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Die Giganten treffen sich - und Savoire muss sich entscheiden Im Frühjahr 1346 Neuer Galaktischer Zeitrechnung steht die Menschheit vor der größten Bedrohung ihrer Geschichte. Die Terminale Kolonne TRAITOR hat die Milchstraße besetzt und alle bewohnten Planeten unter ihre Kontrolle gebracht. Die gigantische Raumflotte steht im Dienst der sogenannten Chaotarchen. Deren Ziel ist, die Ressourcen der Milchstraße auszubeuten, um die Existenz der Negasphäre in Hangay abzusichern: einem Ort, an dem gewöhnliche Lebewesen nicht existieren können und herkömmliche Naturgesetze enden. Als Atlan, der unsterbliche Arkonide, eine Expedition nach Hangay führt, weiß er, dass dort bereits der legendäre Generationenraumer SOL verschollen ist. Die SOL befand sich seit einiger Zeit in der Hand von TRAITOR, und endlich soll es zum Treffen zwischen ihr und der RICHARD BURTON kommen. Darin liegt allerdings eine bisher unbekannte Gefahr, und diese entspricht ESCHERS PLAN...
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Seitenzahl: 131
Veröffentlichungsjahr: 2014
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Nr. 2443
ESCHERS Plan
Die Giganten treffen sich – und Savoire muss sich entscheiden
Christian Montillon
Im Frühjahr 1346 Neuer Galaktischer Zeitrechnung steht die Menschheit vor der größten Bedrohung ihrer Geschichte. Die Terminale Kolonne TRAITOR hat die Milchstraße besetzt und alle bewohnten Planeten unter ihre Kontrolle gebracht.
Die gigantische Raumflotte steht im Dienst der sogenannten Chaotarchen. Deren Ziel ist, die Ressourcen der Milchstraße auszubeuten, um die Existenz der Negasphäre in Hangay abzusichern: einem Ort, an dem gewöhnliche Lebewesen nicht existieren können und herkömmliche Naturgesetze enden.
Als Atlan, der unsterbliche Arkonide, eine Expedition nach Hangay führt, weiß er, dass dort bereits der legendäre Generationenraumer SOL verschollen ist. Die SOL befand sich seit einiger Zeit in der Hand von TRAITOR, und endlich soll es zum Treffen zwischen ihr und der RICHARD BURTON kommen. Darin liegt allerdings eine bisher unbekannte Gefahr, und diese entspricht ESCHERS PLAN …
Atlan – Der Arkonide muss seinen Fehler erkennen.
Dr. Laurence Savoire – Ein »Zyklop« erblindet und sieht die Realität von ESCHER.
Ronald Tekener – Dem »Smiler« vergeht das Lachen.
SENECA –
Eine arkonidische Gutenachtgeschichte
Die Arkoniden hatten nicht schon immer rote Augen. Ihre Iriden schillerten einst blau und braun und schwarz und gelb und in allen Schattierungen.
Doch dann wurden die Arkoniden stolz und waren nicht mehr zufrieden mit ihrem Leben. Sie bauten Fluggeräte, mit denen sie sich von Arkons Boden erhoben und der Sonne entgegenflogen. Diese strahlte so hell, dass sie den Raumfahrern die Augen verbrannte, bis sie glutrot leuchteten.
Hör gut zu und lerne – jeder Erfolg hat seinen Preis. Lieber verbrannte Augen als Bedeutungslosigkeit im Spiel der Sternenmächte.
Nun schlaf gut und schließ die Augen … Sie sind müde, du musst sie löschen. So wollen es die Sternengötter.
*
Auch Dr. Laurence Savoire, der Erste Kybernetiker der Parapositronik ESCHER, träumte von verbrannten Augen. Er schlief, und sein eines Auge schmerzte.
Glühte.
Brannte.
Blick in die Negasphäre
Dunkel.
Das war sein Eindruck, bis ihm klar wurde, dass dieses Wort nicht ausreichte, um den Zustand zu beschreiben. Es war mehr als das – es herrschte völlige Schwärze.
Wo war er? Oder besser … wo hatte man ihn hingebracht? Dies konnte unmöglich seine Kabine an Bord der RICHARD BURTON sein. Da er absolute Dunkelheit nicht ertragen konnte, ließ er stets die Beleuchtung in der Hygienezelle brennen und sorgte dafür, dass sich das Schott dorthin nie völlig schließen konnte. Seit seinen Kindheitstagen war dies eine Angewohnheit.
