Nachtschwarz - Robert Bryndza - E-Book

Nachtschwarz E-Book

Robert Bryndza

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Beschreibung

Die Wahrheit ist gefährlich. Die Wahrheit ist grausam. Die Wahrheit ist Nachtschwarz ...

Ein anonymer Tipp führt Detective Erika Foster zu einem abgelegenen Baggersee außerhalb von London. Dort soll eine riesige Menge Betäubungsmittel versenkt worden sein. Aber dann macht ihr Team einen grausamen Überraschungsfund: Die Taucher finden das Skelett eines kleinen Mädchens, das vor 26 Jahren spurlos verschwand. Als Erika Nachforschungen über den damaligen Vermisstenfall anstellt, stößt sie auf heftigen Widerstand in ihrer Abteilung. Die Familie des toten Mädchens schweigt ebenfalls eisern. Und auch der Mörder ist fest entschlossen, sein Geheimnis für immer zu bewahren – koste es, was es wolle ...

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Seitenzahl: 486

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ROBERT BRYNDZA ist in England geboren und hat in den USA und Kanada gelebt, ehe er mit seinem slowakischen Mann in dessen Heimat zog. Er absolvierte eine Schauspielausbildung und ist heute hauptberuflich als Autor tätig. Bei Penguin sind bereits Das Mädchen im Eis und Night Stalker erschienen. Nachtschwarz ist der dritte Teil seiner Krimireihe um Detective Erika Foster, die in 22 Ländern erscheint.

Außerdem von Robert Bryndza lieferbar:

Das Mädchen im Eis

Night Stalker

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Robert Bryndza

Nachtschwarz

Kriminalroman

Aus dem Englischen von Charlotte Breuer und Norbert Möllemann

Die englische Originalausgabe erschien 2016 unter dem Titel Dark Water bei Bookouture, London.

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen.

Copyright © 2016 by Robert Bryndza

Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2020 by Penguin Verlag

in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,

Neumarkter Straße 28, 81673 München

Covergestaltung: bürosüd

Covermotiv: © zhangshuang/GettyImages; © Loulouka1/shutterstock

Redaktion: Ralf Reiter

Umsetzung eBook: Greiner & Reichel, Köln

ISBN 978-3-641-25772-9V001

www.penguin-verlag.de

Für Marta

Tod liegt auf ihr, wie Frost zur Unzeit auf

Der schönsten Blume weit und breit im Feld.

William Shakespeare, Romeo und Julia

Prolog

Herbst 1990

In einer kalten Nacht im Spätherbst warfen sie die Leiche in einen Baggersee. Es war ein abgelegener Ort, und das Wasser war sehr tief. Sie wussten nicht, dass sie beobachtet wurden.

Sie kamen im Schutz der Dunkelheit, kurz nach drei Uhr nachts. Hinter den Häusern am Dorfrand waren sie zuerst über den leeren Schotterplatz gefahren, wo die Leute ihre Autos parkten, und dann über die große Wiese. Mit ausgeschaltetem Licht rumpelte das Auto über den unebenen Boden und fuhr dann über einen schmalen Weg, der in dichtes Waldgebiet führte. Es war stockdunkel und feucht, nur von oben kam etwas Licht.

Nichts an der Fahrt fühlte sich heimlich an. Der Motor röhrte, die Stoßdämpfer ächzten, als der Wagen über die Buckelpiste schlingerte. Wo der Wald aufhörte und der Baggersee in Sicht kam, hielten sie an.

Sie wussten nicht, dass ein alter Einsiedler in einer halb verfallenen, halb zugewucherten Hütte in der Nähe des Seeufers hauste. Er war gerade draußen und bewunderte den herrlichen Nachthimmel, als der Wagen in Sicht kam. Erschrocken versteckte er sich hinter einem Gestrüpp und beobachtete das Geschehen. Es kam häufig vor, dass Jugendliche aus dem Ort, Junkies oder Paare auf der Suche nach einem stillen Plätzchen nachts am See auftauchten, und bisher war es ihm noch jedes Mal gelungen, sie zu verscheuchen.

Im Licht des Mondes, der hinter den Wolken hervorgekommen war, sah er, wie zwei Gestalten aus dem Auto stiegen, etwas Schweres aus dem Kofferraum hoben und es zum Ruderboot trugen, das am Ufer vertäut lag. Der Erste stieg ein, und daran, wie schwer es den beiden fiel, das lange Paket zu packen und ins Boot zu hieven, und an der Art und Weise, wie es sich hin und her bog, erkannte der alte Mann voller Entsetzen, dass es sich um eine Leiche handeln musste.

Das leise Platschen der Ruder war deutlich zu hören. Er schlug sich eine Hand vor den Mund. Er sollte sich abwenden, doch er konnte es nicht. Das Rudergeräusch verstummte, als das Boot die Mitte des Sees erreichte. Wieder gaben die Wolken den Mond teilweise frei, sodass man sehen konnte, wie sich das Wasser um das Boot herum kräuselte.

Mit angehaltenem Atem beobachtete der alte Mann die Gestalten, die leise miteinander redeten. Einen Moment lang trat Stille ein. Dann standen die beiden auf, und das Boot geriet so sehr ins Wanken, dass einer von ihnen um ein Haar ins Wasser gefallen wäre. Als sie ihr Gleichgewicht wiedergefunden hatten, hoben sie das Paket an und warfen es ins Wasser. Lautes Klatschen und Kettenklirren zerschnitt die nächtliche Stille. Der Mond kam ganz hinter den Wolken hervor und beschien das Boot und die Stelle, wo das Paket untergegangen war und konzentrische Wellen Richtung Ufer strebten.

Der alte Mann konnte die Gesichter der beiden Gestalten im Boot deutlich erkennen.

Er stieß den Atem aus, den er die ganze Zeit angehalten hatte. Seine Hände zitterten. Er wollte keinen Ärger; sein Leben lang hatte er versucht, jedem Ärger aus dem Weg zu gehen, doch er schien Ärger einfach anzuziehen. Ein paar vertrocknete Blätter zu seinen Füßen raschelten in der kühlen Brise, und er empfand ein unangenehmes Jucken in der Nase. Ehe er es verhindern konnte, musste er heftig niesen, und das Geräusch hallte über den See. Die beiden Gestalten im Boot fuhren zusammen und begannen, mit dem Blick das Ufer abzusuchen. Dann entdeckten sie ihn. Er rannte los, stolperte über eine Wurzel und stürzte so hart, dass es ihm die Luft raubte.

Das Wasser im Baggersee war still, kalt und dunkel. Die Leiche, von Ketten beschwert, sank schnell immer tiefer, bis sie im eiskalten Schlamm landete.

Dort sollte sie viele Jahre lang beinahe friedlich ruhen. Aber über ihr, an Land, nahm der Albtraum gerade erst seinen Anfang.

1

Freitag, 28. Oktober 2016

Detective Chief Inspector Erika Foster verschränkte die Arme über ihrer unförmigen Schwimmweste und wünschte, sie hätte sich in dem eisigen Wind wärmer angezogen. Das kleine Schlauchboot der Polizei durchpflügte den Baggersee und zog einen kompakten Transponder hinter sich her, der den Boden tief unter ihnen absuchte. Der Baggersee lag mitten im Hayes Common, gut neunzig Hektar Wald- und Heideland im südlichen London.

»Die Wassertiefe beträgt 23,7 Meter«, sagte Sergeant Lorna Crozier, die Chefin des Taucherteams. Sie saß vorne im Boot über den Monitor gebeugt, auf dem die Ergebnisse des Sonars in violetten Schattierungen wiedergegeben wurden.

»Heißt das, es wird eine komplizierte Bergung?«, fragte Erika, der Lornas Unterton nicht entgangen war.

Lorna nickte. »Alles in so großer Tiefe ist kompliziert. Meine Leute können nur sehr kurze Tauchgänge machen. Ein normaler Teich oder Kanal ist nur ein paar Meter tief. Selbst bei Flut hat sogar die Themse nur eine Tiefe von zehn bis zwölf Metern.«

»Da unten kann sonst was liegen«, sagte Detective Sergeant John McGorry, der neben Erika auf einem kleinen Plastiksitz hockte. Sie folgte seinem jugendlich neugierigen Blick über den aufgewühlten Baggersee. Die Sichtweite unter der Oberfläche betrug nicht mal einen Meter.

»Würden Sie gern auf meinem Schoß sitzen, oder was?«, fragte Erika, als er sich vorbeugte, um über den Bootsrand zu sehen.

»Verzeihung, Chefin.« Er lächelte verlegen und rutschte wieder auf seinen Sitz. »Ich hab mal eine Sendung auf Discovery Channel gesehen. Wussten Sie, dass nur fünf Prozent des Meeresbodens kartografiert sind? Die Ozeane bedecken siebzig Prozent der Erdoberfläche, das bedeutet, dass fünfundsechzig Prozent der Erdoberfläche unerforscht sind …«

Am Rand des Sees, etwa zwanzig Meter von ihnen entfernt, wiegte sich Schilf in der Brise. Am Ufer stand ein großer Gerätekraftwagen, und daneben bereitete ein kleines Bergungsteam die Tauchausrüstung vor. Ihre orangefarbenen Schwimmwesten waren die einzigen Farbkleckse an dem grauen Herbstnachmittag. Hinter ihnen erstreckte sich mit Ginster bedecktes Heideland in Grau- und Brauntönen, und in der Ferne erhoben sich kahle Bäume. Das Boot erreichte das andere Ufer und verlangsamte das Tempo.

