"Moment Schwester, das Abführmittel wirkt gerade" - Susann Winkler - E-Book

"Moment Schwester, das Abführmittel wirkt gerade" E-Book

Susann Winkler

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Beschreibung

In Alten- und Pflegeheimen herrschen nur Einsamkeit und Leid? Weit gefehlt! Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können sich keinen unterhaltsameren Arbeitsplatz vorstellen, denn hier ist kerniger Humor zu Hause. Vornehme Zurückhaltung und politische Korrektheit sucht man vergebens – stattdessen werden die Dinge ungeschönt beim Namen genannt. Genau das macht den besonderen Charme und Unterhaltungswert des Mikrokosmos Pflegeheim aus. Dieses Buch lädt alle zu einem Besuch in diese originelle, oft skurrile und höchst amüsante Welt ein. Auch kann es Angehörigen dabei helfen, Ängste und Hemmungen im Umgang mit den Themen Alter, Senioren und Pflegeheim abzubauen. Mitarbeiter von Senioren- und Pflegeheimen werden herzhaft lachen und an eigene Erlebnisse aus ihrem Berufsalltag erinnert werden. Und die Senioren dürfen stolz auf sich sein: Sie haben ihren Humor noch lange nicht verloren!

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Susann Winkler

Moment Schwester,das Abführmittel wirkt gerade

Offen, unzensiert und heiter –

Susann Winkler

Moment Schwester,das Abführmittel wirkt gerade

Offen, unzensiert und heiter –Anekdoten aus dem Pflegeheim

schlûtersche

Susann Winkler ist Diplom-Heilpädagogin und arbeitet derzeit als Leitung des Bereichs Soziale Betreuung in einem Senioren- und Pflegeheim im Berchtesgadener Land. Sie hat bereits mehrere, sehr erfolgreiche Bücher veröffentlicht.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://dnb.de abrufbar.

ISBN 978-3-8426-0879-5 (Print)

ISBN 978-3-8426-9145-2 (PDF)

ISBN 978-3-8426-9146-9 (EPUB)

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Originalausgabe

© 2022 Schlütersche Fachmedien GmbH, Hans-Böckler-Allee 7, 30173 Hannoverwww.schluetersche.de

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wurde in diesem Buch häufiger die männliche Form gewählt, nichtsdestoweniger beziehen sich Personenbezeichnungen gleichermaßen auf Angehörige des männlichen und weiblichen Geschlechts sowie auf Menschen, die sich keinem Geschlecht zugehörig fühlen.

Autorin und Verlag haben dieses Buch sorgfältig erstellt und geprüft. Für eventuelle Fehler kann dennoch keine Gewähr übernommen werden. Weder Autorin noch Verlag können für eventuelle Nachteile oder Schäden, die aus in diesem Buch vorgestellten Erfahrungen, Meinungen, Studien, Therapien, Medikamenten, Methoden und praktischen Hinweisen resultieren, eine Haftung übernehmen. Insgesamt bieten alle vorgestellten Inhalte und Anregungen keinen Ersatz für eine medizinische Beratung, Betreuung und Behandlung.

Etwaige geschützte Warennamen (Warenzeichen) werden nicht besonders kenntlich gemacht. Daraus kann nicht geschlossen werden, dass es sich um freie Warennamen handelt. Alle Rechte vorbehalten. Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der gesetzlich geregelten Fälle muss vom Verlag schriftlich genehmigt werden.

