Perry Rhodan 3314: Die Grüfte Canephors - Christian Montillon - E-Book

Perry Rhodan 3314: Die Grüfte Canephors E-Book

Christian Montillon

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Beschreibung

Rund 4000 Jahre in der Zukunft … in der Mitte des 23. Jahrhunderts Neuer Galak­tischer Zeitrechnung. Die Menschen leben in Frieden und Freiheit. Von der Erde aus haben sie ein Netz aus Handelsbeziehungen und Bündnissen geschlossen, das zahlreiche Planeten in der Milchstraße ­umfasst. Perry Rhodan hat als Raumfahrer die Menschheit zu den Sternen geführt hat. Nun will er die Kontakte zwischen den einzelnen Galaxien stärken – sein Hilfsmittel dabei sind neue Raumschiffe. Der Prototyp trägt den Namen PHOENIX. Doch bevor das Schiff zu seinem ersten Flug starten kann, kommt es zum Angriff auf die Erde – das Brennende Nichts wird gezündet, und Perry Rhodan selbst wird erpresst: Will er die Vernichtung der Erde aufhalten, muss er Reginald Bull töten, seinen besten Freund. Rhodan bleibt nichts an­deres übrig, als eine Reise ins Ungewisse anzutreten. Mit dem PHOENIX und einer kleinen Besatzung bricht er zur Agolei auf, einer bislang unbekannten Region des Kosmos. Unterwegs müssen sie verschiedene Gefahren bestehen – und der Mausbiber Gucky stößt auf DIE GRÜFTE CANEPHORS …

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Seitenzahl: 170

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Nr. 3314

Die Grüfte Canephors

Ein Androide erwacht – Streifzug durch die tote Werft

Christian Montillon

Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

BUCH V

1. Mutantenjagd

2. Kein gemachtes Nest

3. Erwachen

4. Gemeinschaft

5. Startvorbereitungen

BUCH VI

1. Todescountdown

2. Ein unpassendes Puzzleteil

3. Freunde

4. Erwecken

5. In die Tiefe

6. Untergang

7. Aufbruch

Leseprobe Kartanin 1 – Michael Marcus Thurner – Flucht zur Erde

Vorwort

1. Perry Rhodan: Was für ein Spaß!

2. Dao-Lin-H'ay: Die Verfolger

3. Perry Rhodan: Die Entscheidung

GESPANNT DARAUF, WIE ES WEITERGEHT?

Leserkontaktseite

Glossar

Impressum

PERRY RHODAN – die Serie

Rund 4000 Jahre in der Zukunft ... in der Mitte des 23. Jahrhunderts Neuer Galaktischer Zeitrechnung. Die Menschen leben in Frieden und Freiheit. Von der Erde aus haben sie ein Netz aus Handelsbeziehungen und Bündnissen geschlossen, das zahlreiche Planeten in der Milchstraße umfasst.

Perry Rhodan hat als Raumfahrer die Menschheit zu den Sternen geführt hat. Nun will er die Kontakte zwischen den einzelnen Galaxien stärken – sein Hilfsmittel dabei sind neue Raumschiffe. Der Prototyp trägt den Namen PHOENIX.

Doch bevor das Schiff zu seinem ersten Flug starten kann, kommt es zum Angriff auf die Erde – das Brennende Nichts wird gezündet, und Perry Rhodan selbst wird erpresst: Will er die Vernichtung der Erde aufhalten, muss er Reginald Bull töten, seinen besten Freund. Rhodan bleibt nichts anderes übrig, als eine Reise ins Ungewisse anzutreten.

Mit dem PHOENIX und einer kleinen Besatzung bricht er zur Agolei auf, einer bislang unbekannten Region des Kosmos. Unterwegs müssen sie verschiedene Gefahren bestehen – und der Mausbiber Gucky stößt auf DIE GRÜFTE CANEPHORS ...

Die Hauptpersonen des Romans

Tin – Der Yuit-Leun gerät in Todesgefahr.

Perry Rhodan – Der Terraner muss eine schwerwiegende Entscheidung treffen.

Nekhnem – Das positronische Bewusstsein sucht Wahrheiten.

Gucky

BUCH V

Vergangenheit:

3.–10. August 2250 NGZ

Wir begreifen die Ruinen nicht eher,

als bis wir selbst Ruinen sind.

