Mythor 147: Geist der Aegyr - Hugh Walker - E-Book

Mythor 147: Geist der Aegyr E-Book

Hugh Walker

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Beschreibung

Die Entscheidungsschlacht zwischen den Heeren des Lichts und der Finsternis wurde abgebrochen. Der Lichtbote griff ein und verhinderte den Sieg der Dunkelmächte, indem er durch sein Erscheinen Vangor ins absolute Chaos stürzte und die Kräfte beider Seiten zersplitterte. Viele starben bei den Katastrophen, die das Gesicht der Welt veränderten. Doch Mythor, der Sohn des Kometen, rettet sich hinüber in den Morgen einer neuen Zeit. Mythor hat einen Auftrag zu erfüllen. Denn bevor der Lichtbote Vangor verließ und zu anderen Welten weiterzog, forderte er den Sohn des Kometen auf, Ordnung in das herrschende Chaos zu bringen, Inseln des Lichts zu gründen und den Kampf gegen das Böse wieder aufzunehmen. Aber als Mythor in der veränderten Welt erwacht, ist er seiner Erinnerung beraubt. An der Seite der jungen Ilfa, die ihn aus der Gefangenschaft einer Hexe befreite, findet sich unser Held unversehens in einem Strudel gefahrvoller Abenteuer hineingezogen. Im Bestreben, seine Erinnerung zurückzugewinnen, schlägt Mythor den Weg eines Lichtkämpfers ein. Er legt sich mit Kalaun, dem Herrn des Chaos, an, und er trachtet danach, den geflohenen Aegyr zu helfen. Doch Mythor kennt nicht den GEIST DER AEGYR ...

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Nr. 147

Geist der Aegyr

von Hugh Walker

Die Entscheidungsschlacht zwischen den Heeren des Lichts und der Finsternis wurde abgebrochen. Der Lichtbote griff ein und verhinderte den Sieg der Dunkelmächte, indem er durch sein Erscheinen Vangor ins absolute Chaos stürzte und die Kräfte beider Seiten zersplitterte.

Viele starben bei den Katastrophen, die das Gesicht der Welt veränderten. Doch Mythor, der Sohn des Kometen, rettet sich hinüber in den Morgen einer neuen Zeit. Mythor hat einen Auftrag zu erfüllen. Denn bevor der Lichtbote Vangor verließ und zu anderen Welten weiterzog, forderte er den Sohn des Kometen auf, Ordnung in das herrschende Chaos zu bringen, Inseln des Lichts zu gründen und den Kampf gegen das Böse wieder aufzunehmen.

Aber als Mythor in der veränderten Welt erwacht, ist er seiner Erinnerung beraubt. An der Seite der jungen Ilfa, die ihn aus der Gefangenschaft einer Hexe befreite, findet sich unser Held unversehens in einem Strudel gefahrvoller Abenteuer hineingezogen.

Im Bestreben, seine Erinnerung zurückzugewinnen, schlägt Mythor den Weg eines Lichtkämpfers ein. Er legt sich mit Kalaun, dem Herrn des Chaos, an, und er trachtet danach, den geflohenen Aegyr zu helfen.

Doch Mythor kennt nicht den GEIST DER AEGYR ...

Die Hauptpersonen des Romans

Mythor – Der junge Krieger auf der Straße der Aegyr.

Ilfa und Iskirra – Mythors Gefährten.

Torcay – Ein Fährtensucher.

Afikian – Anführer der Janjaren.

Ajory – Stadtherr von Offdurn.

Mogit te Grix

1.

