Nora Horst - Ohne die geringste Spur - Raimund Eich - E-Book

Nora Horst - Ohne die geringste Spur E-Book

Raimund Eich

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Beschreibung

Oberkommissarin Nora Horst vom Landeskriminalamt Saarbrücken wird nach einem schweren Unfall eine neue Aufgabe in einer kleinen Einheit zur Ermittlung in Cold Case Fällen zu-gewiesen. Aufgrund ihrer unfallbedingten Einschränkungen kann sie dieser Tätigkeit von ihrer Heimatstadt Neunkirchen aus nachgehen. In ihrem ersten Fall geht es um fünf Personen, die seit dreißig Jahren in Neunkirchen spurlos verschwunden sind. Ein mysteriöser Fall, der sie nach so langer Zeit vor nahezu unlösbare Aufgaben stellt.

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Raimund Eich lebt im Saarland.

Neben Büchern über seine Heimatstadt Neunkirchen, Tatsachenromanen, Ratgebern sowie heiteren und besinnlichen Gedichten und Geschichten hat er einige Werke mit gesellschaftlich relevanten und spirituellen Themen veröffentlicht, in die er naturwissenschaftliche und technische Aspekte in sehr anschaulicher Form mit einfließen lässt. Daraus resultieren einzigartige Bücher, spannend, dramatisch, informativ und unterhaltsam zugleich.

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Abserviert

Neue Aufgabe

Erinnerungen

Teamsitzung

Klein, aber fein

Aktenstudium

Sackgasse

Auf ein Neues

Aller guten Dinge sind drei

Vierter Anlauf

Ein Zeichen von Björn?

Und jetzt?

Wochenende

Im Bücherland

Querverbindungen

Der Heilpraktiker

Frust und Hunger

Aktenschwund

Traumbilder

Zusätzliche Aufgabe

Attacke

Auflösung

Weitere Veröffentlichungen

Weisheit setzt gleichermaßen Wissen und Intuition voraus!

Vorwort

Um es vorweg zu nehmen, wenn man einen fiktiven Kriminalroman mit regionalem Bezug veröffentlicht, dann orientiert man sich zwar weitestgehend an der Realität, nimmt sich aber dennoch die Freiheit, Orte und Namen hin und wieder so zu verändern, dass sie sich nicht nur nahtlos in die Rahmenhandlung einfügen, sondern auch Namens- und Persönlichkeitsrechte Dritter berücksichtigen. Dies gilt auch für diesen Roman, bei dem Namen und Handlungsorte zum Teil frei erfunden sind und somit Ähnlichkeiten mit noch lebenden oder toten Personen rein zufällig und unbeabsichtigt wären. Umso mehr danke ich denen, die mir ausdrücklich gestattet haben, sie mit ihrem richtigen Namen in diese Geschichte einzubinden.

Noch ein Hinweis. Auch die kleine Einheit LPP 299 - Sonderermittlungen des Landespolizeipräsidiums des Saarlandes und des Landeskriminalamtes (LKA) sind meiner Fantasie entsprungen, ebenso wie die Oberkommissarin Nora Horst aus Neunkirchen als zentrale Figur in diesem Roman, zu dem ich Ihnen eine spannende Unterhaltung wünsche.

Raimund Eich

Abserviert

„Setz dich bitte, Horst“, sagte Martin, „magst du auch einen Kaffee oder einen Cappuccino? Ich sage dir, Veras Cappuccinos sind mit Abstand die besten.“

„Gerne, Martin!“

„Machen Sie uns bitte zwei Cappuccino und die nächste halbe Stunde bitte keine Anrufe oder sonstige Störungen“, rief er der Sekretärin im Vorzimmer zu und schloss die Tür. Dann starrte er mich kopfschüttelnd an. „Sag jetzt bloß nicht, ich hätte gerade Horst zu dir gesagt?“

Ich nickte. „Doch, genau so wie in den guten alten Zeiten.“

„Oh Gott, die Macht der Gewohnheit, selbst nach so langer Zeit. Das tut mir jetzt leid, Nora. Bitte entschuldige. Den Namen hatte dir doch unser damaliger Dozent in Polizeirecht verpasst. Wie hieß der noch mal?“

„Heuwagen, hieß er. Professor Heuwagen, um genau zu sein, aber ganz ohne Doktortitel, wofür er sich immer krampfhaft zu rechtfertigen versucht hat. Er hat uns alle immer nur mit Nachnamen angesprochen, und so wurde aus der Studentin Nora Horst halt ´Die Horst`, und meine lieben Kommilitonen hatten nichts Besseres zu tun, als das auf gut saarländisch in ´De Horst` umzuformulieren. Und dieser Name wird mich wohl bis ins Grab begleiten. Wer letztlich daran schuld war, darüber ließe sich also durchaus streiten.“