(Heinrich Heine)

1.

Mutantenjagd

3. August 2250 NGZ

Guckys Geheimrezept versagte.

Wobei es sich nicht einmal um ein Geheimrezept handelte. Seine Art, möglichst alles – Gutes, Schlechtes, Banales, Entsetzliches – mit einem lockeren Spruch zu kommentieren, war legendär. Jeder wusste es, die zahllosen Gucky-Satiren in den Medien basierten meistens auf genau dieser Eigenschaft.

Aber nun, im Nest Canephor, dieser unwirtlichen, der Agolei vorgelagerten, von Kunstsonnen beleuchteten Welt, unendlich weit von zu Hause entfernt, versagte diese Methode. Angesichts dessen, was er gesehen hatte, blieb Gucky jeder lockere Kommentar im Hals stecken.

Er stand auf einem großen Platz, inmitten einer von Reif und einer dünnen Schneeschicht überzogenen Ruinenstadt, umgeben von Statuen, die die verschiedenen Völker der Leun zeigten. Die Yuit waren eines der Völker, die sich zum »Gesamtvolk« oder der Gemeinschaftskultur der Leun zusammengeschlossen hatten.

Anscheinend waren sie alle – oder viele von ihnen – auf diesem Platz in Form von Statuen verewigt worden. Aber egal wie ihre Bezeichnung lautete, es war eindeutig: Die Yuit waren Ilts. Mausbiber. Genau wie er.

Gucky hatte sein Volk gefunden, seinen Ursprung.

Und es gab keinen Zweifel: Die Ilts waren zugleich Leun, genau wie Shrell.

Stand man vor den Statuen der verschiedenen Leunvölker, nannte eine mechanische Stimme deren jeweilige Namen und gab eine kurze Erklärung dazu ab. »Die Yuit-Leun sind treue Wegbegleiter«, hatte die Stimme in diesem Fall gesagt. »Wer sie zum Freund hat, mag sich glücklich schätzen. Sie genießen das Zusammenleben, den Spaß und die Familie. Für sie ist es wichtig, zu spielen. Ein Yuit, der das Spielen verlernt hat, ist zu fürchten und zu bedauern.«

Eine nette und interessante und am Ende imposante Beschreibung. Aber sie konnte Gucky nicht über das eigentliche Dilemma hinwegtäuschen. Über die entsetzliche Feststellung, die durch seinen Kopf jagte und jeden anderen Gedanken vertrieb: Die Yuit oder Ilts waren der Feind.

Der Feind.

Der verdammte Feind!

Als eine Leun, auch wenn sie einem anderen Volk entstammte, war Shrell mit ihrem Raumschiff, der ELDA-RON, ins Solsystem gekommen und hatte drei Anomalien gezündet – je ein Brennendes Nichts in Terrania, in Neu-Atlantis und auf Luna. Die drei Katastrophen hatten viele Tote gefordert, und wenn man keinen Weg fand, diese wachsenden Anomalien zu löschen, würden am Ende Terra und Luna vollständig von ihnen verzehrt werden.

Gucky versuchte, seine innere Anspannung und sein schieres Entsetzen über die Erkenntnis der Identität der Yuit in einen lockeren Spruch zu verwandeln und damit zumindest teilweise loszuwerden. So, wie er es eben immer tat. Wie es seiner Art entsprach, seinem Humor und seinem Schutzmechanismus zugleich.

Üblicherweise musste er darüber gar nicht nachdenken, das ging automatisch. Übung machte eben den Meister. Wie kaum anders zu erwarten, kamen dabei nicht immer brillante oder zumindest wirklich witzige Sprüche heraus ... aber es half. Manchmal anderen, manchmal nur ihm – diesmal allerdings nicht.

Denn diesmal kam kein einziges Wort über Guckys Lippen, und das lag nicht etwa daran, dass es niemanden gab, der ihn hätte hören können, sondern daran, dass in seinem Inneren absolute Stille herrschte. Es gab nichts mehr, das aus ihm heraussprudeln könnte, weder Überschwang noch verzweifelter Trotz.

