Perry Rhodan 2806: Aus dem Zeitriss - Christian Montillon - E-Book + Hörbuch

Perry Rhodan 2806: Aus dem Zeitriss E-Book und Hörbuch

Christian Montillon

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Beschreibung

Machtspiele auf Olymp - eine monströse Bedrohung für eine Welt Auf der Erde schreibt man den Herbst 1517 Neuer Galaktischer Zeitrechnung (NGZ). Menschen haben Teile der Milchstraße besiedelt, Tausende von Welten zählen sich zur Liga Freier Terraner. Man treibt Handel mit anderen Völkern der Milchstraße, es herrscht weitestgehend Frieden zwischen den Sternen. Doch wirklich frei sind die Menschen nicht. Sie stehen - wie alle anderen Bewohner der Galaxis auch - unter der Herrschaft des Atopischen Tribunals. Die sogenannten Atopischen Richter behaupten, nur sie und ihre militärische Macht könnten den Frieden in der Milchstraße sichern. Wollen Perry Rhodan und seine Gefährten gegen diese Macht vorgehen, müssen sie herausfinden, woher die Richter überhaupt kommen. Ihr Ursprung liegt in den Jenzeitigen Landen, in einer Region des Universums, über die bislang niemand etwas weiß. Auf dem Weg dorthin kommt es zu einem Unfall, der Perry Rhodan in die Vergangenheit der Milchstraße verschlägt, mehr als 20 Millionen Jahre vor seiner Geburt. Im Gegenzug dringen die kriegerischen Tiuphoren aus dieser Epoche in die Gegenwart ein. Sie kommen AUS DEM ZEITRISS ...

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Nr. 2806

Aus dem Zeitriss

Machtspiele auf Olymp – eine monströse Bedrohung für eine Welt

Christian Montillon

Auf der Erde schreibt man den Herbst 1517 Neuer Galaktischer Zeitrechnung (NGZ). Menschen haben Teile der Milchstraße besiedelt, Tausende von Welten zählen sich zur Liga Freier Terraner. Man treibt Handel mit anderen Völkern der Milchstraße, es herrscht weitestgehend Frieden zwischen den Sternen.

Doch wirklich frei sind die Menschen nicht. Sie stehen – wie alle anderen Bewohner der Galaxis auch – unter der Herrschaft des Atopischen Tribunals. Die sogenannten Atopischen Richter behaupten, nur sie und ihre militärische Macht könnten den Frieden in der Milchstraße sichern.

Wollen Perry Rhodan und seine Gefährten gegen diese Macht vorgehen, müssen sie herausfinden, woher die Richter überhaupt kommen. Ihr Ursprung liegt in den Jenzeitigen Landen, in einer Region des Universums, über die bislang niemand etwas weiß.

Auf dem Weg dorthin kommt es zu einem Unfall, der Perry Rhodan in die Vergangenheit der Milchstraße verschlägt, mehr als 20 Millionen Jahre vor seiner Geburt. Im Gegenzug dringen die kriegerischen Tiuphoren aus dieser Epoche in die Gegenwart ein. Sie kommen AUS DEM ZEITRISS ...

Die Hauptpersonen des Romans

Indrè Capablanca – Die Kaiserin von Olymp geht auf Entdeckungstour.

Jael Günebakan – Der olympische Edelmann steht vor einem großen Problem.

Caradocc Accoshai – Der Tiuphore erreicht ein neues Zeitalter.

Martynas Deborin – Der Kaiser ist verzweifelt.

Yoqord

Prolog

Rund um ihn war nichts. Und alles. Das gesamte Universum.

Sein Verstand kapitulierte vor dem, was er sah oder zu sehen glaubte. Die Messinstrumente spielten verrückt.

Wo war er? Wann war er?

Er glaubte, Schreie zu hören. Sie stammten von denen, die längst tot waren.

Es kostete ihn Mühe zu begreifen, dass er selbst immer noch lebte und dass er gerade eben erst in das Phänomen eingeflogen war. In den Zeitriss. Es kam ihm vor, als läge es eine Ewigkeit zurück.

Das Schiff gab höchste Alarmstufe.