Lektorat: Claudia Flöer, Text & Konzept Flöer

Layout: Kerker + Baum, Büro für Gestaltung GbR, Hannover

Covermotiv: giorgiomtb – stock.adobe.com, BVpix – stock.adobe.com

Inhalt

Einleitung

Wilhelm wird 100 und hat große Pläne

Die Jungfrauengeburt

Fünf Sterne für einen Hotelier

»Irgendwas ist immer«

Der gestohlene Führerschein

Ein Nikolaus steht Rede und Antwort

Auch Uromas Welt war nicht schwarz-weiß

Gundas Teddy und Försters Fuchs

Ärztlicher Rat mit Nebenwirkungen

Manege frei für Mickey, den Pfiffikus

»Mein zuverlässigster Mann«

The new student

Der Besuch des Kommissars

»Das war doch der Dings…«

Der charmante Weltenbummler

Dessous vom Tierarzt

Kopfweh

Nachtwache – zwei Herzen im Dreivierteltakt

Schluss mit schlechtem Gewissen – und Vogelfutter

Das Glück kommt oft im Gewande des Unglücks

Auf ein Bier mit Pfleger Karel

Der Briefwechsel

Berta grantelt

Die schwierige Kundin

Wohl bekomm’s

Narrenfreiheit

Die Uhr geht vor

Moment Schwester, das Abführmittel wirkt gerade

Einleitung

Alten- und Pflegeheime gehören sicherlich nicht zu den beliebtesten Orten und viele Menschen meiden solche Einrichtungen, wo sie nur können. Schade eigentlich!

Ich arbeite seit vielen Jahren in einem Pflegeheim und kann mir kaum einen unterhaltsameren Arbeitsplatz vorstellen. Immer wieder beeindruckt und berührt mich die Gelassenheit und der treffsichere Humor unserer Bewohner*innen und immer wieder staune ich über ihre faszinierenden Lebensgeschichten.

Ja, die Lebensfreude vieler Bewohner*innen ist durch Krankheit und verschiedene Altersbeschwerden eingeschränkt – da braucht man nichts schön zu reden. Aber, im Mikrokosmos Pflegeheim wird nach Kräften versucht, diesen Menschen ein Zuhause zu bieten, das ihren veränderten Bedürfnissen gerecht wird.

In vielen Dingen erscheint mir diese kleine Welt dann tatsächlich oft wie eine entspanntere Version des »richtigen Lebens«:

• Jemand möchte den ganzen Tag im Pyjama oder im Bett verbringen? Wieso nicht!

• Welchen Wochentag oder welche Uhrzeit haben wir? Eigentlich egal, denn es ist ohnehin 365 Tage im Jahr, Tag und Nacht alles da, was man braucht!

•Eine 100-jährige Bewohnerin hält Händchen mit einem 26-jährigen Pfleger? Natürlich, das gehört hier zum Alltag!

• Ein Bewohner mit Demenz liebt Hagebuttentee, weil er ihn für Glühwein hält? Wunderbar – mit ein bisschen Fantasie lebt es sich in aller Regel wesentlich leichter!

• Eine hochbetagte Dame setzt sich weiterhin täglich zu ihren ehemaligen Arbeitszeiten an den Schreibtisch und sortiert dort fleißig Papiere, locht sie und heftet sie ab? Was spricht dagegen, so lange sie dabei glücklich ist!

Jetzt werden Sie vielleicht einwenden: »Na, die malt aber ein sehr rosiges Bild!« Richtig! Das tue ich tatsächlich. Mit diesem Buch möchte ich Ihr Augenmerk bewusst auf die schönen und humorvollen Seiten des Lebens im Senioren- und Pflegeheim lenken. Berichte über Pflegenotstand, Personalmangel und die oft enorme Arbeitsbelastung der Mitarbeiter*innen hören und lesen wir an anderen Stellen schließlich zur Genüge. Ich will diese Punkte auch keineswegs negieren oder abschwächen. Ebenso wenig möchte ich die Augen davor verschließen, wie anstrengend, fordernd und nervenaufreibend die Arbeit auf den Stationen häufig ist. Dennoch finde ich, dass man im Alltag viel zu wenig über die positiven Seiten und Erfolge von Pflegeheimen erfährt, über die Freude und Hingabe, mit der ein Großteil der Mitarbeiter*innen ihrer Arbeit nachgeht und nicht zuletzt darüber, wie viel gemeinsam gescherzt und gelacht wird.

Das vorliegende Buch erhebt in keinster Weise den Anspruch, ein Lehrbuch zu sein. Vielmehr soll es die Wirklichkeit möglichst unverfälscht abbilden und an der einen oder anderen Stelle illustrieren, wie entspannend sich eine gute Portion Humor und Gelassenheit oft auf die Beschwerlichkeiten des Alltags auswirken kann.

