Ole Ohnefurcht und der Fluch des Tränenhügels - Cord Brammer - E-Book

Ole Ohnefurcht und der Fluch des Tränenhügels E-Book

Cord Brammer

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Beschreibung

Bei diesem E-Book handelt es sich um die ursprüngliche Ausgabe des Buches. Im Gegensatz zur gekürzten Fassung, die ebenfalls erhältlich ist, beinhaltet diese Ausgabe etwa 55 Taschenbuchseiten mehr. Zum Inhalt: Als Ole eines Morgens die Zeitung aufschlägt, steht für ihn endgültig fest, auf die Nordburg zurückkehren zu müssen. Gemeinsam mit seinen beiden besten Freunden Nina und Peter stürzt er sich in ein turbulentes Abenteuer, um für unbeschreibliche Ereignisse eine Erklärung zu finden. Doch es tun sich weitere Fragen auf, die mit dem Fluch des Tränenhügels in Verbindung stehen, bei dem Ole eine wichtige Rolle spielen soll ...

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OLE OHNEFURCHT

und der Fluch des Tränenhügels

 

Cord Brammer

 

Band 2

 

Texte: Copyright © 2015 by Cord Brammer

Umschlag: Copyright © 2015 by Cord Brammer

 

Impressum:

Cord Brammer

Dorfstraße 6

29362 Hohne

[email protected]

 

www.cordbrammer.de

www.facebook.de/cordbrammerautor

www.twitter.com/cordbrammer

www.instagram.com/cord_brammer

 

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die vollständige oder auszugsweise Verwendung jeglicher Art bedarf der schriftlichen Zustimmung des Autors. Dies gilt insbesondere für die Verbreitung, die Vervielfältigung, die Übersetzung und die Einspeicherung in elektronische Systeme.

 

Inhaltsverzeichnis

 

Ole gegen Fritz

Das Plakat

Hausarrest

Der Einbruch

Die Überraschung

Das Treffen im Baumhaus

In der Hütte

Eine Seifenkiste entsteht

Die Testfahrt

Warten auf das Rennen

Der wiederkehrende Traum

Mögen die Spiele beginnen

Finale oder nicht

Die Entscheidung

Die Siegerehrung

Zurück auf der Nordburg

Ein Traum wird wahr

Auf der Flucht

In der Gruft

Die Falltür

Albtraum ohne Ende

Ole wird einiges klar

 

Ole gegen Fritz

 

Als Ole aus dem Fenster schaute und beobachtete, wie sich die saftgrünen Blätter der Bäume auf dem Schulhof wie von Geisterhand bewegten, dachte er verträumt an die letzten Osterferien zurück. In seinen Erinnerungen durchlebte er zum wiederholten Male die Ereignisse, die sich auf der Nordburg zugetragen hatten.

Zusammen mit seiner besten Freundin Nina und seinem besten Freund Peter war er der Nordburg-Sage auf den Grund gegangen und hatte schließlich das Geheimnis um den Bach der Tränen lösen können, sodass dessen Quelle versiegt war.

Doch nun beschäftigte Ole schon seit heute Morgen die Tatsache, dass der Bach unerklärlicherweise wieder Wasser führte. Oma Frida hatte ihn beim Frühstück auf einen Artikel im Celler Tageblatt aufmerksam gemacht. Die Überschrift lautete: Bach der Tränen fließt wieder. Es hieß, dass wieder Wasser durch das Flussbett fließen würde, nachdem es etwa drei Monate lang ausgetrocknet gewesen war. Dass sich dahinter eine Laune der Natur verbarg, wie im Zeitungsartikel beschrieben, wollte Ole nicht glauben. Ole war sich sicher, dass etwas anderes hinter den Vorkommnissen steckte, denn er wusste, warum der Bach der Tränen aufgehört hatte zu fließen. Schließlich war er dafür verantwortlich gewesen, indem er den Geist von Liselotte von ihrer Trauer befreit hatte. Er fragte sich nun, ob Liselotte zurückgekehrt war und erneut trauerte. Denn immerhin sagte man sich, dass es ihre Tränen waren, die den Bach speisten. Ihre Rückkehr war also eine mögliche Erklärung. Oder hatte alles mit dem Schatz der Nordburg zu tun, von dem Onkel Klaus Nina, Peter und ihm erzählt hatte?

