Perry Rhodan 2629: Die Weltengeißel - Christian Montillon - E-Book

Perry Rhodan 2629: Die Weltengeißel E-Book

Christian Montillon

0,0

Beschreibung

Panik im Cronal-System - 37 Stunden bis zum Ende In der Milchstraße schreibt man das Jahr 1469 Neuer Galaktischer Zeitrechnung (NGZ) - das entspricht dem Jahr 5056 christlicher Zeitrechnung. Seit dem dramatischen Verschwinden des Solsystems mit all seinen Bewohnern hat sich die Situation in der Milchstraße grundsätzlich verändert. Die Region um das verschwundene Sonnensystem wurde zum Sektor Null ernannt und von Raumschiffen des Galaktikums abgeriegelt. Fieberhaft versuchen die Verantwortlichen der galaktischen Völker herauszufinden, was geschehen ist. Dass derzeit auch Perry Rhodan mitsamt der BASIS auf bislang unbekannte Weise "entführt" worden ist, verkompliziert die Sachlage zusätzlich. Kein Wunder, dass in der Milchstraße an vielen Stellen große Unruhe herrscht. Mit dem Solsystem ist schließlich ein politischer und wirtschaftlicher Knotenpunkt der Menschheitsgalaxis entfallen - die langfristigen Auswirkungen werden bereits spürbar. Um eine politische Führung zu gewährleisten, wurde auf der Welt Maharani eine provisorische neue Regierung der Liga Freier Terraner gewählt. Perry Rhodan kämpft indessen in der von Kriegen heimgesuchten Doppelgalaxis Chanda gegen QIN SHI. Diese mysteriöse Wesenheit gebietet über zahllose Krieger aus unterschiedlichen Völkern und herrscht nahezu unangefochten in Chanda. Ihre furchtbarste Waffe ist DIE WELTENGEISSEL ...

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 144

Veröffentlichungsjahr: 2012

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Nr. 2629

Die Weltengeißel

Panik im Cronal-System – 37 Stunden bis zum Ende

Christian Montillon

In der Milchstraße schreibt man das Jahr 1469 Neuer Galaktischer Zeitrechnung (NGZ) – das entspricht dem Jahr 5056 christlicher Zeitrechnung. Seit dem dramatischen Verschwinden des Solsystems mit all seinen Bewohnern hat sich die Situation in der Milchstraße grundsätzlich verändert.

Die Region um das verschwundene Sonnensystem wurde zum Sektor Null ernannt und von Raumschiffen des Galaktikums abgeriegelt. Fieberhaft versuchen die Verantwortlichen der galaktischen Völker herauszufinden, was geschehen ist. Dass derzeit auch Perry Rhodan mitsamt der BASIS auf bislang unbekannte Weise »entführt« worden ist, verkompliziert die Sachlage zusätzlich.

Kein Wunder, dass in der Milchstraße an vielen Stellen große Unruhe herrscht. Mit dem Solsystem ist schließlich ein politischer und wirtschaftlicher Knotenpunkt der Menschheitsgalaxis entfallen – die langfristigen Auswirkungen werden bereits spürbar. Um eine politische Führung zu gewährleisten, wurde auf der Welt Maharani eine provisorische neue Regierung der Liga Freier Terraner gewählt.

Die Hauptpersonen des Romans

Perry Rhodan – Der Terraner sieht die Weltengeißel.

Regius – Der Iothone weiß mit einem Blender umzugehen.

Tion Yulder – Der Dosanthi versucht weiterzuleben, um dem Verzweifelten Widerstand zu dienen.

Szimon Corosh'tha – Ein Cruny lebt und leidet im Kollektiv.

Kaowen

Prolog

Totenpanik

Obwohl das Metall ständig redet und singt, kennen nur die Alten jene überlieferten Lieder der Mythen von Angst und Verderben. Den Jungen gehen sie verloren, denn sie kümmern sich um andere Dinge, sie schauen nach vorn und achten die Vergangenheit nicht.

