Perry Rhodan 2266: Bastion von Parrakh - Michael Nagula - E-Book

Perry Rhodan 2266: Bastion von Parrakh E-Book

Michael Nagula

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Beschreibung

Sie sind im Reich des Gegners - auf der Spur des erwachenden Gottes Auf den von Menschen und ihren Nachkommen bewohnten Planeten der Milchstraße ist bereits das Jahr 1333 Neuer Galaktischer Zeitrechnung angebrochen. Aufgrund des so genannten Hyperimpedanz-Schocks herrscht in weiten Teilen der Galaxis eine Mischung aus wirtschaftlichem Niedergang und wagemutiger Aufbruchsstimmung. Auf Terra, der Urheimat der Menschheit, leben zudem viele Bewohner in wachsender Angst: Der mysteriöse "Gott" Gon-Orbhon greift aus dem Dunkel heraus nach der Macht. Die Regierung vermutet sein Versteck in der Großen Magellanschen Wolke. Die Expedition des Fernraumschiffs RICHARD BURTON und seiner Besatzung soll das Übel an der Wurzel packen. Schon vor einem halben Jahr brach der Raumer nach Magellan auf. In dieser Galaxis suchen die Terraner nun nach einem Mittel, die Macht des "Gottes" zu brechen. Gleich drei Aktivatorträger gehen deshalb in einen gefährlichen Einsatz: Sie stoßen vor zur BASTION VON PARRAKH...

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Nr. 2266

Bastion von Parrakh

Sie sind im Reich des Gegners – auf der Spur des erwachenden Gottes

Michael Nagula

Auf den von Menschen und ihren Nachkommen bewohnten Planeten der Milchstraße ist bereits das Jahr 1333 Neuer Galaktischer Zeitrechnung angebrochen. Aufgrund des so genannten Hyperimpedanz-Schocks herrscht in weiten Teilen der Galaxis eine Mischung aus wirtschaftlichem Niedergang und wagemutiger Aufbruchsstimmung.

Auf Terra, der Urheimat der Menschheit, leben zudem viele Bewohner in wachsender Angst: Der mysteriöse »Gott« Gon-Orbhon greift aus dem Dunkel heraus nach der Macht. Die Regierung vermutet sein Versteck in der Großen Magellanschen Wolke.

Die Expedition des Fernraumschiffs RICHARD BURTON und seiner Besatzung soll das Übel an der Wurzel packen. Schon vor einem halben Jahr brach der Raumer nach Magellan auf. In dieser Galaxis suchen die Terraner nun nach einem Mittel, die Macht des »Gottes« zu brechen.

Gleich drei Aktivatorträger gehen deshalb in einen gefährlichen Einsatz: Sie stoßen vor zur BASTION VON PARRAKH ...

Die Hauptpersonen des Romans

Reginald Bull – Der Terraner wird beim geheimen Einsatz mit neuen Pflichten konfrontiert.

Gucky – Der Mausbiber greift zu einer speziellen Notlüge.

Icho Tolot – Der Haluter geht mit seinen zwei alten Freunden auf Erkundung.

Auckran – Der Magistrat bekommt auf Parrakh ein ungewohntes Problem.

Taff Ogtan

1.

Die Arme in die Hüften gestemmt, stand ich in der Schleuse.

Meine Haltung signalisierte jedem, der mich sah, dass er mir bloß nicht krumm kommen solle; eine dumme Bemerkung, und er flöge durch die Luft. Aber anscheinend war das überflüssig. Niemand schaute zu mir hin, als ich den großen Fitnessraum betrat.

Haben sie also doch Respekt vor dir, dachte ich.

Links und rechts schwitzten die Fitnesswütigen, während ich durch den langen Saal ging, der sich schlauchartig vor mir ausbreitete. Ganz vertieft strampelten und wuchteten sie an den Muskelaufbaugeräten, die heutzutage vielleicht wichtiger waren als in früheren Zeiten. Magnetfeldstimulation und Psychohygiene konnten den Körper nicht so gesund erhalten wie eine Portion guter alter Schweiß.

Ich nickte einigen Leuten freundlich zu, unterwegs zu meinem Vital-Holografen.