Laut der Nordburg-Sage hatte Heinrich der Gefährliche nach dem Tod seiner Frau Liselotte immer mehr an Macht und Einfluss verloren. Die Herrscher der Nachbarländer waren daraufhin ein Bündnis eingegangen, um ihn gemeinsam anzugreifen und zu stürzen. Als sie schließlich immer näher gerückt waren, hatte Heinrich all sein Gold zur Nordburg bringen lassen, um es dort in den tiefen Höhlen des Tränenhügels zu verstecken.

Kurz darauf, nach nur einem Tag bitterer Kämpfe, war die Nordburg gefallen. Heinrich hatte man weder unter den Toten noch unter den wenigen Gefangenen gefunden. Da er der Einzige gewesen war, der das Versteck seines Schatzes gekannt hatte, musste man sich danach auf die Suche begeben, doch blieb dabei bis heute erfolglos. Man geht aber davon aus, dass sich das Gold noch immer auf der Nordburg befindet.

Ole wusste auch schon, wo er mit Nina und Peter anfangen musste zu suchen. Onkel Klaus hatte ihnen nämlich noch erzählt, dass Krähen über den Schatz wachen würden und laut der Sage jedem die Augen auskratzen würden, der sich auf die Suche nach ihm begäbe.

Mit diesen Krähen hatten Nina, Ole und Peter schon in den Osterferien Bekanntschaft gemacht. Sie waren von ihnen angegriffen worden, als sie versucht hatten ein Gittertor zu öffnen, das den Zutritt zu Gängen unterhalb der Nordburg versperrte. Diese Gänge mussten nach Oles Auffassung also zu der Höhle führen, in der sich der Schatz befand.

Ole konnte es kaum erwarten, auf die Burg zurückzukehren. Er wollte einerseits unbedingt herausfinden, was es mit dem Bach der Tränen auf sich hatte, und andererseits wollte er sich auf die Suche nach dem Schatz begeben.

‚Ach, können nicht jetzt schon die Sommerferien anfangen?’, dachte Ole, doch er wurde aus seinen Gedanken gerissen. Peter stieß ihn von der Seite an und machte ihn darauf aufmerksam, dass er soeben von Herrn Krause eine Frage gestellt bekommen hatte.

Ole befand sich im Klassenraum der 6b, seiner Klasse, und hatte Mathematikunterricht bei seinem Klassenlehrer.

„Also, Ole, weißt du nun die Antwort oder weißt du sie nicht?“, hakte Herr Krause nach.

Ole saß wie versteinert auf seinem Platz, sah in das erwartungsvolle Gesicht seines Lehrers und überlegte: ‚Worüber haben die anderen gerade geredet? Und wie lautet überhaupt die Frage? Soll ich einfach irgendeine Antwort geben oder lieber zugeben, dass ich gerade nicht aufgepasst habe? Ehrlich währt am längsten, sagt Oma Frida immer. Aber eigentlich kann ich mir das auch sparen, denn Herr Krause hat mich bestimmt drangenommen, weil ich nicht aufgepasst habe. Und wenn ich nicht gleich eine Antwort gebe, wird die lange Pause immer peinlicher. Also sag irgendwas.’

Von der Seite flüsterte Peter ihm unentwegt zu: „Hundert Gramm, hundert Gramm.“

Das musste also die Antwort auf die Frage von Herrn Krause sein, und Ole sagte zögernd, fast fragend: „Einhundert Gramm?“

„Schade, Ole, das ist die falsche Antwort. Passe nächstes Mal besser auf.“

Ole nickte, und Herr Krause wandte sich nun an Peter: „Wenn Du schon vorsagst, Peter, dann bitte richtig, ja?“

Peter lief knallrot an, Mitschüler kicherten.

„Wer kennt die richtige Antwort?“, fragte Herr Krause nun in den Raum, freute sich über die zahlreichen Meldungen und wählte kurz darauf einen Schüler aus. „Fritz.“

„Die Antwort lautet eintausend Gramm“, sagte Fritz und lächelte triumphierend zu Ole hinüber, bevor er seine Antwort noch einmal wiederholte. „Ein Kilogramm ist gleich eintausend Gramm.“

„Genau richtig“, bestätigte Herr Krause.