Eine kurze Anmerkung noch zum Thema »Du« und »Sie« im Umgang mit Bewohner*innen beziehungsweise Klient*innen. Die Wünsche und Bedürfnisse des Einzelnen variieren in diesem Punkt ebenso wie in vielen anderen Belangen: Während es für die einen wesentlich zur Wohlfühlatmosphäre in ihrem derzeitigen Zuhause beiträgt, mit »Du« angesprochen zu werden, ziehen andere das »Sie« vor, als Ausdruck von Achtung und Respekt. Manche Bewohner*innen reagieren beispielsweise auch aufgrund ihrer Demenzerkrankung überhaupt nicht mehr auf ihren Nachnamen (insbesondere, wenn es der angeheiratete ist) oder auf die Anrede mit »Sie«. Ich versuche in den folgenden Geschichten, diese Realität widerzuspiegeln, indem ich unterschiedliche Versionen verwende.

Nun bleibt mir nur noch, Ihnen gute Unterhaltung beim Lesen zu wünschen!

Ihre Susann Winkler

Wilhelm wird 100 und hat große Pläne

Wilhelm Hummel hat endlich sein großes Ziel erreicht – er feiert heute seinen 100. Geburtstag. Während viele seiner Mitbewohner*innen immer wieder beteuern, dass es für sie ein Graus wäre, so alt zu werden, fieberte Wilhelm seit Jahren diesem Tag entgegen. Der Grund für seinen Ehrgeiz: Zum 100. Geburtstag gratuliert nicht nur der Bürgermeister persönlich, sondern man bekommt außerdem ein Glückwunschschreiben vom Ministerpräsidenten und sogar ein weiteres vom Bundespräsidenten. Solch eine Ehre, betont Wilhelm immer wieder unermüdlich, sei noch keinem seiner Verwandten zuteil geworden. Damit sei er jetzt ein »ganz hohes Viech«.

Bürgermeister Egon Schreiber hat seinen Besuch für 15:00 Uhr angekündigt. Die gedeckte Kaffeetafel steht zu diesem Zeitpunkt schon bereit und auch der Bürgermeister ist pünktlich. »Da ist ja das Geburtstagskind«, begrüßt er den Jubilar. »Respekt! Ein stolzes Alter, das Sie da vorlegen!« Der Bürgermeister überreicht eine extragroße Flasche Sekt sowie ein dunkelgrünes Lederetui, das die Ehrennadel der Gemeinde enthält. Danach nehmen alle Anwesenden ihre Plätze am Kaffeetisch ein – inklusive aller Mitbewohner*innen der Station.

»Was wünschen Sie sich denn für das neue Lebensjahr, Herr Hummel?« erkundigt sich der Bürgermeister bei Wilhelm – und der legt auch gleich los: »Erstmal zwei neue Kniegelenke und danach gehört das rechte Auge ausgewechselt. Wenn ich dann körperlich wieder fit bin, würde ich mir durchaus auch mal das Thema Heirat durch den Kopf gehen lassen. Vielleicht eine wohlhabende Witwe. Jetzt, wo ich quasi berühmt bin, dürfte das ja kein großes Problem mehr sein. Vielleicht können Sie sich da mal ein bisschen umhören«, zwinkert Wilhelm dem Bürgermeister verschwörerisch zu. »Auch eine Reise in die Karibik oder eine kleine Kreuzfahrt würde ich mir schon gefallen lassen. Aber leider gibt das meine Pension nicht her. Wissen Sie, ich war mein Leben lang Schlafwagenschaffner, immer unterwegs. Da tut man sich dann schwer mit dem Sesshaftsein.«

»Oh, Sie waren Schlafwagenschaffner«, staunt Bürgermeister Schreiber und schiebt sich den nächsten Bissen Schwarzwälder-Kirschtorte in den Mund. »Da beneide ich Sie ja schon ein bisschen. Ich wäre gerne Lokführer geworden. Aber meine Mutter hat gemeint, die Schichtdienste wären nicht gesund und außerdem würden sich immer mal wieder Leute vor den Zug schmeißen, darüber käme ich dann vielleicht nie hinweg. Die Argumente überzeugen mich heute zwar nicht mehr, aber als junger Kerl hat man damals gemacht, was einem gesagt wurde. Also meldete mich meine Mutter auf der Verwaltungsschule an. War eigentlich gar nicht meine Welt, aber mir jetzt als Bürgermeister auf Geburtstagsfeiern den Bauch vollzuschlagen, ist auch gar nicht so übel.« Er lacht schallend, hebt sein Sektglas und prostet dem Senior zum wiederholten Male zu.