Das wird eines Tages ihr Untergang sein!

Die neuen Generationen lösen sich alle zwanzig Jahre aus dem mentalen Verbund und schaffen ihr eigenes Kollektiv; das war immer so und wird immer so bleiben, solange es Cruny gibt.

Das ist gut und sichert die Fortentwicklung unseres Volkes – aber es ist bedauerlich, dass jedes Mal etwas verloren geht. Mehr noch, es wird eine Katastrophe geben, wenn wir am letzten Tag nicht mehr wissen, wie wir uns schützen können.

Und dieser Tag der neuen Totenpanik wird kommen. Jeder alte Cruny weiß das. Jeder, der nicht taub und blind ist ... oder zumindest so tut, als ob.

Zwar bieten auch die alten Überlieferungen keinen echten Schutz und werden nur einem von tausend das Leben retten. Aber besser einer von tausend als überhaupt keine Überlebenden. Besser wenige auf einem Leichenfeld als der völlige Untergang des Volkes.

Sogar die neue Generation der Gelehrten kümmert sich nicht mehr um die alten Mythen oder das Erbe unserer Vorfahren auf dieser Welt.

Sie ignorieren die Metallschwingen und das seltsame Licht aus ihrem Inneren, das selbst in der Nacht nicht erlischt und die Totengeister fernhält. Sie sehen dies alles zwar jeden Tag, aber sie blenden es aus, tun, als wäre es nicht vorhanden. Sie verschließen die Ohren, wenn das Metall zu reden beginnt, als wären die alten Mythen nicht mehr wert als das Rauschen des Windes in den Tälern oder das Gluckern des Wassers in den Flüssen.

Aber wenn einer von den Alten vor den Metallschwingen steht und der Geschichte aus der Vergangenheit lauscht, wissen sie, dass die Lieder uns als Warnung dienen sollen. Der Zorn der Götter wird uns erneut treffen, der Himmel wird herabstürzen, und der Tod wird auf Cruny wandeln.

Und die Totenpanik wird unsere Leiber zerreißen, wir werden Bestien sein wie unsere Vorfahren einst.

1.

Szimon Corosh'tha, Cruny

Vierzehn Stunden vor Beginn des Weltuntergangs

Die Metallschwinge sang ihr stetes Lied. Es nervte. Szimon Corosh'tha ging nicht bloß weiter, sondern hob sogar ab, indem er mit den Flügeln schlug und sich in die Höhe schraubte.

Er hatte gelernt, sich dem Kollektiv zu entziehen, wenn er allein sein wollte. Ein wenig räumlicher Abstand, mehr war nicht nötig, und schon verblassten die schwirrenden Stimmen in seinem Kopf.

Die Gedanken der anderen bildeten normalerweise ein stetes Rauschen, tausend Laute in seinem Kopf. Sie halfen Szimon, seinen Weg zu finden, aber sie ... Ja, sie nervten auch. Genau wie das Singen der Metallschwinge, die unablässig von Panik, Leid, Angst und Tod erzählte.

Als ob es nichts Wichtigeres gäbe! Das Leben war so schön! Er brauchte niemanden, der ständig an allem herummeckerte und einen Chitinsplitter in jedem Nährbrei fand!

Manchmal, wenn er den Wolken entgegenflog, fragte er sich, ob es nicht besser wäre, für immer allein zu bleiben. Fortan als Einzelwesen zu leben, nicht länger Teil eines Kollektivs.

Ein verrückter Gedanke! Die anderen lachten ihn aus, wenn sie diese Überlegung in seinem Kopf entdeckten.

Wir sind Cruny, sagten sie zu solchen Gelegenheiten. Wir sind eben nicht allein. Das ist nicht unsere Natur. Aber sie hielten sich auch an alle Regeln, kämen nicht einmal auf die Idee, sie zu brechen. Ganz im Unterschied zu ihm. Wenn er flog, tauchte er oft in die unteren Wolkenränder ein, etwas höher als erlaubt. Wer sollte es ihm schon nachweisen?