Das war ja klar. Fritz nutzte die Gelegenheit beim Schopfe und korrigierte die falsche Antwort von Ole und Peter. So schlug er zwei Fliegen mit einer Klappe, denn seit den Osterferien stand er mit den beiden, aber auch mit Nina, regelrecht auf Kriegsfuß.

Fritz hatte, zusammen mit seinen beiden Freunden Ralf und Henrik, Nina, Ole und Peter bei deren Floßfahrt nach Nordburg beobachtet und war unter anderem auch dafür verantwortlich gewesen, dass Ole von einer Herde Rinder verfolgt worden war, die ihn um ein Haar überrannt hatte.

Nicht nur aus diesem Grund war Ole schlecht auf Fritz zu sprechen. Ihre Streitigkeiten reichten bis in die Kindergartenzeit zurück.

„So, ich schreibe noch an die Tafel, dass wir morgen den letzten Mathetest vor den Sommerferien schreiben, und ich möchte, dass ihr das in euer Hausaufgabenheft übertragt. Ich möchte nicht, dass morgen jemand kommt und sagt, er wusste davon nichts“, sagte Herr Krause aus Erfahrung. „Wer damit fertig ist, darf schon seine Sachen zusammenpacken und gehen. Also, habt einen schönen Nachmittag.“

‚Endlich Schluss’, dachte Ole, als er den Klassenraum verließ und sich zusammen mit Peter auf den Weg zur Garderobe machte.

Dort angekommen, hörten sie eine ihnen bekannte Stimme rufen, sodass es auch jeder mitbekam: „Hey Peter, nimm mal deinen dicken Pöter da weg. Ich komme gar nicht an meine Jacke ran. Es ist auch immer das Gleiche mit dir.“

Wer könnte das anderes gewesen sein als Fritz, der sich nun mit ausgefahrenen Ellenbogen an Peter vorbeidrängelte, um seine Jacke vom Haken zu nehmen. Ralf und Henrik, in der Schule mittlerweile besser bekannt als Dick und Doof, lachten lauthals, wie sie es nach jeder Gemeinheit von Fritz taten.

„Ha, ha, ha, wie komisch du bist“, fuhr Nina Fritz an, die gerade mit ihrer Freundin Silke dazukam. „Das ist ja ein tolles Wortspiel: Peter, Pöter. Etwas Besseres fällt dir wohl nicht ein.“

„Sei ruhig, Piratenbraut“, sagte Fritz und spielte damit darauf an, dass Nina, Ole und Peter sich für ihre Floßfahrt als Piraten verkleidet hatten. „Das ist immerhin besser als Schwarzer Peter. So nennt ihr ihn doch, oder?“

„Genau richtig, Vollidiot“, schaltete Ole sich ein. „Und nur weil wir einen Spitznamen für ihn haben, heißt das noch lange nicht, dass du dir auch einen ausdenken darfst.“

„Wie hast du mich genannt?“, hakte Fritz nach. „Sag das noch mal und ich werde …“

„Vollidiot“, schoss es sofort aus Ole heraus und augenblicklich wurde es an der Garderobe mucksmäuschenstill. Niemand sagte etwas. Alle hatten mitbekommen, was sich gerade zwischen Ole und Fritz abspielte und warteten gespannt darauf, was als Nächstes passieren würde.

„Ey, Fritz, das lässt du dir doch nicht gefallen, oder?“, fragte der doofe Henrik mit seiner hohlen Stimme.

Fritz ließ sich das tatsächlich nicht gefallen. Schließlich hatte er einen bösen Ruf zu verlieren. Mit wuterfülltem Gesicht und erhobenen Fäusten ging er auf Ole los, doch er schaffte es nicht einmal auszuholen. Ole packte Fritz mit ausgestreckten Armen an den Schultern, drehte ihn herum und verpasste ihm einen Tritt in den Allerwertesten. Fritz verlor daraufhin sein Gleichgewicht und taumelte herum, bevor er schließlich zu Boden ging.

„Na, tut dir jetzt dein Pöter weh?“, fragte Ole, und um ihn herum fingen alle an zu lachen. Denn Fritz war bei seinen Mitschülern sehr unbeliebt. Alle hatten schon schlechte Erfahrungen mit ihm gemacht.

Wie von einer Tarantel gestochen, sprang Fritz auf, zog sein T-Shirt gerade und tat so, als wäre nichts gewesen. Wutentbrannt zeigte er mit dem Finger auf Ole und prustete los: „Das kriegst du wieder.“

Dann machte er sich auf den Weg zum Ausgang und forderte Ralf und Henrik auf, ihm zu folgen.