»Wende«, sagte PC Barker, ein junger Polizist, der am Ruder des Außenbordmotors saß. Er wendete das Boot, und sie überquerten den See zum sechsten Mal.

»Halten Sie es für möglich, dass es da unten riesengroße Fische oder Aale gibt?«, fragte John und schaute Lorna mit vor Begeisterung großen Augen an.

»Ich hab bei meinen diversen Tauchgängen schon ziemlich große Flusskrebse gesehen. Aber dieser Baggersee hat keinen Zufluss, da können also nur Tiere drin rumschwimmen, die jemand hier ausgesetzt hat«, antwortete Lorna, ohne den Bildschirm aus den Augen zu lassen.

»Ich bin hier in der Nähe aufgewachsen, in St. Mary Cray, und in unserem Dorf gab’s eine Zoohandlung, die haben damals Krokodilbabys verk…« John ließ den Satz unvollendet, als er merkte, dass Erika ihm mit hochgezogenen Brauen zuhörte.

Er war immer leicht zu begeistern und sehr gesprächig, damit kam sie einigermaßen klar. Aber gemeinsam mit ihm Frühschicht zu machen, war ihr ein Graus.

»Wir suchen nicht nach einem Krokodil, John. Wir suchen nach einem wasserdichten Behälter mit zehn Kilo Heroin.«

John nickte. »Sorry, Chefin.«

Erika warf einen Blick auf ihre Uhr. Es war kurz vor halb vier.

»Was würde das auf der Straße einbringen? Zehn Kilo Heroin?«, fragte PC Barker von seiner Position am Ruder.

»Vier Millionen Pfund«, sagte Erika, den Blick wieder auf das Sonarbild gerichtet, das über den Bildschirm waberte.

Er pfiff durch die Zähne. »Ich nehme an, der Behälter wurde absichtlich in den See geworfen?«

Erika nickte. »Jason Tyler, der Typ, der bei uns in Untersuchungshaft sitzt, wollte abwarten, bis Gras über die Sache gewachsen ist, und ihn dann wieder rausholen.«

Sie fügte nicht hinzu, dass sie ihn nur bis Mitternacht festhalten konnten.

»Hat der echt geglaubt, er würde das Zeug wiederfinden? Wir sind erfahrene Taucher, und selbst für uns ist das eine Riesenherausforderung«, sagte Lorna.

»Schließlich geht es um vier Millionen Pfund. Ich denke schon, dass er vorhatte, es aus dem See zu holen«, sagte Erika. »Wir hoffen, dass wir seine Fingerabdrücke auf der Plastikverpackung der einzelnen Päckchen finden.«

»Wie haben Sie überhaupt rausgefunden, dass er das Zeug hier in den See geworfen hat?«, fragte PC Barker.

»Seine Frau hat’s uns verraten«, sagte John.

PC Barker warf ihm einen Blick zu, den nur ein Mann verstehen konnte, und stieß erneut einen Pfiff aus.

»Moment mal. Das könnte was sein. Schalten Sie mal den Motor ab«, sagte Lorna und beugte sich noch dichter über den Bildschirm.

Die Konturen eines kleinen Gebildes zeichneten sich schwarz inmitten der violetten Nebelschwaden ab. PC Barker schaltete den Motor aus, und in der plötzlich eintretenden Stille war das leise, vom Gleiten des Boots verursachte Plätschern zu hören. PC Barker stand auf und beugte sich ebenfalls über den Bildschirm.

»Wir suchen einen Bereich unterhalb des Boots mit einem Radius von vier Metern ab«, erklärte Lorna, während sie mit ihrer kleinen Hand auf den schwarzen Fleck zeigte.

»Die Größe würde also hinkommen«, sagte Barker.

»Meinen Sie, das könnte es sein?«, fragte Erika hoffnungsvoll.

»Möglich«, sagte Lorna. »Könnte aber auch ein alter Kühlschrank sein. Das wissen wir erst, wenn wir da unten sind.«

»Werden Sie heute noch tauchen?«, fragte Erika, bemüht, optimistisch zu bleiben.

»Ich bleibe heute auf dem Trockenen. Ich bin gestern getaucht, und wir müssen unsere Ruhephasen einhalten«, sagte Lorna.

»Wo waren Sie denn gestern?«, fragte John.

»In Rotherhithe. Wir mussten einen Selbstmörder aus dem See im Naturschutzgebiet holen.«

»Wow. Das stelle ich mir ziemlich gruselig vor, auf dem Grund eines Sees eine Leiche zu finden.«

Lorna nickte. »Ich hab ihn entdeckt. In gut drei Metern Tiefe. Ich habe mich bei null Sicht vorgetastet, und plötzlich hatte ich zwei Fußgelenke in den Händen. Und dann zwei Beine. Er stand aufrecht da.«

»Meine Fresse. Aufrecht im Wasser?«, fragte John.

»Das kommt vor. Hat was zu tun mit den Gasen im Körper und mit dem Verwesungsprozess.«

»Muss faszinierend sein. Ich bin erst seit ein paar Jahren bei der Polizei, und es ist das erste Mal, dass ich bei einem Tauchereinsatz dabei bin«, sagte John.

»Wir finden jede Menge gruseliges Zeug. Das Schlimmste ist ein Sack voll toter Hundewelpen«, sagte PC Barker.

»Echt. Ich bin seit fünfundzwanzig Jahren Polizistin und staune immer wieder darüber, wie krank Menschen sein können.« Alle drehten sich zu Erika um. Sie konnte regelrecht sehen, wie sie ihr Alter einzuschätzen versuchten. »Okay, was ist jetzt mit diesem schwarzen Fleck? Wie schnell können Sie das Ding raufholen?«, fragte sie und lenkte die Aufmerksamkeit wieder auf den Bildschirm.

»Ich würde sagen, wir markieren die Stelle mit einer Boje und suchen dann weiter«, sagte Lorna und nahm eine kleine orangefarbene Markierungsboje mit einer Leine, an der ein Gewicht befestigt war. Sie warf das Gewicht über Bord. Es verschwand schnell in dem tiefen, dunklen Wasser, während die Leine sich abspulte, bis die Boje auf dem Wasser schwamm. PC Barker startete den Außenbordmotor wieder, und sie fuhren los.

Eine gute Stunde später hatten sie den gesamten Grund des Sees gescannt und drei Anomalien entdeckt und jeweils mit Bojen markiert. Erika und John hatten sich ans Ufer bringen lassen, um sich aufzuwärmen. Im schwindenden Licht des Oktobertags standen sie neben dem Gerätewagen, die Hände um Styroporbecher mit heißem Tee gelegt, und sahen den Tauchern bei der Arbeit zu.

Lorna stand am Ufer und hielt ein Ende eines beschwerten Seils, eines sogenannten Strecktaus. Das Tau führte ins Wasser, verlief über den Grund des Baggersees und kam sieben Meter vom Ufer entfernt wieder heraus, wo es von PC Barker gehalten wurde, der in dem neben der ersten Markierungsboje verankerten Boot saß. Vor zehn Minuten waren zwei Taucher jeweils an einem Ende des Strecktaus ins Wasser gegangen und jetzt dabei, sich bis zu dessen Mitte vorzuarbeiten. Neben Lorna hockte ein Mitglied ihres Tauchteams und beugte sich über ein Funkgerät von der Größe einer Aktentasche. Erika hörte die Stimmen der Taucher aus dem Funkgerät, die unter den Tauchermasken miteinander kommunizierten.

»Null Sicht. Bisher nichts … Wir müssten fast in der Mitte sein …«, sagte eine blecherne Stimme.

Erika zog nervös an ihrer E-Zigarette, deren Ende rot aufglühte. Sie stieß eine Wolke weißen Dampf aus.

Vor drei Monaten war sie nach Bromley versetzt worden, und sie hatte immer noch nicht so recht ihren Platz im neuen Team gefunden. Das Revier lag nur wenige Kilometer von ihrem alten Arbeitsplatz in Lewisham entfernt, aber sie gewöhnte sich langsam an den Unterschied, den die paar Kilometer zwischen den Ausläufern der Großstadt und der Stadtrandlage nahe der Grafschaft Kent ausmachten.

Sie schaute zu John hinüber, der in einiger Entfernung mit seinem Handy telefonierte. Er lächelte beim Sprechen. Er rief bei jeder Gelegenheit seine Freundin an. Einen Augenblick später beendete er das Gespräch und kam herüber.

»Sind die Taucher noch unten?«, fragte er.

Erika nickte. »Keine Neuigkeiten sind gute Neuigkeiten. Aber wenn ich diesen kleinen Mistkerl laufen lassen muss …«

Besagter kleiner Mistkerl war Jason Tyler, einst ein kleiner Drogendealer, der in kurzer Zeit in der Hierarchie aufgestiegen war und jetzt das Drogenhandelsnetzwerk an der Grenze zwischen Südlondon und Kent kontrollierte.

»Haltet das Tau stramm, es ist zu schlaff«, krächzte es aus dem Funkgerät.

»Chefin?«, sagte John ein bisschen verlegen.

