Mut und Stärke - Karin Lesch - E-Book

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Karin Lesch

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Beschreibung

Von einer unbeschwerten Kindheit in einem kleinen Dorf inmitten ländlicher Gegend über Natur- und Tierliebe, aktiven Sport und eine langweilige Bürotätigkeit schließlich als Stewardess in eine traumhafte Fliegerlaufbahn, glückliche späte Mutter, jedoch eine unglückliche kurze Ehe mit einem gewalttätigen Ehemann und der Beigabe einer infamen, intriganten und herrischen Schwiegermutter. Es dauert einige Jahre, bis sich Karin Lesch aus diesen Fesseln befreit, einen Schlussstrich zieht und alles hinter sich lässt. Sie wagt einen beherzten Schritt, indem sie einen ungewöhnlichen Weg wählt: die Flucht mit dem kleinen Kind ins Ausland. Eine unglaubliche Geschichte, die das Leben schrieb... Geschehnisse, die enthüllt werden mussten...

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Karin Lesch

Mut und Stärke

BookRix GmbH & Co. KG80331 München

Vorwort

Die Chronik eines Lebens und gleichzeitig die sensationelle Story einer Kindesmitnahme...

 

Von einer unbeschwerten Kindheit in einem kleinen Dorf inmitten ländlicher Gegend über Natur- und Tierliebe, aktiven Sport und eine langweilige Bürotätigkeit schließlich als Stewardess in eine traumhafte Fliegerlaufbahn, glückliche späte Mutter, jedoch eine unglückliche kurze Ehe mit einem gewalttätigen Ehemann und der Beigabe einer infamen, intriganten und herrischen Schwiegermutter. Es dauert einige Jahre, bis sich Karin Lesch aus diesen Fesseln befreit, einen Schlussstrich zieht und alles hinter sich lässt. Sie wagt einen beherzten Schritt, indem sie einen ungewöhnlichen Weg wählt: die Flucht mit dem kleinen Kind ins Ausland. Eine unglaubliche Geschichte, die das Leben schrieb...Geschehnisse, die enthüllt werden mussten...

 

 

Mut steht am Anfang des Handelns, Glück am Ende.

Demokrit

Meine Schwiemu, die Usurpatorin

 

Meine (Ex-)Schwiegermutter (im Nachfolgenden der Kürze wegen öfters „Schwiemu“ genannt) war fast immer der Kernpunkt des Problems; sie lehnte mich ab, weil ich mir nicht befehlen ließ. Sie beschimpfte, missachtete und demütigte mich, drohte mir, tratschte, verurteilte alles von mir; subtil, massiv, geballt und unbegründet. Sie war eine Usurpatorin wie sie im Buche steht, eine Diktatorin, eine Person, die alles in Besitz nahm und überall die Macht an sich riss. Von meinem (Ex-)Mann bekam ich keinen Rückhalt. Er war von ihr dressiert, manipuliert, unfähig sich loszulösen. Ich hätte seine Hilfe und Unterstützung dringend gebraucht; aber wir waren nie ein echtes Team – es war eine verzwickte, verzweifelte Lage, ein Geflecht aus Machenschaften und Manipulation. Harmonie? Weit gefehlt – ich zitterte schon vor jedem Besuch bei „ihr“. Welche Geheimheiten würde die olle Gebieterin diesmal wieder ausgeheckt haben? Mein Ex hielt fast immer zu ihr oder hielt sich zumindest fein raus ... eine eher groteske Konstellation, bis ich mich zur Wehr setzte um einen Ausweg aus der Schwiegermutter-Falle zu finden...

 

Ich lese zum prekären Thema „Schwiegermutter“ und kann schnell feststellen, dass ich mit diesem Problem offenbar nicht alleine dastehe ...

 

Unlautere Aktionen, Übergriffe und regelrechte Rachezüge einer Frau, die als Mutter ihr Kind nicht loslassen und erwachsen werden (und sein) lassen kann. Von wegen „liebe“ Schwiegermutter. Hinter dieser Fassade des „Gutmeinens" versteckt sie regelmäßig freundlich verpackte gehässige Kritik. Auch ich bin, wie die meisten Frauen dazu erzogen worden, die Familienharmonie über alles zu stellen. Erschütternd und fast unglaublich sind ihre Handlung, ihre Akte. Auch ich spreche aus Scham nicht gern über diesen Terror, dem ich durch das Verhalten meiner Schwiegermutter und meines Ehemannes, der mir ihr kooperierte, ausgesetzt war. Oftmals ist es die eigene Erziehung, die verhindert, dass Frauen sich zur Wehr setzen: Viele lernen in ihrer Kindheit das Ideal des braven Mädchens kennen, das alles dafür tut, um sich bei anderen beliebt zu machen. Nein zu sagen käme gar nicht in den Sinn. Ein schwieriges Thema, mit dem nur wenige Frauen an die Öffentlichkeit gehen.

 

Subtile Sticheleien, aber auch massive Konflikte, offene Abwertung bis hin zu regelrechtem Hass, ja sogar Stalking sind keine Seltenheit. Als Schwiegertochter hat man dabei keine Chance, irgendetwas richtig zu machen. Selbst wenn man bemüht ist, ein gutes Verhältnis zur Schwiegermutter herzustellen; gegen diese geballte und unbegründete Ablehnung kommt man snicht an. Schwierig, Strategien zu finden, um sich selbst zu schützen. Auf jeden Fall kann man das Idealbild von der Familienharmonie hinter sich lassen. Am besten man bleibt so weit weg wie möglich, um den Anfeindungen der Schwiegermutter keine Angriffsfläche mehr zu bieten...

 

Wenn Familienharmonie zur Falle wird, jemand so giftig wie sie manipuliert und sabotiert, ist es verdammt schwierig, solche Verstrickungen zu lösen. Auch ich gehöre zu den Schwiegermutter-Geschädigten!

 

Immer anständig und willig, aber abgelehnt, gedemütigt und beschimpft. Das war die Kernfrage meines Problems mit der Schwiegermutter. Ich fühlte mich hilflos und verlassen, ohne jeglichen Rückhalt von meinem Mann. Tratschen, verurteilen, lügen, manipulieren, um zu verletzen kaputtzumachen, was geht und schließlich auseinanderzubringen.

 

Niemand nimmt das für voll; es wird abgetan mit Sprüchen wie „sie meint das nicht so, das ist halt so ihre Art“. Wenn ich Grenzen zeigte, bildete er kein Team mit mir. Stummes Ertragen einer übermächtigen Schwiegermutter, denn Muttersöhnchen hatten bereits eine vergiftete Kindheit und gehorchen immer ihrer Mutti. Wir dividierten auseinander. Am allerschlimmsten ist es dann aber, wenn sich der Mann deshalb ebenfalls gegen seine Partnerin stellt ...

 

Ich lese weiter zum Thema, u.a. hassgeliebte Schwiegermutter von Felicitas Heyne und Bücher von Ruth Gall, Gerda Themel und vielen anderen Autorinnen. Lösungswege wie Maßregelungen und Demütigungen nicht annehmen, sich nichts mehr gefallen lässt und ein stabiles Selbstbewusstsein aufbauen heißt es einigen Stellen... das ist einfacher gesagt als getan, sich so jemand auf Distanz zuhalten und ein "relativ" harmonisches Verhältnis aufrechtzuerhalten, obwohl einen die Schwiegereltern nicht so annehmen wie man ist und das stets verlauten lassen. Wege aus der Schwiegermutter-Falle finden, während man gleichzeitig nach einem Anker lechzt. Wie viele gedemütigten Schwiegertöchter müssen das am Boden liegende Selbstbewusstsein wieder aufbauen?

 

Laut einer Umfrage des GEWIS-Instituts konnten 28 bis 60 % der Befragten ein Lied davon singen. 8 % der Frauen gaben die Schwiegermutter als Grund für die Trennung vom Partner an. Sie bezeichnen ihre Schwiegermutter u.a. als Giftzahn, Drachen, Meckerziege. Also weit gefehlt mit eitel Sonnenschein! Experten gehen davon aus, dass bei mindestens 12,5 % aller Scheidungsehen die Schwiegermutter des Partners eine ausschlaggebende Rolle spielt. In anderen Worten: jede 8. Ehe geht daran kaputt. Nicht erfasst sind hier die Dunkelziffern der nicht verheirateten Paare, weil „SIE“ vorher erfolgreich intrigiert hat. Aber nur 5 % der Männer kritisierten ihre Schwiegermutter...

 

Gefährlich, bösartig, unbequem: "Der schlimmste Stachel ist immer die Schwiegermutter", lautet ein volkstümliches Sprichwort. Angeblich zerstört sie sogar jede vierte Ehe bzw. Partnerschaft – weil sie sich immer und überall einmischt und den Partner schlecht macht, heißt es an einer anderen Internetstelle. Familienexperten und Psychologen raten zu mehr Gelassenheit, Abgrenzung und fordern tolerante Zurückhaltung. Bei all dem emotionalen Erpressungsmanövern sollte man versuchen, im Partner einen Verbündeten zu gewinnen und die Kinder aus den Loyalitätskonflikten herauszuhalten, raten die Experten. Das liest sich so locker; die Praxis hingegen sieht ganz anders aus.

 

Autorin Ruth Gall hat vor 13 Jahren ein Internet-Forum ins Leben gerufen und seitdem 90.000 Kontakte zu Schwiegermutter-geplagten Menschen, wie sie sagt. Diese Frauen berichten ihr seit Jahren von Schwiegermüttern, die sich immer und überall in die Angelegenheiten der neuen Familie einmischen, in der Wohnung herumstöbern, Briefe öffnen, den neuen Partner schlecht machen und Ähnliches, um die Beziehung des eigenen Kindes zu stören oder gar zu zerstören.