Systeme versagten. Etwas explodierte. Nun schrie wirklich jemand, getroffen von einer energetischen Entladung. Es war der Kommunikationsoffizier. Blaues Feuer sirrte über seinen Körper. Die Augen waren weit aufgerissen. Das Gesicht schmolz.

Der zentrale Rechner meldete ein schiffsweites Versagen vieler Aggregate. Endlich verstummte der Alarm. Die Schiffsfunktionen stabilisierten sich auf den grundlegenden Ebenen.

Die Lebenserhaltung arbeitete normal. Kleinere Feuer wurden automatisch eingedämmt. Aber sämtliche höherwertige Technologie blieb defekt.

Der Zeitriss spuckte ihn wieder aus, in seinem Raumschiff. Es ging unendlich langsam und rasend schnell.

Die Verwirrung endete. Das Schiff erreichte das andere Ufer der Zeit.

Immerhin: Ein kleines Orterholo funktionierte. Es flackerte ein wenig, lieferte aber deutliche Ergebnisse. Es zeigte ein Sonnensystem ganz in der Nähe, reif zur Ernte.

Er fühlte es: Die Planeten hatten nur auf ihn gewartet, um seinen Ruhm zu mehren. Er würde diese Welten und ihre Bewohner mit einem meisterhaften Kriegszug belohnen.

1.

Planet Olymp:

Kaiserliche Pressekonferenz

»Am Tag, als ich meinen ersten Stern zerstörte, wurde ich verhaftet«, sagte Martynas Deborin-Argyris, der Kaiser von Olymp.

Diese Worte vollbrachten etwas schier Unmögliches: Sie ließen eine ganze Heerschar von Reportern schweigen. Und das wiederum amüsierte die Kaiserin Indrè Capablanca königlich. Ihr Mann war immer wieder für eine Überraschung gut.

»Ehe nun Sensationsnachrichten über die kriminelle Vergangenheit des wichtigsten Mannes auf Olymp verbreitet werden«, fuhr Martynas lächelnd fort, »will ich noch erklären, dass ich damals vier Jahre alt war. Außerdem handelte es sich um den Zierstern über der Eingangstür meines Elternhauses. Und der Polizist, der mich inhaftiert hatte, war mein Vater in Verkleidung.«

Das verblüffte Schweigen verwandelte sich in eine Welle aus Gelächter.

Gleichzeitig piepste es in Indrès Ohr: zweimal kurz, einmal lang. Das bedeutete, dass eine dringende Nachricht einging. Na toll, dachte die Kaiserin. Nicht gerade jetzt!

Aber so war es eben. Einen richtigen Zeitpunkt für Störungen gab es nie. Allerdings war er ganz sicher nicht ausgerechnet in dem Moment, in dem man im Mittelpunkt des Interesses der Reporter von hundert Welten und geschätzten eintausend Presserobotern jeglicher Form und Fertigung stand. Und deshalb von ungezählten Millionen Personen in diesem und den umliegenden Sonnensystemen beobachtet wurde.

Sogar für Indrè war das nicht alltäglich. Eine Pressekonferenz dieser Größenordnung erhöhte auch ihren Puls. Was sie sich jedoch nicht anmerken ließ. Sie wirkte ebenso überlegen wie ihr Ehemann, Kaiser Martynas Deborin-Argyris, der neben ihr strahlend gut gelaunt eine souveräne Rede hielt und das Publikum mit seinem Charisma für sich einnahm.

Das waren sie beide ihrem Ruf schuldig: Das olympische Kaiserpaar war stets selbstsicher, durchaus ein wenig kapriziös, doch immer um das Wohl seines Volkes besorgt.

Und genau darum ging der Kaiserin die dringende Nachricht nicht aus dem Sinn, die sie nicht abhören konnte, solange ihr viel zu viele zuschauten. Sie fasste sich mit einer scheinbar beiläufigen Berührung ans Ohr, berührte dabei einen Kontakt; diese Schaltung ließ ihr immerhin die Information zukommen, wer die Botschaft geschickt hatte: Edelmann Jael Günebakan, der Kommandant der FÜRST DAGOREW.

Das zu wissen, trug nicht gerade dazu bei, dass sich Indrè sicherer und wohler fühlte. Die DAGOREW beobachtete den Zeitriss, jenes unerklärliche Phänomen, das Olymp bedrohlich nahe kam. Eine Nachricht oberster Priorität von Jael Günebakan konnte nichts Gutes bedeuten.

