Perry Rhodan 2258: Medusenklänge - Michael Nagula - E-Book

Perry Rhodan 2258: Medusenklänge E-Book

Michael Nagula

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Beschreibung

Die schlimmste Erfahrung seines Lebens - der Hyperraum will seinen Tod Auf den von Menschen und ihren Nachkommen bewohnten Planeten der Milchstraße schreibt man das Jahr 1333 Neuer Galaktischer Zeitrechnung. Aufgrund des so genannten Hyperimpedanz-Schocks herrscht in der Galaxis eine Mischung aus wirtschaftlichem Niedergang und wagemutiger Aufbruchsstimmung. Auf Terra, der Urheimat der Menschheit, leben zudem viele Menschen in wachsender Angst: Der mysteriöse "Gott" Gon-Orbhon greift aus dem Dunkel heraus nach der Macht. Die Regierung vermutet sein Versteck in der Großen Magellanschen Wolke. Eine Expedition soll das Übel an der Wurzel packen. Unter dem Decknamen "Operation Kristallsturm" brach die RICHARD BURTON - nach starkem Umbau und neuer Ausstattung - schon vor einem halben Jahr auf. Nach langem Flug nähert sich das Raumschiff seinem Ziel. In Magellan ist allerdings vieles nicht mehr so, wie es die Terraner aus früheren Kontakten kennen. Das bekommt ein Besatzungsmitglied besonders zu spüren: Es vernimmt die MEDUSENKLÄNGE...

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Nr. 2258

Medusenklänge

Die schlimmste Erfahrung seines Lebens – der Hyperraum will seinen Tod

Michael Nagula

Auf den von Menschen und ihren Nachkommen bewohnten Planeten der Milchstraße schreibt man das Jahr 1333 Neuer Galaktischer Zeitrechnung. Aufgrund des so genannten Hyperimpedanz-Schocks herrscht in der Galaxis eine Mischung aus wirtschaftlichem Niedergang und wagemutiger Aufbruchsstimmung.

Auf Terra, der Urheimat der Menschheit, leben zudem viele Menschen in wachsender Angst: Der mysteriöse »Gott« Gon-Orbhon greift aus dem Dunkel heraus nach der Macht. Die Regierung vermutet sein Versteck in der Großen Magellanschen Wolke. Eine Expedition soll das Übel an der Wurzel packen.

Unter dem Decknamen »Operation Kristallsturm« brach die RICHARD BURTON – nach starkem Umbau und neuer Ausstattung – schon vor einem halben Jahr auf. Nach langem Flug nähert sich das Raumschiff seinem Ziel.

In Magellan ist allerdings vieles nicht mehr so, wie es die Terraner aus früheren Kontakten kennen. Das bekommt ein Besatzungsmitglied besonders zu spüren: Es vernimmt die MEDUSENKLÄNGE ...

Die Hauptpersonen des Romans

Reginald Bull – Der Aktivatorträger befiehlt den Vorstoß in unbekanntes Gebiet.

Gucky – Der Mausbiber geht wieder einmal in einen riskanten Einsatz.

Icho Tolot – Der Haluter hilft stets seinem alten Freund.

Faghan El Bar – Der Gurrad möchte unbedingt alte Raumschiffe erkunden.

Wolpor Farang

Prolog

Ich weiß nicht, was mit mir geschieht.

Etwas spricht in mir, seit wir die ersten Ausläufer des Tarantelnebels erreicht haben, aber ich verstehe die Worte nicht, sie sind so leise, so schwach.

Es ist nicht mehr als ein Raunen und geht mit Lichterscheinungen einher, unerklärlichen Eindrücken, Bildern, die mir entgleiten, sobald ich ihren Sinn zu ergründen versuche: sternförmigen Gebilden, zerfaserten Strukturen, blass wie Eisblumen an einem Fenster im winterlichen Schenectady auf Terra.

Wie hingehaucht wirken die Bilder und zerlaufen, wenn mein Verstand sich darauf richtet, als gingen Hitzestrahlen von meinen Gedanken aus.