 

Felicitas Heyne hat für ihr Buch "Hassgeliebte Schwiegermutter" die Spezies in fünf Kategorien eingeteilt: Von der Meckerziege über das Klammeräffchen bis hin zur Intrigenziege. Ein medizinisches Utensil, eine spitze Klammer mit Haken, die sich im Verband festkrallt, heißt auch Schwiegermutter. Ein Zufall?

 

Im Internet finde ich noch weitere Ausdrücke für Schwiegermutter: Toxic-In-Law, Schwieger-Tiger, Giftzahn, Drachen, Meckerziege, linke Bazille, Frau Hölle, Streitaxt...

Dazu jede Menge internationaler Sprüche:

Wer der Schwiegermutter schmeichelt, krault einen Tiger. Malaysia

Gut ist, wenn die Schwiegermutter fern aber Brennstoff und Wasser nah sind. Mongolei

Sei nett zu deiner Schwiegermutter, denn sie ist billiger als ein Babysitter. Unbekannt.

Siehst du im Moor die Schwiegermutter winken, wink  zurück und lass sie sinken. Unbekannt.

Zwei Schwiegermütter gingen baden, das kann ja auch nicht schaden. Die eine ist sogleich versoffen, von der andren woll`n wir`s hoffen. Unbekannt.

Schwiegermütter und die Presse haben eine lose Fresse. Unbekannt.

Schwiegermütter können von Zucker sein und sind doch bitter.

So viele es weiße Krähen gibt, gibt es gute Schwiegermütter. Serbien

"Stell dir vor, meine Schwiegermutter hat jetzt endlich ihr Idealgewicht erreicht." "Und wie schwer ist sie?" "Dreieinhalb Kilo - inklusive Urne!"

Warum kommen Schwiegermütter nie in den Himmel? Weil Drachen nicht höher als hundert Meter steigen können.

Alte Bauernweisheit: Mischt der Bauer Gift zur Butter, ist sie für die Schwiegermutter.

Was ist flüssiger als Wasser? Die Schwiegermutter, die ist überflüssig.

Die Schwiegermutter spricht Honig, aber sie meint Galle. Aus Spanien.

Ein andalusisches Sprichwort sagt: „Lobe den Brunnen, in den deine Schwiegermutter gefallen ist, aber schöpfe kein Wasser daraus.“ Klar, ein Brunnen, in den ein Drache gefallen ist, in dem ist das Wasser vermutlich vergiftet.

Passt alles haargenau...

 

Schnell vorgestellt: Aufgewachsen in einem kleinen hessischen Dorf, gelernte Rechtsanwalts- und Notariatsgehilfin, Sport als Hobby und Nebenjob. Nach einigen Jahren wechselte ich zur Lufthansa als Stewardess. Mein erstes und einziges Kind bekam ich mit 34 Jahren. Meine Ex-Schwiegermutter bezeichnete mich deshalb vor allen Leuten als alte Kuh. Sie selbst hatte zwei Kinder verloren; vielleicht versuchte sie deshalb ständig, anderen Leuten das Kind abzunehmen. Sie war 17, als sie das erste Kind bekam, damals noch eine riesige Schande. Ihre herrische, repressive Mutter, eine Kneipenbesitzerin, zwang nach dieser Schande die damals noch 17-Jährige, ihre Lehre als Schweißerin fertigzumachen und nahm ihr einfach das Kind ab, welches den Großteil seiner Zeit tagsüber und nachts in der Kneipe verbrachte. Man stellte „den Bernhard“ auf die Theke, ließ ihn mit einem Kochlöffel in der Hand ein Orchester Betrunkener dirigieren und alle lachten sich kaputt drüber; eine unangemessene und erniedrigende Situation. Dreißig Jahre später wurde dieses arme Kind mein Mann. Auch mein aus dieser Beziehung hervorgehender Sohn war oft den schlechten Einflüssen seines Vaters als auch der Großeltern väterlicherseits ausgesetzt. Wenn mein Sohn weinte, hatte mein Schwiegervater Ratschäge parat wie „Gib ihm doch mal Bier, dann schläft er gut“ und ließ unser wenige Wochen altes Baby an seinen schmutzigen Schlüsseln am Schlüsselbund kauen. Mehrere ähnliche Situationen waren aufgetreten. Als ich begann, mich dagegen zu wehren, hackte man nur noch mehr auf mir herum ... Meine defensivere Positionierung entfachte sich letztendlich in einem wirklichen Krieg gegen mich: Verachtung, Verfolgung und Agressionen überraschten mich immer wieder, jenseits des Glaubens. Meine Schwiegermutter trieb ihr machiavellistisches Spiel weiter, verachtete mich, stellte mich bloß, alle duckten sich in peinlicher Stille, still, verlegen, betreten, schockiert, angstvoll, und ich durfte den Schauplatz jedes Mal mit einem Gefühl von Schmerz und unsäglicher Erniedrigung zu verlassen. Ich blieb wie immer stumm, aber mit dunklen Gedanken. Nach einiger Zeit des Zusammenlebens, fortlaufend konfrontiert mit unzähligen unangenehmenden Problemen, machte ich eine nüchternde Analyse der grauenvollen Situation, und musste feststellen, dass ich in dieser Umgebung nicht überleben würde.

 

In mir der verrückte Wunsch, ihr zu sagen: „Genug! Hör auf schlecht über andere zu reden! Halt den Mund! Hör auf, mich laufend zu fragen, wie, wohin, woher, warum. Hör auf, mich laufend zu kritisieren und mir Vorschriften zu machen. Schluss! Ich werde von nun an die Dinge so tun, wie es es will. Bleib aus meinem Leben! Du bist eine echte Plage! Du stehst auf meiner Stressskala ganz oben! Du bist der Teufel im Haus! Du verschönerst jeden Raum beim Hinausgehen! Steig auf deinen Besen und zisch ab! Ich rede mit mir selbst; in Gedanken setze ich dem Alptraum mit meiner Ex-Schwiegermutter ein Ende:

 

Ich würde dir gerne den Finger unter die Nase halten, dich zum Zuhören zwingen, dir all die Wahrheiten zurufen, und endlich mal Tacheles mit dir reden, was sich nie jemand gewagt hat. Deine despotische Art, deine herrschsüchtigen Launen, deine nicht endende Überheblichkeit, deine uferlose Großkotzigkeit, deine permanente Machtgier...Ich hätte dir viele, viele Dinge zu sagen, die mir in der Kehle erstickt wurden.

 

Unzählig viele Eigenschaftswörter hätte ich für dich: boshaft, gehässig, streitsüchtig, gemein - hundsgemein, zynisch, giftig, beleidigend, arglistig, unbarmherzig, verabscheuenswert, niederträchtig, intrigant, unausstehlich, durchtrieben, biestig, fies, pissig, schlimm, teuflisch, heimtückisch und einfach widerwärtig.

 

Ich möchte dich in Plexiglas gießen und auf dem öffentlichen Marktplatz ausstellen oder steinigen lassen. Ein Gericht gäbe mir sicherlich mildernde Umstände dafür, mit so einer Schwiegermutter dreht man ja durch. Oft habe ich mich schon gefragt, wie es dein Mann mit dir aushält. Der kann einem leid tun. Wahrscheinlich trinkt er deshalb so viel. Wie er immer zusammensinkt, die Schultern nach vorne fallen lässt, die Lippen zusammenkneift und das Haupt senkt, wenn du auf den Tisch haust; so ein richtiges Würstchen eben. Wie ein Hund, der den Schwanz zwischen die Beine klemmt.

 

(Un)liebe, verhasste Schwiegermutter, oder besser, Schwiegermonster: Du kannst die Art nicht ausstehen, wie ich die Soße salze. „Salz nimmt man nicht in die Finger, ICH mache das mit dem Löffel“, sagst du. Ich kann deine geschmacklose Salatsoße auch nicht ausstehen. Was hast du eigentlich dagegen, wenn ich meine Pommes mit Curry, Paprika oder Senf esse? Ich lasse dich deine Pommes auch essen, wie du willst, ohne ständig zu meckern. Dein Sauerkraut kommt doch auch aus der Dose; aber deine Familie hast du eiskalt angelogen, es sei selbstgemacht, bis ich den Riesenstapel leerer Dosen hinten im Garten gefunden habe. Hahaha! Verarsch dich doch selbst! Deine Schwägerin könne nicht kochen, zumindest nicht so gut wie du, die könne gar nichts, nur Fertiggerichte. Reibekuchen, Sauerkraut und Schmandkuchen kannste doch selbst nicht, was bildest du dir also ein? Eifersüchtig bist du, weil dein Sohn mir von der Geschäftsreise nichts mitgebracht hat, aber dir. ICH krieg auch was, forderst du lautstark. Wenn ich bei Besuchen dein Essen ablehne, weil ich satt bin, häufst du mir noch eine doppelte Portion auf den Teller, versuchst mich zum essen zu nötigen und erzählst dann überall, ich würde fressen wie ein Scheunendrescher. Warum sagt du, ich hätte in dieser Hose einen Hängehintern, meine Hose sei halben Zentimeter zu lang. Ach ja, hab ich doch weiß Gott noch nicht bemerkt, stell dir mal vor. Such dir etwas anderes, wo du ständig dran herummeckern kannst. Lass mich in Ruhe. Dein Sohn kann nicht mal eine Krawatte richtig binden, macht den Knoten beim Schuh rückwärts und kann kein Rad fahren. Alles klar? Stehen wir uns noch in irgendetwas nach? Irgendwann sag ich`s dir, wenn mir der Kragen platzt. Nein, ich schreib es dir, jetzt und hier. Das Maß ist bald voll. Was ich dir schon lange sagen wollte, eigentlich möchte ich es lieber herausschreien, aber dazu bin ich einfach zu gut erzogen. Bei uns in der Familie kreischt keiner so herum wie bei euch. Jeder kann so leben wie er will. Mein Haus ist kein Museum. Wenn es aufgeräumt könnten doch die Leute ruhig mein Schlafzimmer sehen, sagst du. Nein danke, sage ich, denn das ist meine Privatangelegenheit, meine Intimsphäre. DU kannst das ja machen, ICH nicht. Ich bin anders als du ...