»Ja?«

»Ich hab gerade mit meiner Freundin telefoniert. Monica und ich würden Sie gern zum Abendessen einladen.«

Erika sah ihn aus den Augenwinkeln an, während sie weiterhin Lorna beobachtete, die ihr Ende des Taus straffer zog und sich mit den Füßen in den Boden stemmte. »Wie bitte?«, sagte sie.

»Ich hab Monica viel von Ihnen erzählt … Natürlich nur Gutes. Seit ich mit Ihnen zusammenarbeite, hab ich ’ne Menge gelernt, Sie machen die Arbeit so interessant, dass ich einen ganz neuen Ehrgeiz entwickelt hab. Jedenfalls würde Monica Sie gern zu einer Lasagne einladen. Die macht sie richtig gut. Und das sag ich nicht nur, weil sie meine Freundin ist. Die Lasagne schmeckt wirklich …« Er brach ab.

Erika beobachtete das Wasser zwischen Lorna und dem Boot. Es wurde allmählich dunkel. Die Taucher mussten sich bald in der Mitte treffen, dachte sie, und wenn sie das taten, bedeutete das, dass sie nichts gefunden hatten.

»Also, was meinen Sie, Chefin?«

»John, wir stecken mitten in einem großen Fall«, sagte sie ungehalten.

»Ich meinte doch nicht heute Abend. Irgendwann. Monica würde Sie gern kennenlernen. Und falls Sie jemanden mitbringen wollen, kein Problem. Gibt es einen Mr. Foster?«

Erika drehte sich zu ihm um. Seit Jahren wurde bei der Polizei über sie getratscht, deswegen wunderte es sie, dass John keine Ahnung hatte. Sie wollte ihm gerade antworten, doch dann ertönte vom Ufer her ein Schrei.

Sie liefen zu der Stelle, wo Lorna immer noch das Tau straff hielt und ihr Kollege über dem Funkgerät hockte. Einer der Taucher sagte gerade: »Hier ist was im Schlamm … Ich brauche Hilfe, allein kriege ich es nicht raus … Wie viel Zeit hab ich noch?« Die blecherne Stimme schnitt durch die kalte Luft, dann gab es Störgeräusche, offenbar Luftblasen vom Sauerstoffgerät des Tauchers, dachte Erika.

Lorna wandte sich an Erika. »Ich glaube, wir haben es gefunden. Das könnte es sein.«

2

Inzwischen war es dunkel, und am Seeufer wurde es empfindlich kalt. Erika und John gingen im Licht, das aus dem Gerätewagen drang, auf und ab. Die Bäume hinter ihnen waren von der Dunkelheit verschluckt worden, die schwer über ihnen allen lag.

Endlich erschien ein Taucher im schwarzen Neoprenanzug am steilen Seeufer und schob etwas vor sich her, das aussah wie ein großer schlammverschmierter Plastikbehälter. Erika und John und die anderen liefen zu ihm, um ihm mit seiner Last aus dem Wasser zu helfen. John filmte das Geschehen mit einem kleinen Camcorder. Der Behälter wurde auf eine große Plastikfolie gelegt, die jemand eilig auf dem Gras ausgebreitet hatte. Alle traten zur Seite und ließen John ein paar Aufnahmen von dem geschlossenen Behälter machen.

»Okay, Chefin, Film ab«, sagte er dann.

Erika hatte sich Latexhandschuhe übergezogen und hielt einen Bolzenschneider in der Hand. Sie hockte sich vor den Behälter und inspizierte ihn.

»Zu beiden Seiten des Handgriffs befinden sich Schnappriegel, die durch Vorhängeschlösser gesichert sind. Außerdem verfügt der Behälter über ein Druckausgleichsventil«, sagte sie und zeigte auf einen Knopf unter dem Griff. Während John filmte, brach sie beide Schlösser mit dem Bolzenschneider auf. Die Taucher schauten aus einiger Entfernung zu, beleuchtet von der Lampe des Camcorders.

Vorsichtig drehte Erika an dem Druckventil, worauf ein leises Zischen ertönte. Dann löste sie die Verschlüsse und hob den Deckel an. Das Licht des Camcorders fiel auf säuberlich angeordnete in Plastik gewickelte Päckchen, die prallvoll waren mit rosagrauem Pulver.

Der Anblick ließ Erikas Herz höherschlagen.

»Heroin mit einem Marktwert von vier Millionen Pfund«, sagte sie.

»Es ist erschreckend, und trotzdem kann ich mich daran nicht sattsehen«, murmelte John, als er sich vorbeugte, um ein paar Nahaufnahmen zu machen.

»Danke, Ihnen allen«, sagte Erika und schaute in die Runde. Die Angehörigen des Taucherteams, die mit müden Gesichtern in einem Halbkreis um sie herumstanden, lächelten.

Plötzlich ertönten laute Störgeräusche aus dem Funkgerät. Ein Taucher, der noch im Wasser war, meldete sich. Lorna ging zum Funkgerät und sprach mit ihm.

Vorsichtig machte Erika den Koffer zu.

»Okay, John, rufen Sie den Diensthabenden an. Das muss aufs Revier gebracht werden, und sagen Sie Superintendent Yale, dass das Plastik auf Fingerabdrücke untersucht werden muss, sobald wir zurück sind. Wir lassen das Zeug keine Sekunde aus den Augen, bis es sicher verstaut ist, kapiert?«

»Ja, Chefin.«

»Und holen Sie mir einen großen Beweismittelbeutel aus dem Auto.«

John lief los, und Erika erhob sich. Nachdenklich betrachtete sie den Inhalt des Koffers.

»Hab ich dich, Jason Tyler«, murmelte sie. »Ich hab dich, und du gehst richtig lange in den Bau.«

»DCI Foster.« Lorna kam auf sie zu. Sie hatte ihr Gespräch mit dem Taucher beendet. »Einer unserer Taucher hat noch etwas gefunden.«

Eine Viertelstunde später hatte Erika den Behälter mit dem Heroin in einem großen Beweismittelbeutel verstaut. John brachte seinen Camcorder wieder zum Einsatz und filmte einen zweiten Taucher, der aus dem See stieg. In den Armen hielt er ein unförmiges Bündel, das er zu einer Plastikplane trug, die auf dem Gras ausgebreitet worden war. Das schlammverschmierte, in Plastikfolie gehüllte Bündel war mit dünnen verrosteten Ketten umwickelt und mit Gewichten beschwert, die aussahen wie kleine Hanteln. Das Bündel war etwa anderthalb Meter lang und einmal gefaltet. Die Plastikfolie war alt und brüchig und die Farbe verblichen.

»Das wurde einen guten Meter entfernt von dem Plastikbehälter gefunden. Es war halb im Schlick versunken«, sagte Lorna.

»Es ist nicht schwer. Irgendwas Kleines ist dadrin, ich spüre, wie es sich hin und her bewegt«, sagte der Taucher.

Als er das Bündel auf die Plastikplane legte, verstummten alle, und nur noch das Ächzen der kahlen Äste im Wind war zu hören.

»Kann ich den Bolzenschneider noch mal haben?«, fragte Erika.

Sie klemmte sich das Werkzeug unter den Arm, zog ein frisches Paar Latexhandschuhe über, dann machte sie sich vorsichtig daran, die rostigen Ketten zu durchtrennen. Sie waren zwar dünn, aber das Bündel war mehrfach damit umwickelt. Das Plastik war so brüchig, dass es laut knackte, als Erika die Ketten entfernte und Wasser aus dem Bündel lief.

Erika schwitzte trotz der Kälte. Unter den Ketten befanden sich mehrere Lagen Folie, und während sie die Lagen eine nach der anderen entfernte, dachte sie, dass das Bündel etwas Kleines enthalten musste. Sie roch brackiges, fauliges Wasser und noch etwas, das in ihrem Kopf die Alarmglocken läuten ließ.

Als nur noch eine Lage Plastikfolie übrig war, bemerkte sie, dass alle um sie verstummt waren. Sie selbst hatte vergessen zu atmen. Sie holte tief Luft, dann entfernte sie das brüchige Plastik.

Das Licht des Camcorders beleuchtete den Inhalt des Bündels. Es war ein kleines Skelett: ein Haufen Knochen umgeben von feinem Schlamm. Von der Kleidung war fast nichts mehr übrig, nur ein paar braune Stofffetzen klebten an den Rippen. Ein schmaler Gürtel mit einer verrosteten Schnalle lag um die Wirbelsäule, die noch mit dem Becken verbunden war. Der Schädel hatte sich gelöst und lag in einem Nest aus Rippen. Einige lange dunkle Haarsträhnen befanden sich noch an den Schädelknochen.

»O mein Gott«, sagte Lorna.

»Es ist sehr klein … sieht aus wie ein Kinderskelett«, sagte Erika leise.

Dunkelheit umfing sie, als John mit dem Camcorder zum Seeufer stürzte und sich dort übergab.

3

Es regnete in Strömen, als Erika in ihr Auto stieg. Der Regen prasselte auf das Autodach, und das Blaulicht der umstehenden Streifenwagen und des Einsatzwagens spiegelte sich in dem Wasser auf der Windschutzscheibe.

Der Wagen des Pathologen fuhr als erster los. Der schwarze Leichensack hatte unglaublich klein gewirkt, als man ihn eingeladen hatte. Obwohl sie schon so lange Polizistin war, hatte der Anblick des Skeletts Erika erschüttert. Sobald sie die Augen schloss, sah sie den kleinen Schädel vor sich, die Haarbüschel, die leeren Augenhöhlen. Und immer wieder gingen ihr dieselben Gedanken durch den Kopf. Wer wirft ein kleines Kind in einen Baggersee? Hat es etwas mit Bandenkriminalität zu tun? Hayes ist doch eine wohlhabende Gegend mit niedriger Kriminalitätsrate.