In diesem Moment kam Herr Krause aus dem Klassenzimmer, schloss die Tür hinter sich ab und wünschte allen nochmals einen schönen Nachmittag.

„Da haben wir gerade noch mal Glück gehabt, dass Herr Krause nicht eine Minute früher gekommen ist“, sagte Peter, der sich im nächsten Moment bei Nina und Ole dafür bedankte, dass sie Fritz nicht ungeschoren davonkommen lassen haben.

„Du brauchst dich nicht zu bedanken. Wir wissen doch, dass du in solchen Momenten immer wie ein Kaninchen vor der Schlange gelähmt bist“, sagte Ole.

„Guter Vergleich“, musste Peter zugeben.

„Ja, und dieses Mal haben wir ihn mit seinem eigenen Gift gelähmt“, sagte Nina. „Tut dir jetzt dein Pöter weh? Das war echt gut, Ole.“

 

Das Plakat

 

Nina, Ole und Peter nahmen ihre Sachen und verließen das Hohner Oberschulgebäude. Draußen schien die Sonne und es war angenehm warm. So warm, dass sie ihre Sommerjacken um die Hüfte banden und im T-Shirt zu den Fahrradständern gingen.

Dort mussten sie feststellen, dass die Fahrräder von Nina und Ole nicht mehr dort standen, wo sie sie heute Morgen abgestellt hatten. Die drei mussten nach einer kurzen Suche sogar einsehen, dass sie gar nicht mehr da waren. Sie waren verschwunden.

„Ich weiß ganz genau, dass ich es hier hingestellt habe“, sagte Ole verwirrt und zeigte auf einen der Ständer. „Ich stelle es immer hierhin.“

„Und meins stand genau daneben“, sagte Nina. „Das weiß ich auch ganz genau.“

„Zum Glück bin ich heute zu Fuß hier. Sonst wäre meins jetzt bestimmt auch weg“, bemerkte Peter und deutete damit an, was auch Nina zu denken schien.

„Ja, das kann nur eines bedeuten. Fritz hat unsere Räder hier bestimmt irgendwo versteckt“, war sie sich sicher und ärgerte sich daraufhin über ihn. „Wenn ihr mich fragt, ist das so was von albern von ihm.“

„Wenn mein Fahrrad auch nur einen Kratzer hat, kann er was erleben“, stimmte Ole wütend ein, denn sein Mountainbike hatte er erst dieses Jahr zu Ostern bekommen.

„Lasst uns mal anfangen zu suchen. Ich gucke da drüben in den Büschen nach. Ihr … ihr sucht dann … woanders“, sagte Peter und steuerte sofort auf einen riesigen Strauch zu, hinter dem er kurze Zeit später verschwand.

Auch Ole und Nina begaben sich auf die Suche. Ole ging um das Feuerwehrhaus herum, das sich direkt neben der Schule befand, und Nina sah in den Büschen nach, die das triste Schulgebäude von außen verschönerten.

Während bei Ole und Peter die Suche erfolglos blieb, hörte man Nina schon bald rufen: „Kommt her. Ich habe sie.“

„Wo bist du denn?“, fragte Ole, denn er konnte nur die ungefähre Richtung ausmachen, aus der Nina nach ihnen rief.

„Hier hinten an der Wiehe.“

Die Wiehe war ein kleiner Fluss, der sich durch Hohne schlängelte und dabei direkt an der Oberschule vorbeikam. Auf der Wiehe hatte in den Osterferien etwas außerhalb von Hohne ihre Floßfahrt begonnen.

Jetzt konnten Ole und Peter Nina sehen. Sie war gerade damit beschäftigt ihr Fahrrad aus einem dichten Gebüsch zu ziehen. Als Ole und Peter sie erreichten, hatte sie es fast geschafft. Ein letzter Ruck genügte schließlich.