Nie hätte ich geglaubt, dass ich einmal ein Fitnessgerät benutzen würde. Aber mit dem Alter kommt bei vielen bekanntlich die Einsicht, und mit dreitausend Jahren war ich inzwischen alt genug, um etwas für meinen Körper zu tun.

Diese spezielle neue Einsicht hatte ich Jan zu verdanken. Jan Shruyver. Der schlaksige, junge Blondschopf hatte sich während einer der finstersten Stunden meines Lebens rührend um mich gekümmert. Er war Fremdvölkerpsychologe – was nicht heißen sollte, dass ich ihn aus diesem Grund benötigt hätte.

Ich fühlte mich unter den Menschen keineswegs wie ein Fremder. Schon lange nicht mehr. Immerhin hatte ich gelernt, wie ein Terraner zu denken. Sie waren mir lieber als alle anderen Wesen, denen ich auf meinen Reisen begegnet war. Deshalb hatte ich sie auch quasi adoptiert – oder sie mich. Sie waren der denkbar beste Ersatz für den Verlust meines eigenen Volkes.

Aber eben doch nur ein – Ersatz.

Während ich unter den Blicken der Trainierenden auf den Holografen zuging, merkte ich, wie meine Gedanken in eine Richtung abschweiften, die ich lange Zeit tunlichst gemieden hatte. Nur nicht dran denken, war meine Devise gewesen. Daher war mir selbst nicht klar gewesen, wie einsam ich seit dem Aussterben der Ilts eigentlich war.

Und erst recht seit dem Tod meiner Gefährtin.

Vor zweieinhalb Jahrtausenden hatte ich sie verloren, aber als Unsterblicher empfindet man das Verstreichen der Zeit anders. Große Zeitspannen werden in der Erinnerung kürzer, auf das Wesentliche reduziert, und der Augenblick gewinnt an Gewicht.

Eine junge Epsalerin, an der ich vorbeikam, blickte mich mit zusammengepressten Lippen an. Sie konnte offenbar nicht fassen, dass ich mich hier aufhielt und sogar zu Fuß ging, wo mir doch ganz andere Möglichkeiten zur Verfügung standen.

Als ich an ihr vorbeikam, staunte ich darüber, wie sie die gewaltigen Gewichte im Terkonitrahmen bewegte, die bei jeder Beugung ihrer Unterarme die Handmanschetten aus Polysynth schier zum Platzen brachten. Ohne die Antigravpolster hätten die Gewichte beim Aufsetzen glatt den Boden des Decks durchschlagen.

Ich grinste und hob die Rechte. »Hallo.«

»Hallo«, knirschte sie.

Wie gesagt, der Augenblick bekommt einen größeren Stellenwert, aber das eigene Leben auch. Vielleicht war es für mich deshalb ein doppelter Schock, was vor knapp zwei Wochen geschehen war. Dort, an Bord des unbekannten Wracks. Der Schuss aus dem Hinterhalt, der mir den Raumanzug verbrannte. Es sengte mir das gesamte Fell weg.

Ich war innerlich wie äußerlich entblößt gewesen – ein nackter, haarloser Wurm, anzusehen wie eine fleischige Ratte. Ich kannte mich selbst nicht mehr. Und dann setzte etwas ein, was ich zuerst für eine Depression hielt. So behandelten es auch die Mediker.

Bis mir klar wurde, dass einfach nur die Maske gefallen war. Fell weg, Maske weg. Ich hatte die ganze Zeit über meine Einsamkeit kaschiert, durch Scherze und Albernheiten.

Das alles wurde mir damals jählings bewusst, und diese Erkenntnis schmerzte mehr als alles andere. Ich konnte froh sein, dass mir Jan Shruyver zur Seite stand. Er war wie aus dem Nichts aufgetaucht und auf seine Weise ebenfalls ein Außenseiter: ein Jüngling mit hellblauen Jeans und brauner Lederjacke mit Fransen, mit einem weißen T-Shirt, auf dem eine Comicfigur mit gelbem Gesicht und Stoppelhaar prangte ...

Eben ein Terra-Nostalgiker. Ich stand auf diese Typen.

