Oasis. 100 Seiten - Stephan Rehm Rozanes - E-Book

Oasis. 100 Seiten E-Book

Stephan Rehm Rozanes

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Beschreibung

Das Porträt der Britpop-Ikonen – die Biografie für alle Fans »Mit der ersten Sekunde von ›Rock 'n' Roll Star‹ wusste ich, dass ich mich Hals über Kopf in diese Band verlieben werde. Der Spirit von Oasis war über mich gekommen – das Supersonic-Feeling!« »Wonderwall«, »Cigarettes and Alcohol«, »Champagne Supernova«: Oasis stehen seit über 30 Jahren nicht nur für große Hits, sondern für ungebrochenen Optimismus und ein eigenes Lebensgefühl. Doch worin liegt die Faszination an den Britpop-Ikonen Noel und Liam Gallagher? Stephan Rehm Rozanes führt schwungvoll durch Werk und Geschichte der Band und lässt dabei auch Mythen, Eskapaden und Skandale nicht aus. Mit 4-farbigen Abbildungen und Infografiken.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

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Seitenzahl: 129

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Stephan Rehm Rozanes

Oasis. 100 Seiten

Reclam

Der Verlag behält sich die Verwertung der urheberrechtlich geschützten Inhalte dieses Werkes für Zwecke des Text- und Data-Minings nach § 44b UrhG ausdrücklich vor. Jegliche unbefugte Nutzung ist ausgeschlossen.

 

RECLAMSUNIVERSAL-BIBLIOTHEK Nr. 962477

2025 Philipp Reclam jun. Verlag GmbH, Siemensstraße 32, 71254 Ditzingen

Covergestaltung: zero-media.net, München

Infografik: © Andreas Sträußl, Guter Punkt, München

Bildnachweis siehe Anhang

Gesamtherstellung: Philipp Reclam jun. Verlag GmbH, Siemensstraße 32, 71254 Ditzingen

Made in Germany 2025

RECLAM, UNIVERSAL-BIBLIOTHEK und RECLAMSUNIVERSAL-BIBLIOTHEK sind eingetragene Marken der Philipp Reclam jun. GmbH & Co. KG, Stuttgart

ISBN978-3-15-962477-8

ISBN der Buchausgabe 978-3-15-020788-8

reclam.de | [email protected]

Inhalt

»Listen Up«: Die Playlist zum Buch

»Live Forever«: The Importance of Being Oasis

»Don’t Look Back in Anger«: Der Aufstieg der Gallaghers – von Manchester nach Manhattan

»Because we neeeed each other«: Die Geschwisterhassliebe von Liam und Noel

Blur vs. Oasis: The Battle of Britpop

»Stand by Me«: Persönliche Begegnungen mit der Band

»Familiar to Millions«: Diskographie der Gallaghers

Bildnachweis

Über die Autorin

Über dieses Buch

Leseprobe aus Nirvana. 100 Seiten

»Listen Up«: Die Playlist zum Buch

Kaum zu glauben, aber es gibt kein definitives Best-of-Album von Oasis. Erhältlich sind eine B-Seiten-Sammlung, eine eigenwillig kompilierte Werkschau sowie eine Singles-Zusammenstellung, die naturgegeben essentielle Albumtracks ausspart. Nicht nur auf Grund dieses Missstands hat der Autor dieses Buchs einen Großteil seiner Schul-, Studien- und Arbeitszeit damit verbracht, unter der Bank die ultimative Hitliste von Oasis zu erstellen. Es ist ihm somit ein besonderes Vergnügen, hinter dem folgenden QR-Code einen 50 Songs starken Vorschlag für eine aussagekräftige, umfassende Playlist dieser Band zu präsentieren.