Sinnlos, es beschreiben zu wollen.

Ist es Gon-Orbhon? Gibt der unbekannte »Gott«, den wir hier irgendwo in der Großen Magellanschen Wolke vermuten, mir diese Visionen ein? Wohl eher nicht. Ich habe nachgeforscht, und die Wirkung auf seine Jünger ist anders. Zumindest in der Milchstraße. Dort umschmeichelt er sie. Verleiht ihnen Kraft und Entschlossenheit.

Ich fühle mich aber weder umschmeichelt noch geborgen.

Ich höre ein Raunen, sehe lange Hälse sich nach mir recken, mich zu sich locken und an meinem Geist ziehen, reißen, zerren. Ich will nicht und beharre, weiß nicht, was mich dort erwartet, wohin sie mich entführen wollen.

Ich darf nicht nachgeben!

Schüttle die Bilder ab, sage ich mir. Denke an etwas anderes.

Eine Schande, jetzt Schwäche zu zeigen.

Habe ich nicht all diese Tage widerstanden? Der Verlockung nicht nachgegeben? Kein Sterbenswörtchen kam mir über die Lippen, während mein Geist blutete. Wolpor Farang ist nicht verrückt. Er hat seinen Geist im Griff. Nur Schwächlinge unterliegen sich selbst.

Wolpor Farang ist kein Schwächling!

Die Fernortung. Sie war mein geistiger Anker, sie behielt ich gebannt im Blick, während wir weiter dem Jetstrahl folgten. Immer fünfzig Lichtjahre weit. Etappe für Etappe.

Bis der Sternhaufen vor uns materialisierte. Oder korrekter: wir vor ihm.

Der Jetstrahl weist hinein, aber tritt an keiner anderen Stelle heraus, und so ermitteln wir. Nutzen unsere Technik. Dringen ein. Heimlich. Verstohlen. Auf Schleichfahrt. Zwei Etappen weit.

Und ich widerstand den Gesängen, die ich vernahm. Die mich lockten.

Aber jetzt orten wir zwei Gurrad-Schiffe. Und noch etwas, das jäh aus dem Hyperraum fällt und sich auf Kollisionskurs begibt.

Grundgütiger!

Es sind Ballungen aus reiner Energie!

Sie rasen auf die Gurrads zu. In regelmäßigen Abständen erklingt ein Ping und meldet akustisch, was unsere Ortungssysteme graphisch darstellen: Wellenlinien vor stumpfer Schwärze. Kreisförmig ausgehend von einem Punkt, der längst verschwunden ist. Tropfen, die in den Ozean der Zeit fallen.

Ping!

Die Kugelfelder halten den Kollisionskurs. Katapultieren sich auf die Schiffe der Gurrads zu, vollziehen wie sensorgelenkte Projektile jede Bewegung ihres Opfers nach, während sie mit 250 Kilometern in der Sekunde dahinrasen.

Energetische Torpedos! Ping! Erreichen die Gurrads, die ihre Schirme hochfahren, auf Volllast gehen. Aber es nützt nichts. Ping!

Zwei gewaltige Explosionen, verbunden mit einem mechanischen Zertrümmerungseffekt.

Die Birnenschiffe wurden zerstört. Kompromisslos. Wir haben es erlebt.

Die Gurrads wurden vernichtet!

Aber vorher haben sie etwas abgesetzt, und ich höre Bulls Befehle.

Reagiere ich darauf? Handle ich?

Das Raunen in meinem Geist schwillt an, die sternförmigen Gebilde vor meinem inneren Auge werden zu wirbelnden Spiralen. Und die Hälse der Spiralen recken sich mir entgegen, schnappen nach mir wie die Zähne eines Sägeblatts. Sie packen mich, reißen an mir, lassen los, packen erneut zu, doch ich gebe nicht nach und bleibe eins, werde nicht zerfetzt, sondern als Ganzes aus meinem Sitz geworfen, werde hochgerissen.

Geschieht es wirklich? Oder bilde ich es mir nur ein?