»Ich danke allen hier für die zahlreichen ebenso interessanten wie interessierten Fragen«, sagte ihr Ehemann. »Nachdem ich soeben das größte Verbrechen meiner Kindheit offenbart habe ...« Er machte eine genau dosierte Unterbrechung für das erneute Gelächter, »... lasst uns eine kleine Pause einlegen.«

Er lächelte sein strahlendes Kaiser-Deborin-Argyris-Lächeln, dem niemand widerstehen konnte. Danach wandte er sich von dem Akustikfeld ab, das seine Worte aufnahm und in jeden Winkel des Barrin-Batistic-Platzes am südlichen Rand der olympischen Hauptstadt Trade City trug.

Die Argyrische Säule des Ostens lag direkt hinter ihnen und beherbergte den Kaiserlichen Palast und damit auch die privaten Wohnräume des Kaiserpaares. Sie bildete mit der Argyrischen Säule des Westens die Begrenzung des riesigen freien Platzes mitten in der pulsierenden Metropole.

Mit einer unauffälligen Fingerbewegung schaltete Martynas die Akustikfelder ab. Niemand konnte nun noch hören, was er zu Indrè sagte – obwohl vor allem diese beiden blauhäutigen Dreiarmler, die Reportersprecher der Delegation der Sangalioden, extrem neugierig aussahen. Ganz zu schweigen von dem Tefroder in der ersten Reihe.

»Hast du die Nachricht bekommen?«, fragte der Kaiser. Trotz des ernsten Tonfalls lächelte er weiterhin. Schließlich konnten alle Reporter ihn noch sehen – ein Dunkelfeld zu errichten, das sie optisch abschirmte, hätte nur Fragen aufgeworfen. Das musste nicht sein.

Statt einer direkten Antwort tippte sich Indrè Capablanca nur ans Ohr. »Ich habe sie allerdings noch nicht abhören können.«

2.

FÜRST DAGOREW:

Gäste aus dem Irgendwann

Nach all den Tagen und Wochen, die Jael Günebakan als Kommandant der FÜRST DAGOREW gezwungenermaßen untätig geblieben war, tat sich etwas. Das erleichterte den Edelmann, und zugleich machte es ihm Angst.

Das Phänomen im All veränderte sich. Ein Objekt schob sich aus dem Zeitriss – ein Raumschiff.

»Informiert sofort das Kaiserpaar auf Olymp, und zeichnet alles auf!«, befahl Jael Günebakan den Offizieren in der Zentrale seines Schiffes. »Schickt Sonden aus. Ich will alle denkbaren Blickwinkel auf das Geschehen und außerdem jede Menge hyperenergetische Analysen!«

Zeitriss. So nannten es die Wissenschaftler, oder zumindest der Teil von ihnen, der sich einer verständlichen Sprache bediente.

Gleichzeitig kursierten ein Dutzend äußerst klug klingender Bezeichnungen, als würden die diversen Disziplinen darum wetteifern, wer sich am unverständlichsten ausdrücken konnte. Hyperphysiker nannten das Gebilde anders als Astrotheoretiker, ganz zu schweigen von Universalisten oder gar Nexialisten. Das waren sowieso die Schlimmsten.

Für Jael Günebakan war das viele Lichtjahre messende Phänomen schlicht ein Zeitriss. Und selbst diese scheinbar einfache Bezeichnung barg einige Tücken. Konnte Zeit überhaupt reißen? Und welche Auswirkungen hatte das?

Vielleicht lediglich genau das, was er soeben beobachtete. Vielleicht ... mehr.

Vielleicht, dass Dinge aus einer anderen Zeit in die Gegenwart tropften. Oder sich hindurchquälten, was der Wahrheit wohl näher kam. Aber aus welcher Richtung, aus der Vergangenheit oder der Zukunft, und aus welcher zeitlichen Entfernung?

Der Edelmann musterte nachdenklich das Holo, das vor seinem Kommandantensessel schwebte. Günebakan saß darin in perfekt aufgerichteter Haltung. Sein Mediker hatte neulich ein paar unmissverständliche Worte verloren, die sich mit entweder achtest du auf deinen Rücken und setzt dich gerade hin oder du hast die Wahl zwischen einem Stützskelett und einem energetischen Fesselfeld zusammenfassen ließen.