 

Du stampfst wie ein kleines Kind auf den Boden, wenn du etwas nicht bekommst, ballst die Fäuste und wirst puterrot vor Wut und Zorn; lächerlich. Geht dich doch ehrlich gesagt einen Scheiß an (hätt ich fast gesagt), wie ich mein Leben lebe und meine Dinge mache. Wie viel ich verdiene, warum fragst du mich eigentlich ständig, damit du hinterher wieder neidisch und eifersüchtig sein kannst oder es im ganzen Ort herumtratschen kannst? Du fragst andere über mich aus. Warum? Und hintenrum erzählst du überall, wir könnten nicht miteinander, was natürlich ausschließlich an mir liege. Die Leute können das gar nicht verstehen, ich sei doch so eine fleißige, patente Frau. Liegt es nicht etwa daran, dass dir keiner etwas recht machen kann und dass du dich in alles, aber auch alles ungefragt einmischst?

 

Täglich kann man sich dein wichtigtuerisches Gehabe anhören, die Betonung immer auf dem „ich“, in Großbuchstaben: „Also ICH mache das so, ihr macht das besser auch so, wenn du meine Meinung hören willst ...“ Interessiert mich ehrlich gesagt nicht die Bohne, deine Meinung; wenn du meine Meinung hören willst. Lässt einem keine Zeit zu antworten oder gar nein zu sagen. Fast jeder deiner Sätze fängt mit ICH an: ICH mache das so. Hat irgendeiner gefragt? Und ich mache das anders, mit Verlaub. Basta.

 

Du willst zwei Enkel, das will ich mir noch schwer überlegen. Das mit dem Heiraten überlege ich mir wohl besser auch noch. Du hast ja schließlich immer noch eine andere Schwiegertochter im Auge, eine lustige, eine die feiert und überall mitsäuft, eine die du dir noch ziehen kannst, eine, die hüpft, wie du pfeifst. „Die Nadine, die zieh ich mir noch“, hast du schon überall herumposaunt - Nadine, die Freundin ihres jüngeren Sohnes, gerade mal 18 Jahre geworden; eine einfache und naive Beute, leicht zu manipulieren.

Dir gefällt mein Parfüm nicht? Nun, es muss dir auch nicht gefallen, ich habe es nämlich für mich gekauft, nicht für dich. Du brauchst dir nicht angewidert bei seinem sanften Lancome-Tresor-Duft die Nase zuzuhalten und „was stinkste heute wieder!“ zu kreischen – geh doch einfach raus! Was willst du denn mit DER, hast du laut gemault, als dein Sohn mich nach einem Jahr zum ersten Mal mit zu euch nach Hause nahm. Da hätte ich dir schon den Rücken zudrehen sollen, ein für alle Mal. Und zu IHM hätte ich sagen sollen: L.m.a.A., bleib am besten bei deiner Mutti. Aber wir mochten uns sehr gern, anfangs lief es ja auch ohne Probleme. Eben kreischt er mich gerade wieder mal an: „Wie legst du denn die Socken zusammen?! Meine Mutter macht das anders!“ Ich lege meine Socken so zusammen, wie ich will, nicht nach Schwiegermutter-Vorgaben.

Hättest was Besseres kriegen können als DIE da, sagst du laut zu deinem Sohn, vor allen Leuten und alle gucken peinlich berührt und betreten zur Seite. Keiner macht den Mund auf, alle kuschen. Keiner verteidigt einem. Ja, ich ziehe doch wirklich meine Jeans und Socken ungebügelt an, hahaha, was für ein Horror, nicht wahr? Aber du kannst deine Jeans gerne bügeln und deine Socken auch, wenn du möchtest. Und ich hoffe, dass das Allererste, was du dir verbrennst, dein riesengroßes Schlappmaul ist.

 

Spar dir deine besserwisserischen Vorträge. Es ist vollkommen wurscht, ob beim Zusammenlegen des BHs das linke Körbchen im rechten liegt oder das rechte im linken. Unterwäsche muss auch nicht zwangsweise auf 10x10cm zusammengelegt werden. Du bist da natürlich ganz anders. Perfekt, wie immer. Perfekter als alles, was auf der Welt existiert. Du bist – wieder mal – ganz anderer Meinung wie bei so vielen Dingen oder besser gesagt, wie bei fast allem. Da gehörst nämlich zur Gattung „der kann man aber auch gar nichts recht machen“. Wenn du eine andere Frau hättest, denn wär hier wenigstens ordentlich gefeiert worden, hast du vor allen Leuten zu deinem Sohn (meinem Mann) gesagt, nachdem wir in Dänemark ohne Familie geheiratet hatten. Da konnte ich bereits ahnen, was mir blühen würde. Meine Mutter hat bestimmt, sagt er zu mir. Noch lache ich darüber ...

 

Die Farbe deiner Schuhe passt auch nicht zu deiner Kleidung. Aber du hast an allen und allem etwas auszusetzen. Ob es meine Autofarbe, meine Hose, meine Birkenstocks sind. Aber DEIN schönes rotes Auto, DAS ist ne Farbe. Und schon kommst du wieder ins Schwärmen über dich selbst und hörst nicht mehr auf. Alle verdrehen die Augen, versuchen zu flüchten, aber keiner sagt was. Alles weißt und kannst du besser; alles stellst du in Frage. Ich weiß, dass einige meiner Freunde das Glück hatten, eine liebe Schwiegermutter zu haben, sozusagen eine zweite Mutter. Du gehörst jedenfalls nicht zu dieser guten Rasse. Du störst und zerstörst. Du willst herrschen und vergöttert werden; du bist eine Schöpferin von Problemen.

 

Man muss jeden sein eigenes Leben nach seinen eigenen Überzeugungen leben lassen. Ich denke, dass ich als Stewardess nicht gerade auf den Kopf gefallen bin und auch extrem anpassungsfähig bin, selbst in schwierigen Situationen. Mein Beruf erfordert Verständnis, Aufmerksamkeit, Engagement, Geduld und Intelligenz. Aber das zählt ja bei dir nicht, richtig mitsaufen muss man können, deiner Meinung nach. Ich bin gut in der Lage, mich mit meinen 30 Jahren um mein eigenes Leben kümmern zu können. Ich brauche deine insanen Ratschläge nicht, ich verzichte drauf, verschone mich also damit. Alles hinterfragst du, warum, weshalb, wieso ... einfach so. Ja aber ... Schluss! Hörst du, Schluss!! Das machst du so, muss ich mir dauernd anhören. Nein!!! Halt dich doch einfach raus! Und hör auf dich ständig selbst bis über den grünen Klee zu loben. Hör du auf, andere mies zu machen, damit du selbst besser da stehst. Du lügst sogar dafür; wie dreckig und niedrig von dir.

Aber nicht nur ich musste einstecken

 

Dein zweiter Sohn Achim hatte eine Freundin, Elke; die war älter als er und hatte eine 15 Jahre große Tochter aus erster Ehe,was ja wohl kein Verbrechen ist. Dir passte das allerdings nicht, denn du wolltest eine jüngere, die du dir zurechtbiegen kannst. Da hast du solange herumgemeckert und manipuliert, bis du die Beziehung kaputtgekriegt hast und dann hast du dich sogar erdreistet, in deren Wohnung zu fahren und hast persönlich den armen Jungen bei der bösen Frau herausgeholt. Lach dich doch selbst aus. Du bist doch krank im Kopf. Du intrigierst, du lügst, wenn es dir nutzt, oder du versuchst, dich herauszuheben, dafür musst du natürlich andere niedermachen, beleidigen und demütigen. Du musst es ja verdammt nötig haben. Und jetzt spielst du das gleiche niederträchtige Spiel mit mir.

 

Du Monster, du niederträchtiges Miststück, du verdammtes Stück Scheiße! Vergiften wäre zu human für dich. Jede Ameise ist besser und sozial verträglicher als du. Wie ich die Tasse halte („So hält man doch keine Tasse!“), wie ich meine Haare kämme („Also wie du deine Haare kämmst...“), wie ich mein Auto parke („also ICH stelle mein Auto immer so hin, andersrum...“). An allem und jedem hast du etwas auszusetzen. Dem kleinen Neffen deiner Schwägerin Annegret hast du ein Billig-Hemd gekauft, das ist doch gut genug, sag mal, da hab ich doch meine Pflicht und Schuldigkeit getan, ODER?!? Nein, ich werde keine Meinung dazu abgeben, auch wenn du mich noch so sehr nötigst. Ich scheiße drauf, auf Deutsch gesagt, wenn es nicht von Herzen kommt sondern aus purem Eigennutz, bloß damit du gut da stehst. Genau wie die Stereoanlage im Wohnzimmer. Du konntest es nicht mehr ausstehen, dass dein Mann Heinrich dauernd vor der Glotze sitzt, denn du willst Radio hören beim Bügeln. Also musste eine Stereoanlage her, egal wie. Wie ein Feldwebel hast du also angeordnet, jeder der Söhne müsse 500 dazugeben. Punktum. Aber wir steckten gerade mitten im Hausbau; schlau und hinterrücks hat dein Sohn (mein Mann) entsprechend deiner Anordnung deshalb das Konto überzogen. DU präsentierst deine Entscheidung und alle müssen hüpfen wie du pfeifst ... Du bist doch lächerlich. Du bist hinterlistig und eigennützig. Du hast ein Herz aus Stein.