Ich funktioniere mechanisch. Erfülle meine Aufgabe, als wäre ich voll konzentriert. Der Drill zeigt Wirkung, unsere harte Ausbildung. Und ich bin kein Schwächling.

Nicht Wolpor Farang!

Aber dann erklingt wieder das Ping, und das Raunen in meinem Geist tost, und die Bilder vor meinen Augen erstrahlen grell – greller mit jedem weiteren Ping!

Wieder werde ich hochgerissen. Falle nicht zurück. Blicke nach unten und sehe meinen Körper zur Seite gesunken auf dem Kontursessel, während Bulls kräftige Stimme befiehlt, sämtliche Energie in die Hawks zu leiten und das Eintrittsmanöver in den Linearraum zu riskieren. Egal ob die Konverter durchbrennen ...

1.

Schiffbrüchig

Als sie materialisierten, herrschte im Hangar geschäftiges Treiben.

Sicherheitsexperten verankerten die beiden Rettungskapseln, zylindrische Zellen von drei Metern Durchmesser und sechs Metern Höhe. Sie justierten Energiefelder, um die schwache Strahlung der Aggregate an Bug und Heck abzuschirmen, und postierten Roboter am Mittelteil, wo sich eine kleine Schleuse befand, zweieinhalb mal zweieinhalb Meter. Zusätzlich legten sie einen Energieschirm um die beiden Kapseln.

Sie waren für alles gewappnet, was vielleicht herauskommen mochte.

Wenn sich dort überhaupt noch etwas regt, dachte Bully.

Er war pessimistisch, was mögliche Überlebende anging. Die Vernichtung des Gurrad-Schiffs durch die Torpedofelder war schnell und gründlich erfolgt, und es erschien ihm fraglich, ob sich noch jemand von der Besatzung hatte retten können.

Er sah Gucky an.

»Ich empfange keine Gedankenimpulse«, gab der Mausbiber zur Auskunft, ließ die Hand seines Freundes los und musterte ihn mit ungewöhnlichem Ernst. »Die Abschirmung wirkt auf meine Parasinne wie eine Wand aus Watte. Da wird eine merkwürdige Frequenz benutzt, wenn du mich fragst.«

Bully nickte. Er wandte sich an einen jungen Offizier unmittelbar vor ihm, der mit einem Multiorter hantierte und eifrig in ein Akustikfeld sprach. Das Gerät schwebte auf einer Antigravplattform vor ihm in der Luft.

Bully tippte ihm auf die Schulter. »Könnte man das äußere Schirmfeld abschalten?«

Der Angesprochene drehte sich um und grüßte knapp, als er den Expeditionsleiter erkannte. Dann musterte er die Anzeigen des Geräts. »Ja, es besteht keine Gefahr.«

Äußerlich änderte sich nichts, als er einen weiteren Befehl erteilte. Die Traktorstrahlen hielten die Rettungskapseln weiter einen halben Meter über dem Boden in der Schwebe. Aber der Energieschirm, der beide Einheiten gleichzeitig umschloss, erlosch.

»Schau an, jetzt empfange ich etwas«, murmelte Gucky.

Als Bully ihn anblickte, ließ der Mausbiber seinen Nagezahn aufblitzen und deutete auf eine der Kapseln. Im gleichen Moment öffnete sich dort eine Schleuse.

Es war nichts zu sehen. In der ovalen Aussparung waberte nichts als Schwärze.

»Könntest du dich vielleicht etwas genauer ausdrücken?«, wandte Bully sich an den Mausbiber, ohne den Blick von der Schleuse zu nehmen. Er stockte, als dort ein grünes Energiefeld entstand, das sich langsam zum Boden des Hangars vorschob.

Eine Rampe!, dachte er.

Gucky blickte ihn nur pfiffig an, als freute er sich auf das, was ihnen bevorstand.

Auf dem oberen Absatz tauchte ein Fuß auf, zu dem eine stämmige Gestalt gehörte. Sie schälte sich aus dem Dunkel wie ein Relief, das aus Felsen gemeißelt wird. Humanoid, mit breitem Gesicht und niedriger Stirn. Eine Löwenmähne umgab den Kopf, bedeckte einen Teil der Wangen und bildete im Nacken einen langen, mähnenartigen Haarwulst.