Am zweiten Tag, nachdem sie Burg Elschwog verlassen hatten, kamen sie rascher voran. Der bloße Anblick der Aegyr-Rüstung schien Wegelagerern die Lust an dieser Beute zu nehmen. Auch Verfolger zeigten sich nicht. So blieben die drei unbelästigt, mit Ausnahme des überraschenden Angriffs einer Raubkatze, die es auf den Schimmel abgesehen hatte. Bevor Mythor Schwert oder Dolch ziehen konnte, sprang die Zwergin Iskirra der Bestie fast in den Rachen. Aber statt dass diese mächtigen Kiefer sie packten und zermalmten, fuhr das Tier fauchend und grollend zurück, kniff den kräftigen Schweif zwischen die Beine, und trollte sich. Die zierliche Iskirra wollte nicht verraten, wie sie es tat, doch Mythor ahnte, dass ihr dunkles Blätterkleid so etwas wie eine Rüstung war, die sie vor den stärkeren Geschöpfen des Waldes schützen konnte.

Die Aegyr-Straße war nicht immer deutlich erkennbar gewesen in der nebeligen Zone des Schreckens, aber Iskirra fand unbeirrt den Weg.

Sie hatten mehrmals gerastet, um dem Schimmel Ruhe zu gönnen, obwohl Ilfa und Iskirra über weite Strecken absaßen und nebenher liefen.

Die Aegyr-Brünne war ein wahres Wunderwerk. Ihre Oberfläche glänzte weißlich wie Perlmutt, so dass sie selbst im stumpfen Licht des Nebels noch schimmerte. Die Schmiede mussten in der Tat Meister gewesen sein, dass sie dem Metall solch einen Glanz zu geben vermochten. So schwer die einzelnen Platten und Schienen auch waren, wenn er sie anlegte, wurden sie leicht. Mythor spürte keinerlei Gewicht. Die Rüstung passte ihm wie angegossen, war so bequem wie ein Fellwams, mehr noch, es war, als verleihe sie ihm Kraft. Ihre Unzerstörbarkeit, die Quicot te Ruy gepriesen hatte, war noch unbewiesen. Einen schweren Kampf hatte er darin noch nicht durchzustehen gehabt. Mythor glaubte daran. Er hatte versucht, eines der Armstücke mit dem Schwert zu durchhauen, und dabei die Klinge schartig geschlagen.

Sie fanden einen versteckten Lagerplatz, als die Dämmerung hereinbrach. Mythor beschloss, die Rüstung während der Nacht anzubehalten, sehr zu Ilfas Missfallen. Aber die Vorteile lagen auf der Hand. Nächtliche Meuchler würden sich an diesem Rüstzeug die Zähne ausbeißen, wenn sie sich überhaupt an einen Aegyr wagten. Sie hatten in der letzten Nacht kaum ein Auge zugemacht. Diesmal brauchten sie Ruhe. Die Rüstung war bequem genug, von einigen kleineren Problemen abgesehen, um in ihr die Nacht zu verbringen. Den Versuch war es zumindest wert.

Der Nebel war bei Einbruch der Dunkelheit so dicht, dass der Schein ihres Lagerfeuers kaum ein Dutzend Schritt weit zu sehen war. Es würde Regen geben, prophezeite Mythor, der von Fryll einiges über das Wetter in der Zone des Schreckens gelernt hatte, im Stillen.

Die Nacht verlief ereignislos, bis auf den heftigen Regen, der nach Mitternacht einsetzte und die Welt mit einem gewaltigen Trommeln und Rauschen erfüllte. Im ersten Licht des Tages dampfte und wogte es um sie. An Weitermarsch war nicht zu denken, wenn sie sich nicht wie Blinde vorwärtstasten wollten.

Als sich gegen Mittag die Regennebel zu heben begannen, brach Iskirra auf, um den Weg zu erkunden.

Die Nacht in der Rüstung war nicht besonders angenehm gewesen. Mythor hatte gefroren und Ilfas Nähe entbehrt. Er war müde und steif und froh, dass der Nebel ihm Gelegenheit bot, das Rüstzeug für einige Stunden abzulegen.

Als Mythor den Schimmel sattelte und dabei war, die Riemen festzuziehen, begann Ilfa plötzlich aufgeregt zu rufen und zu deuten.

Ein unirdisches Licht erhellte den Nebel.