Manchmal kommt es mir vor wie im alten Inka-Reich: Du hast dich selbst zur gefürchteten Göttin ernannt, alle sterben aus Angst vor dir und bringen deshalb Opfergaben und Geschenke, um dich wohlgesonnen zu machen, sonst donnert`s. Wer dir nicht schmeichelt, zieht sich deinen Zorn zu. Und schon wird das Zurechtkommen mit dir zur Qual.

 

Nur Du machst alles richtig, weißt alles, kannst alles. Mittlerweile hasse ich dich; ich werde auch weiterhin keine Kniefälle vor dir machen. Das wollte ich dir schon lange sagen. Auch andere Leute hassen dich und deine Art, aber sie sagen nichts, sie haben Angst vor dir. Ich war die erste, die nicht so gehüpft ist, wie du gepfiffen hast, und genau das war dir ein Dorn im Auge, nicht wahr? Aber dein Sohn gehorcht dir noch heute und genau das hast du ausgenutzt, mich madig gemacht, dich eingemischt und gestänkert, bis du es geschafft hast: Unsere Ehe ist dank deiner Einflussnahme kaputtgegangen. Du hast mich ja von Anfang an nicht leiden können. Nur mein Kind, das habe ich mir von dir nicht abnehmen lassen. Das hast du nicht geschafft! Und wenn ich später sogar dafür ins Gefängnis gehen müsste. Ich weiß noch genau, wie du mir zitternd vor Zorn und Eifersucht deine Faust unter die Nase gehalten hast und deine Drohung mit einem wütenden Schrei endete, der mir fast das Blut in den Adern gefrieren ließ: „Ich krieg ihn, das sag ich dir, ich krieg ihn, das schwör ich dir!“ Deine wahnsinnige Drohung, die mich fast zur Verzweiflung brachte, dieser mehr als 5 Jahre lange Scheidungsprozess mit all deinen unzähligen Versuchen, mir meinen Sohn zu nehmen.

 

Du hast ihn nicht gekriegt. Um den halben Erdball bin ich vor dir und deinem Sohn, meinem Ex-Mann, geflüchtet, um diesen täglichen Stänkereien, Erniedrigungen, Beleidigungen, Drohungen und körperlichen Übergriffen zu entgehen. Und ich würde es genauso wieder machen, um meinen Sohn zu schützen! Selbst wenn ich bis zum Mond fliegen müsste oder der ganzen Welt entgegetreten müsste...

 

Ich werde mich an meinen Lieblingsplatz setzen und die Seele baumeln lassen. Vielleicht ein bisschen im Schatten eines Baum, in der Nähe des Sees oder lieber noch an den Strand, ans Meer, wo der Wind stark genug weht, um den Kopf zu kühlen, wenn man verzweifelt ist und solche Probleme mit Klarheit zu lösen hat.

 

... Zeilen aus meinem Tagebuch, der Versuch meine Gedanken über die Probleme zu organisieren, die mich vor meiner Trennung plagten, vor dem großen Knall, vor dem schrecklichen Kampf und vor meiner Abreise in ein fernes fremdes Land. Jetzt im Nachhinein ist alles so klar, wenn ich meine Aufzeichnungen lese: Jetzt kann ich deutlich sehen, dass ich niemals hätte ich diese kranke Familienstruktur verändern können. Es konnte niemals etwas werden, mit einer solchen dominierenden Schwiegermutter im Rücken, den häufigen Angriffen in meine Privatsphäre, ihrer aktiven Kontrolle unseres Ehelebens und IHM (meinem damaligen Freund und heutigen Ex-Mann Bernhard), der nicht zu mir hielt, sondern auf ihrer Seite zusammen mit ihr gegen mich kämpfte.

 

Meine Gedanken wandern zurück zu den glücklichsten Momenten meines Lebens, von etwa 28 bis 35 Jahre ... bei Lufthansa.

Lufthansa

 

Zunehmend unzufriedener im Rechtsanwaltsbüro, jeden Tag dieselben Akten, die gleichen anrufenden Klienten, die gleichen gehässigen Gesichter, die gleichen faulen Mädels, meterweise Schreibarbeiten, stundenlanges Sitzen, Fristen, zähe Prozesse. Langweilig bis nervig, kaum Aufstiegsmöglichkeiten; die einzige besser bezahlten Posten Bürovorsteher- und Buchhaltungsposten sind besetzt. Also Augen offen halten.

 

Margret, Tochter von Regina mit der ich zusammen in einem Bürozimmer sitze, kommt mit einem knallrosa Ledermantel vorbei. Über 1.000 Mark hat sie dafür bezahlt; sie liebt exklusive und edle Einzelstücke und weiß, wie man die Aufmerksamkeit auf sich lenkt. Derzeit jobt sie in einer Douglas Drogerie in Frankfurt, schleppt kiloweise Kosmetikproben nach Hause, ist vorteilhaft geschminkt, hat sich einen bewundernswert frechen und modischen Pagenkopf zugelegt, dezent nougatfarben getönt und sieht damit einfach umwerfend chic aus. Sie hat sich bei Lufthansa als Flugbegleiterin beworben und wird einen Monat zu einem Crashkurs nach England gehen, da man beim ersten Vorstellungsgespräch ihr Englisch bemängelt hat. Anschließend soll ein Monat Frankreich folgen und dann will man sie augenscheinlich nehmen, hat man geäußert. Als sie zurückkommt, schafft sie die Hürde des erneuten Sprachtests und ist überglücklich: Sie wird Stewardess. 8 Wochen Bodenkurs und dann geht es gleich auf die Strecke (Anmerkung: heutzutage ist das etwas anders). Ihre erste Karte kommt aus Kairo in Ägypten, vornedrauf die großen Pyramiden. Das war schon immer mein Traum und jetzt schwöre ich mir: Das kann ich auch. Mein Entschluss ist gefasst: Ist werde mich ebenfalls bewerben, um dem langweiligen Büroleben zu entgehen. Falls es mir nicht gefallen sollte, was ich eigentlich nicht denke, könnte ich nur ein oder zwei Jahre fliegen und mir dann einen anderen Job suchen. Büro und Papierkram sind definiv nichts mehr für mich.

 

In diesem Anfall rufe ich Margret an und bitte sie, mir baldmöglichst ein Bewerbungsformular mitzubringen. Sie lacht: „Hast du dich wieder mal entschlossen“. Schon öfter habe ich mit diesem Beruf geliebäugelt und dann immer vorher das Handtuch geworfen, ohne die Bewerbung überhaupt einzureichen. Einfach nur von weitem bewundert und immer wieder gedacht: Irgendwann mache ich das. Aber: Was ist, wenn es mir nicht gefällt. Vielleicht schaffe ich die Aufnahmeprüfung nicht und andere faule Ausreden. Diesmal meine ich es ernst. Schon nach wenigen Tagen hat Margret die erforderlichen Bewerungsbungsformulare mitgebracht. Ich grübele noch einmal kurz über Vor- und Nachteile dieses Jobs, sehe aber keine großen Anpassungsschwierigkeiten und entscheide mich für einen Versuch und fülle die diversen Papiere aus. Margret entreißt sie mir sogleich: „Ich nehme die morgen selbst mit zum Flughafen und lege sie gleich auf den zuständigen Schreibtisch. Du sendest sie ja doch wieder nicht ab“. Gesagt, getan. Nach vier Wochen habe ich den Antwortumschlag von Lufthansa Department of Human Resources in den Händen, den ich zitternd öffne: „Hiermit laden wir Sie zu einem Vorstellungsgespräch ein. Bringen Sie Ihren Personalausweis sowie Ihre Bewerbungsunterlagen mit und finden Sie sich am Tor 21 ein, wo man Sie einweisen und weiterleiten wird zum Schulungsgebäude.“ Das erste von drei Interviews. Mein Herz macht einen Luftsprung ...

 

Ebenso zitternd stehe ich am besagten Tag am Tor 21 mit dem Drehkreuz, einer kleinen Rezeption und Sicherheitsleuten. Fast eine Stunde zu früh; Zuspätkommen darf man sich hier unter keinen Umständen leisten. Außer mir mehrere andere Personen, etwa zwanzig Wettbewerber, alle auf der Suche nach dem Schulungsgebäude. Man kann sich während der Wartezeit also bereits seine Konkurrenz anschauen, was einen natürlich noch nervöser macht, als man ohnehin schon ist. Aber die Nervosität schein allgemein zu sein. Fast bei jedem/jeder denkt man: Der/die schafft es bestimmt – aber ich?? Im Schulungsgebäude werden wir von einer Interviewerin  und einem Psychologen empfangen, in Gruppen aufgeteilt. Und dann folgen die Belastungs- und Sprachtests, von morgens 9 bis nachmittags um 4 Uhr, teilweise ziemlich anstrengend und ermüdend. Aber das genau ist der Sinn der Übung. Von Englisch und Französich über Einzelgespräche mit dem Psychologen, Gruppendynamik, emotionale Dauertests, Problemlösungen, fiktive Situationen und Tests in allen Variationen. Man will uns an die Grenzen der Belastungsbarkeit bringen, wobei man höflich aber bestimmt bleiben sollte, in allen Situationen, egal was kommt, ob betrunkene Passagiere, Raucher, kotzende Kleinkinder, Doppelbuchungen, nervöse ängstliche Passagiere, Randalierer etc. Man beäugt und bewertet unser Verhalten, Bildung, Etikette, Sprache, Mimik, Körperhaltung, Sanftheit, Positivität und Festigkeit. Wir werden gemessen und gewogen. Ich wiege 400 Gramm zu viel, was man mir auch gleich vorhält und sich sofort in meinen Bewerbungsunterlagen notiert. Am Ende werde ich darauf angesprochen: Wären Sie bereits, abzunehmen, falls wir Sie wieder einladen? Klar!!! 400 Gramm ... das mache ich doch mit links...