Sie fuhr sich mit den Händen durch das nasse Haar und wandte sich John zu.

»Alles in Ordnung?«

»Tut mir leid, Chefin. Ich weiß auch nicht, warum ich … Ich hab schon viele Tote gesehen … Da war noch nicht mal Blut …«

»Es ist okay, John.«

Erika ließ den Motor an, als die beiden Streifenwagen und der Wagen mit dem Begleitschutz für den Herointransport losfuhren. Sie legte den Gang ein und folgte ihnen. Schweigend fuhren sie durch den dichten Wald, die Scheinwerfer des kleinen Konvois beleuchteten die eng stehenden Bäume am Wegrand. Einen Moment lang bedauerte sie, dass sie nicht mehr bei der Mordkommission in der Lewisham Row arbeitete. Sie war jetzt dem Projects Team zugeordnet, das das organisierte Verbrechen bekämpfte. Jemand anders würde untersuchen, wie das kleine Skelett in den Tiefen des eiskalten Baggersees gelandet war.

»Auf jeden Fall haben wir den Behälter gefunden. Und zwar genau da, wo Jason Tylers Frau gesagt hat, dass wir ihn finden würden«, sagte John, bemüht, positiv zu klingen.

»Wir brauchen seine Fingerabdrücke. Wenn es keine gibt, haben wir nichts«, sagte Erika.

Sie fuhren durch Hayes. Der Supermarkt, die Frittenbude und der Zeitungsladen waren hell erleuchtet. Bald war Halloween, und im Fenster des Zeitungsladens hingen schlaffe Gummimasken mit leeren Augen und grotesk gebogenen Hakennasen.

Irgendwie gelang es Erika nicht, Triumphgefühle zu empfinden über den Fund des Heroins. Sie konnte nur an das winzige Skelett denken. In der Vergangenheit hatte sie schon mehrere Antidrogenteams geleitet. Die Namen änderten sich – Zentrale Antidrogeneinheit, Einheit zur Bekämpfung von Drogen und organisiertem Verbrechen, Projects Team –, aber der Krieg gegen die Drogen ging immer weiter und würde nie gewonnen werden. Sobald sie einen Dealer aus dem Verkehr zogen, war der nächste schon da, der nur auf seine Chance gewartet hatte und die leere Stelle mit umso mehr Geschick und Schläue füllte. Jason Tyler hatte ein Vakuum gefüllt, und es würde nicht lange dauern, bis jemand seinen Platz einnahm. Waschen, spülen und dann wieder von vorne anfangen.

Mörder waren anders. Die konnte man dingfest machen und einsperren.

Die Streifenwagen vor ihr hielten an einer Ampel vor dem Bahnhof von Hayes. Pendler mit Regenschirmen überquerten die Straße.

Regen prasselte auf das Autodach. Erika schloss einen Moment lang die Augen. Sofort sah sie wieder das kleine Skelett am Seeufer liegen. Hinter ihr wurde gehupt, und sie riss die Augen auf.

»Grün, Chefin«, sagte John leise.

Langsam fuhren sie weiter, der Kreisverkehr oben auf dem Hügel war verstopft. Erika betrachtete die Leute, die über die Gehwege hasteten, sah in die Gesichter.

Wer tut so etwas?, dachte sie. Ich will dich finden. Ich werde dich finden. Ich will dich einsperren und dafür sorgen, dass du nie wieder rauskommst.

Hinter ihr wurde zweimal gehupt. Erika sah, dass der Verkehr vor ihr in Bewegung kam, und fuhr in den Kreisverkehr.

»Sie haben mich eben gefragt, ob ich verheiratet bin«, sagte sie.

»Ich wollte nur wissen, ob Sie jemanden mitbringen wollen zum Abendessen …«

»Mein Mann war auch Polizist. Er wurde vor zweieinhalb Jahren bei einem Antidrogeneinsatz erschossen.«

»Verdammt. Das wusste ich nicht. Sonst hätte ich den Mund gehalten … Sorry.«

»Ist schon gut. Ich dachte, alle wüssten es.«

»Ich interessiere mich nicht für Klatsch und Tratsch. Und Sie sind trotzdem zum Abendessen eingeladen. Das war ernst gemeint. Monicas Lasagne ist wirklich gut.«

Erika lächelte. »Danke. Vielleicht wenn wir das hier hinter uns haben.«

John nickte. »Das Skelett, das ist von einem Kind, oder?«, fragte er leise.

Erika nickte. Vor ihnen verließ der Wagen des Pathologen den Kreisverkehr. Sie schauten ihm nach, bis er zwischen den Häusern verschwand. Die Streifenwagen, die das Heroin begleiteten, nahmen die nächste Ausfahrt, und Erika folgte ihnen.

Das Polizeirevier von Bromley war in einem modernen dreistöckigen Gebäude am Ende der Bromley High Street gegenüber dem Bahnhof untergebracht. Es war kurz nach sieben, und unter dem Vordach des Bahnhofs, auf das der Regen prasselte, eilten Pendler dem ersehnten Wochenende entgegen. Die ersten Freitagabendsäufer bewegten sich in die entgegengesetzte Richtung. Junge Mädchen hielten sich knappe Jacken über den Kopf, damit ihre noch knapperen Kleider nicht nass wurden, während junge Männer in Hemden und trendigen Hosen Gratisausgaben des Evening Standard als Regenschutz benutzten.

Erika fuhr am Bahnhof vorbei und folgte den Streifenwagen, die immer noch mit eingeschaltetem Blaulicht fuhren, in die Tiefgarage des Polizeireviers.

Im Erdgeschoss war der polizeiliche Streifendienst untergebracht. Gerade trafen die Kollegen der Nachtschicht ein, die Mienen finster und nachdenklich bei der Aussicht, sich um minderjährige Betrunkene kümmern zu müssen. Erikas Chef, Superintendent Yale, begrüßte Erika, John und die sechs Kollegen, die den Herointransport begleitet hatten, am Fuß der Treppe, die zur Abteilung für Verbrechensbekämpfung führte, und ging mit ihnen nach oben. Er hatte ein rötliches Gesicht, dichtes rotes Haar und einen massigen Körper und sah immer so aus, als hätte ihn jemand mit Gewalt in seine eine Nummer zu kleine Uniform gestopft.

»Gute Arbeit, Erika«, sagte er und zeigte erfreut auf den in einen Beweismittelsack gehüllten Behälter. »Die Fingerabdruckspezialisten erwarten Sie schon.«

»Sir, außer dem Behälter haben wir …«, setzte Erika an.

Yale runzelte die Stirn. »Menschliche Überreste gefunden, ja. Darüber reden wir später.«

»Sir. Das Skelett war in Plastikfolie gewickelt. Es sind die Überreste eines Kindes …«

»Erika, wir haben in unserem Fall einen Durchbruch erreicht, konzentrieren Sie sich darauf.«

Sie erreichten eine Tür, vor der ein Kollege in Zivil sie erwartete. Seine Augen leuchteten auf, als er den uniformierten Polizisten mit dem Plastikbehälter im Beweismittelbeutel erblickte.

»Hier ist das Zeug«, sagte Superintendent Yale. »Hoffen wir, dass wir ein paar Fingerabdrücke finden und Jason Tyler festnageln können!« Er schob seinen Ärmel hoch, um einen Blick auf seine Uhr zu werfen, die sich um sein haariges Handgelenk schmiegte, und fügte hinzu: »Wir haben Zeit bis acht Uhr dreißig morgen früh. Das wird knapp. Also machen wir uns an die Arbeit!«

4

Als um ein Uhr in der Nacht zum Samstag auf einem der fest in Plastikfolie gewickelten Päckchen mit Heroin Jason Tylers Fingerabdrücke nachgewiesen werden konnten, waren Freude und Erleichterung groß.

Erika und ihre Leute arbeiteten das Wochenende durch bis zum Gerichtsprozess am Montagmorgen, in dem Tyler verurteilt und seine Freilassung gegen Kaution abgelehnt wurde.

Am Montagnachmittag klopfte Erika an Yales Tür. Er hatte sich gerade seinen Mantel geschnappt und wollte sich auf den Weg in den Feierabend machen.

»Kommen Sie noch mit auf einen Drink, Erika? Den haben Sie sich verdient. Die erste Runde geht auf mich«, sagte er grinsend.

»Ich habe gerade Ihre Presseerklärung gelesen, Sir«, sagte sie. »Sie haben den Skelettfund gar nicht erwähnt.«

»Ich möchte nicht, dass es unseren Erfolg im Fall Tyler überschattet. Außerdem handelt es sich vermutlich um einen uralten Fall, der nichts mit Tyler zu tun hat. Aber vor allem ist es nicht unser Problem. Der Fall wurde der Mordkommission übergeben.«

Er schlüpfte in seinen Mantel und ging zu einem Aktenschrank neben der Tür, an dem ein kleiner Handspiegel mit Klebestreifen befestigt war, und kämmte sich sein strubbeliges rotes Haar.

Yale war nicht grob, er war nur realistisch, das wusste Erika.