„Das ist ganz schön anstrengend“, sagte sie und hatte Schweißperlen auf der Stirn. „Deins ist da auch noch drin, aber viel tiefer als meins. Kannst du es sehen?“

Ole formte mit seinen Händen eine kleine Öffnung in die Blätterwand, um besser in das Innere des Strauchs schauen zu können, wo er sein blaues Mountainbike entdeckte. Er fragte sich: ‚Wie hat Fritz das denn hingekriegt?‘

Mit ausgestreckten Armen konnte Ole den Gepäckträger erreichen. Kräftig zog er daran, und sein Fahrrad bewegte sich langsam in seine Richtung. Nur verfingen sich dabei Zweige in den Speichen und leisteten Widerstand. Um sein Fahrrad nicht zu beschädigen, musste Ole nun etwas vorsichtiger vorgehen. Stück für Stück befreite er es aus den Fängen der Zweige und hielt das Lenkrad schließlich in seinen Händen.

„Haben eure Räder irgendwelche Kratzer?“, fragte Peter.

„Also meins sieht ganz gut aus“, sagte Nina, nachdem sie ihres begutachtet hatte.

„Meins sieht auch heile aus“, meinte Ole nach einem ersten Blick. „Ich hoffe nur, ich entdecke später nicht noch irgendwelche Schrammen.“

Einen letzten drohenden Kommentar konnte Peter sich daraufhin nicht verkneifen: „Und wenn doch, kann Fritz sein Fahrrad morgen aus der Wiehe ziehen.“

 

Die drei gingen zurück zu den Fahrradständern, wo sie ihre Schultaschen und Jacken abgelegt hatten, und machten sich dann auf den Heimweg.

An der Dorfstraße fiel Nina ein: „Kommt doch noch mit zu Frau West. Vielleicht ist Fritz noch in ihrem Laden. Er kauft nämlich nach der Schule immer Süßigkeiten.“

Peter stimmte sofort zu, denn er wollte unbedingt nachsehen, was es Neues im Süßigkeitensortiment von Frau West gab.

„Ich muss eigentlich nach Hause“, sagte Ole, da er in dieser Woche schon zweimal zu spät zum Mittagessen gekommen war. Und heute war erst Mittwoch. Montag hatte er sich nach dem Unterricht noch lange mit Nina und Peter auf dem Schulhof unterhalten und gestern war er kurz mit zu Peter gegangen, weil der ihm ein neugeborenes Kalb zeigen wollte. Peters Eltern hatten einen Bauernhof.

„Komm schon, Ole. Das dauert doch nicht lange“, versuchte Nina ihn zu überzeugen.

Und sie hatte Erfolg.

 

Als die drei den kleinen Kaufmannsladen an der Dorfstraße betraten, wurden sie kurz und knapp von Frau West begrüßt, die gerade damit beschäftigt war, das Kühlregal mit Joghurts aufzufüllen.

Um ihren kugelrunden Körper trug sie dabei einen buntgemusterten Kittel, der alle erdenklichen Obstsorten zeigte – Äpfel, Birnen, Bananen, Kirschen, Pflaumen. Die knollige Schweinsnase in ihrem aufgedunsenen Gesicht hielt eine unmodische Brille, die riesigen Glubschaugen das Sehen ermöglichte. Und ihre grauen Haare kräuselten sich in einer misslungenen Dauerwelle.

„Kann ich euch irgendwie behilflich sein?“, fragte sie genervt, als ob sie ihre Kunden vergraulen und nichts verkaufen wollte. Ihre Laune lag aber schlicht und einfach daran, dass auch sie schon schlechte Erfahrungen mit Fritz gemacht hatte. Denn der hatte sich im letzten Jahr einen dummen Streich erlaubt und all ihren Blumen im Garten die Blüten abgeschnitten. Seitdem traute sie keinem Kind in seinem Alter mehr über den Weg.

„Wir suchen eigentlich Fritz, aber wie wir sehen, ist er nicht hier“, sagte Nina, denn der Laden von Frau West war schnell zu überblicken, da er aus nur einem kleinen Raum bestand. Darin befanden sich ein einfacher Verkaufstresen für Backwaren, ein hohes Kühlregal für Milch- und Fleischprodukte, ein bis unter die Decke reichendes Regal voller Konservendosen, daneben ein weiteres für Hygieneartikel, ein Zeitungsständer mit den aktuellen Ausgaben und ein Tresen, auf dem die Kasse stand und hinter dem Tabakwaren in einem Wandregal aufbewahrt wurden.