 

Eigentlich zweifele ich ein wenig an der zweiten Einladung, obwohl die Tests nicht schlecht liefen. Keinerlei Probleme bei den Sprachprüfungen. Eine Situation konnte ich nicht lösen: Die rauchende Psychologin wollte sich nicht freiwillig umsetzen; ich musste den Kabinenchef holen. Und dann ärgert mich natürlich das mit dem Gewicht. 400 Gramm, lächerlich! Einige der Bewerber sehen da wesentlich dicker aus. Aber ich bin eben über dem zulässigen Idealgewicht. Margret, mit Optimismus, grinst nur. Man hat bei ihrem ersten Vorstellungsgespräch bemängelt, ihr Make up sei zu wenig und der Nagellack müsse nicht so dezent sein, sondern lieber rot und mit ihrem altmodischen Haarschnitt müsse sie wohl auch mal etwas machen. Sie ist zuversichtlich: „Das schaffst du.“ Mir kommen da so meine Bedenken. Derzeit sieben sie kräftig bei der Flugbegleiterauswahl: Von 1000 Bewerbungen wird eine angenommen ...

 

Und auch die zweite Einladung kommt; diesmal bereits nach 14 Tagen. Psychogespräche sind in diesem Stadium angesagt. Den ganzen Tag lang werden wir von einer Situation in die nächste verfrachtet, kaum Zeit zum Nachdenken und Luftholen. Gruppendynamik, problematische Situationen, Rollenspiele, Einzelspräche, noch`n Problem. Immer bleiben Zweifel: Fehler gemacht? Wäre es nicht anders besser gewesen? Warum haben Sie das so gelöst? Kommen Sie nochmal zum Einzelgespräch. Erneutes Wiegen („wunderschön, abgenommen. Aber Sie müssen dieses Gewicht nicht nur abnehmen, sondern auch halten.“ Erneut wird das notiert). Zwei Leute kenne ich noch vom ersten Vorstellungstermin; aus der alten Runde sollen zwei Stück rausgeflogen sein, weiß man zu berichten; sie hätten nicht dem Profil eines Flugbegleiters entsprochen und den Vorstellungen, die das Unternehmen hätte. Unsicher und zitternd gehen wir nach Hause, nachdem wir diesmal unsere Telefonnummern ausgetauscht haben, um in Kontakt zu bleiben und uns notfalls Informationen zuzuschieben, falls jemand vorher zu weiteren Tests eingeladen wird.

 

Nach weiteren 14 Tagen die Untersuchung beim Fliegerarzt; das soll angeblich die leichteste Hürde sein. Haben Sie Allergien, Herzprobleme, Atemnot? Nein, nein, nein. Operationen, Medikamente? Nein, nein. Psychische Störungen, Depressionen, Ängste? Nein, nein, nein. Greifen Sie an Ihre Füße, schauen Sie dem Licht nach, gehen Sie auf dem markierten Streifen, drehen Sie sich um, tippen Sie bei geschlossenen Augen mit dem Zeigefinger an die Nase, mit den Händen bis zum Boden. Ein kompletter Check up mit Hörtest, Sehtest, Fahrradtest usw. Auch wieder von 9 bis 16 Uhr, mit diversen Blutproben auf nüchternen Magen, Urin- und Stuhlproben, Aidstest, Impfpass und mehr.“ Erneute Gewichtskontrolle: "Sehr schön, ich sehe, dass Sie das Gewicht gehalten haben." Ich bin zur Zeit etwa 500 Gramm unter dem Idealgewicht! Auch hier müssen weitere zwei Personen die Runde wegen verlassen: Übergewicht. Auf das Gramm genau muss das Gewicht stimmen und darf das gewünschte Idealgewicht auf keinen Fall übersteigen. Erneutes Gespräch mit dem Trainingscenter: Alles in Ordnung, bestanden! Am liebsten würde ich den Psychologen mal schnell drücken, aber das geht ja wohl nicht. Meine Freude lässt sich zweifelsohne an meinem Gesicht ablesen. Er gratuliert mir herzlich. Der Vertrag soll in den nächsten Tagen zugesandt werden. Zwei Monate Training im Schulungscenter mit einem Gehalt von 1.100 Mark (etwas weniger als mein letztes Gehalt im Anwaltsbüro), dann geht es sechs Monate auf die Kurzstrecke, erst danach auf die Langstrecke. Dann steigt natürlich sowohl das Gehalt wie auch die Tagesspesen. Während des Trainings kann man immer noch jederzeit rausfliegen, auch in der dreimonatigen Probezeit („Einarbeitungszeit“) danach. Das weiß man natürlich und strengt sich entsprechend an. Mein Starttermin ist August. Ich habe es geschafft! Ich werde Stewardess bei Lufthansa!! LH geschafft, mein Traum, Tor 21, dem Tor zur großen weiten Welt, wo die Stewardessen und Piloten in ihren chicen dunkelblauen Uniformen, mit den Flightkits und Dempsey-Trollreys ein und ausgehen, ich werde dazugehören. Yippieh!!!

 

Noch ein Stück weiter zurück; dorthin, wo alles begann

 

Wie gut ich mich an meine fröhliche Kindheit erinnere, in Olhausen, einem kleinen hessischen Dorf mit weniger als 10.000 Einwohnern. Meine Eltern hatten sich beim täglichen Pendeln im Zug nach Frankfurt kennengelernt; mein Vater Friedrich war ein Heimatvertriebener aus dem Sudetenland; ich war das jüngere von zwei Kindern. Wir wohnten im alten Ortskern. Jeder kannte jeden mit Namen und wusste, dass meine Mutter, die Marianna Alles, genannt Marien, die Tochter von dem Willem Alles und der Katharina Louise Alles geborene Lux , genannt Käthe Lowwiß, war. Wir wohnten einem kleinen Haus, welches Opa Willem, der Vater meiner Mutter mit eigenen Händen gebaut hatte; sogar den Erdkeller hatte man damals per Hand ausgehoben. Meine Mutter hatte das Glück, während dieser schweren Zeit in der Pfarrerfamilie arbeiten zu dürfen. Während des Krieges ging es ihnen schlecht; sie hatten wenig zu essen. Oma Käthe war die zweite Frau des Witwers Willem Alles. Als er früh an einem Magenleiden starb, hatte sie es mit den beiden Kindern Marianne und Reinhard trotz der kleinen Witwenrente nicht einfach. Man musste sparen, hatte aber Gott sei Dank ein eigenes Stückchen Land und einen Garten, wo Gemüse, Obst, Kartoffeln und etwas Getreide angebaut wurden sowie Kleinvieh; auch die Kinder mussten täglich mithelfen. Meine Mutter erzählte mit manchmal aus dieser armen Zeit; sie musste z. B. Wollsocken für die deutschen Soldaten in Russland stricken, Kartoffeln statt Brot essen, ohne Belag und Butter gab es nur rationiert und auf Marken, ein Pfund pro Monat. Oma Käthe hatte zwei Kriege mitgemacht und wollte kaum darüber reden, wenn ich sie danach fragte.

 

Und ich bin jetzt hier, ich habe es geschafft: Mein Traum Stewardess ist wahrgeworden, angeheuert von Lufthansa.

 

All dies ging mir durch den Kopf in diesem Moment des Erfolgs und der Freude.

 

Ich selbst hatte wirklich eine glückliche und sorgenfreie Kindheit. Am liebsten spielte ich mit unseren Haustieren, u.a. den Hühnern, verbrachte den Mittag im Garten, auf dem Spielplatz oder mit Freundinnen. In der Schule war ich eine ausgezeichnete Schülerin, ohne Probleme und ohne aufzufallen. Nicht selten lag mein Notendurchschnitt bei 1; zum Neid der anderen. Unheimlich gern war ich im Garten, wühlte in der Erde, pflanzte Blumen, half beim Gießen des Gemüses und bei der Obsternte. Später kaufte ich zwei Gärten dazu, die ich nach meinem Umzug nach Süddeutschland leider schweren Herzens aufgeben musste. Natur und Tiere, das gehört für mich zum Leben.

 

Trotz meiner exzellenten Noten konnte ich keine Lehrstelle als Arzthelferin finden; meinen Eltern fehlte es an den nötigen Beziehungen. Mit 17 begann ich deshalb eine Lehre als Rechtsanwaltsgehilfin in der nächstliegenden Stadt, Wehrburg-Kasterlom (eine frühere Reichsburg aus dem Mittelalter). Nach Beenden meiner Ausbildung zur Rechtsanwalts- und Notariatsgehilfin jobbte ich vier Wochen in einem Sachverständigenbüro, danach arbeitete ich in Frankfurt in einer größeren Kanzlei, begann mit dem Schwimmsport, mit Aerobic und machte in beiden Sportarten eine Trainerlizenz, trainierte in einem Fitnessstudio, befasste mich intensiv mit Sport, teilweise wettkampfmäßig. Im Fitnessstudio lernte ich Thorsten kennen, einen bildhübschen, gutgebauten Bodybuilder; wir blieben lange Zeit zusammen, verstanden uns prächtig, trennten uns nach einigen Jahren wegen seines Dopings. Am liebsten trainierte ich mit Garret, meinem Schwimmkollegen, Trainingskollegen Björn oder mit Tobias, einem Polizisten, im Wasser, im Kraftraum, im Fitnessstudio oder beim Laufen.

 

Am Wochenende machten wir Motorradtouren im Taunus, wir radelten zusammen, wir sahen zusammen mit dem Team Videos oder Trainingsfilme bei unserem Trainer, Lehrer Ulf, an. Wir verbrachten viele Stunden zusammen bei Aus- und Fortbildungen auf der Sportschule am Frankfurter Waldstadion, wo wir manchmal auch Konzerte besuchten, wie u.a. das Madonna-Konzert. Wir hatten einen Riesenspaß beim Training, wo wir uns einander an der Badekleidung festhielten, um an der Wende die Spitzenposition zu übernehmen, wo wir am 1. April die Badeklamotten tauschten, um die Schwimmmeister nervös zu machen, wo wir nächtliches Mohrenkopfschwimmen veranstalteten, auf der riesigen Freidbadwiese Nachlauf, Federball und Frisbee spielen und vieles mehr ... before I got married ...

