Perry Rhodan 3237: Panjasen-Dämmerung - Christian Montillon - E-Book + Hörbuch

Perry Rhodan 3237: Panjasen-Dämmerung E-Book und Hörbuch

Christian Montillon

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Beschreibung

Das Ende des 21. Jahrhunderts Neuer Galaktischer Zeitrechnung ist angebrochen. Mehr als dreieinhalbtausend Jahre von unserer Zeit entfernt lebt die Menschheit in Frieden. Zwischen den Sternen der Milchstraße herrschen keine großen Konflikte mehr. Wie es aussieht, könnte Perry Rhodan, der als erster Mensch von der Erde auf Außerirdische gestoßen ist, sich endlich seinem großen Ziel nähern: der alte Traum von Freundschaft und Frieden zwischen den Völkern der Milchstraße und der umliegenden Galaxien. Die Angehörigen der Sternenvölker stehen für Freiheit und Selbstbestimmung ein, man arbeitet intensiv und gleichberechtigt zusammen. Bei ihrem Weg zu den Sternen hat ein geheimnisvolles Wesen die Menschen begleitet und unterstützt: Es trägt den Namen ES, man bezeichnet es als eine Superintelligenz, und es lebt seit vielen Millionen Jahren zwischen Zeit und Raum. Rhodan sieht ES als einen Mentor der Menschheit. Doch ES weilt nicht mehr in der Galaxis – das Geisteswesen scheint in ungezählte Fragmente zersplittert zu sein, die sich in verborgenen Fragmentrefugien ballen. Diese Refugien zu finden und die Fragmente wieder zu vereinen, ist Rhodans Ziel. Während Rhodan selbst in der Heimatgalaxis der Sorgoren tätig ist, versucht Atlan in Gruelfin das dortige Fragment an sich zu bringen. Das bedeutet aber nicht mehr und nicht weniger als eine PANJASEN-DÄMMERUNG ...

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Seitenzahl: 154

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Zeit:3 Std. 40 min

Veröffentlichungsjahr: 2023

Sprecher:Florian Seigerschmidt

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Nr. 3237

Panjasen-Dämmerung

Kampf um das ES-Fragment – ein Kastellan erinnert sich

Christian Montillon

Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

1. AURA

2. Acht Monate zuvor: 9. September 2096 NGZ

3. AURA

4. Sieben Monate zuvor: 10. Oktober 2096 NGZ

5. AURA

6. Sieben Monate zuvor: 10. Oktober 2096 NGZ

7. AURA

8. Sechs Monate zuvor: 10. November 2096 NGZ

9. AURA

10. Einen Monat zuvor: 15. April 2096 NGZ

11. AURA

Fanszene

Leserkontaktseite

Glossar

Impressum

Das Ende des 21. Jahrhunderts Neuer Galaktischer Zeitrechnung ist angebrochen. Mehr als dreieinhalbtausend Jahre von unserer Zeit entfernt lebt die Menschheit in Frieden. Zwischen den Sternen der Milchstraße herrschen keine großen Konflikte mehr. Wie es aussieht, könnte Perry Rhodan, der als erster Mensch von der Erde auf Außerirdische gestoßen ist, sich endlich seinem großen Ziel nähern: der alte Traum von Freundschaft und Frieden zwischen den Völkern der Milchstraße und der umliegenden Galaxien. Die Angehörigen der Sternenvölker stehen für Freiheit und Selbstbestimmung ein, man arbeitet intensiv und gleichberechtigt zusammen.

Bei ihrem Weg zu den Sternen hat ein geheimnisvolles Wesen die Menschen begleitet und unterstützt: Es trägt den Namen ES, man bezeichnet es als eine Superintelligenz, und es lebt seit vielen Millionen Jahren zwischen Zeit und Raum. Rhodan sieht ES als einen Mentor der Menschheit.

Doch ES weilt nicht mehr in der Galaxis – das Geisteswesen scheint in ungezählte Fragmente zersplittert zu sein, die sich in verborgenen Fragmentrefugien ballen. Diese Refugien zu finden und die Fragmente wieder zu vereinen, ist Rhodans Ziel. Während Rhodan selbst in der Heimatgalaxis der Sorgoren tätig ist, versucht Atlan in Gruelfin das dortige Fragment an sich zu bringen. Das bedeutet aber nicht mehr und nicht weniger als eine PANJASEN-DÄMMERUNG ...