Mythor starrte hoch und blinzelte unter der Helligkeit. Er unterdrückte den Drang, zu seinem Rüstzeug zu springen und das Schwert zu ziehen. Es wäre ohnehin ein sinnloser Versuch gewesen. Das Schwert war keine Waffe gegen einen Zauber wie diesen. Die Rüstung hätte ihn vielleicht geschützt. Aber dazu war es nun zu spät. Zudem erinnerte er sich an Ilfas Worte. Sie hatte dieses Licht schon einmal über ihm gesehen.

Er versuchte sich zu entspannen und der Neugier die Oberhand zu lassen. Vielleicht lag das Geheimnis seiner Erinnerungen in diesem Licht.

Er blieb dennoch wachsam.

Das Licht mochte ein Schlüssel zu seiner Vergangenheit sein, aber sein augenblickliches Geschick ließ ihn ahnen, dass er in der Vergangenheit Feinde gehabt hatte. Mächtige Feinde!

Er sah, wie der Lichtschein den Nebel verschlang und eine große Öffnung schuf. Halb erwartete Mythor, dahinter den blauen Himmel zu sehen, den er aus Raegeseders Träumen kannte, doch dann hielt er unwillkürlich den Atem an.

Er hörte, wie Ilfa etwas rief und spürte gleich darauf, wie sie ihm das Schwert in die Hand drückte. Er nahm es, aber er beachtete sie nicht, denn eine Gestalt zeigte sich hinter dem Licht. Er sah sie verschwommen, als hätte er Tränen in den Augen. Sie wurde klar genug, dass er einen Krieger in schwerer Rüstung erkennen konnte, in Kettenhemd und gefiedertem Helm, bewaffnet mit einer mächtigen Streitaxt und einem übergroßen verbeulten Rundschild.

Im offenen Visier waren forschende graue Augen und ein bartumrahmter Mund zu erkennen.

Der Anblick weckte keinerlei Erinnerungen in Mythor. Um so überraschter war er, als der fremde Krieger sagte:

»Mythor ... endlich! Es war schwer, dich zu finden ...!«

Es klang, als ob der Fremde rief, doch die Stimme kam gedämpft und dünn – wie von weit her.

»Es gilt, keine Zeit zu verlieren. Xatan bereitet einen neuen Waffengang vor. ALLUMEDDON ist noch nicht zu Ende ...!«

»ALLUMEDDON ...?« Mythor schüttelte verwirrt den Kopf. Da war die Vergangenheit, und Mythor versuchte zu begreifen, was der Fremde sagte.

Der Krieger hatte innegehalten. In seinen Zügen war Besorgnis. »Mythor ... Freund! Kannst du mich nicht sehen? Dringen meine Worte nicht bis zu dir?«

»Ich sehe dich!«, rief Mythor rasch. »Und ich höre dich auch!« Er zuckte hilflos die Schultern. »Aber ich ... weiß zu wenig, um dir zu antworten. Du musst mir erklären ...«

»Erklären?«, unterbrach ihn der Krieger heftig. »Ich hatte Erklärungen von dir erhofft ... und einen guten Plan.«

»Aber ich weiß nicht einmal, wer du bist!«, rief Mythor verzweifelt.

»Wer ich bin? Caers Blut! Haben die Dunkelmächte dich um den Verstand gebracht? Ich bin Coerl ... Coerl O'Marn! Wach auf, Freund! Unter welchem schwarzen Zauber stehst du? Wehr dich! Wir haben eine Schlacht verloren. Aber wir sind nicht geschlagen! Wir müssen handeln!«

Coerl O'Marn. Der Name rief keine Erinnerungen wach.

Mythor schüttelte hilflos den Kopf. »Ich zweifle nicht an deinen Worten, dass ich dich kennen müsste. Es ist gut zu wissen, dass ich Freunde habe. Aber ich erinnere mich nicht. Ich bin auf der Suche nach meinen Erinnerungen. Vielleicht bin ich nicht einmal der Mythor, den du suchst. Aber wenn du einen Gefährten brauchst für den Kampf gegen die Finsternis ... es ist auch mein Kampf.«

»Caers Blut!«, knirschte der Krieger. Es war ein Fluch der Hilflosigkeit. Er musterte Mythor in stummem Grimm. Als er wieder sprach, war Resignation in seiner Stimme.