„Ja, du hast Recht, jetzt fällt mir auch wieder der entscheidende Auslöser dafür ein. Dieser verklemmte Dozent konnte sich einfach nicht so richtig damit anfreunden, eine weibliche Kommissaranwärterin unter seinen Studenten zu haben. Ich erinnere mich, wie er dich hin und wieder zurechtgewiesen hat, wenn du uns gegenüber, ich drücke mich mal vorsichtig aus, zu viel emanzipatorische Züge an den Tag gelegt hattest. ´Sie müssen nicht glauben, dass Sie sich alleine aufgrund Ihrer weiblichen Geschlechtsmerkmale Vorteile verschaffen und sich über Ihre Kommilitonen erheben können, Horst`, höre ich ihn heute noch mit erhobenem Zeigefinger sagen. Und so haben wir halt eine nominelle Geschlechtsumwandlung an dir vollzogen, aber nur zu deinem persönlichen Schutz, weil du die Schönste von allen warst.“

„Ja, so war es“, erwiderte ich. Ich muss gestehen, dass ich Martin nicht wirklich mochte. Nicht weil er mir damals diesen Namen verpasst hatte und sich jetzt hinter einem ´wir` zu verstecken versuchte. Jetzt machte er sich auch noch über den alten Professor lustig, während er mir alberne Komplimente zu machen versuchte. Damals hatte er dem Dozenten allerdings immer nach dem Mund geredet, nur um der guten Noten willen. Martin war der geborene Opportunist, der in allem was er sagte und tat immer nur seinen persönlichen Vorteil suchte, aber immer mit einer gespielten Freundlichkeit seinen Kontrahenten gegenüber. Auch jetzt spürte ich sie wieder, eine gewisse Abneigung, weil ich ihm schon von Anfang nie so ganz über den Weg getraut hatte. „Du bist noch immer der alte Charmeur, und lügen tust du auch noch immer wie gedruckt“, erwiderte ich demonstrativ.

„Ich und lügen? Wie kommst du denn darauf?“

„Na ja, es ist schließlich keine Kunst, die Schönste im Kurs zu sein, wenn man die Einzige unter lauter jungen Studenten war.“

„Zugegeben, aber dann ist es trotzdem keine Lüge, Frau Oberkommissarin“, erwiderte er und sah mich mit durchdringenden Blicken eine Weile an, offenbar um mich damit einzuschüchtern, was ihm aber nicht gelang, weil ich seinen Blick standhaft erwiderte, ohne den Kopf dabei zu senken. Auch ich kannte diese Art von Einschüchterungsversuchen nur zu gut, weil ich sie früher selbst gerne bei Tatverdächtigen anwendete, durchaus nicht selten auch mit einem gewissen Erfolg.

Martin hatte es wohl auch bemerkt und wechselte spontan seine Taktik. „Lass mich dir sagen, dass ich mich sehr darüber freue, dass du wieder an Bord bist. Wie lange warst du eigentlich außer Gefecht, Nora?“, fragte er, obwohl er es mit Sicherheit auf den Tag genau wusste.

„Fast ein Jahr.“

„Und wie geht es dir jetzt?“

„Besch…eiden, wie man sieht. Sie haben mich zwar wieder einigermaßen zusammengeflickt, aber richtig laufen wie früher werde ich wohl nie mehr können. Aber was soll´s. So gehe ich jetzt halt am Stock wie Miss Marple.“

„Sag bloß, du liest immer noch die alten Geschichten von Agatha Christie, meine Teuerste“, säuselte er wie der liebenswerte Mister Stringer, Miss Marples treuer Begleiter.