»Kommen Sie also mit auf einen Drink?«, fragte er, als er sich umdrehte.

»Nein danke. Ich bin völlig erledigt. Ich glaube, ich will nur noch nach Hause«, sagte sie.

»Alles klar. Gute Arbeit«, sagte er und klopfte ihr auf die Schulter, als sie das Zimmer verließen.

Erika fuhr nach Hause und duschte als Erstes. Als sie in ein Handtuch gewickelt aus der Dusche trat, war es draußen grau und düster, und über ihrem kleinen Garten lag dichter Nebel. Sie zog die Vorhänge zu, schaltete den Fernseher ein und machte es sich auf dem Sofa bequem.

Während der nächsten Stunden verfolgte das kleine Skelett sie in ihren Träumen, immer wieder spielte sich der Moment vor ihrem geistigen Auge ab, wie sie die letzte Schicht Plastikfolie anhob und der kleine Schädel mit den langen Haaren zum Vorschein kam … der schmale Gürtel, der an der Wirbelsäule hing.

Das Telefon weckte sie.

»Hallo, Erika, ich bin’s, Isaac«, sagte eine männliche Stimme. »Bist du gerade beschäftigt?«

Seit ihrem Umzug nach London vor zweieinhalb Jahren war der Rechtsmediziner Isaac Strong ein guter Freund und zuverlässiger Kollege.

»Nein, ich sitze vor der Glotze und sehe mir irgendeinen Film an«, sagte sie und rieb sich die Augen. »Sarah Jessica Parker und Bette Midler reiten gerade auf Besen und werden von einer anderen Hexe auf einem Staubsauger verfolgt.«

»Ah, Hocus Pocus. Ich kann es nicht fassen, dass schon wieder Halloween ist.«

»Es ist mein erstes Halloween in Forest Hill. Wahrscheinlich bin ich hier im Erdgeschoss ein besonders leichtes Opfer für Kinder, die an der Tür klingeln und Süßes oder Saures verlangen«, sagte Erika, während sie sich mit der freien Hand das Handtuch vom Kopf zog. Ihre Haare waren fast trocken.

»Ich rufe nicht nur so an. Es geht um das Skelett, das ihr am Freitag in dem Baggersee gefunden habt.«

Sie erstarrte mit dem Handtuch in der Hand. »Was ist damit?«

»Ich wurde am Samstagmorgen mit einer eiligen Autopsie beauftragt, und als ich fertig war, habe ich zufällig das Skelett gesehen. Dein Name stand auf den Unterlagen, deswegen hab ich kurz einen Blick darauf geworfen.«

»Ich dachte, der Fall wäre an die Mordkommission weitergeleitet worden?«

»Das ist richtig, und mit denen hatte ich mich auch in Verbindung gesetzt, aber jetzt erreiche ich da niemanden, und es ruft auch keiner zurück. Aber ich dachte, dass es dich interessieren würde, was ich rausgefunden hab.«

»Allerdings. Lass hören.«

»Ich bin in der Pathologie in Penge. Wie schnell kannst du hier sein?«, fragte er.

»Bin schon unterwegs«, sagte sie, ließ das Handtuch fallen und zog sich an.

5

Erikas Schritte hallten in dem langen, mit Steinfliesen ausgelegten Flur wider, der zum Sektionssaal führte. Als sie die Tür erreichte, begann eine hoch oben an der Wand angebrachte Kamera, wie zur Begrüßung zu summen und sich zu ihr zu drehen. Dann öffnete sich die dicke Metalltür mit einem Klicken, und sie trat ein.

In der Pathologie war es kalt, und es gab kein natürliches Licht. An einer Wand befanden sich Kühlfächer aus Edelstahl, und in der Mitte glänzten vier Autopsietische im fluoreszierenden Licht. Auf dem ersten Tisch war ein blaues Tuch ausgebreitet, und darauf lag das kleine Skelett. Die dunkelbraunen Knochen waren sorgfältig zusammengesetzt worden.

Dr. Isaac Strong stand mit dem Rücken zur Tür, und als er Erika hereinkommen hörte, richtete er sich auf und drehte sich zu ihr um. Er war groß und dünn, und er trug einen blauen OP-Kittel, eine blaue Haube und einen weißen Mundschutz. Seine Assistentin, eine junge Chinesin, war still und konzentriert dabei, auf einer Ablage hinter dem Autopsietisch aus Edelstahl verschiedene in Tüten verpackte Gewebeproben zu sortieren. Ihre Latexhandschuhe knisterten, als sie eine kleine Tüte mit ein paar Haaren nahm und das Etikett mit ihrer Liste abglich.

»Hallo, Erika«, sagte Isaac.

»Danke, dass du mich angerufen hast«, erwiderte sie, während sie an ihm vorbei zu dem Skelett hinüberschaute.

Im Saal roch es unangenehm nach Brackwasser und Verwesung. Erika betrachtete Isaacs blasses, müdes Gesicht. Er zog seinen Mundschutz herunter, hob seine perfekt gezupften Augenbrauen und lächelte sie an. Sie erwiderte das Lächeln, und für einen flüchtigen Moment war die Förmlichkeit gebrochen. Sie hatte ihn schon seit einigen Wochen nicht gesehen. Sie waren zwar eng befreundet, aber im Angesicht des Todes und hier im Sektionssaal war nur das Berufliche von Belang. Mit einem knappen Nicken schlüpften sie wieder in ihre Rollen als Rechtsmediziner und Detective Chief Inspector.

»Laut Vorschrift musste ich den Leiter von MIT und SCIT bei Scotland Yard informieren, aber ich dachte, mein Befund würde dich interessieren.«

»Du musstest das Specialist Casework Investigation Team informieren? Das heißt also, du hast die Leiche identifiziert?«, fragte Erika.

Er hob eine Hand. »Alles der Reihe nach«, sagte er. Sie traten näher an den Autopsietisch. Die halb verwesten Knochen boten einen krassen Kontrast zu dem sterilen Tuch, auf dem sie ausgebreitet waren. »Das ist übrigens Lan, meine neue Assistentin«, sagte Isaac. Die junge Frau drehte sich um und nickte Erika zu. Ihr Gesicht war bis auf die Augen hinter einem weißen Mundschutz verborgen.

»Okay. Wie du siehst, ist der Schädel intakt, keine Brüche oder Abschürfungen«, sagte Isaac. Er hob eine Strähne langes braunes, verfilztes Haar an, sodass der glatte Schädelknochen zu sehen war. »Ein Zahn fehlt, und zwar der obere linke Schneidezahn.« Er zeigte mit einem behandschuhten Finger auf die obere braungelbe Zahnreihe. »Und auf der linken Seite, in der Nähe des Herzens, sind drei Rippen gebrochen.« Er zeigte auf die Teile der drei Rippen, die auf dem Tisch lagen. »Die Leiche wurde fest in Plastikfolie eingewickelt, sodass das Skelett größtenteils intakt geblieben ist. Normalerweise gibt es in Bächen und Seen Hechte, Flusskrebse, Aale und alle möglichen Bakterien und sonstige Mikroben, die sich über eine Leiche hermachen und sie zersetzen. Aber die Plastikfolie hat das Skelett perfekt geschützt.«

Isaac zog einen kleinen Wagen aus rostfreiem Stahl heran. Darauf lagen, säuberlich in Asservatenbeuteln verpackt, mehrere persönliche Gegenstände der Toten.

»Wir haben Reste wollener Kleidung gefunden, an einem davon befinden sich mehrere Knöpfe, was darauf hindeutet, dass es sich um eine Strickjacke gehandelt haben könnte«, sagte Isaac und hielt einen Beutel hoch, in dem ein paar braune Stofffetzen waren. Er legte ihn ab und nahm einen anderen Beutel. »Dann gibt es einen Gürtel aus mehreren Lagen synthetischen Materials. Wie du siehst, ist die Farbe verblasst, aber die Schnalle ist noch geschlossen.« Erika sah, wie schmal die Taille gewesen sein musste, um die der Gürtel einmal gelegen hatte. »Und schließlich haben wir noch ein kleines Stück Nylon gefunden, das in den Haaren hing, wahrscheinlich ein Haarband …« Er nahm den kleinsten Beutel von dem Wagen, der eine verfilzte braune, von einem schmalen Stückchen Stoff zusammengehaltene Haarsträhne enthielt.

Erika nahm sich Zeit, alles genau zu betrachten. Das Skelett, klein und verletzlich, schaute sie mit leeren Augenhöhlen an.

»Ich hatte genau so einen Gürtel, als ich acht war. Die Sachen haben einem kleinen Mädchen gehört, nicht wahr?«, fragte sie.

»Ja«, sagte Isaac leise.

»Kannst du irgendetwas über ihr Alter sagen?« Erika sah ihn an und rechnete damit, dass er ihr wie üblich antworten würde, es sei noch zu früh, um irgendwelche konkreten Aussagen zu machen.