Die Hauptpersonen des Romans

Atlan – Der Arkonide lernt, dem Kastellan zu vertrauen.

Alschoran – Der Kastellan lernt, dass er den Willen von ES nicht umfassend kennen kann.

Trochod – Die Vizeadmiralin lehrt ihre Vorgesetzten, dass nicht alles ist, wie es scheint.

Smyronosch

1.

AURA

21. Mai 2097 NGZ

»Alschoran?«

Ich ignorierte den fragenden Tonfall, war zu sehr konzentriert auf das, was sich im taktischen Panoramaholo vor mir abspielte. Auf die Katastrophe.

»Alschoran!«

Das Drängen, mit dem Atlan meinen Namen wiederholte, bewies mir, dass er keine Ruhe geben würde. Er würde weitermachen, bis ich reagierte. »Was ist?«, herrschte ich ihn deshalb an.

»Da stimmt etwas nicht«, sagte er. »Das ist nicht Damars Handschrift. So würde er niemals handeln.«

Im Holo explodierte ein panjasisches Blutstropfenschiff, zerstört im konzentrierten Beschuss zweier Blaugoldraumer. Einige Rettungskapseln trieben im All. Auch sie wurden vernichtet, rasch, effektiv und gnadenlos. Zweifellos hatte Atlan recht. Man musste kein Genie sein, um zu wissen, dass Damar Feyerlant anders vorgehen würde. Ich hatte ihm das Kommando über einen Teil meiner Blaugoldarmada übertragen – ein mächtiges Werkzeug, das er allerdings nicht einsetzen würde, um eine solche Vernichtungsorgie zu inszenieren.

»Was geht hier vor?« Nicht Atlan stellte diese Frage, sondern die Frau, die mir in der Zentrale der AURA gegenüberstand: Sichu Dorksteiger. Sie geriet nicht leicht außer Fassung, aber meiner Einschätzung nach stand sie in diesem Moment kurz davor. Ich sah es an der Art, wie die goldenen Muster ihrer grünen Gesichtshaut kaum merklich zitterten, vor allem über den Lippen.

Zwei weitere Panjasenraumer wurden zerstört, sie rissen eines unserer Blaugoldschiffe mit in den Untergang. Das ganze Pschoninsystem war Schauplatz einer einzigen, verheerenden Raumschlacht. Krisenherde gab es überall, etwa regnete ein Trümmerfeld, das in den Anziehungsbereich der Hauptwelt Vorrygan geraten war, auf eine Stadt mittlerer Größe nieder. Die Opfer waren Panjasen ... unbeteiligte Zivilisten. Smyronosch, der Hauptverantwortliche, der Baschganjo des Systems, hatte den Katastrophenalarm ausgelöst.

»Acht Monate«, sagte Sichu.

Ich wusste, worauf sie anspielte. Ihr Mann, Perry Rhodan, hatte vor acht Monaten Morschaztas in Atlans Sextadim-Kapsel RA verlassen. Gemeinsam mit Shema Ghessow und Antanas Lato hatte er sich dem zuvor unbekannten Fernreisesystem der Sextadim-Konverse anvertraut, um die ferne Galaxis Spaphu zu erreichen und das dortige Fragment der Superintelligenz ES zu suchen. Die Lage in Morschaztas hatten sie uns anbefohlen .... und in diesen zurückliegenden acht Monaten hatte sich alles auf den Kopf gestellt. Und das nicht unbedingt zum Besten.

Die Lage eskalierte, und mir kam es vor, als wäre alles auf diesen Punkt hinausgelaufen. Auf die totale Vernichtung.

»Wir müssen etwas tun«, sagte Atlan, und er erntete keinen Widerspruch, weder von mir, noch von Sichu oder der Kommandantin der AURA, Madison Starblanket, die dem Geschehen mit zu Fäusten geballten Händen zusah.

2.

Acht Monate zuvor:

9. September 2096 NGZ

Ich lag in meiner Kabine auf dem Boden, als es zum zweiten Mal passierte – nicht auf dem Bett, denn diese Terraner schliefen selbst dann zu weich, wenn sie ihre Matratzen hart nannten. Manchmal tat es mir gut, eine Nacht auf dem Fußboden zu verbringen.

Kommandantin Starblanket hatte mir eines der besten Quartiere der AURA zur Verfügung gestellt, und ich hatte bislang darauf verzichtet, eine härtere Liegemöglichkeit anzufordern. Es gab Wichtigeres, und immerhin bot sich mir genügend Platz, um auf den Boden auszuweichen; ich hatte Gemeinschaftsquartiere gesehen, in denen das nur schwer möglich gewesen wäre.