 

Die Playlist zum Buch finden Sie online unter reclam.de/oasis-100-Seiten

»Live Forever«: The Importance of Being Oasis

»27. 08. 24« und die Uhrzeit »8 am« im Design des ikonischen Oasis-Kastenlogos. Mit den letzten Sekunden des Beatles-Covers »I Am the Walrus« war soeben Liam Gallaghers Headline-Set beim britischen Reading-Festival im Rahmen seiner Definitely Maybe – 30 Years-Tour am 25. August 2024 zu Ende gegangen, auf der er das bahnbrechende Debütalbum seiner alten Band feierte. Da flackerte eine zehnsekündige Filmsequenz mit diesen kryptischen Informationen auf der Bühnenvideowand auf. Ein Aufschrei ging durch die Menge und bald darauf das Internet. War das die Ankündigung der Reunion Liams mit seinem größeren Bruder Noel nach 15 Jahren im Streit? Zwei Tage später dann die erlösende Nachricht per Pressemitteilung: »The guns have fallen silent. The stars have aligned. The great wait is over. Come see. It will not be televised.« Zunächst wurden 17 Comeback-Konzerte von Oasis in fünf Städten des Vereinigten Königreichs und Irlands angekündigt, nur zwei Tage darauf drei neue hinzugefügt. Der Verkaufsstart für die Tickets am 31. August endete im Chaos: Fans berichteten über mehrstündige Wartezeiten, bis zu 503 Fehleranzeigen, vor allem aber über die dynamischen Preise – eine kontroverse Strategie, bei der Unternehmen die Preise auf Basis des Marktbedarfs anpassen und so in die Höhe treiben dürfen. Zusätzlich verloren Fans mehr als 2,3 Millionen Euro an Betrüger:innen, die auf Social-Media-Plattformen vermeintlich Konzertkarten anboten. Am 1. September 2024 wurden zwei Plätze im unattraktivsten Bereich des Londoner Wembley-Stadions, den sogenannten »Nasenbluten«-Sitzen, auf der umstrittenen Ticketbörse Viagogo für je 23 603 britische Pfund angeboten. Die sonst um keinen Kommentar verlegenen Gallaghers hielten sich währenddessen ungewohnt britisch vornehm zurück und dürften sich vielleicht sogar freudig die Hände gerieben haben. Schließlich hatten sie erreicht, was sie immer schon wollten: Für Confusion sorgen, wie es in ihrem 1993er-Song »Columbia« heißt: »This is confusion, am I amusing you?«.

Schottland is mad fer it! Die Gallaghers laden nach Edinburgh.

Sämtliche Konzerte waren im Nu ausverkauft. Es gab 14 Millionen Anfragen für eine Million Tickets. Die Preise für Übernachtungen in den ausgewählten Städten stiegen ins Astronomische. In der Woche nach der explosiven Bekanntmachung stand das Debütalbum der Band Definitely Maybe, zugegeben befeuert durch eine opulente Wiederveröffentlichung zum 30-jährigen Jubiläum, auf Platz eins der UK-Charts, das Best-of Time Flies … 1994–2009 war auf Rang drei, und (What’s the Story) Morning Glory? schloss die Top Five ab. Der Trailer der teuersten bisherigen Netflix-Produktion, zum Sci-Fi-Abenteuer The Electric State, wurde von einer dramatisch verlangsamten Version von »Champagne Supernova« unterlegt. Die Band war im Herbst 2024 wieder in aller Munde und in aller Ohren. Die Nachrichtenportale überschlugen sich, die britischen sowieso, aber auch die deutschen: Die Reunion war die »Breaking News«-Startmeldung von Bild.de bis Der Spiegel. Und das in einem Land, in dem die Band bislang keinen einzigen Top-Ten-Hit verbuchen konnte – nein, noch nicht mal »Wonderwall«, das es in Deutschland nur auf Rang 17 schaffte –, nur einmal ein Festival-Line-up anführen durfte (2009 beim »Melt!« vor überschaubarem Publikum) und auf ihrer vorletzten Tour in Berlin in der mit einer Kapazität von 3500 Menschen vergleichsweise kleinen Columbiahalle gastierte. Die Vermutung liegt nahe, dass sich die News-Hysterie hierzulande insbesondere in der Medienbubble abspielte: Die entscheidenden Personen in den Redaktionen dürften schlicht mittlerweile gut in ihren 40er Jahren angekommen, eine eher gehobene (Aus-)Bildung genossen und in den Teenager-Wirren der musikalischen Sozialisation mit Oasis in Berührung gekommen sein. Eine Wahrnehmungsverzerrung? Wo der enorme Erfolg von Oasis im UK mit darin begründet liegt, dass sie alle sozialen Schichten erreicht haben, lieferten sie bei uns lediglich einer gut informierten Minderheit an wohl vorrangig Gymnasiast:innen den Soundtrack zu den lebensprägenden ersten Malen der Adoleszenz. Ein Blick in die hiesigen Single-Charts in den Wochen nach der Sensationsmeldung bestätigt den geringen Einfluss der Gruppe: Dort freute man sich viel mehr über die fast simultan erfolgte Rückkehr der Nu-Metaller von Linkin Park und kaufte deren neue Single für Monate auf Platz eins. Oasis in den Top 100? Keine Chance. Dazu sollten die neuen Shows nur im Ausland stattfinden.