»Ich glaube, dass es sich um das Skelett eines siebenjährigen Mädchens namens Jessica Collins handelt.«

Verblüfft schaute Erika erst Isaac, dann Lan an. »Was? Wie kommst du darauf?«

»Es kann sehr schwierig sein, das Geschlecht eines Skeletts zu bestimmen, wenn der Tod vor der Pubertät eingetreten ist. Die wenigen Kleidungsreste haben den Chef des MIT-Teams bei Scotland Yard auf die Idee gebracht, die Unterlagen über verschwundene Mädchen im Alter zwischen sechs und zehn aus den letzten fünfundzwanzig Jahren anzufordern. Wir haben uns auf vermisste Kinder in Südlondon und im Grenzgebiet zu Kent konzentriert. Fast jeden Tag wird irgendein Kind als vermisst gemeldet, aber die meisten tauchen Gott sei Dank bald wieder auf. Als wir die Namen bekamen, haben wir die Odontogramme angefordert und sie von einem forensischen Odontologen untersuchen lassen. Die Zähne unseres Skeletts passen zum Odontogramm eines Mädchens, das im August 1990 verschwunden ist. Sie hieß Jessica Collins.«

Lan nahm einen Aktenordner von der Werkbank und reichte ihn Isaac, der ein Röntgenbild herausnahm und es gegen das Licht hielt.

»Das hier kam mit dem Bericht des forensischen Odontologen. Ich habe im Moment keinen Leuchtkasten; die Glühbirnen in dem alten Ding sind kaputtgegangen, und ich warte auf neue«, sagte er frustriert. »Das sind die Probleme, die man hat, seit alles digitalisiert ist. Das ist eine Aufnahme vom Juli 1989. Jessica Collins hat im Garten Crocket gespielt und ist von einem Ball am Kiefer getroffen worden. Da war sie sechs. Hier kannst du erkennen, dass nichts gebrochen wurde, aber auf der Röntgenaufnahme sieht man, dass die Schneidezähne etwas eingerückt und leicht verdreht sind. Und auch die untere Zahnreihe ist ungleichmäßig. Die Aufnahme stimmt genau mit den Zähnen hier überein.«

Sie schauten das Skelett an, betrachteten die oberen Schneidezähne, die ganz schief standen, und den Unterkieferknochen, der neben dem Schädel lag und die Identität der Toten preisgegeben hatte.

»Während der Autopsie konnte ich etwas Knochenmark extrahieren. Ich schicke es gleich ins Labor, aber ich habe eigentlich alle möglichen Aspekte in Betracht gezogen. Ich kann versichern, dass es sich um Jessica Collins handelt.«

Erika fuhr sich mit einer Hand durchs Haar. »Irgendein Hinweis auf die Todesursache?«

»Wir haben die drei gebrochenen Rippen auf der linken Seite des Brustkorbs. Das sind glatte Brüche, was auf Gewalteinwirkung auf Lunge oder Herz hindeuten könnte. Es finden sich keine Kerben oder Kratzspuren an den Knochen, was ein Hinweis darauf wäre, dass ein Messer oder ein anderer scharfer Gegenstand benutzt wurde. Außerdem fehlt der rechte obere Schneidezahn, aber er ist nicht abgebrochen. Der ganze Zahn fehlt. Leider kann ich nicht feststellen, wie das passiert ist. Eine Siebenjährige könnte allerdings auch ihre Milchzähne verlieren …«

»Das heißt also, deine Antwort lautet Nein?«

»Genau. Aber in Anbetracht der Tatsache, dass die Leiche in Plastikfolie gewickelt und mit Gewichten beschwert wurde, müssen wir natürlich ein Verbrechen in Betracht ziehen.«

»Klar.«

»In welchem Jahr bist du nach England gekommen?«, fragte Isaac.

»Im September 1990«, antwortete sie.

»Kannst du dich an den Fall Jessica Collins erinnern?«

Erika dachte an die Zeit zurück, als sie mit achtzehn als Au-pair-Mädchen aus der Tschechoslowakei nach England gekommen war und in Manchester bei einer Familie mit zwei kleinen Kindern gearbeitet hatte.

»Hm, ich weiß nicht. Ich konnte damals nicht viel Englisch, und es war der totale Kulturschock. In den ersten paar Monaten hab ich nur im Haus gearbeitet und meine Freizeit in meinem Zimmer verbracht. Ich hatte keinen Fernseher …« Sie brach ab, als sie bemerkte, dass Isaacs Assistentin sie beobachtete. »Nein, ich erinnere mich nicht an den Fall.«

»Jessica Collins ist am 7. August 1990 verschwunden. Sie hat ihr Elternhaus am Nachmittag verlassen und wollte zur Geburtstagsparty einer Freundin, die die Straße runter wohnte. Sie ist nie bei der Freundin angekommen. Sie wurde nie gefunden. Es war, als wäre sie vom Erdboden verschluckt worden. Es stand in allen Zeitungen«, sagte Isaac.

Er nahm ein Foto aus der Akte. Es zeigte ein blondes kleines Mädchen mit einem glücklichen Lächeln. Sie trug ein pinkfarbenes Partykleid mit einem farblich passenden Gürtel, eine blaue Strickjacke und weiße Sandalen mit einem bunten Blumenmuster. Auf dem Foto stand sie vor einer dunklen Holztür in einem Zimmer, das ein Wohnzimmer sein konnte.

Etwas an dem strahlenden Lächeln, an den unteren Schneidezähnen, die genauso schief standen wie die in dem Unterkiefer auf dem Autopsietisch, ließ Erika die Luft anhalten.

»Doch, jetzt erinnere ich mich«, sagte sie leise. Das Foto war in allen Zeitungen abgedruckt worden.

»Und im Moment sind wir drei die einzigen Menschen auf der Welt, die wissen, dass Jessica tot ist«, sagte Lan.

6

Es wurde allmählich dunkel, als Erika sich vom Sektionssaal in Penge auf den Heimweg machte. Es herrschte nur wenig Verkehr. Nebelschwaden waberten zwischen den Häusern und Läden zu beiden Seiten der Straße. Sie war niedergeschlagen. Sie hatte in all den Jahren schon so viele Fälle bearbeitet, aber immer wieder war einer dazwischen, der sie tief berührte. Jessica war bei ihrem Tod sieben Jahre alt gewesen.

Erika war Ende 2008 eher zufällig schwanger geworden. Sie hatte sich mit Mark, ihrem Mann, gestritten; er hatte das Kind haben wollen, sie nicht, und sie hatte abgetrieben. Mark hatte ihr nicht seinen Segen gegeben, doch er hatte schließlich ihre Entscheidung akzeptiert. Der Abbruch war ganz zu Beginn der Schwangerschaft durchgeführt worden, aber sie war sich ziemlich sicher, dass es ein Mädchen gewesen war. Wenn sie das Kind behalten hätte, wäre es jetzt sieben Jahre alt.

Tränen liefen ihr über die Wangen, während sie durch die düsteren grauen Straßen fuhr. Das Jahr nach dem Eingriff war hart gewesen, sie war hin und her geschwankt zwischen Erleichterung und Abscheu. Sie hatte sich selbst Vorwürfe gemacht, und sie war wütend auf Mark gewesen, weil er sich nicht durchgesetzt hatte. Ein Kind hätte so vieles in ihrem Leben geändert. Mark hatte ihr angeboten, die Rolle des Hausmanns zu übernehmen. Wenn er seinen Job aufgegeben und sich ganz seiner Aufgabe als Vater gewidmet hätte, wäre er an jenem schicksalhaften Tag, an dem er erschossen wurde, stattdessen zu Hause gewesen.

Sie schluckte und schluchzte, und als sie eine Hand vom Steuer nahm, um sich die Augen zu wischen, lief eine Frau mit einem kleinen Kind an der Hand zwischen zwei parkenden Autos auf die Straße. Erika machte eine Vollbremsung und kam mit quietschenden Reifen zum Stehen.

Die Frau war jung und trug eine pinkfarbene Bomberjacke. Sie entschuldigte sich mit einem Handzeichen und zog das Kind, das ein Skelettkostüm trug, am Arm von der Straße. Das Kind drehte sich um und schaute mit seiner Schädelmaske ins Scheinwerferlicht. Erika kniff die Augen zu, und als sie sie wieder öffnete, waren die Frau und das Kind nicht mehr zu sehen.

Zu Hause schaltete sie die Heizung an und ließ ihre Jacke an, während sie sich eine große Tasse Kaffe machte. Dann setzte sie sich mit ihrem Laptop aufs Sofa, rief Google auf und gab »Jessica Collins vermisst« ein. Eine ganze Seite mit Ergebnissen erschien. Sie klickte das erste an, einen Wikipedia-Eintrag.

Jessica Marie Collins (geb. 11. April 1983) verschwand am 7. August 1990, kurz nachdem sie am Nachmittag ihr Elternhaus verlassen hatte, um zur Geburtstagsparty einer Schulfreundin zu gehen.

Am 7. August verließ Jessica um 13:45 Uhr das Haus in der Avondale Road 7. Sie machte sich allein auf den kurzen Fußweg zur Avondale Road 27, wo die Geburtstagsparty stattfand. Sie traf nie dort ein. Erst um 16:30 Uhr, als ihre Eltern Martin und Marianne Collins sie abholen wollten, wurde ihr Verschwinden bemerkt und die Polizei benachrichtigt.

Jessicas Verschwinden sorgte für Schlagzeilen in ganz England.

Am 25. August 1990 wurde der 33-jährige Trevor Marksman verhaftet und verhört, jedoch vier Tage später wieder freigelassen. Die polizeilichen Ermittlungen dauerten bis 1992 an, Ende 1993 wurde die Suche eingestellt.

Es wurde kein weiterer Tatverdächtiger festgenommen. Jessica Collins’ Leiche wurde nie gefunden. Der Fall ist nach wie vor ungelöst.