Außerdem war ihm bisher nie ein Leid geschehen. Kein einziges seiner acht Beine hatte er verloren, obwohl es hieß, dort oben würden böse Raubvögel in den Wolken lauern, die die Unvorsichtigen packten, zerfetzten und an ihre Kindern verfütterten.

Eine lächerliche Geschichte. Manche nannten es auch gleich bei dem Namen, der zeigte, wie albern das alles war: Dort oben warten Monster!

Szimon war nicht wie alle anderen, das merkte er immer wieder. Manchmal behaupteten sie sogar, dass Cruny ganz einfach nicht allein existieren konnten. Meistens fügten sie hinzu, dass Cruny eben keine K'culy-Katzen waren. Dann klang deutliche Verachtung in der Stimme mit.

Auch daran merkte Szimon Corosh'tha, dass er sich von ihnen unterschied. Denn er mochte K'culy-Katzen. Er hielt sich sogar eine als Haustier, und hin und wieder glaubte er, sie könne ihn besser verstehen als all seine Artgenossen. Als wäre sie intelligent.

Diesen Gedanken verbarg er vor den anderen Cruny strengstens. Sie würden ihn dafür erst recht auslachen. Er vermochte ihr Keckern förmlich zu hören und zu sehen, wie sie ihr oberes Armpaar aneinanderrieben und mit den Chitin-Sehnen zwischen den Fingern höhnisch schabten: Szimon ist ein Narr, Szimon ist so dumm!

Er flog eine weitere Runde über die schroffen Felshügel des südlichen Endes der Wabenstadt und genoss die Hitze, die von dem Gestein ausstrahlte, auf das den ganzen Tag die Sonne niederbrannte.

Ein angenehmes Prickeln lief über seinen Körper. Die Rallato-Kriecher unter seinem Rückenpanzer mochten Wärme und erwachten zu lebhafter Intensität. So viele wie dieses Jahr hatten sich lange nicht mehr bei ihm eingenistet. Herrlich! Ein gutes Zeichen.

Er war auf dem richtigen Weg, das spürte er; und wenn er entschied, sich von den anderen abzusondern, würde er notfalls aussiedeln.

Die Stadt verlassen? Plötzlich bekam er Angst vor seinen eigenen Gedanken. Kein Cruny hielt sich länger als absolut notwendig auf den weiten, unbesiedelten Flächen des Planeten auf! Niemand ging freiwillig ...

Er stockte und schalt sich selbst. Offenbar hing er in seinen Überlegungen noch immer in den typischen Mustern fest! Er war genauso gefangen wie die anderen! Man tat es nicht ... also tat er es auch nicht? Wollte, durfte er sich von solchen Lügen bestimmen lassen?

Szimon bekam kaum noch Luft. Das Gewicht seines Chitinpanzers schien ihn in die Tiefe reißen zu wollen. Er drehte um, flog mit raschem Flügelschlag zurück zur Stadt.

Wie immer waren die Holzrinnen des Berieselungssystems das Erste, was sich aus der gleichförmigen Landschaft schälte. Der Anblick der perfekten Quadrate erfreute ihn, das musste er zugeben. Überall tröpfelte Wasser auf den Boden und sickerte in die Tiefe.

Bald drängte sich der ewige Chor der tausend fremden Bewusstseine in seinen Kopf. Das Kollektiv wartete mit einer Unzahl Gedankenströme auf, die sich gegenseitig überschnitten:

gehst du heute abend im sonnenuntergang mit – wir sind zu viele, der nährbrei wird – müde, ich bin viel zu müde, um – mir spazieren – nicht reichen – die arbeit noch zu erledigen.