Und nun diese völlige Schwärze.
Sein Herz schlug schneller, und die Muskulatur des Nackens schmerzte, weil er sich verkrampfte.
»Hallo?«, rief er in die Dunkelheit.
Niemand antwortete ihm. Natürlich nicht.
Er zwang sich zur Ruhe, kämpfte die Panik nieder. Seine Hände zitterten leicht; er ballte sie zu Fäusten, hob sie an den Mund.
Das konnte nicht sein. Er befand sich an Bord der RICHARD BURTON und damit in Sicherheit. Wenn das Schiff geentert worden wäre, hätte das niemals lautlos und unbemerkt geschehen können, und an Bord gab es niemanden, der ihn entführen und in einer Dunkelzelle einsperren würde.
Niemanden!
Der Erste Kybernetiker atmete tief durch und fühlte Schmerz, als er die Zähne in das Fleisch der Zeigefinger drückte.
Es galt, einen kühlen Kopf zu bewahren und nicht die Kontrolle über sich zu verlieren. Trotz dieser guten Vorsätze zogen diese Bilder in ihm auf, die Bilder jener Nacht, an die er schon so lange nicht mehr gedacht hatte und die doch unauslöschlich in seinem Gedächtnis verankert war. Die Nacht, in der sein Vater gestorben und der kleine Laurence, damals sechs Jahre alt, völlig allein in dem stockdunklen Haus aufgewacht war. Die Nächte auf Diakat waren im Hochsommer oft extrem lichtarm gewesen, wenn die Wolken der Stürme, die sich stets einen Tag im Voraus ankündigten, den Himmel bedeckten. Nicht einmal das Sternenlicht fand seinen Weg, da war nur die Finsternis gewesen, die absolute Lichtlosigkeit, in der der Tod und das Verderben lauerten und …
»Halt!«, sagte er, um sich selbst zur Ordnung zu rufen.
Dr. Laurence Savoire schwang die Beine aus dem Bett und verdrängte entschlossen die Visionen der Vergangenheit. Momentan zählte nichts als die Gegenwart. Was immer geschehen sein mochte, es war das Beste, nüchtern und sachlich damit umzugehen. Panik und irrationale Ängste waren kontraproduktiv.
Er saß auf dem Bett und stützte prüfend beide Hände an den Seiten seines Körpers ab. Er fühlte den leichten Widerstand der Matratze. Tief saugte er die Luft durch die Nase ein und roch das harzige Öl, das er gerne auf das Laken träufelte.
Die Muskeln seiner Oberschenkel zuckten unkontrolliert. Dies war sein Bett, war die Decke, die er gestern Abend über sich gebreitet hatte.
Er erhob sich und starrte in die Finsternis. Es fiel ihm schwer, das Gleichgewicht zu halten. Wenn er sich tatsächlich in seinem Quartier befand, musste seitlich neben dem Bett der Stuhl stehen, auf dem er jeden Abend seine Kleider ausbreitete.
Hastig drehte er sich um.
Scharfer Schmerz breitete sich vom Schienbein aus. Schwere Stuhlbeine knarrten über den Boden. Dr. Savoire bückte sich, rieb über die Stelle, die er an der metallenen Querstrebe des Stuhls angeschlagen hatte. Die Haut brannte, als er sie berührte, und durch ein wenig Blut fühlte sie sich schmierig an.
Ihm wurde schwindelig. Sein Verstand sagte ihm glasklar, dass er hyperventilierte, doch was nutzte die Erkenntnis, wenn die Panik verhinderte, ihr eine entsprechende Handlung folgen zu lassen?
Mit weit offenem Mund ließ er sich wieder auf die Matratze fallen. Das Bett knarrte.
Während er sich auf die Unterlippe biss, fragte er sich, ob sämtliche Technik an Bord der RICHARD BURTON ausgefallen war. Herrschte deswegen solche Schwärze wie in einer Vorgewitternacht auf Diakat?
Der Schwindel bewirkte Übelkeit.
Nicht daran denken … ich darf nicht daran denken!