»Wenn dein Wissen und deine Erfahrung verloren sind, ist das ein großer Verlust für uns alle ...«

»Aber dein Wissen über mich!«, unterbrach ihn Mythor. »Mit deinen Erinnerungen könnte es vielleicht gelingen, meine zu wecken. Hilf mir ... Freund Coerl O'Marn ...«

Das Licht erlosch und ließ ihn verstummen. Eine große Mutlosigkeit wollte über ihn kommen, und es dauerte eine ganze Weile, bis er sich aufraffte und dagegen ankämpfte.

*

Iskirra brachte schlechte Nachrichten zurück.

Die Aegyr-Straße führte geradewegs in eine Falle. Mangoreiter waren vor ihnen und hatten die Bewohner eines Dorfes gezwungen, den Hinterhalt vorzubereiten.

»Die Kunde von den Ereignissen auf Elschwog hat uns also bereits überholt«, stellte Mythor fest.

Iskirra nickte. »Jeder weiß jetzt, wer in dieser Aegyr-Rüstung steckt. Kalauns Schergen werden überall lauern.«

»Ich habe nichts dagegen, ihm gegenüberzutreten, aber zu meinen Bedingungen. Nicht jetzt. Nicht bevor wir im neuen Land der Aegyr gewesen sind und ich weiß, ob sie mir meine Erinnerungen wiedergeben können oder nicht. Wirst du auch ohne die Straße einen Weg zum Tor finden?«

»So gut wie auf der Straße«, erklärte Iskirra zuversichtlich. »Aber wir werden langsamer vorankommen.«

Es war in der Tat ein anstrengender Marsch. Der Dschungel war so dicht, dass sie nicht reiten konnten. Sie mussten streckenweise verräterisch geräuschvoll durch das Unterholz brechen und sich einen Weg mit Klingen bahnen. Iskirra hielt ihre Richtung unbeirrt, und Mythor und Ilfa folgten ihr guten Mutes durch diese düstere Welt. Der Nebel wallte zwischen den großen, uralten und nun aus Mangel an Sonnenlicht langsam sterbenden Bäumen. Bleiches Schlinggestrüpp, das sich mit wenig Licht begnügte, kroch über jede Handbreit Boden. Schuppiges Gewürm wand sich darunter scharrend und raschelnd durch die Düsternis. Es gab keine fliegenden Geschöpfe, keine Vögel und Falter, wie in Frylls Wald. Die sterbenden Pflanzen brauchten sie nicht mehr, und die lebenden hatten andere Methoden gefunden, sich fortzupflanzen: bleiche, unentwirrbare Umarmungen und den Kuss fahler Blüten. Es war ein wundersames Leben, das hier im Schatten der Finsternis gedieh – eines, das vom unbeugsamen Willen des Lebens kündete.

Sie schlugen Lager auf, bevor die nächtliche Schwärze hereinbrach. Ilfa hatte mit dem Bogen ein echsenähnliches Tier erlegt, das Iskirra einen Molo nannte und bei dessen Anblick sie von fast panischer Furcht ergriffen wurde. Das Fleisch schmeckte gebraten vorzüglich, doch Iskirra weigerte sich heftig, davon zu essen. Nach und nach erfuhr Mythor, dass ihre Furcht aus jener Zeit stammte, als sie noch eine Unbewegliche war und in einem Aegyr-Garten wuchs. Die Molos verzehrten ihresgleichen mit Vorliebe. Der Duft ihres Blätterkleides, der alle anderen Räuber abschreckte, beeindruckte die Molos nicht. Seit die Aegyr sie zu einer Beweglichen gemacht hatten und aus ihren Wurzeln flinke Füße geworden waren, hatte der alte Erzfeind das meiste seiner Bedrohlichkeit verloren. Aber die alte Furcht saß tief. Die Magie der Aegyr hatte sie nicht ausgelöscht.