Eine Frau winkte mir zu, die sich in ein Gerät eingespannt hatte, dessen unteren Teil sie mit den Beinen fortstemmte. Wie ich mit sicherem Blick feststellte, war sie mit ihren grünen Mandelaugen und dem schwarzen, seidigen Haar, das sie gescheitelt trug, eine atemberaubend schöne Frau.

Ach ja, Sirun Antara. Ich kannte sie aus der Messe, in der sie den Service leitete.

Die Neugier stand ihr in den Augen, was ich hier wohl zu suchen hatte, aber vor Anstrengung sagte sie kein Wort, sondern hob nur leicht die Hand, als ich an ihr vorbeiging.

Ich blickte sie an und ließ meinen Nagezahn aufblitzen.

Wenige Meter weiter, auf halber Höhe des schlauchartigen Fitnessraums, stand der Vital-Holograph. Ein völlig undurchsichtiger Würfel, gut vier mal vier Meter. Die Maschine, zu der mir Jan geraten hatte. Der Wunderapparat, der mich wieder richtig fit machen sollte.

Ich öffnete die Tür und linste hinein. Innen war alles in einem besinnlichen Orangeton gehalten, der sich in dem blanken Metallgerüst spiegelte, vor dem mehrere Flachbildschirme hingen.

Ich legte mich in das abstruse Gerüst, wäre beinahe hindurchgefallen. Instinktiv hielt ich mich telekinetisch fest und schwebte wieder hinaus. Etwas ratlos stand ich neben der Konstruktion, bis mir auffiel, dass ein Terminal in grellem Rot blinkte.

Telekinetisch drückte ich den Startknopf; ein Menü leuchtete auf, das mich nach Größe, Gewicht und anderen Intimitäten fragte. Als ich die Werte in ein Akustikfeld sprach, stellte sich das Gerüst wie von Geisterhand auf mich ein. Kurz und knapp ausgedrückt: Es schrumpfte.

Kaum hatte ich mich diesmal hineingesetzt, klappte einer der Bildschirme vor mir herunter.

»Was ist ...?«, entfuhr es mir, als auch schon ein Gesicht aufflammte. Es war Jan Shruyver.

Und jetzt wusste ich, was Sache war. »Du überlässt nichts dem Zufall, was?«

»Nicht bei meinem Lieblingspatienten«, sagte er.

Wieder blitzte mein Nagezahn auf, diesmal aber vor echter Freude. »Du hast nicht geglaubt, dass ich überhaupt hier antanze, oder?«

Jan lächelte mich eine Weile an. »Ich will dir kurz erklären, was es mit dem Vital-Holografen auf sich hat«, antwortete er ausweichend. »Im Grunde handelt es sich um ein Gerät, das durch reine Simulation deinen Körper und Geist stärkt. Ringsum ...« Ich blickte zu den Wänden, zur Decke und zum Boden. »... befinden sich dicht an dicht Kontaktscanner.«

»Seh ich ...«

»Sie nehmen jede Regung deines Körpers auf, ob Stoffwechselfunktion oder Muskelfaserreaktion. Scheibchenweise und in Drei-D, bis eine Holographie von dir erstellt ist. Diese dient als Testgrundlage für verschiedene Simulationen. Wenn der Computer die Werte ermittelt hat, die ganzheitlich deinen optimalen Gesundheitszustand herbeiführen, kommen die Reaktoren ins Spiel.«

Es durchfuhr mich siedend heiß. »Werde ich einer Strahlung ausgesetzt?«

»Keine Sorge.« Jan schmunzelte. »Die Kontaktscanner senden nur feinste Lichtstrahlen aus, die unterschiedlich tief und intensiv greifen.«

»Sie nehmen mich unter Beschuss!«

»Sie trainieren jeden Muskel, jede Drüse und jede Zelle so perfekt, wie kein mechanisches Gerät und nicht einmal du selbst es könntest.«

»Was habe ich dabei zu tun?«

»Nur still dazusitzen.«

Ich nickte, obwohl mir ganz flau im Magen war. »Das hast du mir vorher nicht gesagt.«

»Ist es dir unangenehm?«

»Ich weiß nicht recht. Vielleicht, wenn es anfängt ...«

»Du wirst schon seit Beginn unseres Gesprächs gescannt.«

Ich wollte aufspringen, aber im gleichen Augenblick presste ich mich zurück auf den Sitz. Ganz automatisch hatte ich mich an die Kandare genommen. Wer wusste schon, was geschah, wenn ich die Testgrundlage verfälschte?