Das meiste blendete er automatisch aus, behielt nur die grobe Linie bei, das Befinden der gesamten Gemeinschaft. Alles war in Ordnung, ging seinen geregelten Lauf.

willkommen, szimon, es ist schön, dass du – endlich kann ich – siebzehn, es sind siebzehn und – zurückgekommen bist, wir haben dich vermisst.

Der Willkommensgruß kam nicht nur von einem, sondern von vielen. Auch von Hhanahorl, wie Szimon erfreut feststellte. Wenn er ehrlich war, stellte sie den einzigen Grund dar, warum er nicht schon längst weggegangen war.

Ein Blick auf sie, und er wusste, dass es sich lohnte, in der Wabenstadt zu bleiben. Sie war die jüngste Tochter der Königin; und ganz sicher die schönste.

In diesem Moment war ihm allerdings nicht nach Gesprächen zumute, auch nicht, wenn sie nur gedanklich stattfanden. Also schottete er sich ab, soweit es eben ging mitten in der Stadt, und schlüpfte durch das Erdloch, das in seine Wabenkammer führte.

Das tröpfelnde Geräusch der Berieselung blieb über ihm zurück, genau wie das einfallende Tageslicht. Wohltuende Dunkelheit umfing ihn. Die feuchten Lehmwände rochen angenehm modrig.

Die Heimat spendete ihm Trost, das konnte er nicht leugnen. Weil seine K'culy-Katze nicht zu Hause war, rollte er sich sofort in der Schlafecke zusammen und schlürfte etwas Nektar aus der Nahrungskuhle.

Müde vom langen Flug schlief er ein und schlüpfte aus seinem Körper, sah ihn dort unten liegen, steif und bewegungslos, einer der Fühler über den Facettenaugen abgeknickt.

Eine Tran-Schabe trieb im Nektarsud und ruderte hilflos mit den Beinchen. Szimon fand schon immer, dass diese Insekten einem Cruny verblüffend ähnelten, nur eben als Miniaturversion; und natürlich waren sie Tiere ohne Verstand und Bewusstsein. Außerdem hatten sie kein zusätzliches Armpaar entwickelt, um komplizierte Arbeiten zu erledigen.

Mit diesem Gedanken trieb er im kollektiven Gedankenstrom davon.

*

Sich mit dem Kollektiv zu vereinen und im Strom zu treiben war herrlich und entsetzlich zugleich. Wie das Leben.

Wenn ein Cruny schlief, konnte er sich selbst nicht mehr abtrennen, sondern wurde vollständig zu einem Teil des Ganzen. Szimon wusste das schon immer, es war eine der ersten Lektionen, die alle Kinder lernen mussten.

Die Verbindung mit dem Kollektiv erlebte jedoch jeder anders.

Für viele gestaltete es sich wie das normale Leben, nur dass keine Individuen mehr existierten, kein Ich und kein Du, nur noch ein Wir. So beschrieben es nicht nur die meisten Erzählungen, sondern auch die Lehrbücher. Szimon hatte sich darunter niemals etwas vorstellen können, es klang für ihn wie ein hilfloser Versuch, Worte für einen Vorgang zu finden, den niemand verstand.

Er selbst erlebte es völlig anders: Für ihn war es, als schwebe er in einer Welt aus Nebel, Sonne und Wind. Einen Boden, Erde, Gestein – all das gab es nicht. Nur unendliche Freiheit einerseits ... und andererseits das Gefängnis, keinen einzigen eigenen Gedanken mehr fassen zu können.

Manchmal schälte sich violetter Himmel zwischen den weißen Schwaden hervor. Er leuchtete, als stünde die Sonne direkt dahinter, doch es gab keine Sonne, obwohl Licht und Wärme existierten. Diese Welt, diese Vorstellung, gab es nur in seinem Kopf. Er formte sie so, wie es ihm gefiel.

So flog Szimon immer weiter und genoss die Schönheit, die in den bizarren Nebelschwaden lag. Sie nahmen jede Form an, die er ihnen geben wollte. Hin und wieder entstand sogar ein perfektes Abbild von Hhanahorl, was ihm ein wenig peinlich war, denn sie vermochte es natürlich ebenfalls zu sehen.