 

Auch Markus, ein Zahnarzt, den ich im Schwimmbad kennengelernt habe, gefällt mir. Er ist sehr nett und intelligent, aber er möchte keine Kinder, wie Garret mein Vereinskollege; beide möchten ungebunden sein. Tobias und ich haben wegen unseres Schichtdienstes unheimliche Schwierigkeiten, unsere Freizeit zu koordinieren; ich fürchte, das wird ebenfalls nichts werden. Auch ein gut betuchter Businessman, der per Zeitunsannonce eine neue Beziehung sucht (seine letzte Freundin war ebenfalls Stewardess), möchte keine Familie mehr gründen. Schade. Dann widme ich eben also mein Leben erst einmal der Fliegerkarriere und schaue ich mir single die Welt an.

 

Getting wings- ich kriege Flügel

Jetzt werde ich Stewardess bei LH!

8 Wochen Ausbildungsksurs im Trainings-Center. Von Flugzeugtypen, Emergency Training und Erste Hilfe über Make-up, Frisur, Etikette, Weinsorten, Sprachunterricht bis hin zu mehreren praktischen Übungen pro Tag in der Atrappe. Unsere 20 Personen starke Gruppe ist bunt gemischt von ehemaligen Büroangestellten über Krankenschwestern und Arzthelferinnen bis hin zu Lehrern; Bildungsniveau, Allgemeinkenntnisse und Benehmen sind deshalb überdurchschnittlich gut. Keine respektlosen, unhöflichen oder unüberlegen Worte oder Handlungen, auch nicht untereinander. Wir sind die unermüdlichen Troubleshooter.

Mehrere Trainer beäugen uns den ganzen Tag über; man kann sich nicht einmal ungesehen an der Nase kratzen, geschweige denn zwischendurch einen Happen essen oder so. Lächeln ist die universelle Form der Kommunikation. Sicherheit steht ganz oben auf der Prioritätenliste. Gefolgt von Passagier-Handlung und Kabinen Surveillance. Gefragt ist gesunder Menschenverstand beim Umgang mit unbegleiteten Kindern (UCM unaccompanied minor), DEPs (Deportierte) und VIPs (very important person). Wir erlernen Umgang mit behinderten Personen, Familien mit Babys, schwangeren Frauen, Alkoholisierten, Stresstypen, Flugangst. Mir war nicht bewusst, dass 40 % der Menschen Flugangst haben. Wir benötigen ein polizeiliches Führungszeugnis, ein US-Visum, Visa für die arabischen Staaten. Deshalb werden wir zwei Reisepässe für globalen Einsatz haben. Unsere Homebase ist FRA, Frankfurt am Main, Germany.

 

Wir lernen auch die weniger glamouröse Seite das Flugbegleiterdaseins kennen: Turbulenzen, Emergency, widerspenstige Passagiere, Kulturkonflikte, Diskrepanzen und assholes, Auch auf ein Leben aus dem Koffer zwischen Flugzeugendrehtüren, Airplanes, Flughäfen, Gepäck und Hotels bereit man uns vor, auf Montezumas Rache und Parkplatzsuche in der Crew-Tiefgarage um 3 Uhr morgens, auf schlaflose Countdowns bis zum Wake-up-Call, eine Stunde vor Pick Up nach quälenden Nächten. Trotzdem fühlen wir uns derzeit alle, als ob wir im Märchenland wären. Wenn man mir vor einem Jahr gesagt hätte, dass ich Städte wie Paris, Stockholm, Florenz, Prag, Athen usw. mehrmals im Monat beruflich besuchen würde, hätte ich es mir nicht träumen lassen. Aber jetzt ist sie wahrgeworden, meine größte Leidenschaft zu reisen und das Ziel jede Ritze der Welt erkunden; Reisen, die ich mir nie hätte leisten können. Der Hunger nach verschiedenen Kulturen, nationales, kulturelles Lernen und individuelle Identität waren meine treibenden Faktoren.

 

Angst vor einem Absturz? Nein. Das jährliche Risiko, bei einem Flugzeugabsturz getötet zu werden, liegt bei etwa 1 in 10 Million. Man läuft eher Gefahr, auf dem Zebrastreifen überfahren zu werden, mit dem Bike, beim Joggen oder in einen Autounfall verwickelt zu werden. Meine größten Ängste als Flugbegleiterin? Nun, vielleicht eine Laufmasche, ein abgebrochener Nagel oder ein ramponierter Pumps-Absatz. Oder dass ich meine WUK (Währungsumrechnungskurstabelle) vergessen habe, meine Uniformjacke oder schlimmstenfalls meine Crew-ID, meine Kreditkarte oder gar meinen Reisepass.

 

Unsere Ausbilder fragen uns: Wofür steht der Begriff Stewardess? STEhen-WARten-ESSen. Hahaha, da ist wirklich etwas dran. Oder sollte man eher Freiheit, Flair, Faszination, Flexibilität und Flügel sagen? Wir werden gedrillt, ein Team zu sein, Stand-By-Stress in den Griff zu kriegen, ebenso unser life up in the air, bereits jetzt eingeteilt nach Senioritätsregeln. Zeitschriften, Decken, Kissen, Kopfhörer werden eingesammelt und ausgeteilt. Mit schauspielerischem Talent jonglieren wir schwere Getränketabletts auf 5 Fingerspitzen durch die Kabinenattrappe, versuchen unsere Kollegen-Pseudopassagiere beim Servieren im engen Gang nicht mit den Hüften anzustoßen. Wir sind die unermüdlichen Troubleshooter, abgesehen von einigen wenigen kleinen Ausrutschern.Auf dem unbestreitbar engen Raum des Getränkewagens sind Unfälle geradezu vorprogrammiert, so dass es auch beim Üben teilweise zu kleinen Pannen durch umgeschüttete Flüssigkeiten kommt. Wir handeln schnell, engagiert und freundlich, auch bei lächerlichen Situationen oder mürrischen Passagieren. Seit einer Woche trainieren wir nur noch in Uniform. In der Kleiderkammer durften wir unser “Fliegerblau“ abholen: Dunkelblaue Hosen und Röcke, Blazer, Uniformmantel, Handtasche, weiße oder gelbe Blusen und einige Accessoires wie Tücher, Handschuhe, Schal und Hut. Allein die Ledertasche kostet 300, ist aber ein absolutes Muss; die Firma zahlt die Hälfte dazu, der Rest jährlich monatlich in kleinen Beträgen abgezogen. Nach etwa einem Jahr steht das Kleiderkonto dann wieder im positiven Bereich und man kann neue Sachen hinzukaufen.

 

Inzwischen ist es 10 Uhr. Nach einem kurzen Coffeebreak ein 10-minütiges Briefing der vorangegangenen Übungen und des Tagespensums. Crewmember-Assessment. Das Ergebnis ist...

Ich bin ok. Ich muss nicht perfekt sein.

Ich bin mehr als in Ordnung.

Ich bin am Leben.

Ich bin mehr als lebendig.

Ausatmen.

Weiter im Text.

Doorcheck, Crosscheck, crotch watch (flapsig auch groin scan genannt), wie von IATA vorgesehen, approach. Over and over again.

Flugbegleiter Ausbildung kann mit einer Reihe von Adjektiven beschreiben: spaßig, stressig, beängstigend, unvergesslichen, zeitaufwendig, schwierig. Dies sind nur ein paar, die in den Vordergrund meines Geistes kommen. Es spiegelt in etwa die Gefühle wieder, die man erlebt, wenn man seine Flügel verdienen und das Flugbegleiterleben beginnt. Man ist müde, emotional aufgewühlt und unerklärlich glücklich. Die Kameradschaft unter Flugbegleiter ist eine besondere Sache. Der Job schafft sehr starke Bindungen zwischen den Kollegen, und das können nur Insider vom Kabinenpersonal verstehen; Außenseiter weniger. Die Anforderung der Arbeit im Schichtdienst sind hoch, körperlich und emotional belastend. Jeder Tag ist anders. Jeder Pax ist anders. Jeder Kollege ist anders. Viele haben ein Studium, Master Degree, einige Doktorat, andere sind am Studieren, wollen nur kurzzeitig fliegen und ein bisschen von der Welt sehen, viel Freizeit haben und dafür gut bezahlt werden. Trotz etwa 50 % Steuern und Sozialabgaben lesen sich die monatlichen Gehaltsabrechnungen nicht selten fünfstellig. Unsere Tarifverträgen erlauben keine Lohnkürzungen. Auf den großen Langstreckenflieger befinden sich knapp 20 Besatzungsmitglieder; sogar Ruhezeiten während der Arbeitszeit sind vorgesehen.

 

Und schon gehen wir erneut auf der Boeing 727-Attrappe On Board: Die Positionen werden nach den Flugzeugtüren benannt, R und L bedeutet rechts und links, in Flugrichtung gesehen. Ich bin als 4 R eingeteilt. Unsere Kontrollen beginnen. Während ein Flugbegleiter die Essen und Küchenbestückung checkt, ist der FB der anderen Seite für die Sicherheitskontrollen zuständig. Hier muss an jeden Sitz die Sicherheitsausrüstung wie Gurt und Schwimmweste kontrolliert werden, auch Feuerlöscher, Lampen, First-Aid-Kit, Megaphon usw. Nun werden die Passagiere ankommen. Jede von uns befindet sich in ihrem Verantwortungsbereich mit Jacke, Hut, perfekter Körperhaltung und Smiley. Wir helfen Passagieren an Bord, auch mit dem Gepäck wenn nötig. Jetzt die Sicherheitsdemo. Ausgänge zeigen, Gurtfunktion zeigen, Instruktionsfolder hochhalten, lächeln. Sicherheitscheck: Haben alle ihre Sicherheitsgurte ordentlich geschlossen, die Sitze aufrecht gestellt, die Serviertische hochgeklappt, ihr Gepäck verstaut? Sondermahlzeit wie Vegetarians oder Kindermenüs werden zuerst ausgeliefert. Dafür haben wir eine spezielle Liste; manchmal ist das eine regelrecht Rennerei, je nachdem, wie viele Bestellungen vorab aufgegeben wurden. Aber normalerweise klappt es reibungslos, sodass der Service an sich meist easy läuft. Bad Passengers gibt es gottseidank nur wenige.

