Mythos Stadthalle - Vision und Wirklichkeit - Hans Peter Bauer - E-Book

Mythos Stadthalle - Vision und Wirklichkeit E-Book

Hans-Peter Bauer

0,0

Beschreibung

Eine Reminiszenz auf die Geschichte der Stadthalle und auf die Geschichte der Kunst und Kultur in Görlitz. DerTitel beinhaltet sowohl Informationen zur Geschichte der Stadthalle, seiner bisherigen Nutzung und zur Schließung. Weiterführend gibt es eine Reihe von Betrachtungen zur Wiedereröffnung und möglichen Nutzung.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 84

Veröffentlichungsjahr: 2019

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhaltsverzeichnis

Präambel

Fakten zur Geschichte der Kunst in Görlitz

Unsere Stadthalle

Episode 1 »Der Prinz und der Graf«

Episode 2 »Der Chordirektor und sein Fan«

Der »Schwarze Freitag« (31.12.2004)

Resümee der Stadtpolitik

Das Görlitzer Theater:

Eine Vision für die Görlitzer Region:

Das Ziel

Die Stadthalle als neuer Mittelpunkt von Görlitz/Zgorzelec

Übergangskontenschema

Zusammenhang Politik, Ökonomie und Kultur

Anhänge

Sommerbespielung Gerhart-Hauptmann-Theater

Planung

Ist das nicht eine Alternative im Nahverkehr von Görlitz?

Das soziokulturelle Zentrum - Industrie- und Jugendkultur vereint

Die kulturelle Infrastruktur des Landkreises Görlitz

Verwendete Literatur

Präambel

Freude, schöner Götterfunken, Tochter aus Elysium, Wir betreten feuertrunken, Himmlische, dein Heiligtum.

Deine Zauber binden wieder, Was die Mode streng geteilt, Alle Menschen werden Brüder, Wo dein sanfter Flügel weilt

Wir Europäer kennen Schillers »Ode an die Freude«. Deren allgewaltiger Text, vertont vom großen Ludwig van Beethoven in seiner 9. Symphonie, ist die Hymne der Europäischen Union. Warum wohl? Die wenigsten der bei uns lebenden Migranten sind damit vertraut. Aber, die Musik und die Kunst war und ist schon immer ein Frieden stiftendes und Völker verbindendes Element der Menschheit. Sie muss durch den Menschen nur die Gelegenheit bekommen, ihre Wirkung auf deren Seelen zu entfalten, denn:

Freude heißt die starke Feder In der ewigen Natur. Freude, Freude treibt die Räder In der großen Weltenuhr.

Ein besonderer Ort, die Musik integrationsfördernd wirken zu lassen, ist unsere wundervolle Stadthalle mit ihrer weltweit einzigartigen Konzertorgel. Wir sagen oft und auch mit Recht, dass die Musik eine Weltsprache ist, dass Musik überall verstanden werden kann und dass Musik und Tanz die Menschen verbinden, über alle Grenzen, vor allem über die Grenzen der Sprache hinweg. Wie frei eine Gesellschaft ist, die das durchsetzt, erkennen wir nicht zuletzt daran, wie frei in ihr die Kunst ist – auch wie frei sie ist von politischer Inanspruchnahme. Es bleibt aber eben auch wahr, dass die Musik wie keine andere Kunst Menschen verbinden kann, und so auch die Ähnlichkeiten ihrer Träume und ihrer Hoffnungen, ihrer Enttäuschungen und ihrer Trauer zum Ausdruck bringt. Das erreicht die junge Generation genauso wie die ältere, unabhängig davon, welche Art von Musik sie trifft. Ein Migrant, der in unserem Land lebt, das ihm vielleicht noch fremd ist, wird in der Musik viele Einflüsse aus den musikalischen Sprachen der Welt finden und Freude, denn Musik ist die Sprache der Seele und somit fühlen sich Menschen, denen die Musik gefällt, auch irgendwie seelenverwandt.

Gerade deshalb ist es so wichtig, unsere multifunktionale Stadthalle wieder der Bestimmung zuzuführen, für die sie einst erbaut wurde, für die ältere, für die junge Generation als auch für die Integration der neuen Bürger. Um dies zu verwirklichen, hat ein wundervolles Orchester, die Neue Lausitzer Philharmonie, Anrecht auf eine ebenso wundervolle Heimat – auf einen wundervollen Konzertsaal in unserer Stadthalle.

Sie, die Stadthalle, strahlte einst internationales Flair aus und es muss uns wieder gelingen, mithilfe der Musik unsere Stadt wieder zur kulturellen Größe emporschwingen zu lassen. In der Vergangenheit war unsere Stadt eine kulturelle Größe – sie kann und muss es wieder werden.