Genau das stellte auch das Problem dar. Im Kollektiv gab es keine Geheimnisse. Die Gedanken aller Angehörigen lagen völlig frei. Jeder konnte sie lesen. Niemand blieb für sich, sondern musste sein Innerstes offenbaren.

Die Alten schienen sich daran nicht zu stören – und nur wenige aus der jungen Generation, die ein eigenes Kollektiv bildeten. Aber alle akzeptierten es, weil es eben so war. Sogar Hhanahorl dachte so. Nur er nicht. Er wollte nicht, dass alle ...

Ein Brausen ertönte, und in der ansonsten weißen Welt aus Wärme und Licht regnete es plötzlich. Dicke, schleimige Tropfen kondensierten in der Luft und fielen in die Tiefe. Dort formten sie einen See aus Blut, der gerann und zu Staub zerfiel.

»Nein!«, flüsterte Szimon, obwohl er in dieser Bewusstseinsebene des Kollektivs keinen Körper hatte, der diesem Wort Klang und Ton verlieh.

Nein!, tönte es auch aus Dutzenden, Hunderten anderen Richtungen, in einem perfekten Gleichklang, ohne störende anderslautende Gedanken. Jeder konzentrierte sich auf das, was geschah.

Szimon schreckte in seiner Schlafkuhle auf, genau wie alle Cruny in seinem Kollektiv – also alle auf dem Planeten, die jünger als 20 Jahre waren. Jemand hatte sich aus dem geistigen Verbund gelöst, auf tragische, entsetzliche Weise; auf die einzige mögliche Art: Er war gestorben.

Szimon Corosh'thas Kieferklauen rieben aufeinander. Ein kleiner Tropfen getrockneten Nektars fiel dabei in seinen Mund. Der junge Cruny fühlte eine furchtbare Bedrückung. Angst breitete sich in ihm aus.

Er war im Schlaf, als er in der gemeinsamen Bewusstseinswelt trieb, so sehr von der plötzlichen Wende der Ereignisse überrascht worden, dass er nicht einmal wahrgenommen hatte, wer gestorben war. Aber es war einer von ihnen gewesen – jemand aus dem Kollektiv. Einer, der zu ihm gehörte und zu dem er gehörte.

Mühsam rollte sich Szimon aus der Schlafkuhle. Eines seiner Beine klatschte dabei in die Nahrungskuhle. Die Tran-Schabe zappelte einen Augenblick unter ihm, dann brach knackend der kleine Chitinpanzer.

Szimon kroch los, auf den Ausgang seiner Wohnkuhle zu, wuselte im steilen Schacht nach oben und sprang ins Freie. Er war einer von tausend, die genauso handelten wie er.

Aus den Beregnungsröhren rundum tropfte Wasser, das in die Erde sickerte und die Wände der Wohnwaben feucht hielt. In jedem freien Quadrat des Röhrennetzes standen Cruny und schauten einander an.

Ein Gedanke pflanzte sich fort im kollektiven Gedankennetz, wurde immer deutlicher, schälte sich aus einem Chaos sich überschlagender Eindrücke.

wer ist es – wer ist gestorben – ich weiß es – hhanahorl – sicher – ich bin sicher – wir sind – hhanahorl – kein Zweifel, es ist so – sie ist es.

Der Name kam immer wieder, wie ein rhythmisch schlagendes Herz: hhanahorl.

Sie war es. Sie war tot, nein, mehr noch. Szimon hörte es in den Gedanken seines Kollektivs ganz deutlich, einige sahen in diesem Augenblick ihre Leiche, und es stand fest, dass sie nicht einfach nur gestorben war.

Jemand hatte sie ermordet.

und das ist nur der beginn!, kreischte eine Stimme in Tausenden Köpfen, die nicht dorthin gehörte, weil sie keinen Teil des Kollektivs bildete.