Das Feuer war fast niedergebrannt, als Ilfa plötzlich den Finger an die Lippen legte und warnend winkte. Sie lauschten.

»Menschen«, flüsterte Iskirra. »Wenigstens ein Dutzend. Ich glaube, sie kommen auf uns zu.«

Ilfa und Mythor griffen nach ihren Waffen.

Iskirra verschwand im Gestrüpp.

Bald war das Knacken von morschem Astwerk, das Rascheln von Laub und das Geräusch von Klingen, die sich einen Weg freihackten, deutlich hörbar. Die Ankommenden machten sich keine Mühe, die Lagernden zu überrumpeln. Fackellichter tauchten geisterhaft zwischen den Bäumen auf.

»Da sind sie!«, rief einer. »Ich kann ihr Feuer sehen! Gute Arbeit, Merio!«

Sie sammelten sich in einiger Entfernung. Mythor zählte vierzehn Fackeln. Die Gestalten selbst konnte er kaum erkennen. Er wappnete sich zum Kampf. Als Ilfa ihren Bogen hob, rief einer der Männer hastig: »Wir wollen keinen Kampf! Wir wollen nur mit euch reden. Wir haben einiges gehört über den Träger dieser Brünne ... Mythor!«

Ilfa ließ zögernd den Bogen sinken.

»Teilt euer Lager mit uns«, verlangte der Fremde. »Wir bringen zu essen ...«

»Wir sind satt«, erwiderte Ilfa kurz.

»Und Neuigkeiten! Aber wir haben nicht viel Zeit. Wir müssen im Dorf zurück sein, ehe der Morgen da ist, oder unsere Leute werden den Grimm der Zornigen Reiter zu spüren bekommen!«

Mythor winkte trotz Ilfas Protest.

»Aber kommt langsam«, sagte sie warnend und hob den Bogen wieder. »Dass wir euch gut sehen können!«

Sie taten wie geheißen, und Mythor sah, dass sie einfache Leute waren, bleichhäutig, mit runden, aegyrähnlichen Gesichtern, und hellen Augen. Ihre Kleidung bestand hauptsächlich aus Tierhäuten, da und dort verziert mit den bunten Schuppen von Echsen und Schlangen. Sie waren Jäger, keine Krieger. Ihre Waffen waren grobgeschmiedete Messer und Lanzen.

Ilfa ließ den Bogen erneut sinken. Nein, diese Männer waren keine Gefahr. Ebenso hätten sie mit nackten Fäusten auf Mythors Rüstung losgehen können. Ihre Gesichter waren offen und freundlich, aber überschattet von einer Unruhe, ja Furcht ...

Auf Ilfas Aufforderung nahmen sie um das fast niedergebrannte Feuer Platz und schürten es zu neuem Leben. Sie waren müde und hungrig, aber das Jagdglück war ihnen hold gewesen. Auch hatten sie Vorräte aus dem Dorf dabei, unter anderem Stücke einer dunklen zähen Masse, die sie Kaubeeren nannten. Sie schmeckte süßlich und die Männer kauten stundenlang daran.

Einer, das war deutlich zu erkennen, war nicht aus ihrem Dorf. Er war feiner gekleidet, trug ein Wams und Beinkleider aus geschmeidigerem Leder und mit allerlei Fransenzierrat. Die Beinkleider staken in wadenhohen Fellstiefeln. Auf dem Kopf hatte er eine Pelzmütze. In seinem Gürtel staken ein kurzes Schwert und ein Messer von feiner Schmiedekunst. Um den breiten Gürtel waren eine Anzahl von Lederschnüren gewunden, an deren Enden Pfeilspitzen hingen. Ilfa betrachtete sie interessiert.

Aber es gab noch deutlichere Unterschiede zu den anderen Männern.