Erika suchte auf Google Earth nach dem Baggersee von Hayes. Er lag etwa zwei Kilometer von der Avondale Road entfernt, wo Jessica gewohnt hatte.

»Aber die werden doch den Baggersee abgesucht haben, als sie verschwunden ist«, murmelte sie vor sich hin. Sie führte eine erneute Suche unter Google-Bilder durch und stieß auf den Screenshot eines Videos, mit dem die Polizei im August 1990 die Öffentlichkeit um Hilfe gebeten hatte. Hinter dem langen Tisch, wie er bei Pressekonferenzen üblich war, saßen Jessicas Eltern flankiert von Vertretern der MET. Sie waren blass und hohlwangig.

»Sechsundzwanzig Jahre«, sagte Erika. Sie schloss die Augen. Ein Bild drängte sich ihr auf. Ein Schädel mit leeren Augenhöhlen …

Sie stand auf, um sich noch einen Kaffee zu machen. In dem Moment klingelte das Telefon. Es war Superintendent Yale.

»Tut mir leid, dass ich Sie an Ihrem freien Abend belästige, Erika, aber ich hatte gerade ein interessantes Gespräch mit Jason Tylers Anwalt. Tyler bietet an, uns die Namen von vier seiner Geschäftspartner zu nennen und uns darüber hinaus seinen E-Mail-Verkehr und seine Bankunterlagen auszuhändigen.«

»So wie Sie das sagen, hört es sich an, als wollte er uns ein Haus abkaufen!«

»Sie kennen das doch, Erika. Wir können das der Staatsanwaltschaft übergeben in der Gewissheit, dass wir ein Ergebnis und eine Verurteilung bekommen. Darauf sollten Sie stolz sein.«

»Danke, Sir. Aber die Vorstellung, dass Tyler ein geringeres Strafmaß bekommt, macht mich nicht besonders stolz.«

»Aber er bekommt immerhin eine Haftstrafe.«

»Und was macht er, wenn er wieder rauskommt? Einen Kerzenladen eröffnen? Der wird sofort wieder mit Drogen handeln.«

»Erika, was ist los mit Ihnen? Es ist das Ergebnis, das wir haben wollten. Wir ziehen ihn aus dem Verkehr, wir kriegen seine Geschäftspartner, wir sorgen dafür, dass der Nachschub für die Dealer ausbleibt.«

»Und was ist mit seiner Frau und seinen Kindern?«

»Die werden aussagen, wahrscheinlich über eine Videoschaltung, und sie bekommen eine neue Identität.«

»Seine Frau hat eine alte Mutter und zwei Tanten.«

»Das ist sehr traurig, Erika, aber sie muss gewusst haben, auf was sie sich einließ, als sie sich mit Jason Tyler zusammengetan hat. Oder glauben Sie, die hat gedacht, das ganze Geld, womit sie ihre vornehme Villa finanziert haben, käme aus einem Kerzenladen?«

»Sie haben recht, Sir. Sorry.«

»Schon gut.«

Erika scrollte durch den Wikipedia-Artikel, den sie eben gelesen hatte.

»Das Skelett, das wir in dem Baggersee gefunden haben, wurde übrigens identifiziert. Es ist ein siebenjähriges Mädchen namens Jessica Collins. Das Kind ist 1990 verschwunden.«

Yale pfiff durch die Zähne. »Ich werd verrückt. Die haben Sie gefunden?«

»Ja. Ich kenne den Pathologen. Er hält mich auf dem Laufenden.«

»Und welches arme Schwein hat den Fall zugeteilt bekommen?«

»Ich weiß es nicht, aber ich würde den Fall gern übernehmen.«

Die Worte waren Erika herausgerutscht, ehe sie darüber nachgedacht hatte. Yale antwortete nicht gleich.

»Erika, was reden Sie da?«, sagte er schließlich. »Sie wurden mir als Mitglied des Projects Teams zugeteilt – wir sind die Abteilung zur Bekämpfung des organisierten Verbrechens.«

»Aber ich habe das Skelett gefunden, Sir. Es ist unser Zuständigkeitsbereich. Die Ermittlungen werden hier durchgeführt …«

»Und seit 1990 hat sich vieles geändert, Erika. Wir beschäftigen uns nicht mehr mit Entführung und Mord. Das wissen Sie. Wir beschäftigen uns mit Auftragsmord, Drogenhändlern, multiethnischen Gangs, Waffenschmuggel …«

»Und als ich bei Ihnen angefangen habe, haben Sie zu mir gesagt, man hätte mich Ihnen aufs Auge gedrückt wie die Tante, die keiner an Weihnachten zu Besuch haben will!«

»So habe ich mich nicht ausgedrückt, Erika. Auf jeden Fall sind Sie inzwischen ein wertvolles Mitglied meines Teams.«

»Sir, ich kann diesen Fall lösen. Sie kennen meine Erfolgsrate in schwierigen Fällen. Ich habe ganz besondere Fähigkeiten, die hilfreich sein können für die Ermittlungen in einem alten Mordfall …«

»Und trotzdem sind Sie nach all den Jahren immer noch DCI. Haben Sie sich schon mal gefragt, warum Sie einfach nicht befördert werden?«

Erika schwieg eine Weile.

»Ich habe mich ungeschickt ausgedrückt, tut mir leid«, sagte Yale. »Aber die Antwort ist trotzdem nein.«

7

Kurz vor 21 Uhr parkte Erika ihren Wagen. Sie stieg aus und überquerte die Straße. Commander Marsh wohnte zwar in ihrer Nähe, aber in einem teuren Südlondoner Viertel, das an Hilly Fields Park grenzte. Sein Haus hob sich vor der Londoner Skyline ab und erstrahlte in der Dunkelheit. Kinder in Halloweenkostümen waren mit ihren Eltern unterwegs, und ihr Geschnatter und ihr Lachen drang an Erikas Ohren, als sie Marshs Vorgarten durchquerte und den schweren Türklopfer betätigte. Marsh war in der Lewisham Row Erikas Chef gewesen, bis sie sich vor zwei Monaten hatte versetzen lassen. Während sie noch überlegte, was sie zu Marsh sagen sollte, erschien seine Frau Marcie mit ihren Töchtern Rebecca und Sophia am Vorgartentor. Die Zwillingsschwestern trugen identische Prinzessinnenkostüme und jeweils in der Hand einen mit Süßigkeiten gefüllten Plastikkürbis. Marcie trug schwarze Leggings, eine enge schwarze Jacke und Katzenöhrchen, und um den Mund hatte sie sich Schnurrhaare gemalt. Das Kostüm irritierte Erika.

»Hallo, Erika! Was machen Sie denn hier?«, fragte Marcie. Die beiden dunkelhaarigen Mädchen schauten sie ernst an. Wie alt waren sie noch? Fünf oder sechs?, fragte sich Erika.

»Tut mir leid, Marcie. Ich weiß, dass Sie es nicht leiden können, wenn ich zu Ihnen nach Hause komme, aber ich muss unbedingt mit Paul sprechen … Und er geht nicht ans Telefon.«

»Haben Sie es schon auf dem Revier probiert?«, fragte Marcie, während sie sich an Erika vorbei zur Haustür schob. Erika trat zur Seite.

»Ja. Da geht er auch nicht ran.«

»Also, hier ist er jedenfalls nicht.«

»Süßes oder Saures!«, krähte eins der Mädchen und hielt Erika ihren Kürbis hin.

»Süßes oder Saures!«, rief die andere und schob den Kürbis ihrer Schwester mit ihrem eigenen zur Seite. »Wir dürfen heute lange aufbleiben!« Marcie hatte die Tür geöffnet und schaute ihre Töchter an.

»Ach du je, ich hab keine Süßigkeiten dabei«, sagte Erika, während sie in ihre Jackentasche griff. »Aber damit könnt ihr euch welche kaufen!« Sie zog zwei Fünf-Pfund-Scheine heraus und legte einen in jeden Kürbis. Die Kinder schauten ihre Mutter an, unsicher, ob sie das Geld annehmen durften.

»Das ist aber nett von Erika!« Ihr Lächeln wirkte aufgesetzt. »Und was sagt man da?«

»Danke, Erika!«, quiekten die beiden im Chor. Sie waren wirklich süß, und Erika lächelte sie an.

»Aber Zähneputzen nicht vergessen, nach all den Süßigkeiten!«

Die Mädchen nickten feierlich. Erika wandte sich wieder an Marcie.

»Tut mir leid. Ich muss Paul wirklich dringend sprechen. Wissen Sie, wo er ist?«

»Moment …« Marcie bugsierte die kleinen Prinzessinnen ins Haus und schickte sie nach oben mit der Aufforderung, sich schon mal bettfertig zu machen. Sie winkten Erika zum Abschied und liefen die Treppe hoch. Marcie lehnte die Tür an.

»Hat er Ihnen nichts gesagt?«

»Was denn gesagt?«, fragte Erika verwundert.

»Wir haben uns getrennt. Er ist vor drei Wochen ausgezogen.« Als Marcie die Arme vor der Brust verschränkte, bemerkte Erika den langen schwarzen Schwanz, der hinten an ihrer Jacke baumelte.