Der Zusammenschluss von Bühnen und Konzerthaus zu einer Vereinigung der kulturellen Kräfte zeigt diesen Weg auf, der, wenn er denn begangen, von Erfolg gekrönt sein wird. Görlitz wird dann wieder den Titel „Musikstadt" mit Würde tragen können, denn die Musik verbindet Menschen und vermittelt Respekt gegenüber unterschiedlichster Kulturen im Inals auch im nachbarlichen Ausland.

Wer sich aber noch nie mit der Kulturgeschichte der Görlitzer befasst hat, kann auch nicht nachvollziehen, welche Bedeutung die Stadthalle für die Stadt und ihre Menschen hat.

»Musikstadt«, welch ein Geist, welch ein Klang schwebte einst über unserer Stadt ..."

Hans-Peter Beuer

Januar 2019

Ein Rückblick auf die Görlitzer Kulturgeschichte.

«Kultur ist die Gesamtheit der Lebensäußerungen der menschlichen Gesellschaft in Lebensführung und Lebensgestaltung, in Sprache, Religion, Wissenschaft und Kunst.»

So steht es, vielleicht noch umfassender beschrieben, in allen seriösen Enzyklopädien.

«Die Kultur ist ihrem Wesen nach also zweifach. Sie verwirklicht sich in der Herrschaft der Vernunft über die Naturkräfte und in der Herrschaft der Vernunft über die menschlichen Gesinnungen», definierte viel später einmal Albert Schweitzer den Kulturbegriff.

Wird die Entwicklung der Kultur in Görlitz unter diesen beiden Aspekten betrachtet, dann stellt man fest, sie umfasste bereits ab dem Mittelalter nach und nach alle Lebensbereiche der Bürger in unserer Stadt.

Die Görlitzer Kultur ist so umfangreich und gleichzeitig so einmalig, wie es vielleicht keine andere Stadt in ihrer Entwicklung aufzeigen kann. Darauf können die Görlitzer stolz sein und das auch zum Ausdruck bringen.

In der Zeit des Barocks (1550 bis etwa 1750) und insbesondere in der Zeit der Klassik (1786 bis etwa 1852) fand die Kunst in Görlitz den Weg zu den Menschen. Dies beweist sich in der künstlerischen Beschäftigung einer einzelnen Person genauso wie im vielfältigen, geschichtlich lebendigen Vereinsleben.

Und das entwickelte sich im alten Görlitz wirklich vielfältig!

Die Wissenschaft und die Kunst in unserer Stadt entfalteten sich in diesen Perioden in einem atemberaubenden Tempo. Das Neue aus Literatur, Kunst und Musik fand seinen Weg in die Neißestadt und machte Görlitz weit über seine Grenzen hinaus bekannt.

Das Gymnasium Augustum, insbesondere als Zentrum der Bildung, hatte unter seinen namhaften Rektoren, wie Samuel Grosser oder Friedrich Christian Baumeister, eine beachtliche Ausstrahlung weit über die Grenzen von Görlitz hinweg. Später, bis zum Neubau des Gymnasiums, war kein anderer als Karl Gottlieb Anton dessen Rektor, ein exzellenter Historiker und ein Kenner der deutschen Sprache.

Das Gymnasium wurde zum Hort der Aufklärungsphilosophie. Vor allen Dingen die Lehre zur Literatur und zur deutschen Sprache machte es möglich, Bildung auch den ärmeren Familien näher zu bringen. Spenden verhalfen auch dem ärmeren Teil der Bürgerschaft zu einem Schulbesuch.

Die bildende Kunst, die darstellende Kunst im Theater, die Literatur, sowie die Musik, hielten in dieser Zeit ungestümen Einzug in Görlitz.

Fakten zur Geschichte der Kunst in Görlitz

Das Salzhaus auf dem Obermarkt war damals ein Mittelpunkt für das gebildete Bürgertum. Seit 1769 wurde das Salzhaus erfolgreich zu Theateraufführungen genutzt. In dieser Zeit hatte Görlitz etwa 7.600 Einwohner. Die darstellende Kunst erreichte inzwischen alle Bürgerschichten in der Stadt und in deren Umgebung.

Im Salzhaus wurden bis 1804 Schauspiele und Dramen von Lessing, Shakespeare und Schiller aufgeführt. Das waren ihre Erfolgsstücke wie »Minna von Barnhelm«, »Hamlet«, »Romeo und Julia«, »Der Widerspenstigen Zähmung« und ab 1795 wurden die frühen literarischen Glanzpunkte Schillers »Die Räuber« und »Kabale und Liebe« zur Aufführung gebracht.