Wenn der Service vorbei ist, während der Nachtruhe und in der Ruhezeit dürfen wir unsere dunkelblaue Uniform-Strickjacke tragen. Das ist wesentlich wärmer und bequemer als der Blazer.

 

Schreck in der Kosmetikwoche. Unsere Haare sind dran, werden gepflegt, gestutzt, getönt, gestylt, und eingesprüht. Unser Friseur schüttelt mit dem Kopf: Mit meinen Haaren müssen wir etwas machen; die sind einfach zu lang, überragen den Kragen mehr als 2 Handbreiten. Er könne sich hier gut einen frechen Kurzhaarschnitt vorstellen. Unsere Kosmetikdame ist Frau Constanze Kathen aus dem allerersten Lufthansa-Lehrgang (seinerzeit noch Deutsche Luft Hansa), die damals selbst ihren Hut ausschnitt, damit ihre langen, hochgesteckten Haare darunterpassten. Schnell steht sie an meiner Seite, legt mir beruhigend ihre Hand auf die Schulter und lächelt den Friseur an: „Wir haben uns hier schon entschieden; wir stecken das hoch.“ Ich könnte sie gerade mal küssen!

 

Lustig wird es beim Erste Hilfe Training, wo wir 17 Flygirls und 3 Boys nicht nur als Retter die Dummies bearbeiten müssen, sondern selbst als Verletzte fungieren. Live Training. Ebenso viel Spaß haben wir beim Emergency Training, das eine ganze Woche dauert. Feuerlöschen, evakuieren über die Flügel und sogar rückwärts abseilen aus dem Cockpitfenster. Das muss sein, sonst gibt`s die Lizenz nicht. Lautes Gekreische beim Rescue Training mit Klamotten, reinhieven ins Schlauchboot, rausfallen lassen, umkippen, nochmal. Rauf auf die 3m-Plattform, runterspringen, dem Boot hinterherschwimmen. Hey Leute, wartet auf mich! Unser Ausbilder steht am Beckenrand und knipst Dutzende von Fotos, die wir später alle im Trainingscenter aushängen.

Wir werden wieder an allen Sicherheitseinrichtungen an Bord getestet, wie eine Tür in einer Notevakuierung zu öffnen ist , wenn eine Tür blockiert; natürlich bekommen wir vorher nicht gesagt, welche. Auf den Knien zwischen den Frachtboxen herumrutschen, Feuer suchen. Keins entdeckt, nur dicker Rauch. Nochmal rein, Handschuhe ausziehen, fühlen, an den Boxen, auf den Boxen, unter den Boxen, zwischen den Boxen. Ah...da flackert was, Feuer entdeckt. Löscher abschießen. Feuer gelöscht. Daumen hoch! Raus aus Frachtraum.

 

Laut Statistik passieren die meisten Unfälle unmittelbar nach dem Start oder vor der Landung; viele Unfälle beinhalten Unwetter. Gangsitzplätze sollen sicherer sein, um schnellstmöglichen einen der Exits (Notausgänge) erreichen zu können. Wünschenswert wäre es, wenn sich alle Passagiere die Notfallvorführung angeschauen würden. Im Falle eines Notfalls ist es unsere Aufgabe alle Passagier in 90 Sekunden oder weniger zu evakuieren. Und das werden wir auch, selbst wenn einige sich mit Händen und Füßen sträuben; dann wird kurzerhand ein wenig nachgeholfen.

 

Sehr spaßig übrigens das Rutschen über die Notrutschen, slides genannt. Teilweise kugeln wir nach unten in unserem weißen Notanzug und Socken. Achtung auf die Arme, die kann man sich auf dem glatten Plastikmaterial leicht verbrennen. Auch rückwärtiges Abseilen aus dem Cockpitfenster steht an. Ziemlich hoch über dem Boden, so ein Fliegerfenster!

 

Tränen (Freudentränen) dann ab Abschlusstag bei Übergabe des Diploms. Alle haben bestanden, was nicht immer so ist. Wir erhalten eine rote Rose und unsere Lehrgangsleiter stecken uns stolz die Schwingen und unser Namensschild an die Uniform, dazu ein Glas Schampus. (Aber wirklich nur dieses einziges Mal, denn Alkohol in Uniform ist uns strengstens untersagt, sogar ein Grund zur sofortigen Kündigung). Dutzende überglücklicher Umarmungen folgen. Wir werden uns „auf der Strecke“ treffen. Happy landings. Küsschen auf die Wange. Jetzt gleich in die Crew Lounge...sehen und gesehen werden. Anschließend an die Crewpostfächer und den allerersten Dienstplan abholen. Meine Güte, wir sind aufgeregt wie Erstklässler!

 

Es folgen 6 Monate ausschließlich Kurzstrecke auf dem kleinen Flugzeugmuster, unter anderem Paris, London, Rom, Madrid, Zürich, Prag, Budapest, Mailand, Stockholm, Amsterdam, Wien und jede Menge innerdeutsch. Mein Flugzeugtyp ist voerst die 727 mit dem Hecktriebwerk, sodass wir sogar bis Tanger nach Marokko fliegen dürfen. Aber leider nur hin und zurück, ohne Aufenthalt. Nach drei Monaten dann eine 5-Tages-Tour und check-out-Flug mit der Beurteilung eines Checkpursers, der die Fliegerküken sozusagen 24 Stunden beäugt. Geschafft! In bin eingestellt.

 

Was für ein Leben! Airline Personal spiegel immer ein bissel den Lebensstil der Reichen und Berühmten.

 

Wöchentlich stehen europäische Urlaubsziele auf meinem Flugplan, die mir ohne diesen Job niemals alle hätte leisten können.

 

Einen Einsatzwunsch pro Monat haben wir frei, wobei es in den Sternen steht, ob man ihn auch erfüllt bekommt. Haben senioritätsältere Kollegen den gleichen Wunsch abgegeben, hat man schnell das Nachsehen. Allerdings geht er allererste Kurzstreckenwunsch nach dem Lehrgang über sämtliche anderen Wünsche. Keine Frage: Auf meinen Requestformular steht CAI – Cairo, Ägypten, mit 7 Tage frei. Könnte geradezu heulen vor Freude: Kamelreiten zwischen der Sphinx und den Pyramiden von Gizeh, hinaufklettern bis auf die Spitze der Chephren und Mykerinos Pyramiden, hinabsteigen bis in die Kammern der Cheops-Pyramide, ägyptisches Museum mit Sarkophag und Totenmaske aus dem Grab von Tut-Ench-Amun, Karnak-Tempel in Luxor, Abu Simbel, Hatschepsut-Tempel, Assuan, Nasser-See.

Nilfahrt, Hurghada und Sinai muss ich mir für meinen nächsten Besuch aufheben.

 

Layover in Paris. Eiffelturm. Etwa 20 Minuten zu Fuß von unserem Hotel, sehr schön. Durch die nächtlichen Straßen gehen, Reihenhäuser und Bistros an jeder Ecke bewundern. Jetzt sitze ich hier auf den Stufen gegen das Towers, mit einem Croque Monsieur und heißer Schokolade in der Hand.

 

Amsterdam Stopover. Rundgang, am liebsten Fuß. Ich wusste nicht, dass die Stadt nach dem größten Kanal benannt wurde, der Amstel und dem Damm (Amstel + Dam). Amsterdam hat so viele wunderschöne Ecken. Ich laufe vorbei an den Kanälen, am Königspalast und vielen anderen interessanten Gebäude, dem Dam-Platz, dem gelben Haus, dem Anna Frank Haus, zusammen mit meinem lustigen und unterhaltsamen Kollegen Geert, einem gebürtigen Holländer; er ist gut informiert über die Stadt, ihre Geschichte und Politik.. Hier sprechen die Einheimischen gleich mehrere Sprachen, das TV auch. Er sagt von sich selbst, die Holländer seien Kartoffelesser und deshalb müssen wir am Imbissstand auch gleich fürchterlich zuschlagen: Fish and Chips, frisch gefangener und knusprig gebratener Fisch zusammen mit ebenso frischen, handgeschnittenen Fritten, eingewickelt in eine Zeitungspapiertüte und extrem lecker. Nachmittags frische Waffeln mit einem großen Klecks Sahne und Erdbeeren natürlich, dick mit Schokolade bedeckt. Weiter bummeln in Second Hand Läden mit Vintage-Schätzen und Museen. Für Touristen gibt es sogar eine Rotlichtviertel-Tour; es gibt hier doch tatsächlich ein Kondom Museum sowie ein Prostitutions Information Center!

Vor dem Rückflug schnell noch Stroopwaffeln kaufen, Flan und Käse, nachdem wir an der Theke mindestens ein Dutzend Sorten durchprobiert haben. Wow, ich bin rappelvoll für die nächsten 2 Tage! Ich bin so satt – geen, satt darf man hier nicht sagen, satt bedeutet besoffen. Am nächsten Morgen reicht die Zeit sogar noch für das Van Gogh Museum, etwas ganz Besonderes für Kunstliebhaber. Haha, an der Tür hängt ein Schild „bitte bellen“...nein, die meinen nicht wirklich bellen. Bellen bedeutet klingeln.