Aber was genau passierte soeben zum zweiten Mal? Ich wusste es nicht. Mir war nur klar, dass ... etwas geschah. Ich konzentrierte mich, versuchte, zu verstehen und zu erkennen.

Ich fühlte mich eigenartig leer, aber in völligem Widerspruch dazu gab es etwas, das zuvor nicht da gewesen war. Was bedeutete das? Ich horchte in mein Inneres. Was fehlte mir, und was füllte mich stattdessen aus? Dabei sah ich in die Dunkelheit der Kabine und empfand eine unbestimmbare, diffuse Bedrohung.

»Schalt das Licht ein!«, befahl ich der Zimmerpositronik. Sofort wurde es schummrig-hell, wie in der Morgendämmerung eines Planeten. Nur dass ich mich in einem Raumschiff befand. Ich hielt nicht viel davon, natürliche Verhältnisse zu simulieren. »Heller!«

Dieser Wunsch wurde mir ebenfalls sofort erfüllt. Ich sah mein Bett, den Tisch, die beiden Stühle, den Zugang zur Hygienezelle – eben die Standardeinrichtung, die ich nie modifiziert hatte. Ich redete mir selbst ein, dass dafür bislang keine Zeit geblieben war. Tatsächlich wollte ich mich jedoch an diesem Ort nicht einrichten, denn weder war er mein Zuhause noch plante ich, lange zu bleiben. Die AURA war eine Etappe, ein Mittel zum Zweck für ...

... ja, wofür? Das wusste ich nicht. Mir war nicht klar, was die Zukunft bringen würde. Ich war aus einem Grund hierhergekommen, nach Gruelfin, nach Morschaztas, in meine ... Heimat. Heimat? Eine, die zu erobern ich beigetragen hatte und in der ich viel weniger lange gelebt hatte als in der Milchstraße? Durfte ich die Galaxis, die nicht nur für ES ein Sündenfall gewesen war, wirklich Heimat nennen? Und war vielleicht Wiedergutmachung der wahre Grund, aus dem ich an diesen Ort zurückgekehrt war, ohne mir dessen bewusst zu sein? Um mit den Fehlern aus der Vergangenheit konfrontiert zu werden, die ich in meinem ursprünglichen Leben begangen hatte, vor der Berufung durch ES in den Dienst als Galaktischer Kastellan?

Ich schob diese ablenkenden Überlegungen beiseite. Nicht darüber wollte und musste ich nachdenken! Es gab andere, momentan weitaus dringendere Fragen.

Was fehlte mir? Wieso fühlte ich mich leer? Was war dennoch neu? Warum ...

Die Gedanken stockten, als ich begriff, dass mein Körper mir zumindest diese Antwort bereits automatisch gab. In einer mir selbst nicht bewussten Bewegung tasteten meine Fingerspitzen über die linke Schläfe, wo sich eine gefühlte Ewigkeit lang die Kastellan-Insigne befunden hatte, jene kleine, nur wenige Zentimeter durchmessende bläulich schimmernde und halb durchsichtige Metallscheibe, die jeden Galaktischen Kastellan auswies und legitimierte. Ich hatte sie freiwillig abgegeben und Antanas Lato anvertraut. Aber etwas freiwillig weiterzugeben hieß schließlich nicht, dass man es hinterher nicht vermisste, zumal wenn es nahezu ein Teil des eigenen Körpers gewesen war.

Die Insigne fehlte mir.

Was war an ihre Stelle getreten?

Blau, dachte ich.

Gold.

Woher kamen diese inneren Impulse?

Blaugold.

Ich erschrak, denn es waren nicht meine eigenen Gedanken. Pflanzte sie mir jemand ein? Schickte mir eine fremde Macht diese Eindrücke ins Gehirn? Bei dieser Vorstellung durchfuhr mich ein eisiger Schreck. Wurde ich beeinflusst, vielleicht von einem Mutanten – ähnlich der Fähigkeit, mit der Damar Feyerlant Maschinen beeinflusste? Versuchte ein Suggestor, auf meinen Willen und Verstand zuzugreifen?