Auch Wilhelm kommt immer mehr in Stimmung. »Also, nächstes Jahr zu meinem 101. sind Sie auf jeden Fall wieder eingeladen! Aber, sollen wir nicht dieses alberne »Sie« lassen, Egon – wo wir doch fast Eisenbahnkollegen geworden wären? Ich bin der Willi!« Die beiden Männer sind sich einig und stoßen erneut an. Schwester Heike eilt herbei, um die Gläser wieder zu füllen.

»Sag mal, Willi«, erkundigt sich der Bürgermeister, »du hast gemeint, du suchst eine Frau. Aber als Schlafwagenschaffner hast du doch bestimmt die Auswahl gehabt, oder?«

»Oh Gott, ja«, erinnert sich Wilhelm lächelnd. »Aber ich habe damals Verpflichtungen gemieden wie das Fegefeuer. Mittlerweile bin ich doch etwas reifer und beständiger, jetzt wäre ich schon bereit, mich längerfristig zu binden.«

»Zumal längerfristig mit 100 ja auch ein recht überschaubarer Zeitraum ist«, prustet der Bürgermeister und hebt abermals das Glas.

»Du bist ein Fuchs, Egon, kein Wunder, dass du’s zum Bürgermeister gebracht hast«, stimmt Wilhelm in das Gelächter ein. Dann beugt er sich zu seinem neuen Freund hinüber und flüstert vertraulich: »Siehst du die Schwester Elke da vorne, die mit dem schwarzen Zopf? Auf die hatte ich ein Auge geworfen, doch sie meinte, der Altersunterschied von 56 Jahren sei ihr ein bisschen zu viel. Aber jetzt, wo ich mit dem Bürgermeister per »Du« bin… Ich werde ihr mal meine Ehrennadel zeigen und die Glückwunschschreiben vom Ministerpräsidenten und Bundespräsidenten. Wenn sie dann nicht beeindruckt ist, weiß ich auch nicht mehr weiter. Aber, ist eben das alte Thema, versteh einer die Frauen…«

»Zur Not bringe ich dir zum nächsten Geburtstag noch ein paar Orden mit – irgendetwas werde ich schon finden«, verspricht Erwin beim Abschied.

Die Jungfrauengeburt

Berta Keller sitzt mit ihrem Sohn Jochen auf der Terrasse des Café am See. Jochen hatte den besten Tisch bereits eine Woche im Voraus reserviert, sodass die beiden direkt am Ufer sitzen und aus nächster Nähe die Schwäne und Enten beobachten können, die sich friedlich im Wasser tummeln. Und nicht nur das Szenario wirkt wie ein Ausschnitt aus dem Reiseführer, auch das Wetter könnte nicht besser sein – sonnig, aber nicht zu heiß. Wieso in aller Welt schaut Berta dann so bedrückt drein?

Diese Frage stellt sich auch Sohn Jochen und ist ein wenig enttäuscht, dass die erhoffte Freude über den Ausflug bei seiner Mutter ausbleibt. »Muttchen, was hast du denn? Gefällt es dir nicht?«, fragt er ein wenig besorgt.

»Ach, Junge, natürlich ist es wunderschön hier und du hast dir so viel Mühe gegeben. Aber ich muss dir etwas beichten und weiß nicht, wie ich es am besten sagen soll.« Die 77-Jährige ringt sichtlich mit sich, presst die Lippen zusammen und schließt dann die Augen.

»Aber, Muttchen«, lacht Jochen und tätschelt die Hand seiner Mama. »Was hast du denn bloß angestellt?

»Dir wird das Lachen gleich vergehen«, ist sich Berta sicher. »Also, … ich kann es genauso gut kurz machen: Du bekommst ein Geschwisterchen. Ich bin schwanger.«

Erleichtert prustet Jochen los: »Oh, Muttchen, du verstehst es aber auch wirklich, einem einen Schrecken einzujagen! Du und schwanger! Mit 77 Jahren?«