„Immer noch und immer wieder, Martin. Ich liebe diese nostalgischen Krimis halt über alle Maßen.“

„Okay, lass uns jetzt mal über deine Zukunft reden, Nora. Ich bin sicher, wenn dieser schreckliche Unfall nicht passiert wäre, dann würdest du vermutlich heute auf meinem Stuhl als Kommissariatsleiter beim LKA sitzen. Aber die Stelle war ja schon ein paar Monate vorher vakant, und weil es außer uns beiden keine anderen Bewerber gab und wohl auch niemand ernsthaft damit gerechnet hat, dass du deinen Dienst überhaupt wieder aufnehmen könntest, haben Sie mich halt …“

„Du brauchst dich nicht dafür zu entschuldigen, Martin“, unterbrach ich ihn. „Ich habe nichts anderes erwartet und gratuliere dir hiermit nachträglich noch zur Beförderung.“

„Danke, Nora, ich weiß es zu schätzen. Trotzdem habe ich als Vorgesetzter irgendwie ein ungutes Gefühl dir gegenüber. Hinzu kommt, dass du aufgrund deiner zum Glück nicht allzu großen körperlichen Einschränkungen dennoch nicht mehr so einsatzfähig wie früher bist und ich dir nicht mehr alle möglichen Einsätze unter zum Teil schwierigsten Bedingungen und auch keine Bereitschaftsdienste mehr zumuten kann und will. Hast du eigentlich schon mal darüber nachgedacht, ganz aus dem Beruf auszusteigen?“

„Du willst mich wohl loswerden“, erwiderte ich, worauf er mit heftigem Kopfschütteln reagierte. „Die Ärzte haben es mir zwar nahe gelegt, um ehrlich zu sein, aber zum einen bin ich dafür wirklich noch zu jung und darüber hinaus bleibt mir nach Björns Tod auch aus finanziellen Gründen nichts anderes übrig, als mir meine Brötchen weiterhin selbst zu verdienen. Als freiberuflicher Versicherungsvertreter hat er zwar Gott und die Welt gegen alle möglichen Risiken versichert, bei sich selbst aber wegen der hohen Versicherungsprämien für seine Altersvorsorge massiv gespart, sodass meine Witwenrente kaum der Rede wert ist und noch nicht mal fürs Füttern seines Federviehs und der Katzen reicht, von den immer wieder mal anfallenden Arztkosten ganz zu schweigen. Aber die Tiere sind sozusagen sein Erbe für mich, und deshalb werde ich mich natürlich auch um sie kümmern.“

„Das verstehe ich, Nora, und nein, wirklich niemand hier will dich loswerden. Ganz im Gegenteil, aber ich hätte da vielleicht ein interessantes Alternativangebot für dich“, heuchelte er.

„Nicht nötig, Martin, du weißt ja, dass ich ein Versetzungsgesuch auf eine Stelle im Innendienst gestellt habe. Ich habe gehört, dass bei der Inspektion in Neunkirchen in Kürze etwas freiwerden soll. In meiner Heimatstadt wäre es für mich viel leichter, mich um das Haus mit dem großen Garten und um die Tiere zu kümmern. Seit Björns Tod muss ich alles alleine machen. Zumindest die täglichen Arbeitswege nach Saarbrücken und zurück nach Neunkirchen möchte ich mir gern ersparen, zumal mir auch das Autofahren seit dem Unfall noch etwas schwer fällt. Aber ich fürchte, mit meinem Versetzungswunsch werde ich wohl kaum Glück haben.“

„Keine Ahnung“, erwiderte Martin, „aber ein langweiliger Bürojob hinter Aktenbergen, wo auch immer, das dürfte ja wohl kaum dein Wunschtraum sein, so wie ich dich kenne.“

Ich nickte. „Richtig, aber ich habe ja wohl sonst keine andere Wahl.“

„Abwarten, Nora. Hör dir bitte mal meine Alternative an.“

„Okay Martin.“

Er lehnte sich sichtlich zufrieden in seinem Bürostuhl zurück. „Na endlich. Du hast sicher schon gehört, dass hier im Polizeipräsidium ein neuer Stellvertreter installiert wurde, weil Haasmann zwischenzeitlich in Pension gegangen ist. Hansberg heißt der Neue. Er kommt aus Nordrhein-Westfalen, hat ´nen Doktorhut auf dem Kopf und ist politisch hier offenbar sehr gut vernetzt. Ich gehe davon aus, dass er in spätestens zwei Jahren den Laden übernehmen wird, wenn auch der große Zampano ausscheidet. Promoviert hat er übrigens über neuartige Methoden der Aufklärung, insbesondere von älteren Fällen. So genannte Cold Case-Fälle also. Ich kann dieser Art von Verdenglischung zwar beim besten Willen nichts abgewinnen, aber ein deutscher Name scheint dafür ja offenbar nicht opportun zu sein“, schnaufte er. „Jedenfalls will Mister Cold Case, so wird er klammheimlich genannt, offenbar mit einer spektakulären Lösung derartiger Altfälle entsprechendes Aufsehen erregen, um damit möglichst viel Glanz auf sein noch zu krönendes Haupt zu lenken. Wie du weißt, hat man den ungelösten Altfällen wegen personeller Engpässe bisher eher keine besondere Bedeutung beigemessen, aber das soll jetzt möglichst kurzfristig geändert werden. Jedenfalls wurden alle Dezernats- und Kommissariatsleiter aufgefordert, hierfür geeignete Kandidaten zu benennen. Du kannst dir sicher vorstellen, dass keiner gerne sein bestes Pferd im Stall dafür hergeben möchte, aber ….“

„Außer dir, Martin, nicht wahr …?“, unterbrach ich ihn.