Ein Gurrad!

Es war lange her, seit das vorherrschende Intelligenzvolk in den Magellanschen Wolken eine größere Rolle in der Geschichte der Milchstraße gespielt hatte, zuletzt als Sachwalter der Posbis während der Dunklen Jahrhunderte. Auch heute lebten und arbeiteten etliche Gurrads in der Milchstraße, wenngleich sich dieses Volk in den letzten Jahrhunderten eher nach Andromeda ausgerichtet hatte.

Menschen und Gurrads kannten einander seit langer Zeit. Die erste Begegnung mit den Gurrads reichte weit zurück: Reginald Bull war noch Staatsmarschall des Solaren Imperiums gewesen. Die Gurrads hatten damals als Guerillas Furore gemacht, in der eigenen Galaxis unterdrückt und verfolgt von den Hilfsvölkern der Uleb. Nach anfänglichen Missverständnissen waren Terraner und »Löwenmenschen« gemeinsam gegen die Uleb vorgegangen – und hatten gesiegt ...

Der Mausbiber versetzte ihm einen Rippenstoß, als der Gurrad die Rampe herunterschritt – mit steinerner Miene, in der nur die grün schillernden Augen zu leben schienen.

Und er blieb nicht allein.

Zwei weitere Gurrads tauchten in der Schleuse auf und folgten ihm, beide etwas kleiner als der Erste, der eine schlank, der andere stämmig.

Bully drehte sich um und wandte sich an den jungen Offizier mit dem Ortungsgerät. »Warum hast du mir nicht Bescheid gegeben, wenn du das gewusst hast?«

Der Mann zuckte die Achseln. »Gucky ist doch bei dir, Chef. Mit seinen sensiblen Sinnen kann ohnehin kein Gerät mithalten.«

Bully verzichtete auf eine Antwort. Er hob die Hand und rief: »Seid mir herzlich willkommen!« Dann ging er den Gurrads energischen Schrittes entgegen.

»Mein Name ist Faghan El Bar«, stellte sich der Größte der drei mit rauer, dunkler Stimme vor, als sie voreinander standen. »Ich stamme aus dem Imperium Roewis und war der leitende Wissenschaftler meines Schiffes, als es zur Katastrophe kam.«

Bull nickte. Die Kosmische Hanse hatte früher beinahe die Hälfte ihres Güterverkehrs in die Große Magellansche Wolke über Roewis abgewickelt. Soweit er wusste, stand es unter der Herrschaft des reichen Händlerkonsortiums der Zweiundzwanzig.

»Ich bin ...«

»Ich weiß, wer du bist«, unterbrach ihn der Löwenmensch. »Glaubst du, eure Warnungen vor dem Hyperschock sind nicht bis zu uns gedrungen?«

»... Reginald Bull, Residenz-Minister«, beendete er seine Vorstellung.

Die Gurrads waren gut informiert, wie eigentlich auch kaum anders zu erwarten. Beziehungen zwischen der Milchstraße und Magellan hatten immer existiert, und in den letzten zwanzig Jahren hatte die terranische Regierung unüberhörbar überall in ihrem Einzugsgebiet vor der Erhöhung der Hyperimpedanz gewarnt.

Das hatte wohl gereicht, dass Namen wie Bull oder Rhodan auch hier ein Begriff waren.

»Tut mir aufrichtig Leid, was euch widerfahren ist.« Bully sah sein Gegenüber offen an und ließ den Blick dann zu den anderen schweifen. »Konntet nur ihr drei euch retten?«

El Bar knurrte unwillig. »Ich befand mich gerade in der Schleuse – wie Tary Gerrige«, er deutete auf den Schlanken, der in blaues Leder gekleidet war, »und Gahd Konter.« Nun deutete er auf den Stämmigen in der roten Kombination.

Bully musterte kurz die Kleidung der drei. Er wusste, dass die Farben das jeweilige Spezialgebiet des Trägers anzeigten. Grau, Blau und Rot ... Wissenschaftsoffizier, Hyperphysiker und Angehöriger der Landetruppen.