Ein 57-Jähriger und ein 51-Jähriger beschließen gemeinsam wieder ihre alten Lieder aufzuführen. That’s it, oder etwa nicht? Dazu wurde auf ihren Solokonzerten seit dem Split 2009 nie auf Material ihrer Ex-Band verzichtet. Liam hatte buchstäblich gerade ein ausschließlich aus Oasis-Songs (und einer Beatles-Hommage) bestehendes Set vor 100 000 Fans beendet, als das Teaser-Video suggerierte: Und nächstes Jahr gleich noch mal – nur diesmal eben mit Noel statt einem Noel-Lookalike an der Gitarre! Wer die Klassiker der Gallaghers entweder vom Leadsänger der Gruppe oder dem mehrheitlichen Songwriter vorgetragen bekommen wollte, hatte dazu jederzeit Gelegenheit – ohne beim Run auf die Tickets Gefahr zu laufen, zerstampft zu werden. Begründet einzig der Umstand, dass die beiden das nun eben wieder zusammen erledigen, die Manie? Zumal sich die allgemeine Begeisterung vorrangig auf die ersten beiden Alben der Band bezieht, also auf den Output der Jahre 1994 und 1995. Die restlichen fünf Platten? Bitte nicht! Vielleicht noch eine Single aus Be Here Now von 1997. Von den folgenden vier Alben schaffte es im Zuge der Reunion-Raserei jedenfalls nur ein einziges zurück in die Bestsellerliste: Heathen Chemistry von 2002 durfte sich über eine Woche auf Platz 97 freuen. Genau wie Standing on the Shoulder of Giants (2000), Don’t Believe the Truth (2005) und Dig Out Your Soul (2008) hat es den Test der Zeit nicht bestanden. Ein erheiterndes Gedankenspiel mag die Vorstellung sein, dass Oasis vor versammeltem Stadion anlässlich seines 25. Geburtstags, wie es heutzutage guter Brauch ist, das verpönte Standing … in Gänze aufführen, dazu drei, vier Evergreens im Zugabenblock. Das wäre der ultimative Prank, der größtmögliche Mittelfinger einer Band, die mit obszönen Gesten nur so um sich warf. Wie abwegig diese Idee ist, zeigte die Chartwoche vom 13. März 2025 im UK: Eine Anniversary Edition besagten Albums erreichte Platz 11 der Bestsellerlisten, um diese in der Woche darauf schon wieder zu verlassen.

Bei Oasis reden wir also vor allem über zwei Platten – und zwei Menschen. Das geht so weit, dass die gesamte PR-Kampagne zur 2025er-Tour ausschließlich auf die Konterfeis von Liam und Noel Gallagher setzte. Klar, das sind die prägenden Köpfe. Aber dennoch bestanden Oasis aus vier bis fünf Mitgliedern, grob eingeteilt in das 90er-Personal mit drei Amateuren als Mitstreitern, die aussahen, als hätte man sie soeben aus dem Pub gezerrt, und die 00er-Besetzung mit den stylishen, weniger beliebten Profis. Doch all deren Namen sind heute nur eingefleischten Oasis-Ultras ein Begriff. »›Cause baby after all, you’ll never forget my name«, sang Liam 1997. Tatsächlich sollte diese Prophezeiung nur auf ihn und seinen Bruder zutreffen. Fassen wir kurz zusammen: Es geht here and now um zwei mittelalte Herren – der Jüngere der beiden wird 2025 sogar schon Opa –, nach denen zuletzt nur noch wenige Hähne gekräht haben, und deren zwei mehr als 30 Jahre alten Alben, die dazu zum Großteil aus recycelten Ideen aus den 60ern und 70ern zusammengeflickt waren. Warum also schlagen heute weltweit Herzen höher, wenn diese Typen sich wieder zusammentun? Wie konnten diese Songs familiar to millions werden? What’s the Story? Betrachten wir sie näher, dringen wir zum Kern des Pudels vor!