2.

Perry Rhodan, Terraner

Elf Stunden vor Beginn des Weltuntergangs

Ein seltsames Wispern, direkt hinter ihm.

Perry Rhodan drehte sich um, sah aber niemanden, der gesprochen haben könnte.

»Was ist?«, fragte der Iothone Regius, der in seiner vier Meter langen Umweltkapsel neben ihm schwebte. Die vier weißlichen Gallertaugen quollen weiter aus dem Zentralleib des krakenartigen Wesens hervor.

Der Terraner betrat mit seinem Begleiter die Zentrale der CHANDORY. Dieses Schiff des Verzweifelten Widerstands war aufgebrochen, um den Einsatz der Weltengeißel im Crunal-System zu sabotieren. Wenn ihre Mission versagte, würde Cruny, die dortige Hauptwelt, in den nächsten Tagen millionenfach Leid und Tod erfahren. Die wieder erwachende Superintelligenz QIN SHI würde das Leben der gesamten Planetenbevölkerung aufsaugen.

»Nichts«, behauptete Rhodan, der den Eindruck des Wisperns als eine Art Halluzination abtat. »Es ist nichts. Ich frage mich nur, ob wir unser Ziel rechtzeitig erreichen werden.«

»Wir sind nicht mehr weit entfernt.« Das Außenmikrofon an Regius' Umweltkapsel übertrug die Stimme des Iothonen völlig klar; der Translator des SERUNS wiederum verwandelte die Worte in Nullzeit in verständliches Interkosmo. »Wir legen in weniger als einer Stunde vor dem Crunal-System einen Zwischenhalt ein.«

Am 16. Oktober 1469 NGZ Terrania-Standardzeit, dachte Rhodan. Um 7 Uhr. Er rechnete unwillkürlich auf diesen Bezugsrahmen um, obwohl Terra viele Millionen Lichtjahre entfernt lag. Sie waren volle sechs Tage unterwegs gewesen.

Sechs Tage, in denen Rhodans Unruhe immer mehr zugenommen und während der er sich teilweise gefühlt hatte wie ein Raubtier, das in einem antiquierten Zoo zur Schau gestellt wurde: Er hatte nichts tun können, obwohl es zahllose Probleme an tausend Ecken und Enden gab.

Tatenlos abzuwarten war eine harte Prüfung für seine Geduld gewesen. Das Einzige, was ihn dabei tröstete, war die Gewissheit, dass er sich mit Regius und vielen anderen Mitgliedern des Verzweifelten Widerstands auf einer wichtigen Mission befand.

Über den Boden der Zentrale der CHANDORY verliefen etliche Lichtbänder. Sie verbanden die insgesamt zwölf frei stehenden Arbeitsstationen miteinander in einem sternenartigen Muster. Hin und wieder leuchteten sie alle gleichzeitig in sattem Grün auf; zu einem anderen Zeitpunkt glommen nur einige matt vor sich hin, während andere gar nicht zu sehen waren.

Die Funktion dieses Systems erkannte der Terraner nicht. Ob es sich um eine Art Wegweiser handelte? Für seine Sinne wirkte es eher verwirrend, doch er achtete nicht weiter darauf. Auch Regius gönnte den Bändern keinen Blick, was dafür sprach, dass sie zu den Grundfunktionen gehörten, die die Besatzung des Schiffes kaum noch wahrnahm.

Rhodan hingegen hielt sich trotz des langen Fluges zum ersten Mal in der Zentrale auf, Regius hatte ihm bislang den Zutritt verwehrt. Umso mehr war er überrascht, nun ins Allerheiligste gerufen zu werden.

Eine Mannschaft aus Xylthen, Badakk und skelettartigen Oracca in weiten Kutten besetzte die zwölf Arbeitsstationen. Einige warfen den Neuankömmlingen kurze Blicke zu, andere schenkten ihnen keinerlei Beachtung.