Wie lange und wie oft und wie vergeblich hatte er gehofft und gesucht und gehofft ... Und nun, aus heiterem Himmel, schien seine Sehnsucht erfüllt zu werden – aber um welchen Preis? Und würde er bereit sein, ihn zu zahlen?

Darum blieb er stumm. Er fühlte sich leer und dunkel. Er setzte sich hin, ohne genau zu wissen, wo er sich befand. Ebenso gut hätte dichter Nebel um ihn wallen können, irgendwo auf einer verlassenen Hochebene, mitten im Meer oder im Herzen einer Großstadt. Es machte keinen Unterschied.

Gucky schloss die Augen und atmete tief durch. Wenigstens das. Er musste seine Gedanken sammeln. Zur Ruhe kommen. Die Luft war kalt. Es schmerzte leicht in den Lungen.

Wie lange hatte er nach seinem Volk gesucht, ob aktiv oder nur in Form einer leisen Hoffnung in einem verborgenen Winkel seines Herzens? Er konnte die Jahre gar nicht zählen. Als relativ unsterblicher Zellaktivatorträger stand ihm eine Unmenge Zeit zur Verfügung. Zeit, in der er sich gequält hatte mit der Idee, vielleicht doch nicht der Letzte seiner Art zu sein, der einzig verbliebene Mausbiber – entgegen aller Wahrscheinlichkeit nicht allein im Universum zu sein. Vor dem Sturz in die Verzweiflung hatten ihn stets seine Freunde bewahrt – echte Freunde, die ihm ohne Wenn und Aber und durch alle Krisen zur Seite standen. Aber: Sie alle waren nicht wie er.

Und nun?

Er hatte den Beweis gefunden: Es gab andere Ilts.

Aber sie waren der Feind.

Eine Träne rann ihm durchs Gesichtsfell.

Er ignorierte sie.

*

»Was soll's?«, sagte er irgendwann. »Muss ja weitergehen.«

Nicht sein bester Spruch, eher eine sinnentleerte Plattitüde, die in den unteren drei Prozent aller möglichen Kommentare rangierte. Aber besser als nichts. Ihm jedenfalls tat es gut.

Also stand er auf und bemerkte zum ersten Mal, worauf er sich niedergelassen hatte. Es war der Fuß einer anderen Statue; kein Yuit-Leun, sondern der Angehörige eines ihm fremden, vierbeinigen Volkes mit ungeschlachtem Körperbau und einem massigen Kopf, der halslos aus einer tonnenförmigen Brust ragte. Der Mund stand halb offen, und zwei lange Reißzähne ragten übers Kinn. Die Statue musste sich vorgestellt haben, als er vor sie getreten war, aber Gucky war so in Gedanken versunken gewesen, dass er nur dumpfe Erinnerungen an irgendwelche Worte hatte, die wirkungslos an ihm vorbeigerauscht waren.

Für sich selbst nannte er diese Leute einfach Vampir-Leun, und als ihm diese Bezeichnung einfiel, fühlte er sich ein wenig wie der Gucky, der er immer gewesen war. Es passte zu ihm. Es war ein Stück Realität und Normalität.

»Danke für die halbwegs bequeme Sitzgelegenheit«, sagte er in die Stille. »Wenn ich mal einen wie dich treffe, hat er was gut bei mir.« Er zögerte kurz. »Aber kein Blut, nur damit das klar ist.«

Die Antwort bestand aus einem leisen Knirschen, gefolgt von einem lauter werdenden Knarren.

Allerdings konnte eine Statue ganz sicher nicht antworten. Und eigentlich befand sich Gucky seines Wissens nach völlig allein auf diesem Planeten. Shrell hatte ihn in der Nähe abgesetzt – oder besser gesagt, sie hatte ihn aus der ELDA-RON geworfen, in einem gerade mal halbwegs funktionierenden SERUN mit defekter Lebenserhaltung, und ihn seinem Schicksal überlassen.

Gucky war danach in mehreren Sprüngen bis auf diesen Planeten teleportiert – ins Nest Canephor, an den einzigen Ort in weitem Umfeld, an dem er mit beschädigtem Schutzanzug nicht binnen Minuten gestorben wäre. Das hatte eine Menge Kraft gekostet, und in diesem Moment wurde ihm klar, wie sehr er nicht nur psychisch, sondern auch physisch ausgelaugt war. Seine Psi-Kräfte waren ebenso erschöpft wie die Reserven seines Körpers.