Wieder tastete ich nach der Insigne – oder eben der Stelle, an der sich dieses mächtige Stück Technologie aus dem Fundus der Superintelligenz ES bis vor zwei Tagen befunden hatte. Möglicherweise hatte es mich stets vor derartiger Einflussnahme von außen geschützt. Niemand hatte mich je in alle Fähigkeiten und Anwendungsmöglichkeiten der Insigne eingeführt; und auch nach so langer Zeit war ich immer wieder auf etwas Neues gestoßen. Es war, als schlummerten Möglichkeiten darin, die erst offenbar wurden, wenn die jeweilige Situation es erforderte.

Vielleicht war es Narretei gewesen, ein zu spontaner Entschluss, sie weiterzugeben. Aber das ließ sich nicht mehr ändern. Antanas Lato trug sie, und er war mit Perry Rhodan und Shema Ghessow in die Konverse gegangen. Womöglich befanden sie sich längst in Spaphu, Millionen Lichtjahre entfernt und absolut unerreichbar.

Die blaugoldenen Raumer, dachte ich. Die Armada lauert.

Aber es war nicht mein eigener Gedanke, denn obwohl die Blaugoldraumer vor gar nicht langer Zeit eine Rolle in einer Raumschlacht gespielt hatten, wusste ich nichts über deren Hintergrund, geschweige denn von einer Armada, die sie in ihrer Gesamtheit offenbar bildeten.

Ich versuchte, diese fremden Impulse abzublocken, einen Schirm zu bilden und mich vor dem zu verbergen, der auf mich zugriff. Und vor allem mussten die anderen darüber Bescheid wissen!

Ich kam auf die Füße. Mir war schwindelig. Hastig befahl ich der Positronik, eine Funkverbindung zu Atlan aufzubauen. »Sofort und mit hoher Dringlichkeitsstufe!«, forderte ich.

*

Atlan versprach, sofort zu mir in meine Kabine zu kommen. Er tauchte schneller auf, als ich es für möglich gehalten hätte, und er kam nicht allein.

»Alschoran«, begrüßte mich Sichu Dorksteiger knapp, ein wenig distanziert, aber zweifellos interessiert. Und besorgt.

Ich lehnte mit dem Rücken an der Kabinenwand und deutete beiläufig auf die Stühle. »Setzt euch!«

Dann berichtete ich den beiden von den fremden Gedanken in meinem Kopf. Aber als ich es aussprach, merkte ich sofort, dass diese Einschätzung nicht stimmte.

»Es sind keine fremden Gedanken«, verbesserte ich mich selbst. »Eher ... Impulse. Aber je länger sie in meinem Kopf sind, je mehr sie sich ausbreiten, umso richtiger fühlen sie sich an. Nicht wie etwas, das mich in die Irre führen soll. Keine Lügen oder Manipulationen.«

»Sondern?«, fragte Atlan. Wie Sichu hatte er Platz genommen. Seine Hände lagen ruhig auf der Tischplatte, ihre trommelten einen langsamen Rhythmus, fast melodiös: Tacktack – tack – tack ... tack. »Du weißt, was es nicht ist«, sagte er, »aber was ist es stattdessen?«

Ich suchte nach einer passenden Bezeichnung, wurde jedoch nicht fündig.

»Ich bin mir nicht sicher«, wandte Sichu währenddessen ein, unablässig weitertrommelnd, »dass wir eine Manipulation ausschließen können. Denn wäre nicht genau das das Merkmal einer guten Einflussnahme? Dass Alschoran es eben nicht als solche erkennt?«

Ich wollte ihr widersprechen, setzte zu einer barschen Erwiderung im Stil von Ich bin kein Narr! an, verkniff es mir allerdings. Sie hatte recht. Solange wir nicht wussten, womit wir es zu tun hatten, durften wir nichts ausschließen.

Illustration: Swen Papenbrock

Also schluckte ich Zorn und Ärger hinunter, brachte meinen falschen Stolz unter Kontrolle, indem ich unruhig im Zimmer hin und her ging. Ich konzentrierte mich auf die Sache.

»Entspann dich, Alschoran!«, verlangte Atlan. »Lass locker. Kämpf nicht dagegen an, sondern lass es zu! Dann sehen wir, worauf es hinausläuft. Sichu und ich kümmern uns darum, dass du keine Dummheiten machst.« Er grinste. »Notfalls schalten wir dich aus.«

»Wenn ich nicht wüsste, dass du im Notfall genau das tun wirst, Arkonide, könnte ich lachen.« Aber gut ... ich folgte seinem Vorschlag. Oder versuchte es zumindest.