Savoire kannte sein Problem genau, konnte ihm den wissenschaftlich korrekten Namen geben: Achluophobie – die Angst vor der Dunkelheit. In diesem Augenblick wurde dem Wissenschaftler klarer als je zuvor, wie sinnlos solche Begriffe waren … sie halfen nicht.
Er sprach nicht gern darüber. Es ging niemanden etwas an, und bei psychologischen Eignungstests war es leicht, diese kleine Macke zu vertuschen. Selbst die fähigsten Kosmopsychologen waren von Savoire stets leicht getäuscht worden. Niemand hatte es je bemerkt, als er seine Karriere in der Waringer-Akademie und danach beim damaligen Geheimprojekt ESCHER angetreten hatte.
Schlechtes Gewissen plagte ihn deswegen nicht – schließlich beeinträchtigte es seine Arbeit nicht. Und wo gab es schon einmal völlige Dunkelheit? An Bord eines Raumschiffes wie der RICHARD BURTON schon gar nicht, es sei denn, man legte es gezielt darauf an. An tausend Orten leuchteten Anzeigen, schimmerten Richtungspfeile, brannten Notbeleuchtungen.
Für einen Diakater gab es keine absolute Finsternis – die einst von Terra gekommenen Siedler hatten sich im Laufe der Generationen durch genetische Optimierung an die Bedingungen ihrer Heimatwelt angepasst. Zwar verfügten sie nur noch über ein Auge, doch dieses war extrem leistungsfähig. Es besaß zwei Pupillen und einen hochkomplexen visuellen Kortex, der es ermöglichte, Licht im Infrarot- und UV-Bereich zu sehen.
Nur in diesem Augenblick nicht.
Die Übelkeit kroch von seinem Magen aus durch das Gedärm. Er spürte einen sauren Geschmack im Mund. Angewidert verzog er das Gesicht und schluckte mehrfach, ohne das Brennen am Zungengrund vertreiben zu können.
Automatisch griff er in die Ecke neben dem Bett, in der stets eine Flasche Wasser stand, das er mit einem Hauch Palisa-Fruchtsaft angereichert hatte. Schon der erste Schluck wusch die scharfe Magensäure weg.
Dann hieb Savoire – viel stärker, als nötig gewesen wäre – auf den Sensor, der die Kabinenbeleuchtung anschaltete.
Oder anschalten müsste.
Außer einem Knacken geschah nichts. Keine Veränderung. Es blieb dunkel.
Sein Atem ging schwer, jeder Atemzug schien unendlich viel Kraft zu kosten. Denn er hörte, dass das Licht sehr wohl angegangen war. Da war dieses leise, charakteristische Summen.
»Die Negasphäre«, murmelte er leise, als wolle er sich selbst Mut zusprechen. Das musste es sein. Das bot die Erklärung für diesen seltsamen Umstand. Die BURTON flog nicht umsonst in der Nähe einer Chaotischen Zelle, und was dieses mysteriöse Phänomen in letzter Konsequenz bewirkte, das im Kolonnen-Funk als Vibra-Psi bezeichnet wurde, konnte niemand sagen.
Vielleicht war diese seltsame Schwärze eine Auswirkung des ständigen wesenlosen Vibrierens. Womöglich bewirkten die veränderten physikalischen und hyperphysikalischen Bedingungen in der Proto-Negasphäre eine wie auch immer geartete Unterdrückung der Wellen im sichtbaren Lichtbereich.
Doch selbst die nüchterne, wissenschaftliche Logik, die in Savoires Gedanken immer funktionierte und auf die er sich stets verlassen konnte, versagte in diesen Momenten. Vibra-Psi … Chaotische Zelle … Proto-Negasphäre … alles verkam zu bloßen, sinnentleerten Begriffen, zu hohlen Konstrukten. Genauso hohl wie der Begriff Achluophobie.
Während er sich an der Wand in Richtung der Tür tastete, die aus seinem Quartier zum Korridor führte, bemerkte er dennoch den Fehler, den er seit seinem Aufwachen beging.
Nicht etwa Schwärze umgab ihn.
Sondern nichts.
Da war einfach nichts.
Als würde ich in eine Negasphäre blicken, kam ihm ein makabrer Gedanke, ebenso unwissenschaftlich wie beängstigend.
»Kein Schwarz«, sagte Savoire.
