s achtzig Jahre, und wenn´s köstlich gewesen ist, so ist es Mühe und Arbeit gewesen; denn es fähret schnell dahin, als flögen wir davon.Psalm 90.10
„Und Du bist schon achtzig, Helmut?“ Einspruch Euer Ehren! Für die nächsten drei Monate gehöre ich noch zu den Siebzigern. Wir fuhren zur Konfirmation unserer Enkelin Melina, wir beiden Großelternpaare. Gitti und Horst besitzen noch ein Auto und konnten uns mitnehmen nach Wahlstedt. Der 25. April 2010 war ein schöner warmer sonniger Tag, genau wie bei der Konfirmation unserer Enkelin Hannah und unseres Enkels Paul in Hamburg vor einem Jahr. Und bei meiner Konfirmation vor 66 Jahren? Ich erinnere mich nur noch an den Kirchgang mit meinen Eltern. Es war in der Osterzeit. Geregnet hatte es nicht. Zurück in die Gegenwart. Samstag 08. Mai 2010Heute, 10 Uhr morgens. Auf dem Weg ins Fitnessstudio gerate ich ins Stolpern und falle zwei Meter weiter auf die Nase, ohne die geringste Chance, mich aufzufangen. Wie konnte das passieren? Na zum Glück ist nichts gebrochen. Eine schief stehende Brille, blutende rechte Augenbraue, und die rechte Hand ist geschwollen. Erst mal gehe ich nach Hause, um in den Spiegel zu schauen und das Blut abzuwaschen. Für Lore, meine Frau, war das nichts Neues, war mir das doch schon mal passiert. Da sah ich noch schlimmer aus. Da meine Trainingstasche noch gepackt war, zog ich mir wieder die Jacke an und ging ins Studio „McFit“ Seitdem treffe ich dauernd ältere Leutchen einen Rollator vor sich herschiebend. Ja ältere Leutchen. Ich bin ja nicht alt. Alt sind nur die Anderen. Die Spaziergänge machen wir ja täglich so gegen Abend immer nur zu zweit. Leider ist Lore seit Ferienbeginn am 12 Mai auf dem Campingplatz an der Ostsee mit Enkelkindern. Muss ich also allein gehen und vorsichtig immer auf die Bodenbeschaffenheit achten. Wenn ich mir dann den Himmel anschauen will, muss ich eben stehen bleiben. Ist denn das so schlimm, Helmutchen? In der letzten Zeit nannte Lore mich immer so, weiß auch nicht warum. Sie ist noch ein junges Ding, erst 74. Nein ich denke das ist zumutbar. Es geht noch ohne Rollator und ohne Begleitung. Und sonst? Meine rechte Hand ist noch etwas geschwollen, kann noch keine Faust bilden. Heute wollte ich die Finger gewaltsam biegen. Seitdem schmerzen sie wieder mehr, die armen Dinger, waren sie doch ohnehin schon aufs Abstellgleis gestellt worden. Vor einigen Wochen fühlten sie sich überfordert, jedenfalls die rechte Hand. Ausgerechnet die streikte nach längerem Üben für den Choral „Jesus bleibet meine Freude.“ Karin aus unserer Gesangsgruppe hatte sich das gewünscht. Und ausgerechnet diese rechte Hand hat nun durch den Sturz noch eins drauf gekriegt. Überhaupt. Fühlten sich meine Hände durch das Klavierspiel schon seit Längerem überbeansprucht, so litten sie außerdem ständig an Unterversorgung von Sauerstoff mittels frischem Blut durch die Arterien. Die Folge sind ständig kalte Hände bis hin zu Schmerzen, wenn sie nicht massiert wurden. Doch halt. Die ersten 14 Tage nach dem Sturz hatte die rechte Hand durch die Schwellung Überkapazität an Hitze. Sie umklammerte ihre frierende Schwester, die sich ihrerseits jetzt richtig rundum wohlfühlte. Es war also genug Wärme für beide Hände zur Verfügung. Leider ist das kein Rezept für die Zukunft. Den Füßen geht es nicht besser. Sie sind auch ständig kalt beim Sitzen im Sessel, wenn ich nicht von Zeit zu Zeit aufstehe und eine Runde durch die Wohnung drehe. Runde drehe! Mein Gang ist jetzt leider sehr wackelig. Besonders wenn ich aufstehe und losgehe, schwanke ich wie nach der ersten Flasche Bier und muss sehen, dass ich nicht stürze.