Peter fiel sofort der schmale Tisch ins Auge, auf dem die von ihm überaus begehrten und mit Süßigkeiten gefüllten Einmachgläser standen. Doch daran war gerade zu seinem Bedauern nicht zu denken, da sich das Gesicht von Frau West verfinsterte, als sie den bösen Jungennamen mit F aus Ninas Mund hörte. Auf ihrer Stirn begann ihre rot-blaue Wutader zu zucken, die anstatt des Mundes zu antworten schien: „Dieser Lausebengel war zum Glück noch nicht da. Sonst noch was?“

„Äh … nein. Auf Wiedersehen, Frau West“, sagten die drei im Kanon und verließen schnellen Schrittes den Laden.

„Wie war die denn drauf?“, fragte Peter.

„Irgendwie komisch“, meinte Nina.

„Warum gibt sie Fritz denn kein Hausverbot, wenn sie ihn nicht leiden kann?“, wunderte sich Peter.

„Vielleicht weil er jeden Tag etwas bei ihr kauft“, vermutete Nina.

„Seht mal hier“, warf Ole ein und zeigte auf ein Plakat, das an der Eingangstür hing.

 

51. Hohner Seifenkistenrennen

Samstag, 04.08.

Austragungsort:

Hohnhorster Straße / Dorfstraße

Beginn: 11 Uhr

 

Teilnahmebedingungen:

Alter: 10 bis 16 Jahre

Jeder Teilnehmer muss seine Seifenkiste in einen fahrtauglichen Zustand bringen.

Die Seifenkisten müssen vor ihrer Zulassung eine Inspektion der Schiedsrichter bestehen.

Mit der Anmeldung erkennt jeder Teilnehmer die Rennregeln an.

 

Rennklassen:

Junioren: 10 bis 13 Jahre

Senioren: 14 bis 16 Jahre

 

Anmeldeschluss: Freitag, den 27.07.

bei Bürgermeister Albrecht Drögemüller

 

„Wollen wir dieses Jahr mitfahren?“, fragte Nina begeistert. „Alt genug sind wir dafür.“

„Warum alt genug?“, fragte Peter.

Nina verdrehte die Augen und sagte: „Das hat Ole doch gerade vorgelesen. Weil man mindestens zehn sein muss und wir schon zwölf Jahre alt sind.“

„Ach so, stimmt“, sagte Peter. „Wollen wir da nicht gleich heute anfangen zu planen?“

„Nein, heute ist es schlecht“, sagte Nina. „Wir schreiben doch morgen den Mathetest und ich muss dafür noch lernen. Außerdem hat das doch noch Zeit. Das Seifenkistenrennen ist erst in zweieinhalb Wochen.“

„Ach ja, der Mathetest. Das habe ich ganz vergessen“, musste Peter zugeben. „Ich finde es übrigens voll fies von Herrn Krause, dass wir den Test noch schreiben, obwohl die Noten schon feststehen.“

„Vielleicht sollten wir uns nächstes Jahr im Unterricht einfach besser benehmen“, meinte Nina. „Dann ist Herr Krause auch netter zu uns.“

„Lasst uns das mit der Planung auf morgen verschieben. Ich muss nämlich wirklich unbedingt nach Hause“, drängte Ole. „Fritz sehen wir dann morgen in der Schule.“

„Genauso wie sein Fahrrad“, bemerkte Peter abschließend und zwinkerte Nina und Ole zu.

 

Hausarrest

 

Ole bog in die Eichenallee ein. So hieß die Straße, in der er zusammen mit seinen Großeltern und seiner Schwester wohnte.

An den Zäunen der einzelnen Grundstücke hingen Kästen, in denen die verschiedensten Blumen in den schönsten Farbtönen blühten. Als Ole zu dem Zaun mit den roten Geranien kam, war er zu Hause.

Er fuhr mit dem Fahrrad in die Garage, stellte es darin ab und ging zur Haustür. Auf dem Weg dorthin kam ihm sein kleiner Hund Mick mit wedelndem Schwanz und einem Stock im Maul entgegen. Mick war schon alt und nicht mehr der Schnellste, doch er war noch immer sehr verspielt. Heute musste Ole ihn jedoch vertrösten.

„Tut mir leid, mein Alter, aber ich habe gerade keine Zeit, musst du wissen. Ich bin mal wieder spät dran“, sagte Ole und ging an dem grauen Terrier vorbei. Der drehte sich um und verschwand enttäuscht in seinem Zwinger.

---ENDE DER LESEPROBE---