»Wenn das so ein tolles Gesundheitsprogramm ist«, sagte ich skeptisch, »warum rackern sich die anderen an mechanischen Geräten ab?«

»Eine Frage der Mentalität. Schwitzt du gern? Sie tun es, das gibt ihnen das Gefühl von Reinigung. Deshalb ziehen sie die altmodische Art vor.«

Eine Weile schwiegen wir. »Ich spüre nichts«, platzte ich schließlich heraus. »Vielleicht ist mir die altmodische Art lieber. Nach den Träumen gestern Nacht.«

»Du willst schwitzen? Was waren das für Träume?«

Ich hatte das Gefühl, meinen Kopf nicht bewegen zu dürfen, was sicher völliger Unsinn war. Die Scanner erfassten meine Struktur wahrscheinlich in jeder räumlichen Lage. Dennoch verdrehte ich nur die Augen in Richtung Schirm. »Ich ... ich habe mich kraulen lassen«, seufzte ich, »aber nicht von irgendwem. Sie hat mich besucht.«

An Jans Schweigen erkannte ich, dass er wusste, von wem ich sprach. »Es war wieder so wie damals, als sie mir im Kessel von DaGlausch begegnete ... vor fast 42 Jahren ...«

Ich konnte nicht weitersprechen. Ich schloss die Augen und erinnerte mich an diese Begegnung mit meiner Frau, die ich bis dahin tot geglaubt hatte. Was Iltu mir damals gesagt hatte, war unsagbar tröstlich gewesen, auch wenn ich es noch immer nicht glauben konnte. Die Ilts seien bei der Vernichtung Tramps überhaupt nicht umgekommen, nur ihr Körper sei zerstört worden, nicht aber die Essenz. Diese sei in ES aufgegangen.

ES, der manchmal auf die Zufuhr positiver Mentalkraft angewesen war. Wir hatten es erlebt. Der Exodus der Mutanten hätte es uns bewusst machen müssen ...

Nein!, schrie es in mir. Nein, nicht wieder diese Gedanken! Meine Schnurrhaare zitterten, und meine Hände ballten sich zu Fäusten.

Aber jetzt war ein Damm gebrochen. Lange Verdrängtes brach sich mit voller Wucht Bahn. Das bedeutete, dass auch mein geliebter Sohn noch lebte: Jumpy!

Er war in ES aufgegangen. Wie alle anderen. Ich war nicht der einzige und letzte Vertreter meiner Art. Nur der letzte mit einem Körper.

»Iltu hat dich besucht?«

Ich nickte. »Ich spürte sie, ihr weiches Fell, ihren feuchten Atem. Sie kraulte und küsste mich, wie beim ersten Mal.« Heiß loderte es in mir auf. Das erste Mal war zweieinhalbtausend Jahre her.

Werde ich denn nie erlöst? Endet dieser Schmerz nie?

Ich verfluchte Jans Vorschlag, mir Ruhe zu verschaffen, indem ich sie mir als Teil meiner selbst vorstellte. Aber andererseits ... Ich hatte ihm nichts von unserer Begegnung in DaGlausch erzählt, als ich erfuhr, dass sie gar nicht tot war.

Mir war, als legte sich ein Schleier über mein Denken. Ich glaubte zu spüren, wie die Kontaktscanner meinen Körper mit Lichtimpulsen bombardierten, ihn massierten und stimulierten. Es war, als würde ich von Grund auf neu aufgebaut.

»Der Vital-Holograph ist genau das Richtige für dich«, murmelte Jan Shruyver. Ich blickte ihn jetzt direkt an auf dem Schirm, das lange blonde Haar, das PsIso-Netz, das wir auf Bullys Befehl hin alle tragen mussten, vierundzwanzig Stunden am Tag, selbst nachts.