Er starrte mich sichtlich irritiert an und erwiderte: „Nein und ja, Nora. Glaub mir bitte, ich will dir wirklich nur Gutes damit tun, und ich könnte mir auch keine bessere Spürnase als die deine für so eine Aufgabe vorstellen. Außerdem, ich hatte es eingangs ja schon angedeutet, sind wir beide alte Weggefährten und ich möchte unsere langjährige freundschaftliche Beziehung nicht durch ein Vorgesetzten-Mitarbeiter-Verhältnis strapazieren.“

Ich schluckte eine passende Erwiderung darauf nur mühsam hinunter. Martin wollte mich einfach loswerden, weil er wusste, dass ich nicht auf seine Tricks hereinfallen würde. „Ja, das liegt durchaus auch in meinem Interesse“, erwiderte ich stattdessen. „Das Ganze klingt ja durchaus nicht uninteressant, aber ich müsste dann ja wohl weiterhin beim LKA in Saarbrücken bleiben. Deshalb würde ich einen langweiligen Bürojob in Neunkirchen, wie du es so schön formuliert hast, aus übergeordneten Gründen trotzdem bevorzugen.“

„Moment mal, wer sagt denn, dass du als Cold Case Ermittlerin unbedingt in Saarbrücken bleiben musst? Du wärst ja im Wesentlichen als Einzelkämpferin aktiv und könntest genau so gut auch von Neunkirchen aus agieren. Vielleicht sogar direkt von zu Hause aus, wenn man dir einen Zugang zu unseren Servern einrichten würde. Also im weitesten Sinne ein Job im Homeoffice mit allenfalls gelegentlicher Präsenz hier vor Ort, höchstens einmal die Woche für ein paar Stunden, könnte ich mir vorstellen. Was würdest du denn dann dazu sagen?“

„Na ja, das wäre natürlich Klasse, aber ich glaube kaum …“

„Überlass das bitte mir, Nora. Ich kläre es mit Mister Cold Case ab und dann sprechen wir noch mal darüber. Ich bin nachher ohnehin in anderer Angelegenheit bei ihm und gebe dir morgen Vormittag Bescheid. Sagen wir um elf Uhr wieder hier bei mir?“

Dagegen war nichts einzuwenden. „Dann also bis morgen Vormittag. Ich bin wirklich gespannt, ob du das auch tatsächlich durchsetzen kannst“, sagte ich.

Spätestens als er darauf mit einem süffisanten Lächeln vielsagend erwiderte: „Lass mich nur mal machen, Nora“, war mir klar, dass meine Zeit hier in Saarbrücken, so oder so, wohl unwiederbringlich abgelaufen war.

Es ist wie es ist, Nora, versuchte ich mich in Gedanken selbst ein bisschen zu trösten und verließ sein Büro. Aber der Gedanke an eine weitere Tätigkeit als Ermittlerin unter für mich deutlich günstigeren Bedingungen hatte durchaus auch seine Reize.

Neue Aufgabe

Am nächsten Vormittag klingelte schon früh das Telefon. Martin war am Apparat. „Hallo Nora, kannst du bitte heute Morgen schon ein paar Minuten vor zehn Uhr bei mir sein. Wir beide haben nämlich um zehn einen Termin bei Dr. Hansberg.“

„Natürlich, geht klar, Martin“, erwiderte ich.

„Ich glaube, es sieht ganz gut aus für dich“, empfing er mich schon auf dem Flur. „Hansberg sitzt zwei Etagen höher. Lass uns gleich zu ihm hochfahren.“

„Schön, dass Sie nach so langer Zeit wieder im Dienst sein können, Frau Horst“, empfing uns der Ständige Vertreter des Landespolizeipräsidenten. „Wir kennen uns ja leider noch nicht persönlich, aber ich habe schon sehr viel Gutes über Sie gehört und hatte gestern Gelegenheit, mich mit ihrem Begleiter über ein neues und sehr spannendes Einsatzgebiet für Sie zu unterhalten, das zu