Vielleicht sollte er sich an ein halbwegs lauschiges Plätzchen zurückziehen und schlafen. Gleich. Sobald er wusste, was es mit diesem Geräusch auf sich hatte. Gucky esperte, empfing aber keine Gedanken eines sich selbst bewussten, intelligenten Lebewesens. Er war allein, genau wie vermutet.

Näherte sich ihm ein Tier?

Der Gedanke lag nahe, aber das Geräusch klang zu künstlich, zu metallisch, um natürlichen Ursprungs zu sein.

Der Mausbiber sah aus dem Augenwinkel eine Bewegung und teleportierte spontan etwa ein Dutzend Meter zur Seite, ungezielt, nur irgendwohin, ein Minisprung, der wenig Kraft kostete.

Der Fuß des Vampir-Leun explodierte in einer Entladung aus Flammen. Staub wölkte auf, und Bruchstücke des Gesteins prasselten auf den Boden rundum.

Ein Roboter näherte sich zwischen anderen Statuen – eine schon auf den ersten Blick rostige, altersschwache Maschine. Sie war tonnenförmig, ging auf drei tentakelartigen, erstaunlich biegsamen Beinen und richtete soeben den einzigen Waffenarm neu auf Gucky aus. Ein Abstrahldorn glühte.

Spontan packte Gucky telekinetisch zu, was zu seiner Überraschung leicht möglich war. Ein wenig hatte er sich inzwischen offenbar erholt, aber der Zugriff wäre unmöglich gewesen, hätte der Roboter einen Schutzschirm genutzt.

Illustration: Swen Papenbrock

Mit seiner Psi-Gabe bog der Mausbiber den Waffenarm ruckartig nach oben. Der Schuss, der sich löste, jagte nicht – wie von der Maschine geplant – dem Mausbiber entgegen, sondern verpuffte irgendwo weit über ihm im Himmel. Aber das war nicht alles. Krachend brach der Waffenarm ab, flog vom Schwung getragen einige Meter in die Höhe, überschlug sich dabei und landete schließlich auf dem Boden. Dort zuckten einige Überschlagsblitze aus dem Trümmerstück, ehe es energetisch tot liegen blieb.

Verblüfft über diesen unerwarteten Erfolg durch die schwache telekinetische Attacke, nahm Gucky seinen unerwartet aufgetauchten Gegner etwas genauer in Augenschein.

Der Roboter war augenscheinlich baufälliger als ohnehin vermutet. Ein etwa handflächengroßes Teil der an vielen Stellen rostigen Körperabdeckung fehlte, vielleicht eine Art Wartungsklappe. Darunter verlief ein Gewirr aus Kabeln. Diodenlichter leuchteten, manche weiß, andere grellblau. Einen weiteren Waffenarm, mit dem die Maschine hätte angreifen können, gab es nicht. Etwa zehn Zentimeter des abgerissenen Arms ragten aus dem metallenen Leib; am Stumpf sirrten energetische Funken.

»Was willst du von mir?«, fragte Gucky, obwohl er wenig Hoffnung hegte, dass der Roboter zur verbalen Kommunikation ausgelegt war. Und falls doch, würde er wohl nicht antworten.

Stattdessen huschte die Maschine auf den drei Tentakelbeinen näher. Dabei nahm sie Geschwindigkeit auf und ging auf Kollisionskurs, wie ein Haluter in Drangwäsche, der alles in seinem Weg niederwalzen wollte.

Gucky machte sich bereit, ihr auszuweichen. So matt und erschöpft er sich auch fühlte, wäre er zu einem kleinen Teleportersprung sicher noch in der Lage. Fast fand er sogar Gefallen an dieser unvermuteten Actioneinlage, denn sie riss ihn aus seinen Grübeleien. Er wollte nicht darüber nachdenken müssen, was er über sein Volk erfahren hatte. Er wollte es einfach nicht!

Sein Gegner war fast heran, als Gucky ein spontaner Gedanke kam. Ohne lange nachzudenken, packte er telekinetisch das Kabelgewirr unter der offenen Klappe und riss es heraus.