Diese Großen der Literatur wurden hier mit gewaltigem Erfolg gezeigt. Die Kunst stand in Görlitz unter einem guten Stern, denn sie wurde von den Stadtvätern und mit der Wirtschaftskraft der bürgerlichen Oberschicht nach Kräften gefördert. Das Salzhaus, das Gymnasium Augustum und die Dreifaltigkeitskirche wurden für die Görlitzer zu Zentren der Bildung und der Aufklärung. Ein Beispiel dafür ist die lange Tradition des Schülertheaters im Gymnasium Augustum. Seine Aufführungen waren und sind noch heute immer ein gesellschaftlicher Höhepunkt in Görlitz.

Die Oberlausitzische Gesellschaft der Wissenschaften war 1779 auf Initiative des damals 27 Jahre alten Juristen, Historikers und Sprachforschers Karl Gottlob Anton und des Gutsherrn und Naturwissenschaftlers Adolph Traugott von Gersdorf in Görlitz gegründet worden

Viele hochgestellte Persönlichkeiten besuchten in dieser Zeit Görlitz und sie hinterließen bleibende Spuren, die bis zum heutigen Tage sichtbar und in aller Munde sind.

Das Salzhaus musste 1851 der Moderne weichen, zu diesem Zeitpunkt war das Salzhaus 444 Jahre alt. Als Speicher war es längs überflüssig und als Spielstätte nach der Eröffnung des neuen Theaters auch.

Dem preußischen König Friedrich Wilhelm IV. war es zu verdanken, dass die Abrisswut der Stadtoberen nicht auch noch auf den Kaisertrutz übergriff. Alles in allem war das eine stille und trotzdem deutliche Anmahnung des Königs, mit der Geschichte und den Görlitzer Traditionen doch behutsam umzugehen. Wohl dem, wir hätten noch einen «König» der zum Erhalt unserer Kulturdenkmäler anmahnt!

Ein prägender Satz des Königsberger Philosophen Emanuel Kant, der ja ein Kind dieser Zeit war, stand wohl auch Pate bei unseren Stadtvätern, als um die Jahrhundertwende des 19. zum 20. Jahrhundert die Kultur in Görlitz ihren rasanten Aufschwung nahm.

«Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde».

(Es war das Leitmotiv des OBs Jochmann)

Was wurde da nicht alles in Görlitz betrieben, gebaut und errichtet, um der Kunst als Teil der Görlitzer Kultur eine würdige Form zu verleihen.

In der Neißstraße 27 wurde seit 1820 in Ermanglung guter Spielstätten siebenundzwanzig Jahre lang ein gut besuchtes Privattheater bespielt, bis es baupolizeilich gesperrt wurde.

Das Stadttheater

Unter dem Oberbürgermeister Jochmann begannen 1850/51 die Baumeister Kießler und Fritsche, den Bau des Stadt-Theaters.

Der erste Entwurf für den Theaterneubau wurde vom Berliner Architekten Eduard Titz eingereicht, jedoch vom Magistrat aus finanziellen Gründen abgelehnt.

In etwas abgewandelter Form wurde es dann dennoch gebaut. Mit der steigenden Einwohnerzahl erhöhten sich auch die kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung. Übrigens, als sich die Stadt das Theater baute, hatte sie nur 23.000 Einwohner!

Aber das Theater wurde zur Zugnummer der strukturellen Entwicklung von Wirtschaft und Handel. Die Stadt wuchs rasant, nicht nur durch die Wirtschaft, sondern weil ihr kulturelles Umfeld stimmte.

Das Konzerthaus

Nur sechsundzwanzig Jahre später errichtete die Stadt unter der Ägide des Oberbürgermeisters Friedrich Gobbin im Jahre 1876 das Konzerthaus.

Mit dem Aufkommen der neuen bürgerlichen Konzertkultur in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts war das notwendig, es stieg der Bedarf an stets neuen musikalischen Attraktionen für eine breite Hörerschicht, denn in diesen sechsundzwanzig Jahren hatten sich die Einwohner in Görlitz bereits auf 45.300 verdoppelt.

Die Musik wurde auch in Görlitz erstmals als selbstzweckhafte Kunstübung verstanden, zurechtgestutzt auf die Schauwerte reisender Schauspieler, in der sich Humanität und Gefühl repräsentativ und unterhaltend darstellen.

In der Stadt und bei den Bürgern im Umland fiel diese Entwicklung auf fruchtbaren Boden. Der Oberbürgermeister Friedrich Gobbin hat die kulturelle Entwicklung seiner Stadt genau verfolgt und analysiert. Mit dem Bau des Konzerthauses wurde buchstäblich dieser Entwicklung in Görlitz Rechnung getragen.

(Der Traditionsbau knapp 100 Jahre alt wurde 1975trotz aller Proteste gesprengt. Im Konzerthaus wurde Görlitzer Geschichte geschrieben)

Das Wilhelmtheater