Das Holo machte sichtbar, was dem bloßen Auge verborgen blieb: ein düsterrotes Wabern, mitten im Vakuum des Weltraums. Ein ebenso bedrohlicher wie faszinierender Anblick, der sich viel weiter erstreckte, als das Holo darstellte.

Der Riss zog sich quer durch die Milchstraße bis zum Kugelsternhaufen M 13. Eine immens lange Strecke, deren Ausdehnung sich zwar mit einer konkreten Zahl von Lichtjahren benennen ließ ... aber niemand war in der Lage, sich einen solchen Abstand zwischen zwei Endpunkten tatsächlich vorzustellen.

Ganz zu schweigen davon, dass irgendwer dazu fähig wäre, etwas über diese Entfernung vollständig zu beobachten. Ein Ding der Unmöglichkeit!

Darum verfolgte die FÜRST DAGOREW gemeinsam mit einigen anderen Schiffen ein kleineres Ziel. Im Auftrag des Kaiserpaares hielten sie wenigstens den Bereich genauer im Augenschein, der in kosmischer Nähe des Heimatsystems lag.

Nur zwei Lichtjahre von Olymp entfernt zeigte sich ein knapp drei Lichtsekunden langer Abschnitt des Zeitrisses besonders aktiv. Sogar dieser vergleichsweise winzige Teilbereich des Phänomens maß beachtliche 630.000 Kilometer ... und damit mehr, als die gesamte Heimatflotte absichern könnte.

Gewiss – die FÜRST DAGOREW war ein beeindruckendes Schiff mit ihren 1500 Metern Durchmesser, ein durchaus mächtiger Raumer. Dennoch müsste man etwa eine halbe Million solcher Raumschiffe nebeneinander aufreihen, um den Streckenabschnitt zu bilden, in dem sich der Zeitriss derart aktiv zeigte. Und selbst das wäre ein Nichts im Verhältnis zur gesamten Ausdehnung des Phänomens.

Edelmann Jael Günebakan war davon überzeugt, dass dieser aktive Bereich in der Nähe der Heimat gefährlich war. Deshalb hatte er sich geradezu darum gerissen, mit seiner FÜRST DAGOREW die Aufgabe als Kommandant der Beobachtungsflotte zu übernehmen.

Er sah sich als Wächter, denn eine potenzielle Bedrohung, die Jael höchstpersönlich beobachten, gegen die er notfalls direkt vorgehen konnte, ließ sich einschätzen. Das raubte ihm weitaus weniger den Schlaf, als wenn er sich auf irgendjemanden verlassen müsste. Andere Wesen – das war offenbar eins der grundlegenden Gesetze im Universum – neigten offenbar dazu, ihn stets aufs Neue zu enttäuschen.

Um nichts in sämtlichen Welten der Milchstraße hätte er verpassen wollen, was soeben geschah: die Ankunft fremder Schiffe, die aus dem Zeitriss fielen ... oder sich mühsam daraus hervorschoben, als kämpften sie gegen einen immensen Widerstand an.

Günebakan wischte sich über die Augen. Er war müde, das ließ sich ärgerlicherweise trotz des aufregenden Geschehens nicht leugnen.

In der letzten Nacht hatte er schlecht geschlafen, und in der Nacht zuvor hatte es kaum besser ausgesehen. Als die Kabinenpositronik eingriff und ihn darauf aufmerksam machte, dass er sich beständig umherwälzte und zu seinem eigenen Besten ein leichtes Schlafmittel einnehmen sollte, hatte er sie ignoriert. Er verabscheute Hilfsmittelchen und nahm sie nur im äußersten Notfall zu sich.

Jael warf einen beiläufigen Blick auf die Uhr. Das Ende seiner Schicht stand unmittelbar bevor. Doch Erholung oder gar Entspannung konnte er für die nächsten Stunden vergessen. Was sich dort draußen abspielte, war viel zu wichtig und faszinierte ihn zu sehr. Um keinen Preis würde er sich ablösen lassen.

Der Kommandant befahl der Schiffspositronik, ein zweites Holo zu erstellen – diesmal mit normaloptischer Beobachtung. Er wollte das Geschehen mit eigenen Augen verfolgen, nicht nur mithilfe einer schematischen Verdeutlichung.