»Nein. Das tut mir leid. Ich hatte keine Ahnung … Ich arbeite nicht mehr in seiner Abteilung.«

»Wo sind Sie denn jetzt?«

»In Bromley.«

»Er erzählt mir überhaupt nichts.«

»Und wo wohnt er jetzt?«

»Er ist vorerst in die Wohnung in der Foxberry Road gezogen, bis wir alles geregelt haben.«

Einen Moment lang schauten sie einander stumm an. Es fiel Erika schwer, Marcie in ihrem Katzenkostüm ernst zu nehmen. Ein kalter Windstoß fegte um die Hausecke. Die Mädchen kreischten im ersten Stock.

»Ich muss rein, Erika.«

»Tut mir echt leid, Marcie.«

»Wirklich?«, fragte Marcie spitz.

»Warum sollte es mir nicht leidtun?«

»Wir sehen uns«, sagte Marcie, drehte sich um und verschwand mit schlenkerndem Schwanz im Haus.

Erika überquerte die Straße. Vor ihrem Auto drehte sie sich um und schaute noch einmal zum Haus hinüber. Im ersten Stock ging das Licht an.

»Was hast du gemacht, Paul, du Trottel?«, murmelte sie vor sich hin und stieg in ihr Auto.

8

Erika stand vor dem Haus Nummer 85 in der Foxberry Road. Es war das letzte von mehreren dreistöckigen Reihenhäusern an der Straße, die zum Bahnhof des Südlondoner Stadtteils Brockley führte.

Sie schaute zum Fenster im dritten Stock hoch. Vor zwei Jahren hatte Marsh ihr die Wohnung vermietet, und sie hatte einen langen, kalten Winter dort verbracht. In eine neue Stadt verpflanzt zu werden, war ein Schock gewesen, und sie hatte sich in der spärlich möblierten Wohnung einsam gefühlt, und dann hatte sie auch noch ein maskierter Eindringling um ein Haar getötet.

»Sie könnten sich viel Ärger ersparen, wenn sie ans Telefon gehen würden«, sagte Erika, als Marsh die Haustür öffnete. Er trug eine karierte Schlafanzughose und ein verwaschenes Homer-Simpson-T-Shirt. Er wirkte erschöpft, und sein aschblondes Haar schien noch schütterer geworden zu sein.

»Ihnen auch einen guten Abend«, sagte er. »Ist es was Dienstliches, oder haben Sie eine Flasche Wein mitgebracht?«

»Ja und nein.«

Er verdrehte die Augen. »Kommen Sie rein.«

In der kleinen Wohnung hatte sich nicht viel verändert, seit sie vor anderthalb Jahren ausgezogen war. Die typischen IKEA-Möbel strahlten eine gepflegte Kühle aus. Erika vermied es, einen Blick ins Bad zu werfen, als sie an der offenen Tür vorbei ins Wohnzimmer ging. Dort war der maskierte Eindringling an der rückwärtigen Hauswand hochgeklettert, hatte den Lüftungsventilator herausgerissen und das Fenster geöffnet. Als er ihr in jener Nacht die Hände um den Hals gelegt hatte, war sie nur knapp dem Tod entronnen. Sie hatte nur überlebt, weil ihre Kollegin DI Moss sie in letzter Minute gerettet hatte. Sie dachte an Moss; sie und ihre anderen Kollegen von der Mordkommission in der Lewisham Road fehlten ihr sehr.

Der Gedanke stärkte ihre Entschlusskraft, als Marsh ihr einen Platz auf dem kleinen Sofa anbot. Er nahm sein Handy, schaltete es ein, dann nahm er zwei Teetassen aus der Spüle, in der sich schmutziges Geschirr stapelte, und wusch sie kurz ab.

»Letzten Freitag hab ich aus dem Baggersee bei Hayes Heroin im Wert von vier Millionen Pfund geholt. Wir konnten es …«

»Jason Tyler zuordnen, ich weiß. Und das, nachdem Sie erst vor ein paar Monaten Ihren Job in der Abteilung angetreten haben. Gute Arbeit.«

»Danke. Die Taucher haben außerdem im Schlick ein Skelett gefunden. Es hat nichts mit dem Fall Tyler zu tun …« Erika beschrieb ihm kurz, was sie bisher wusste.

»Großer Gott. Sie haben Jessica Collins gefunden?«, sagte Marsh. Erika nickte. »Ich habe das Gefühl, Sie werden gleich zum Kern Ihres Anliegens kommen«, fügte er hinzu, während er eine Flasche Milch aus seinem winzigen Kühlschrank nahm.

»Ja. Ich brauche Ihre Hilfe. Ich möchte die Ermittlungen im Fall Jessica Collins leiten.«

Marsh hielt inne, die Milchflasche in der Hand. Dann öffnete er langsam die Flasche und schüttete je einen Schluck Milch in zwei Henkeltassen.

»Haben Sie schon mit Ihrem Superintendent gesprochen?«

»Ja.«

»Und er hat Nein gesagt, stimmt’s?«

Erika nickte. »Paul, Sie hätten das Skelett sehen müssen. Es sah so klein und verletzlich aus. Drei Rippen waren gebrochen. Man hat das Mädchen in Plastikfolie gewickelt und in den Baggersee geworfen. Wir wissen nicht mal, ob sie da schon tot war. Und ihr Mörder läuft immer noch frei rum.«

Marsh goss kochendes Wasser in eine kleine Teekanne.

»Ich weiß, dass der Fall an die Mordkommission gegangen ist, aber die haben noch nicht mit der Ermittlung angefangen. Das ist mein Fall.«

»Aber nach den letzten Kürzungen befindet sich Ihre Abteilung an der Grenze der Belastbarkeit.«

»Jede Abteilung der MET befindet sich an der Grenze der Belastbarkeit, aber dieser Fall muss gelöst werden. In Bromley haben wir genug Leute und genug Ressourcen. Ich bin die Abteilungsleiterin, und ich habe die Tote gefunden. Das ist keineswegs an den Haaren herbeigezogen. Sie sind jetzt Commander. Sie können es möglich machen.«

Marsh stellte die Milchflasche zurück in den Kühlschrank.

»Sie wissen, dass Assistant Commissioner Oakley in den Vorruhestand gegangen ist? Zu seinem Nachfolger habe ich noch nicht so eine enge Beziehung.«

»Wer ist denn sein Nachfolger?«, fragte Erika.

»Das wird erst morgen früh offiziell bekannt gegeben.«

»Kommen Sie schon, Sie können es mir doch sagen. Ich werde ihm schon nicht auf die Pelle rücken.« Marsh hob die Brauen. »Ich verspreche Ihnen hoch und heilig, dass ich ihm nicht auf die Pelle rücke.«

»Seine Nachfolgerin ist Camilla Brace-Cosworthy.« Während er den Tee in der Kanne umrührte, fügte er hinzu: »Ihr Blick sagt alles, Erika.«

»Lassen Sie mich raten. Sie hat in Oxford studiert?«

»Cambridge. Ist über das Programm für einen beschleunigten Aufstieg zur Polizei gekommen.«

»Wird also wohl keinen Streifendienst gemacht haben.«

»So läuft das heute nicht mehr.«

»Was soll das heißen? Es gibt Kollegen, die jeden Tag Streifendienst machen und sich um den ganzen Scheißdreck da draußen kümmern. Da ist mal wieder jemand auf einen hohen Posten gesetzt worden, der keine Ahnung hat, wie das Leben außerhalb der engen Grenzen von Internat und Weihnachtsferien im Familienlandsitz aussieht.«

»Das ist nicht fair. Sie kennen die Frau doch gar nicht.« Er reichte ihr eine Tasse und fügte hinzu: »Sie sind wohl etwas gereizt heute.«

»Und?«

»Mir gefällt es, wie Sie vom Leder ziehen. Es ist ziemlich amüsant, wenn es nicht gegen mich gerichtet ist.« Er grinste.

»Hören Sie, Paul. Ich weiß, dass ich eine Idiotin sein kann. Wenn ich das nicht manchmal wäre, könnte ich inzwischen Superintendent sein, vielleicht sogar Chief Superintendent …«

»Jetzt machen Sie mal halblang.«

»Jedenfalls hab ich meine Lehren gezogen. Können Sie bitte an der richtigen Stelle ein gutes Wort für mich einlegen und dafür sorgen, dass ich den Fall Jessica Collins kriege? Ich will das Schwein schnappen. Wer auch immer es war, läuft da draußen rum und denkt sich nach all den Jahren, er – oder sie – ist damit davongekommen. Aber das werde ich nicht zulassen.«

Marsh setzte sich neben sie auf das kleine Sofa und trank einen Schluck Tee.

»Sie wissen, was mit der Kollegin passiert ist, die den Fall bearbeitet hat, als es noch ein Vermisstenfall war? Das war DCI Amanda Baker. Der Fall wurde ihr abgenommen.«

»Mir wurden drei große Fälle abgenommen, und am Ende hab ich sie doch gelöst.«

»Amanda war nicht wie Sie. Sie war eine brillante Ermittlerin, aber sie war hier oben nicht stark.« Er tippte sich an die Stirn. »Sie war eine der ersten weiblichen DCIs bei der Met und die erste, die so einen hochkarätigen Fall bekam. Ihre Kollegen bei der MET und die Presse haben ihr das Leben verdammt schwer gemacht. Sie konnten sich einfach nicht vorstellen, wie eine Frau es geschafft hatte, die Leitung bei diesem Fall zugesprochen zu bekommen.«

»Und wie hat sie es geschafft?«