Gerrige wirkte sehr stolz, genau wie Bull die Löwenmenschen einst kennen gelernt hatte. Aber Konter machte einen verschlagenen Eindruck. Er musterte ihn tückisch aus dunkelbraunen Augen. Kein Wesen, das man als Feind haben mochte, aber auch keines, auf dessen Freundschaft sich Bull verlassen würde.

Und Faghan El Bar ... Dieser Gurrad hatte eine charismatische Ausstrahlung. Der geborene Anführer! Es wunderte Bull nicht, dass er einen gelben Gürtel zu seiner grauen Kombi trug, das Zeichen des Befehlshabers.

Plötzlich erklang ein unmotivierter Schrei. Gahd Konter spuckte etwas aus – einen Klumpen unappetitlichen Schleims ...

Gucky zog unwillig die Brauen zusammen.

»Ich fürchte, dass wir tatsächlich die einzigen Überlebenden sind«, sagte El Bar.

»Wir haben die Zerstörung eurer Schiffe miterlebt«, bestätigte Bull. »Als die Kugelfelder aus dem Hyperraum fielen, seid ihr sofort auf Fluchtkurs gegangen, aber die Felder haben euch mit hoher Beschleunigung verfolgt. Gleich darauf kam es zum Einschlag. Ihr hattet keine Chance. Ihr könnt von Glück reden, dass eines der Schiffe noch in der Lage war, eure und diese Rettungskapsel dort abzusprengen.« Er deutete zu der zweiten Kapsel.

El Bar schwieg und sah nicht hin. Bull gefiel das nicht. Immerhin war es doch möglich, dass sich an Bord der zweiten Kapsel weitere Gurrads befanden. Aber El Bar ging wohl davon aus, dass seine Retter sich schon darum kümmern würden.

»Hört mal ...«, begann Gucky, dem diese Einstellung ebenso wenig gefiel.

Er will eine Strafpredigt halten!, durchfuhr es Bull. Er kannte Guckys Strafpredigten. Sie konnten lange dauern.

»Ich schlage vor«, fiel er dem Mausbiber ins Wort, »dass ihr euch jetzt zurückzieht. Wir haben inzwischen Kabinen für euch vorbereitet, und ihr müsst erschöpft sein.«

Der Gurrad in der grauen Lederkombi nickte. »Ich darf doch davon ausgehen, dass ihr mich und meine zwei Begleiter unverzüglich an eine Einheit von Roewis überstellt?«

Bull stutzte. Er kannte die Mentalität der Gurrads und ihr grenzenloses Selbstbewusstsein, aber trotzdem hielt er diese Forderung für eine Frechheit.

Kein Wort des Dankes für ihre Rettung und jetzt so etwas!

»Ich muss euch enttäuschen«, antwortete Bull. »Mein Raumschiff hat weder die Zeit noch die Triebwerksreichweite, um drei Gurrads zu ihrem Stützpunkt zu transportieren. Ihr müsst wohl oder übel vorerst bei uns bleiben.«

Das waren Argumente, und Bull setzte darauf, dass sie begriffen wurden. Gurrads waren knallharte Realisten, die sich am Machbaren orientierten.

»Ich verstehe, Residenz-Minister, und wir nehmen dein Angebot gern an«, sagte der Anführer der Gurrads.

In diesem Augenblick schrie Gahd Konter abermals unmotiviert auf und spuckte aus.

Unwillkürlich musterte Bull den Schleimbatzen.

»Führe die Herren in ihre Kabine!«, befahl er einem der Sicherheitsexperten in der Nähe. »Und sorge dafür, dass ihnen jeder Wunsch erfüllt wird.«

Mit steinerner Miene folgten die drei dem Offizier, der sie zum Hangar hinausführte.

Bull wartete nicht, bis sie außer Sicht waren, sondern wandte sich umgehend der zweiten Rettungskapsel zu. Nichts hatte sich dort getan, seit das Schirmfeld abgeschaltet worden war. Kein Funkruf, keine Energierampe, kein überraschend auftauchender Gurrad.