Er war schwarzhäutig, so dunkel, dass die Nacht ihn verschlang, wenn er sich aus dem Feuerschein neigte. Sein Schädel war kahl unter der seltsamen Kopfbedeckung, deren pelzige Ohrenklappen, wohl mehr zur Zier als zum Schutz, mit eisernen Scheiben versehen waren. In einem knochigen Gesicht traten die Backen spitz hervor. Die Augen lagen tief unter haarlosen Brauenwülsten.

Er war ein Krieger, von der Statur Mythors, doch muskulöser; ein grimmiger Gegner für jeden, der sich mit ihm anlegte. Seine Anwesenheit erfüllte Ilfa mit Misstrauen, und Mythor mit Neugier.

Der Fremde ließ sie nicht lange im Unklaren über sich. Bevor seine Begleiter auf umständliche Art zu palavern begannen, erklärte er:

»Ich bin Torcay. Diese Männer haben mich zu euch gebracht, weil ihr mich braucht. Ich bin ein Fährtensucher. Es gibt keinen besseren im Grenzland.«

»Außer mir«, sagte eine Stimme eine Spur verärgert. Iskirra trat neben Mythor ins Licht, was erstaunte Blicke und Getuschel unter den Männern auslöste.

Der Schwarze nickte. »Ich kenne dich. Du bist Iskirra. Nicht nur in Elschwog weiß man deinen Namen und dass du viele Aegyr-Geheimnisse kennst.«

»Das ist die Wahrheit«, sagte Iskirra. »Ich weiß auch den Weg, den wir gehen müssen. Wir werden deine Hilfe nicht brauchen, Fährtensucher.«

»Sei nicht zu sicher. Bist du je im Grenzland gewesen?«

»Nein.«

»So kennst du nur den Weg der Aegyr. Aber auf der Straße der Aegyr warten Kalauns Schergen auf euch. Ich bin kein Kriecher vor Kalaun und seinen Mangoreitern. Ich jage ihnen manche Beute ab. Ich kenne die Wildnis, die vor uns liegt. Meine Lotschnüre finden die Untiefen der Wirklichkeit.«

»Weshalb willst du uns helfen?«, fragte Mythor.

»Ich habe gehört, was die Reiter über euch sagen. Ihr habt dieses Spiel bei euch. Und ihr wollt an einen Ort, an dem ich noch nie gewesen bin. Ihr seht mir nach gewinnbringender Gesellschaft aus ...«

»Wie meinst du das?«, fragte Iskirra. Misstrauen war in ihrer sanften Stimme.

Torcay zuckte die Schultern. »Mit dem Herzen bin ich ein Glücksritter wie ihr. Die einzigen Schätze in diesem nebelverhangenen Land sind die Geheimnisse der Aegyr. Ihr seid auf der Suche danach. Ich biete meine Führung für die eure.«

»Wenn du den Weg zum neuen Land der Aegyr so gut kennst, weshalb bist du nicht längst gegangen?«

»Zu viele Gefahren, die ich nicht kenne. Mit euch werden die Chancen besser sein.«

»Feige«, stellte Iskirra fest.

»Wenn Vorsicht Feigheit ist.«

»Pah. Alles nur Worte!«

Der Schwarze grinste.

»Wenn du eine von Kalauns Kreaturen bist, dann sei auf der Hut«, sagte Ilfa drohend und tätschelte ihren Bogen.

»Ich bin niemandes Kreatur«, erwiderte Torcay barsch.

»Kalaun würde dich gut belohnen für eine Beute wie diese«, stellte Mythor fest.

»Kalauns Lohn ist etwas für seine Kreaturen.«

Das war ein Argument nach Mythors Geschmack und nahm ihn für den schwarzhäutigen Fährtensucher ein, doch Ilfa, und vor allem Iskirra, blieben misstrauisch.

Die Männer aus dem Dorf berichteten von der unerwarteten Ankunft der Mangoreiter. In der Hauptsache waren es Zornige, aber auch einige Kalte Reiter. Kalaun, der Herr des Chaos, hatte sie ausgeschickt, um einen Aufrührer gegen die Finsternis zu fangen, einen mit Namen Mythor, und seine Begleiter.