Ich tastete nach meinem eigenen Netz. Version 11a. Es sollte verhindern, dass Gon-Orbhon Einfluss auf uns nahm. Ob es etwas bewirkte oder nicht, stand völlig in den Sternen. Ich hatte eher den Eindruck, dass die Vergangenheit auf mich Einfluss nahm.

»Dein Traum hat dich aufgewühlt«, verkündete Jan nach einer Weile.

Kluger Mann!, wollte ich sagen. Aber ich schwieg.

»Wir haben es provoziert«, meinte er. »Habe ich dir nicht geraten, sie wieder zu einem Teil von dir zu machen, damit du ruhiger und ausgeglichener wirst? Anscheinend ist es dir besser gelungen als gedacht. Das Soll wurde übererfüllt.«

Ich starrte ihn nur an und lauschte in mich hinein, noch unter dem Eindruck der Scannerstrahlen. Ein wohliges Gefühl umschmeichelte mich, angenehme Wärme, wie nach einer Massage. Aber da war auch das Gefühl von Fremdheit im eigenen Körper.

»Ich glaube, ich weiß jetzt, warum die meisten den Holografen nicht verwenden«, krächzte ich. »Man fühlt sich wie auf sich selbst kopiert. Wie ein Datenträger nach der Reparatur.«

Unwillkürlich strich ich mir mit der Pfote über die Stirn. Ich schwitzte.

»Wir können das Training auch abbrechen.«

Ich war versucht, seine Gedanken zu lesen. Aber dann ließ ich es. Ich war schon aufgewühlt genug. Was brachte es, mich noch über seine Analysen zu ärgern?

»So schnell gebe ich nicht auf.« Ich legte den Kopf zurück und entspannte mich. »Wenn du schon da bist, warum erzählst du mir nicht mehr über meinen Traum?«

»Klassische Wunscherfüllung«, entgegnete er.

Iltu wiederzusehen. Die Einsamkeit zu vergessen.

Ich spürte, wie einzelne Körperpartien von mir unter die Lupe genommen wurden. Der Aktivatorchip pochte im Rhythmus des Lichtstrahlenbombardements. Ein wenig ängstlich fuhr ich über mein neues seidiges Fell.

*

Als wir im Konferenzraum materialisierten, breitete sich Totenstille aus.

Icho Tolot und Malcolm S. Daellian waren anwesend. Neben Bully hatte es sich dessen Lebensgefährtin Fran Imith bequem gemacht, eine etwas unterkühlte Person, wie ich fand, aber schließlich war ich kein Mensch. Alle blickten Jan Shruyver und mich an.

»Entschuldigt bitte die Verspätung«, fiepte ich. »Aber wir hatten gerade eine Sitzung ... und, äh ... darüber habe ich die Zeit vergessen.«

Bully fixierte Jan mit kritischem Blick. Ich bekam fast ein schlechtes Gewissen, dass ich ihn gebeten hatte, an der Konferenz teilzunehmen. »Musstest du deinen Seelenklempner mitbringen?«, knurrte er. Er konnte den jungen Mann nicht ausstehen.

»Was treibst du in letzter Zeit überhaupt?« Er richtete den Blick auf mich. »Du warst vorhin im Fitnessraum. Das ganze Schiff macht sich darüber lustig.«

Hätte ich den Dicken nicht schon so lange gekannt, wäre ich ihm auf den Leim gegangen. Aber so wusste ich, dass er mir nicht böse war. Das war nur seine Art, seine Besorgnis um mich in Worte zu kleiden.

»Kennst du den Spruch nicht?«, antwortete ich. »In einem gesunden Körper lebt ein gesunder Geist.«

Innerlich wurmte es mich schon, dass meine Benutzung des Vital-Holografen die Runde machte. Aber ich hatte so etwas befürchtet. Das war eben der Nachteil des Bordlebens. Und ich war selbstsicher genug, zu meinen Handlungen zu stehen.

»Man sollte seine Gesundheit nie vernachlässigen«, schob ich als Argument nach.

»Wir sind Aktivatorträger«, knurrte der Rotschopf.