Kein Schwarz … Keine Schatten, die das Licht auffraßen. Keine sternenlose Nacht auf Diakat.
Langsam konnte er sich der Erkenntnis nicht mehr verwehren, dass die RICHARD BURTON nicht in ein unbekanntes Naturphänomen der Negasphäre geflogen oder von einem solchen überrascht worden war. Wäre das geschehen, hätte es Alarm gegeben, und gerade er als Erster Kybernetiker der Parapositronik ESCHER hätte davon erfahren.
Und dann wurde Dr. Laurence Savoire klar, dass das Problem nicht außerhalb von ihm zu suchen war, sondern in ihm.
Doch die simpelste Erklärung für all das wollte er nicht akzeptieren. Seine Finger verharrten, als sie den Öffnungsmechanismus des Schotts fanden. Er musste nur zudrücken, um sein Quartier verlassen zu können. Aber draußen würde es genauso dunkel sein, würde genau dasselbe Nicht-Schwarz herrschen, genau jenes wahrnehmungslose Nichts.
Allerdings würde er dort draußen auf andere Besatzungsmitglieder treffen.
Was, wenn diese ihm bestätigten, was er in den Tiefen seines nüchternen Verstandes längst wusste? Wenn sie ihm sagten, dass ihn kein Nichts umgab, kein geheimnisvoller, unerklärlicher Einfluss der Proto-Negasphäre?
Sondern dass er, Dr. Laurence Savoire, am 5. November 1346 NGZ aufgewacht war und sein Auge seine Funktion eingestellt hatte?
Er zog die Hand zurück, lehnte sich mit dem Rücken an die Wand und sackte an ihr hinab, bis er auf dem Boden saß. Mit beiden Armen umschlang er seine Beine, legte die Stirn auf die Knie.
Ich bin blind, dachte er.
7. November 1346 NGZ
»Behalt diesen Gedanken im Auge«, sagte die Kosmopsychologin Fria Harrt. Die Stimme war weich und volltönend, vom Timbre einer Opernsängerin.
Savoire fand diese Bemerkung geschmacklos und fragte sich, ob eine hochgebildete Frau, die noch dazu psychologisch qualifiziert war, aus Versehen eine derart ungeschickte Formulierung wählen konnte. Er kam zu dem Ergebnis, dass sie es mit Absicht getan hatte – was es um keinen Deut besser machte.
»In meinen Augen …« Er verschränkte die Arme vor der Brust und wiederholte: »In meinen Augen sind unsere Gespräche absolut nutzlos. Auch deine verbalen Spitzfindigkeiten können daran nichts ändern.«
»Also sprechen wir Klartext.« Von der sanften Wärme war in diesen Worten nichts mehr zu spüren, als spräche eine vollkommen andere Person.
Savoire hatte sich schon tausendmal gefragt, wie seine Therapeutin wohl aussah. Der Stimme nach stellte er sich eine schlanke, eher verhärmte Terranerin mittleren Alters vor. Vielleicht mit bläulich gefärbten Haaren – eine Modeerscheinung, die unscheinbare Frauen derzeit nutzten, um aus der Masse hervorzustechen. In den sieben Monaten seit dem Aufbruch der RICHARD BURTON hatte sich dieses eigenartige Styling bei vielen durchgesetzt. Savoire hielt es für eine Spinnerei und schrieb es den langen Phasen der Untätigkeit zu.
Noch immer fühlte sich der Erste Kybernetiker von einem Nichts umgeben, das er inzwischen in einer makabren Anwandlung von Humor als seine persönliche Negasphäre bezeichnete. Ein Nichts, das allerdings dadurch entstand, dass seine optische Wahrnehmung erloschen war. Doch in diesem Nichts existierte eine Vielzahl von Eindrücken.
Wenn Savoire versuchte, den Raum, in dem Fria Harrt ihre Patienten empfing, wahrzunehmen, so bestand kein Zweifel daran, dass er groß war. Der Diakater musste deswegen nicht alles abtasten, sondern er hörte es am Schall der Worte.
Außerdem standen viele Pflanzen mit großen Blättern darin – einige hatte er berührt, doch davon abgesehen roch er es. Da war die Erde, in der sie ihre Wurzeln ausstreckten, da war die erfrischende Menge des Sauerstoffs in der Luft, die anders war als überall sonst, obwohl der Wert der Atmosphäre in der BURTON automatisch auf perfektem Niveau gehalten wurde. Doch technische Perfektion unterschied sich von der Natürlichkeit, die diesen Ort bestimmte.