»Schickt Roboter hinein!«, befahl er.

Es dauerte nicht lange, bis die schweren Maschinen sich Zutritt verschafft hatten. Bull wartete geduldig, dass sie wieder zum Vorschein kämen. Sie gaben Meldung, auf drei Leichen gestoßen zu sein, tote Gurrads, die erst kürzlich gestorben waren, offenbar gleich nach der Absprengung der Kapsel vom Mutterschiff.

Eine unbekannte Art von Schockwelle hatte sie getötet.

Bull bekam ein mulmiges Gefühl. Er fragte sich, ob die drei Überlebenden wirklich nichts davon gewusst hatten. Vielleicht war ihnen längst bekannt gewesen, dass man für die anderen nichts mehr tun konnte. Vielleicht hatten sie deshalb so gefühlskalt reagiert.

»Sie wissen etwas«, flüsterte Gucky. »Und sie werden uns dieses Wissen freiwillig zur Verfügung stellen. Warte nur ab.«

El Bar hatte eingewilligt. Er hatte sich Bulls Weigerung, sie auf dem nächsten Stützpunkt der Gurrads abzusetzen, gefügt und ihn damit als ranghöhere Person anerkennt.

Auf einmal begriff er, was das zu bedeuten hatte. El Bar hat sich also doch bedankt! Sein Zugeständnis ist ein Dankeschön!

Gucky hatte Recht. Er würde sein Wissen mit ihnen teilen.

Als Bull den Hangar verließ, machte er einen großen Bogen um den Schleimbatzen auf dem Boden. Giftig grün schimmerte er auf dem Metall.

*

Bericht Faghan El Bar

Am Anfang stand der Hyperschock. Zwar durchaus als hypothetische Möglichkeit irgendwann anerkannt, aber in der Praxis völlig überraschend brach er über das Imperium Roewis herein. Nein, nicht nur über Roewis, sondern über die gesamte Große Magellansche Wolke.

Mindestens.

Wir hatten die Vorboten nicht erkannt, Hyperstürme, die immer stärker wurden und sich immer öfter als mittelfristig stabile Phänomene erwiesen. Sie toben unvermindert weiter, und es sieht nicht danach aus, als würden sie bald nachlassen.

Nach dem Hyperschock reagierten wir natürlich sofort und retteten die Besatzungen terranischer und anderer Botschaften sowie verschiedener Handelsgesellschaften aus der Milchstraße. Die Vertreter dieser hochgerüsteten Zivilisationen traf es am schlimmsten. Sie hatten allesamt Totalausfälle ihrer Technik zu beklagen.

Uns erging es da besser, im gleichen Maße, wie es uns vorher schlechter gegangen war. Die Zivilisationen der Großen Magellanschen Wolke mussten keineswegs bei null anfangen. Besonders wir Gurrads hatten auch nach dem Hyperschock noch beträchtliche Ressourcen zur Verfügung, die für den Aufbau genutzt werden konnten, weil wir immer sehr auf die älteren Technologien gesetzt hatten. Unsere Impuls- und Lineartriebwerke, Positroniken und Fusionsreaktoren nahmen keinen Schaden.

Aber ich will nichts beschönigen. Der Wiederaufbau der Zivilisationen, auch unseres eigenen Imperiums, verspricht eine langwierige Angelegenheit zu werden.

Und dann – wir hatten uns schon einigermaßen mit den neuen Verhältnissen arrangiert – geschah etwas, das die Situation noch verschlimmerte: Nicht weit von Roewis entfernt kam es zu einem höchst seltsamen, geradezu aufschreckenden Phänomen.

In den Ausläufern des Arwitchnebels, den ihr Terraner Tarantelnebel nennt, materialisierte ein kompletter, vorher in keinem Sternkatalog verzeichneter Sternhaufen!

Für die Mehrheit unserer Wissenschaftler bestand kein Zweifel, dass es hier einen Zusammenhang mit der erhöhten Hyperimpedanz geben musste.