Hier finden wir vor allem: Optimismus. Denn dafür standen Oasis wie für nichts anderes. Mit ihrer unerschütterlichen Zuversicht trafen sie nach den grauen Thatcher-Jahren und den nihilistischen Songs der Grunge-Ära einen Nerv – und tun das offensichtlich immer noch vor allem in einem nicht nur vom selbstverschuldeten Brexit angezählten UK. Der Job dieser Band ist es heute daher ganz gewiss nicht, Deep Cuts zu präsentieren, sondern das alte Lebensgefühl von Cool Britannia zu bedienen. Im Kleinen bedeutet das Laddism, Euro 96, Lagerbier. Im Großen: Kraft spenden, Hoffnung schöpfen, das Selbstwertgefühl steigern. Vielleicht lässt sich Noel sogar wieder den Union Jack auf seine E-Gitarre pinseln.

Von Oasis waren keine traurigen Lieder zu erwarten, selbst wenn sie »Sad Song« hießen. Take a sad song and make it better. Der Blick der Gallaghers war stets auf eine strahlende Zukunft gerichtet: »Some might say we will find a brighter day«, sang Liam in ihrem ersten Nummer-eins-Hit und wurde von Noel sogleich bekräftigt: »Yeah, yeah, yeah!« Komm auf unsere Seite, bei uns ist das Gras tatsächlich grüner! Diese Geisteshaltung griffen 2012 auch die Chemnitzer Rap-Rocker von Kraftklub auf: »Doch wenn du mich küsst / Schreibt Noel wieder Songs für Liam / Wenn du mich küsst / Kommen unsere Freunde zurück aus Berlin / Wenn du mich küsst / Dann ist die Welt ein bisschen weniger scheiße«. Better living through Oasis. Selbst in ihrem größenwahnsinnigsten Moment, der fast zehnminütigen Single mitsamt ihrem Yellow-Submarine-schluckenden Animationsvideo »All Around the World«, heißt es: »We’re gonna make a better day«. Kollektives Empowerment getarnt als maximale Selbstbezogenheit, ein Song in der Tradition von »We Are the Champions«und »My Way«. Auf der Tracklist zum zugehörigen Album wird das Stück von einem Rocker mit identischem Sentiment unterbrochen, »It’s Gettin’ Better (Man!!)«, bevor sich »All Around the World« zu einer zweiminütigen Reprise aufschwingt. Drei Jahre zuvor schmetterte Liam: »I’m free to be whatever I / Whatever I choose, and I’ll sing the blues if I want«. Wenn ich schon Trübsal blasen muss, dann erst, wenn ich es für angebracht halte. Denn ich bin selbstbestimmt. Ich bin ich. »I need to be myself / I can’t be no-one else«, so die ersten Zeilen der ersten Oasis-Single »Supersonic«. Das ist die Botschaft, so simpel wie effizient: Geh deinen Weg. Und wehe, jemand kommt dir dabei in die Quere: »You gotta say what you say / Don’t let anybody get in your way«, empfehlen sie im Refrain von »Roll with It«, und gerne auch mal live mit Nachdruck: »Don’t let any fucker get in your way!«

Oasis in Zahlen
Die Dreifaltigkeit des Britpop

Ihr erstes Album Definitely Maybe (1994) verkaufte sich in seiner ersten Handelswoche im UK 86 000-mal – keinem Debütalbum war das je zuvor gelungen.

Ihr zweites Album (What’s the Story) Morning Glory? (1995) ist die erfolgreichste Platte der 90er im UK (4,2 Millionen verkaufte Einheiten) und hat weltweit mehr als 22 Millionen Käufer:innen gefunden.

Ihr drittes Album Be Here Now (1997) wurde in seiner ersten Marktwoche im UK 663 389-mal abgesetzt und erhielt so den Titel der am schnellsten verkauften Platte der britischen Geschichte.