 

Eine weitere Stadt, die mein Herz gewonnen hat, ist Kopenhagen in Dänemark. Auch hier freundliche Menschen, viele Cafés und Fahrrad-Kultur. Das kann ich gerne jede Woche im Einsatzplan haben.

 

Aber weniger schöner Vorkommnisse auf dem Flieger (innereuropäisch) möchte ich bei dieser Gelegenheit auch nicht verheimlichen:

 

Ein besoffener Russe greift mir mit beiden Händen von hinten zwischen die Beine, als ich mich beim Frühstücksservice nach der anderen Gangseite wende. Ich würde ihm gerne auf die Backen hauen, aber zuschlagen während der Probezeit kommt sicher nicht so gut an. Die Passagiere haben es reihenweise gesehen, blicken erschrocken drein und warten anscheinend auf meine Reaktion. Ich ziehe die Schublade des Getränkewagens auf, nehme mit der Eiszange die ganze Platte Trockeneis von 20x30 cm Größe heraus und lasse sie ihm mitten auf die Hose fallen, genau auf den Reißverschluss. Noch guckt er unverständlich, aber als die 180 Grad kalte Eisplatte dann nach wenigen Sekunden zu rauchen beginnt, hat er begriffen und stürzt mit schmerzverzerrtem Gesicht Richtung Klo. Die Paxe applaudieren...

In Tanger, Casablanca, sind Unruhen in der Stadt ausgebrochen. Man hört Schüsse und Bomben. Unser Flieger wird seitlich der Runway von 2 Panzern bewacht. Ob wir hier wieder heil wegkommen?

Ein dunkelhäutiger Fluggast hat gerade gefragt ob es sexual service on board gäbe. No! Er insistiert, er habe doch sein ticket bezahlt. Kopfschüttelnd verneine ich erneut: You paid your seat, your food, your drink and nothing else.

 

Kurzstrecke innerdeutsch-Europa. Unser Dutch-Purser wird noch seine warnende Ansage los „Bitte warten Sie noch solange, bis die Zeichen ausgeschaltet sind und das Flugzeug zu einem kompletten Stillstand gekommen ist, denn wenn sie zu früh nach vorne laufen und der Flieger unerwartet bremst, bleiben sie mit die Kopf in die Wand stecken.“ Beim Aussteigen haben es alle eilig, um Anschlussflüge zu erhaschen. Einer springt ignorant auf und knallt Sekundenbruchteile später an die Trennwand. Wenn ein Flieger bremst, dann steht er sofort. Fast hätte uns ein anderer Flieger durch Ignorieren unseres Vorfahrtsrechts auf dem Rollfeld gerammt, deshalb die Vollbremsung.

 

Wir bringen einen Flieger voller russischer Aussiedler nach Deutschland. Es gibt Tortellini mit Sahnesoße. Die meisten Kinder trinken schwarzen Kaffee, was recht ungewöhnlich ist. Jede, die Saft bestellt haben, erbrechen reihenweise. Die armen Kids stehen reihenweise vor der Toilette Schlange. Eines hat uns gerade mitten in die Galley erbrochen. Gegen den ätzenden Geruch schütten wir Cola drüber und legen Zeitungspapier darauf, um Rutschen zu vermeiden. Ich stelle mein Esstablett zur Seite. Kollegin Andrea will sich einen Kaffee mit viel Zucker machen, zum Wachbleiben. Beim Herausziehen der Box schüttet sie sich Zucker ins Auge, was höllisch brennt; wir müssen das Auge auswaschen und Augentropfen aus der Medizinbox anwenden. Miss, mir ist so komisch...Sekundenbruchteile später kippt uns ein Bild von einem 2m Traummann in die enge Küche.

 

 

Fliegeralltag

 

Wir genießen noch schnell ein paar kostbare Minuten der Stille des Flugzeugs bevor die Masse der Fluggäste kommt. Der Rampagent kommt an Bord und bringt uns zurück in die Realität: Ready for Boarding? Bereit zum Einsteigen? fragt er. Schnell den Lippenstift nachgezogen. Bereit! Von unserer Heimatbasis FRA geht es nach BRU, nach MUC, nach TXL, nach LIN, nach...was war doch gleich der nächste Flughafen?

 

Bis man seine Routine gefunden hat, dauert eine gewisse Zeit. Als Flugbegleiter, befindet man sich ständig in einer verändernden Arbeitsumgebung, das persönliche Leben zuhause ist geprägt durch mangelnde Präsenz. Einsamkeit, Herzschmerz, Selbstzweifel – das scheint viele der FBs zu plagen. Planen ist schlecht möglich; man lebt seinen Einsatzplan...falls der nicht geändert wird.

 

Wegen dichter Nebelsuppe in London Heathrow müssen wir über Gatwick GTW gehen, was un seine mehr als einstündige Busfahrt ins Crewhotel beschert. Earl Grey Tee und Toast warten bereits kostenlos auf uns an der Hotellobby. Bei feucht-kühlem Nieselwetter laufen wir bis zum Big Ben, zur Westminster Abbey, schießen Fotos der bewegungslosen Wachen vor dem Buckingham Palace. Zwischen Geschäften und dem Victoria & Albert Museum genießen wir einen Kaffee mit Macaroons Gebäck, um eine halbe Nacht später wieder an den Rückflug zu denken.

 

Ich habe meine Balance mittlerweile recht gut gefunden, reise immer mit vielen „Utensilien“, auch bei nur einem day away. Dann mache ich aus meinem Hotelzimmer ein Zuhause. Snacks, Thunfisch- Dosen mit Ringpull ersparen den Dosenöffner, Instant-Suppe, Knäckebrot, Haferflocken (die man nicht in jedes Land einführen darf), Nescafé, Tauchsieder und meine Lieblingskaffeetasse, der riesige Mug mit dem Delfinhenkel aus Florida. Mein Leben aus dem Koffer mit den zugehörigen Attributen, ohne die ich niemals das Haus verlasse, wie Laufschuhe, wasserfeste winddichte Jacke, Hoodie, leggins, Jeans, Tank-Top, Sarong-Strandtuch, Fusselbürste. Für möglichst kombinierfreudige Outfits helle Farben gegen Hitze und Mücken, dunkle Farben zum Fleckenverstecken. Bügelfrei, pflegeleicht, notfalls in Hotelbadewanne, Handwaschbecken oder Dusche waschen und im Zimmer zum Trocknen aufhängen oder mit dem Fön trockenpusten. Dazu einige Accessoires, am besten wertlosen Modeschmuck, falls man beklaut wird. Auch niemals ohne Badeanzug & Goggles, Kickboard, swim gloves, Flip-Flops, Lesestoff, hand sanitizer (auf dem Flieger ist der Handdesinfektionsmittel fast immer leer) und overnight-kit zum Überleben, wenn es auf Reisen geht. Zu den unentbehrlichen Inflight-Comfort-Artikeln eines Flugbegleiterhandgepäcks gehören desweiteren Augenmaske, Ohrenstöpfel, Nackenhörnchen. Mein Auto ist ebenso komplett häuslich eingerichtet, mit Kissen, Decke, Wasserflasche. Man schafft sich seine eigene Komfortzone. Im Gepäck deshalb immer ein paar alte bequeme Socken, Trockenshampoo um sich das Haarewaschen zu ersparen, wasserfeste Mascara, Carmex oder Blistex Lippenbalsam und viel Rouge, um auch nach 14 Stunden fliegen noch fabelhaft auszusehen. Wenn alles andere fehlschlägt, hilft im Layover oder zu Hause eine glamouröse Sonnenbrille um die ständig roten Augen zu verdecken. Nicht zu vergessen die Turnschuhe bzw. Laufschuhe, denn laufen ist eine gute Möglichkeit, um sich eine neue Stadt anzusehen und gleichzeitig ein paar zusätzliche Kalorien zu verbrennen. Immer mit dabei: verpackte Lebensmittel wie Granola bars oder andere Riegel, Nussmischungen, Trockenfrüchte, Cracker oder Chips oder Proteinpulver. Teilweise mokiert sich hier der Zoll, wenn auch wir wenig kontrolliert bzw. gefilzt werden. Salat-to-go oder Obst sind leider nicht überall möglich, denn viele Länder verbieten die Einfuhr von Lebensmitteln, insbesondere Früchten. Besonders in den USA drohen hohe Strafe. Kontrolliert wird u.a. mit speziell abgerichteten Zollhunden. Wenn diese an den Koffer tapsen, ist es meist geschehen; das wird dann der teuerste Apfel in der Fliegerlaufbahn. Auf Rat unserer Lehrgangsausbilder gehört ein kleines Schwarzes ebenfalls immer in den Crewkoffer; man kann ja nie wissen, ob man evtl. nicht doch den Mann seines Lebens unterwegs auf der Strecke trifft...

 

Willkommen im Flight Attendant Leben ... Scheduling-Fiasko. Streichen Sie Ihren freien Tag am Samstag, fliegen Sie nach XYZ. So ist das Leben; unberechenbar.

 

Die engen Hosen sind nicht unbedingt ein Anzeichen dafür, dass man zugenommen hat (obwohl das bei all dem Junkfood, das mit zwischendurch futtert, keine große Überraschung wäre). Nein, die enger sitzenden Hosen sind ein Maß dafür, dass durch die salzigen Lebensmitteln und die Druckveränderung konstant Blähungen entstehen. Auch die Ringli-Snackpackung leidet an Blähungen, ist durch den Luftdruck dick aufgeblasen und kurz vor dem Platzen. Öffnen schwierig, also presst man sie einfach ein wenig zusammen und PLOPP...den Ringlis platzt der Boden auf. Aufkehren, rein in die Wastebox. Schnell einen Kaffee hineingekippt, Vorhang auf und schon stolpern wir frühmorgens um 5.30 in die Helligkeit der Flugzeugröhre.