Entspannung. Nicht gerade der Zustand, der sich leicht befehlen ließ.

Ich setze mich auf die Bettkante.

Wurde ich beeinflusst? Selbst wenn, war ich in guten Händen. In diesem Moment war es sinnvoll, die Kontrolle an Atlan und Sichu abzugeben. Es war nicht mehr nur mein Problem. Ich schloss die Augen, atmete tief durch.

»Mir fällt etwas ein«, sagte ich.

»Hm?« Sichu warf mir vom Tisch her einen aufmunternden Blick zu. Das Trommeln war leiser geworden, und langsamer, verstummte nun komplett.

»Ich weiß nicht mehr genau, wo, aber es fühlt sich an, als könne ich eins der Verstecke greifen. Es liegt mir gewissermaßen auf der Zunge, es auszusprechen.«

»Von welchen Verstecken redest du?«, fragte Sichu, während sich Atlan im Stuhl zurücklehnte.

»Die Flotte der Blaugoldraumer. Sie sind an verschiedenen Stellen in Gruelfin versteckt und ...« Ich stockte. Wie kam ich darauf? Ich wusste nichts von einer Blaugoldraumerflotte, geschweige denn, dass sie irgendwo versteckt wäre!

Wieder tastete meine Hand zur Schläfe, wo die Kastellan-Insigne bis vor Kurzem ein Teil von mir gewesen war; eine technische Erweiterung, die zu mir gehörte, kaum anders als ein Arm oder Auge. Als ich die Hand zurücknahm, sah ich, dass die Fingerspitzen zitterten.

Sichus Blick fixierte meine Augen. Sie stand auf und kam auf mich zu. »Weiter, Alschoran! Erinnere dich! Wo liegt dieses Versteck?« Sie betonte jedes Wort der Frage.

»Woher soll ich das wissen? Ich habe von den Blaugoldraumern nie gehört, ehe wir nach Gruelfin kamen und sie aufgetaucht sind bei dieser Schlacht im ... bei – dieser Schlacht ...« Ich wurde immer leiser, sprach mit immer weniger Überzeugung.

Kein Wunder, denn es stimmte nicht.

Selbstverständlich hatte ich zuvor bereits von diesen Schiffen gehört.

Das, was mir im Kopf herumspukte, waren keine fremden Gedanken. Es handelte sich um Erinnerungen. Meine eigenen Erinnerungen aus weit zurückliegenden Zeiten, Teile meines Lebens, die von der Kastellan-Insigne unterdrückt worden waren.

»Die Anqhas«, sagte ich. »Die Blaugoldraumer sind Schiffe der Anqhas!«

Kaum hatte ich dieses Wort, diesen Eigennamen gefunden, suchte ich nach einer bildlichen Vorstellung, allerdings vergeblich. Wie hatte ein Anqha ausgesehen? Was war das Besondere dieses Volkes gewesen? Denn es gab etwas sehr Spezielles, das wusste ich wieder ... nur was?

Ich stand ruckartig auf. »Ich weiß, wo wir hinmüssen.« Ich eilte zum Ausgang meines Quartiers, öffnete die Tür, bog auf den Korridor ab.

Atlan und Sichu Dorksteiger begleiteten mich auf dem Weg zur Zentrale der AURA. Ein Techniker kam uns entgegen. Ich gönnte ihm keinen Blick.

»Es sind Erinnerungen!« Daran hegte ich nicht mehr den geringsten Zweifel. Ich wusste es, ebenso wie ich wusste, was ich gestern und vorgestern getan hatte. »Sie waren verborgen oder verdrängt, und ich bin mir nicht sicher, ob ich dem jemals zugestimmt habe ... aber das spielt keine Rolle. Jetzt nicht.«

»Bist du dir sicher?«, fragte Atlan.

»Absolut. Gerade du weißt doch, wie das ist, mit Erinnerungen, die dir genommen worden sind.«

»Du redest von der Zeit, die ich hinter den Materiequellen verbracht habe?«

»Stell dir vor, du könntest dich wieder daran erinnern.«

»Es ist noch nicht lange her, dass ich erfahren habe, wer sie mir genommen hat. Die Kosmokratin Mu Sargai – und das aus gutem Grund. Mit meiner Zustimmung.«

»Aber wenn sie wiederkämen, wären sie ein Teil von dir. Etwas, das sich natürlich anfühlt. Von dem du weißt, dass es zu dir gehört. Ohne Zweifel.«

Atlan schwieg daraufhin.