Das eine war so unwirklich und faszinierend wie das andere.

Mit bloßem Auge zeigte sich, wie ein gigantisches stählernes Etwas langsam aus dem Nichts entstand. Meterweise schob es sich in die Realität, als materialisierte es nach und nach aus einem Überlichtsprung.

Im Holo, das die höherdimensionale Ebene des Geschehens visualisierte, tobte um das Raumschiff ein blitzendes Lichtgewitter. Es ähnelte den Protuberanzen einer hochaktiven Sonne oder den wimmelnden Fangarmen eines Meeresungeheuers. Unwillkürlich kam es Jael so vor, als wollte der Zeitriss selbst oder etwas darin den fremden Raumer festhalten und ihn zurückreißen.

Die Ausmaße des Raumschiffs konnte Jael noch nicht bestimmen, weil sich mehr und mehr Materie durch den Riss schob. Es schien nicht enden zu wollen und spielte sich so langsam ab, als rollte eine unendlich lange Rohrbahn im Schleichtempo aus einem Tunnel.

»Was ... was ist das?«, fragte Rajin Walorana, sein Ortungsoffizier, der ihm erst vor drei Tagen zugeteilt worden war.

»Ja, zum Teufel auch ... was ist das?« Jael Günebakan streckte die Hand aus, tauchte die Finger in das Holo, als könnte er den bereits materialisierten Teil des fremden Schiffs greifen und die Situation dadurch besser einschätzen. »Ein Raumschiff, so viel steht fest.«

»Vielleicht sogar eine Raumstation, der Größe nach?« Walorana stand neben dem Holo.

Günebakan winkte ab. Haarspaltereien interessierten ihn nicht. »Hoffen wir, dass es keine Gefahr sein wird.«

»Hoffen? Ist das alles?« Der Ortungsoffizier trug eine perfekt sitzende Borduniform und umklammerte seine Tasse aus echtem Porzellan.

Walorana hatte das Trinkgefäß mit an Bord gebracht und seinen Kommandanten gebeten, es mit in die Zentrale bringen zu dürfen, aus persönlichen Gründen: Es hilft mir, mich in der neuen Situation zurechtzufinden. Jael hatte im Lauf der Jahre mehr Marotten bei seinen Besatzungsmitgliedern erlebt, als es Sterne in der Milchstraße gab. Also hatte er zugestimmt, ohne lange darüber nachzudenken.

Solange es um derart harmlose Dinge ging, zeigte er sich gerne großzügig, obwohl es garantiert irgendeine Vorschrift gab, die die Benutzung von Echtporzellan-Tassen in Zentralen von Raumern der NEPTUN-Klasse verbot. Denn was präventive Bestimmungen anging, waren die Olympier dank diverser Handelsverträge mit vielen Völkern extrem erfindungsreich; es könnte ja einen potenziellen Handelspartner geben, der dieses und jenes in Raumschiffszentralen unerträglich fand.

»Nein, das ist nicht alles«, antwortete Günebakan mit einiger Verzögerung. »Waffen bereitmachen! Aber hoffen sollten wir es trotzdem.« Man wusste ja nie.

Der Grundkörper des Schiffes, das sich aus dem Zeitriss schob, schien walzenförmig zu sein – zumindest, wenn sich die Form fortsetzte. Bislang ragten etwas mehr als drei Kilometer des Gebildes in den Leerraum. Jede Sekunde wurden es etwa 50 Meter mehr.

Es war wie eine bizarre, technische Geburt. Fast schämte sich Jael Günebakan, das alles zu beobachten. Er fühlte sich, als dränge er in die Intimsphäre von etwas völlig Fremdartigem ein.

Ein gigantischer metallischer Kranz umgab das obere Drittel der riesigen Walze und war mit dem Hauptkörper durch vier Speichen verbunden. In dem Kreisbogen hingen kleinere Schiffe. Allein diese Beiboote durchmaßen fast zwei Kilometer bei einer maximalen Breite von 500 Metern – von der bumerangartigen Form abgesehen, konnten sie es in der Größe durchaus mit der FÜRST DAGOREW aufnehmen.