Und außerdem:

765 Wochen waren Oasis zwischen 1995 und 2005 in den Top 75 der britischen Charts notiert – Rekord!

22 aufeinanderfolgende Top-Ten-Singles im UK (alle von »Live Forever«, 1994, bis »The Shock of the Lightning«, 2009)

7 Studioalben, die von 0 auf 1 in die UK-Charts einstiegen (alle)

2:08 Minuten Spielzeit hat die kürzeste Single: »Songbird«

9:38 Minuten Spielzeit hat die längste Single: »All Around the World« (und somit handelt es sich zugleich um die längste Nummer eins der UK-Charts-Geschichte – ein weiterer Rekord)

Die Message fiel vor allem auf fruchtbaren Boden, weil ihre Absender sie glaubhaft überbrachten. Oasis waren mäßig gebildete Working Class Heroes, die sich von ihrem prügelnden Vater lossagten, für die wenig und nun wirklich kein Leben als Rockstar vorgesehen war. Die klassische Saga vom Tellerwäscher, der zum Millionär aufsteigt. Als Teenager pfiffen die Brüder regelmäßig auf den Unterricht, gerieten oft in Schwierigkeiten mit der Polizei. Als ihre Mutter einen Job in der Schulkantine annahm, ließ sich Noel in der Mittagspause kurz bei ihr blicken, um dann den Rest des Tages zu schwänzen. Im Alter von 14 Jahren erhielt er eine sechsmonatige Bewährungsstrafe wegen eines Überfalls auf einen Tante-Emma-Shop. Ein Jahr darauf wurde er der Schule verwiesen, weil er angeblich eine Mehlbombe auf einen Lehrer geworfen hatte. Oasis waren die Ladendiebe, die der Kassenkraft auch noch dreist mit der gezockten Whiskeyflasche – mit e, bitte schön, durch die Gallaghers fließt irisches Blut – zuwinken, bevor sie türmen. Ihre Ausbildung »genossen« sie auf dem harten Pflaster Manchesters. Die Lektionen, die sie damals gelernt hatten, sollten sie nie vergessen – denn später würden diese sie in die Upper Class hieven. Waren es in den 80ern Lebensmittel, wechselten in den 90ern Songs die Besitzer. Nette Riffs, die ihr da habt, nehme ich! So wurde etwa aus »The One I Love« von R. E. M. »Morning Glory«, aus T. Rex’ Glam-Hymne »Get It On« »Cigarettes & Alcohol« – ein weiterer Song, dessen Text Unterprivilegierten aus der Seele spricht: »Is it worth the aggravation / To find yourself a job when there’s nothing worth working for?« »Ich darf das nicht?«, fragt Noel 2020 in Hinblick auf geistigen Diebstahl und gibt sich selbst die Antwort: »Ich kann’s, ich werde es tun, und ich hab’s schon getan. Und du wirst es kaufen!« Nach Jahren der Arbeits- und Perspektivlosigkeit hatte Noel keine Geduld mehr. Inmitten all der Vorwürfe mangelnder Eigenständigkeit wurde außer Acht gelassen, dass Oasis mit diesem ach so räuberischen Verhalten absolut zeitgeistig waren. Verhielten sich die Zitate nicht wie das Gitarrenpendant zum Sampling, diesem Grundelement der Genres Hip-Hop und Techno? Ganz zu schweigen davon, dass die meisten Ideen, so natürlich auch die musikalischen, Fortführungen von bereits Bestehendem sind, dass der Blues die Rolling Stones hervorgebracht hat, ohne Rolling Stones kein Bowie denkbar wäre, etc. Haben Oasis nicht einfach das offen zur Schau gestellt, was andere am liebsten im Verborgenen belassen hätten? Haben Oasis nicht letztlich nur das Geheimversteck des Rock ’n’ Roll enttarnt? Schaut her! Hier gibt’s genug für alle!

Jedenfalls hat seit den Punks der Sex Pistols keine Rockband die Jugend mehr so flächendeckend wachgerüttelt und ermächtigt: Hör auf zu jammern! Raus aus dem Bett! Das Credo war »I’m feeling supersonic / Give me Gin & Tonic« oder »You could wait for a lifetime / To spend your days in the sunshine / You might as well do the white line«. Primitiv, unbeholfen gereimt, teilweise idiotisch, aber lebensbejahend und eskapistisch. So muss Rock ’n’ Roll sein. Das war der Ansatz: Es einfach zu machen. Be! Here! Now! Ohne Rücksicht auf den Morgen danach. »Now that you’re mine / We’ll find a way / Of chasing the sun / Let me be the one that shines with you / In the morning we don’t know what to do«.