»Sport ist geistige Hygiene«, prahlte ich mit meiner neuen Weisheit. »Schließlich will ich nicht irgendwann aussehen wie meine eigene Teddybär-Variante.«

Das saß. Bully hatte zwar kaum ein Gramm zu viel am Leib, aber er war stämmig gebaut und hatte in seiner Kindheit und Jugend immer darunter gelitten, ein »Dickerchen« zu sein. Das hatte er nie vergessen.

Bevor unser Geplänkel ausufern konnte, wies uns Malcolm S. Daellian zurecht. »Vielleicht können wir uns auf das Wesentliche konzentrieren.«

Die Stimme erklang aus einem Akustikfeld über dem Medotank des Chefwissenschaftlers. Seit ein durchgehender Reaktor an Bord eines Experimentalschiffes seinen Körper zerstört hatte, musste das Gehirn in einen halb durchsichtigen Spezialbehälter versorgt werden – zusammen mit seinem Körpertorso.

Eine gruselige Vorstellung, die dadurch nicht weniger schrecklich wurde, dass man unter der schrägen Frontscheibe seine organischen Umrisse erahnen konnte.

Angesichts von Malcolms Zustand klang meine Trainingsgläubigkeit natürlich wie bitterer Hohn. Ich trat einen strategischen Rückzug an. »Ganz meine Meinung«, sagte ich. »Also, was gibt's Neues?«

Bully verdrehte die Augen über meine Flapsigkeit. Er wusste genau, dass ich wusste, welchen Zweck die von ihm einberufene Eilkonferenz hatte. Malcolms Gegenwart ließ keinen Zweifel übrig. Immerhin hatten wir ihn mit einem Kreuzer der RICHARD BURTON vor knapp einer Woche als Beobachter am Parr-System zurückgelassen.

Wir waren wieder in die Parrakhon-Wolke eingeflogen, um herauszufinden, was er hier in Gon-Orbhons Unterschlupf an Informationen hatte sammeln können.

»Sieh's ihm nach, Malcolm«, sagte Bully seufzend. Er wandte sich dem Medotank zu, einem Achteckprisma, das ihn an der höchsten Stelle noch um eine Handspanne überragte. »Fang bitte noch einmal mit deinem Bericht an.«

Aus dem Akustikfeld erklang ein Räuspern. »Unsere Mission war mehr als erfolgreich. Wir konnten viele Informationen sammeln, die uns vorher nicht zugänglich waren. Zum Teil anhand von Ortungen, zum Teil aus dem aufgefangenen Funkverkehr.«

»Ihr konntet ihn entschlüsseln?«, fragte Fran Imith, die mit verschränkten Armen am Konferenztisch saß. Jetzt war das Sachinteresse der ausgebildeten Agentin geweckt.

Im Akustikfeld knarrte es bestätigend. »Das war das Erste, was uns gelang. Und es war schon für sich eine kleine Sensation. Die hiesige Verkehrssprache ist Jamisch.«

»Jamisch!«, entfuhr es Fran und Bully wie aus einem Mund.

Wäre es dem Medotank möglich gewesen zu nicken, hätte er es bestimmt getan. »Ganz recht. Und Jamisch kennen wir von den Planeten, die aus dem Sternenozean von Jamondi in den Normalraum gefallen sind.«

»Ihr wisst, was das bedeutet?«, wandte Bully sich an die Umstehenden.

Tolot grollte. Für sein Planhirn war diese Frage eine klare Unterforderung, aber er klang nicht beleidigt, als er antwortete: »Das ist ein eindeutiger Beweis, dass der Sternenozean und der Sternhaufen Parrakhon zusammenhängen.«

Bully nickte. »Wie steht es mit dem Parr-System?«, wandte er sich erneut an den Chefwissenschaftler. »Wir haben festgestellt, dass der UHF-Schirm, der das System bis vor kurzem umgeben hat, ausgeschaltet wurde; ohne Gewaltanwendung oder Ähnliches. Außerdem haben wir bei unserem Eintreffen acht Raumstationen von gigantischen Ausmaßen geortet, annähernd kugelförmige Zellen, die teilweise wie ausgefasert wirken. Durchmesser: sechzehn bis siebzehn Kilometer.«