Plötzlich erstarrte Rajin Walorana. Für einen Augenblick zitterte die Tasse in seiner Hand. Etwas von dem Tee darin schwappte über und klatschte auf den Boden. Im nächsten Moment zerschellte das Porzellan, und Splitter zischten zur Seite.

Jael Günebakan nahm es nur am Rande wahr. Er starrte auf das Holo.

Dem ersten Schiff, das immer noch nicht vollständig an diesem Ort oder wohl besser in dieser Zeit angekommen war, folgten zwei weitere.

Im schematischen Holo rasten energetische Blitze zwischen den metallischen Giganten hin und her. Grelle Lichtbrücken waberten. Sirrende hyperenergetische Kaskaden verbanden die Beiboote im Kranz mit den Hauptschiffen.

Jael fühlte sich, als müsste er sich in Sicherheit bringen, als könnte jeden Augenblick eine Entladung aus dem Holo schlagen und ihn töten.

Ein kleiner Roboter, eine flache, scheibenförmige Maschine, huschte durch die Zentrale der FÜRST DAGOREW und sammelte die Porzellanscherben auf. Eigentlich völlig unwichtig, half dieser banale Vorgang dem Kommandanten, sich von dem gespenstischen Anblick im All loszureißen.

Er musste etwas tun. Mehr als nur zu orten und das Kaiserpaar auf Olymp zu informieren. Mehr als die Waffen seines Schiffes auszurichten und sich auf einen Angriff vorzubereiten.

Was, wenn dort draußen nicht nur drei fremde Raumgiganten ankamen?

Sondern zehn?

Hundert?

Tausend?

Wenn er in diesen Augenblicken der erste Zeuge einer beginnenden Invasion wurde?

Er musste die Ruhe bewahren, alles genau beobachten und im Auge behalten. Womöglich erwiesen sich diese Fremden ja als freundlich. Es konnten Forscher sein, denen es gelungen war, das Wesen des Phänomens zu ergründen. Oder harmlose Reisende, die überrascht und hineingerissen worden waren.

Es gab jede Menge Möglichkeiten.

Warum nur empfand Jael dennoch ein so mieses Gefühl?

Erfahrung, sagte er sich. Zu oft hatten irgendwelche Fremden Unheil über die Milchstraße gebracht. Zuletzt die Onryonen und das sonstige atopische Geschmeiß. Gewiss, sie waren anders, aber sie schwangen sich trotzdem auf ihre Art zu Herrschern auf und unterdrückten die gesamte Galaxis, oder zumindest diejenigen, die sich unterdrücken ließen.

Das erste Schiff vollendete seine bizarre Reise und ließ den Zeitriss hinter sich. Es trieb nun ohne Eigenbeschleunigung im All.

Wie erwartet, bildete die Form eine perfekte Walze mit einer Gesamtlänge von fünf Kilometern. Im Kranz hingen insgesamt sechzehn der kleineren Bumerangraumer.

Die Assoziation der Form ließ Jael frösteln ... als warte das Riesenschiff nur darauf, sein Beibootgeschwader auf die Beobachter zu schleudern und sie zu zermalmen.

»Fertige aktuelle Aufzeichnungen an!«, befahl er Rajin Walorana. »Mach Kopien und schick sie nach Olymp. Zum Kaiserpaar höchstpersönlich, und das sofort!«

Während Walorana seinem Befehl folgte, wartete Edelmann Jael Günebakan auf den ersten Schuss der Fremden.

Er kam nicht.

Stattdessen schwiegen die Neuankömmlinge, ohne ein Lebenszeichen von sich zu geben. Die Sensoren der FÜRST DAGOREW arbeiteten auf Hochtouren, doch sie fingen keinen einzigen Funkspruch auf.

Jael überlegte, ob er die fremden Schiffe anfunken sollte, entschied sich jedoch dagegen. Besser, er blieb bei der passiven Beobachtung, ohne extra auf sich aufmerksam zu machen.

Er starrte die Holos an, als könnte er sie dadurch zwingen, mehr preiszugeben. Doch es tat sich nichts. Keine Reaktion. Kein einziges Funkgespräch.

Was, dachte er, wenn die Besatzungen den Durchgang nicht überlebt haben? Wenn diese Raumschiffe nur noch ... Mausoleen sind?

3.

XOINATIU:

Das andere Ufer der Zeit