Fria Harrt legte die Hand auf Savoires Unterarm. Das tat sie seit der ersten Sitzung vor über vierzig Stunden immer wieder. Die Finger waren lang und dünn, knochig fast. Savoire verabscheute diese Berührungen, schwieg jedoch. Wahrscheinlich dachte sie, dieser körperliche Kontakt helfe ihm, sie wahrzunehmen. Lächerlich.
»Ich kann die Spielchen auch lassen«, sagte die Kosmopsychologin. »Sie dienten ohnehin nur dazu, dich aus der Reserve zu locken. Aber ebenso gut könnte ich versuchen, in einer Positronik Gefühle zu wecken. Du magst deine Zeit zwar mit Maschinen verbringen, Laurence, aber du bist selbst keine, vergiss das nicht!«
»Wohlfeil formuliert«, spottete der Erste Kybernetiker. »Aber alle verbale Kunst wird nichts nutzen. Weder dir noch mir. Soll ich dir die eigentliche Wurzel des Problems nennen? Es geht nicht um meine Seele oder Psyche oder wie immer du es nennst! Hier liegt das Problem!« Die letzten Worte schrie er und stieß mit Daumen und Zeigefinger gegen sein Auge.
Sein nutzloses, verfluchtes Auge.
Die Mediker hatten hundert Untersuchungen durchgeführt, ohne eine Ursache festzustellen. Alles schien völlig normal zu sein, von der schlichten Tatsache abgesehen, dass Savoire erblindet war.
»Ich kann nichts sehen, das ist alles. Ein Grund dafür existiert offenbar nicht.«
Es mussten nun etwa fünfzig Stunden vergangen sein, seit er in seiner Kabine erwacht war. Die schlimmste Zeit seines Lebens, nur vergleichbar damit, als er in Terrania City die Todeslisten entdeckt hatte, den Beweis dafür, dass all die Menschen starben, um in ESCHER aufzugehen und die Entwicklung der Parapositronik zu fördern.
Wie unwissend war er damals gewesen. Heute fragte er sich manches Mal, ob sie nicht den besten aller möglichen Wege gewählt hatten. Sie existierten in ESCHER und konnten dort ewig leben, Teil der höheren Wesenheit, die noch immer im Werden begriffen war. Ohne die Hinfälligkeiten eines biologischen Körpers, integriert in die Hyperdim-Matrix, das eigentliche Herz ESCHERS.
Aber er, Savoire? Wer war er denn noch? Ein Blinder, der nicht mal sah, was er pflegen und für das er sorgen sollte. Ein Nichts, verloren und jämmerlich. Wie gut wäre es, wenn er tot wäre.
»Was denkst du?« Noch immer lag die Hand der Kosmospsychologin auf seinem Arm. Scheinbar völlig abrupt wechselte sie das Thema. »Hast du dich nie gefragt, wie ich aussehe? Bis vor drei Tagen hast du jeden, mit dem du gesprochen hast, sofort anhand seiner Gestalt und Mimik einschätzen und dir ein Urteil bilden können.«
»Ach, wirklich?« Savoire packte die Hand auf seinem Arm und quetschte die Finger. Die Knöchel sprangen übereinander, und war da nicht ein dicker, metallener Ring? »Darauf wäre ich nie gekommen. Wie gut, dass ich professionelle Hilfe gefunden habe.«
Harrt entzog ihm die Hand und stöhnte leise. Sie wies ihn allerdings nicht zurecht. »Ich habe mich kundig gemacht über deinen … Zustand.«
»Das will ich nicht hören.«
»Was sonst, Laurence?«
»Es geht mir auf die Nerven, dass du bei jeder Gelegenheit meinen Vornamen nennst. Ehe wir mit diesen Sitzungen angefangen haben, hast du dich schließlich auch nicht um mich gekümmert. Hast vielleicht nicht einmal gewusst, dass ich mich an Bord befinde.«
»Natürlich wusste ich es. Glaubst du im Ernst, auch nur irgendjemand an Bord wüsste nicht von ESCHER und seinem Ersten Kybernetiker, dem Zyklopen?«
Zyklop.