»Hoffen wir, dass du dich nicht irrst«, sagte Sichu.

»Ja«, stimmte ich zu. »Hoffen wir es. Oder noch besser – überprüfen wir es. Ich erinnere mich an die Koordinaten eines Sonnensystems, in dem ein Teil der Blaugoldflotte verborgen ist. Das Rakkmanensystem. Fliegen wir hin und sehen es uns selbst an.«

»Es könnte sein, dass wir in eine Falle gelockt werden«, gab Sichu zu bedenken. »Dass wir freiwillig hineinmarschieren, weil der Köder gut ist. Sag selbst, Alschoran – würde das nicht gut zu den Panjasen passen?«

Dem konnte ich nicht widersprechen. Und trotzdem war ich hundertprozentig davon überzeugt, dass es sich anders verhielt. »Also treffen wir Vorsorge. Wir sichern uns ab. Bringt mich ins Rakkmanensystem! Beobachtet mich! Wir schützen uns, wenn wir zum Versteck vorstoßen. Aber eins weiß ich mit absoluter Sicherheit: Dort sind Blaugoldraumer versteckt.«

»Und selbst wenn das stimmt«, sagte Atlan, »wie hilft es uns weiter?«

Ich lachte. »Die Herren der Blaugoldraumer sind die Anqhas, zweifellos auch nach all der langen Zeit. Sie sind nicht unsere Feinde. Sie waren ein Hilfsvolk von ES und ...« Ich zögerte.

Dieser Aspekt war mir selbst erst in diesem Augenblick bewusst geworden. Ja, sie waren ein Hilfsvolk der Superintelligenz gewesen – aber was bedeutete das? Waren sie es immer noch? Hatten sie eine Aufgabe? Und wenn ja, wie interpretierten sie diese? Die Verhältnisse in Gruelfin und Morschaztas hatten sich seit damals völlig auf den Kopf gestellt. Manche Anqhas waren in ihren Blaugoldraumern offensichtlich mittlerweile erwacht ... Die Besatzung der AURA hatte miterlebt, wie sie in eine Schlacht eingegriffen und die Panjasen attackiert hatten. Handelten sie auf eigene Verantwortung? Hatte jemand den Befehl über sie übernommen? Wussten sie, was geschehen war?

Es gab weit mehr Fragen als Antworten, und ich begriff, dass dieser kleine Bereich, den meine Erinnerung mittlerweile freigab, nur ein winziges Puzzlestück des Gesamtbildes darstellte. Aber mit eben genau diesem Teilstück mussten wir arbeiten, und es war besser, als völlig im Dunkeln zu tappen.

*

Wir flogen in einem kleinen Beiboot der AURA – Atlan, Damar Feyerlant und ich, außerdem einige Raumlandesoldaten. Weitere Einheiten hielten sich in der Nähe auf, und die AURA selbst stand bereit, sofort einzugreifen, sofern sich dies alles tatsächlich als Falle entpuppen sollte.

Ich glaubte nicht daran. Nein, mehr noch: Ich wusste es. Aber das hieß nicht, dass ich naiv in diese Situation hineinschlitterte. Denn es konnte Missverständnisse mit den Anqhas geben – und es war sehr viel Zeit vergangen seit meinem letzten Aufenthalt in Gruelfin in meinem ... in meinem ersten Leben, vor der Berufung zum Galaktischen Kastellan.

Vielleicht standen die Anqhas längst unter dem Kommando einer neuen, fremden Macht. Eines bislang unbekannten Konkurrenten im Kampf um die ES-Fragmente.

Oder die Anqhas interpretierten den Willen der Superintelligenz anders als wir. Denn wenn man einen Schritt zurücktrat und einen möglichst neutralen Blickwinkel einnahm, war es nicht eindeutig, wie ES handeln würde. Unsere Auffassung und die der Panjasen etwa unterschied sich fundamental.

Die Geschichte der Hohen Mächte des Universums war voll von Missverständnissen und Entscheidungen, die einem normalen Lebewesen unverständlich erscheinen mussten. Davon konnten vor allem Atlan und ich ein Lied singen. Eines mit sehr vielen Strophen.

Der Arkonide steuerte das Beiboot, mit Kurs stets in Richtung der Sonne. Gerade passierten wir die Bahn des dritten Planeten, eines gewaltigen, bläulichen Gasriesen, durch dessen Atmosphäre Stürme tobten. Er hatte einige Trabanten eingefangen.