Die Maschine eilte weiter, doch die Tentakelbeine fanden keinen koordinierten Rhythmus mehr. Etwa zehn Meter vor Gucky kippte der Roboter vornüber, krachte auf und schlitterte weiter, verlor dabei jedoch den Kurs und verfehlte Gucky um Mausbiberlänge.

Als die Maschine zur Ruhe kam, watschelte Gucky zu ihr. Doch ehe er sie erreichte, hörte er wieder ein Schaben, diesmal merklich lauter. Er drehte sich um, in die Richtung des Geräuschs. Eine Statue versperrte ihm den Blick. Er eilte zur Seite, um freie Sicht zu bekommen.

Was er entdeckte, gefiel ihm gar nicht. Das Schaben kam von dem kreisrunden Portal im Boden, das er nach seiner Ankunft in dieser Ruinenstadt untersucht hatte; jener schwarze Bereich, der frei blieb von Eis und Schmutz, als wäre er frisch gereinigt oder als weise er jedes Material eigenständig ab. Nun zeigte sich, dass es sich um eine Art Schott handelte. Es öffnete sich blendenartig, und drei weitere Roboter schwebten daraus in die Höhe.

*

Für einen Augenblick konnte Gucky in die Tiefe schauen, in ein gruftartiges, dunkles Gewölbe, in das nur durch die Öffnung von oben Tageslicht fiel. Der Mausbiber glaubte, Strukturen in den Wänden zu sehen oder darauf geprägte Symbole und Muster, aber er war sich nicht sicher.

Ihm blieb keine Zeit, darüber nachzudenken, denn die drei Roboter wandten sich ihm zu. Es handelte sich um anders geformte, etwa zwei Meter große, grob humanoide Modelle mit zwei Beinen und zwei Armen, einem Rumpf und einer Kopfsektion. Auch sie wirkten alles andere als fabrikneu, doch der Zahn der Zeit hatte offenbar nicht derart extrem an ihnen genagt wie an dem Tentakelbeiner. Die Arme liefen nicht in Abstrahlmündungen aus, sondern die Modelle hielten Waffen, die sie auf Gucky ausrichteten.

Der Mausbiber wollte telekinetisch zupacken, doch es gelang nicht. Diesmal nutzten die Maschinen Schutzschirme. Zwar flackerten diese, schienen also nicht sonderlich stabil zu sein, doch Gucky kam mit seinem Psi-Angriff nicht durch.

Zwei der drei Waffenarme glühten. Gucky sammelte Kräfte und teleportierte. Er materialisierte auf dem Kopf einer der vielen Statuen, schwindlig vor Schwäche. Unter ihm und etwa zwanzig Meter zur Seite versetzt gingen die Schüsse ins Leere.

Die humanoiden Roboter wandten sich einander zu. Es war, als tauschten sie Blicke, um sich zu orientieren und sich einer Taktik zu vergewissern. Nicht gerade das, was Maschinen üblicherweise taten. Gleich darauf sagten die Roboter etwas – Worte und Sätze in einer Gucky unbekannten Sprache. Sie klang kehlig und war reich an Konsonanten.

Das verblüffte den Mausbiber. Kommunizierten die Maschinen untereinander tatsächlich verbal?

Ihm blieb keine Zeit, darüber nachzudenken. Die Roboter richteten die Waffen erneut auf ihn und feuerten.

Die Statue wurde zerfetzt; Gucky teleportierte. Er wollte einige Kilometer weit weg, außer Reichweite der Maschinen ... aber ihm fehlte die Kraft. Er rematerialisierte ungeplant gerade einmal knapp hundert Meter entfernt. Die angreifenden Maschinen hatten freies Schussfeld.

Die Welt drehte sich um Gucky. Schwäche drohte ihn in eine Ohnmacht zu stürzen. Falls das passierte, war er verloren. Er wäre ein wehrloses Opfer.

Das durfte nicht geschehen!

Er sah sich um. Was konnte er tun? Wie gegen die Roboter vorgehen? Er verfluchte die Tatsache, dass sein SERUN ihm weder einen Schutz noch eine Angriffsmöglichkeit bot. Er musste es aus eigener Kraft schaffen. Noch verfügte er über seine Paragaben, wenn er auch wegen der Schwäche nur sehr eingeschränkt darauf zugreifen konnte. Die Roboter selbst waren nicht angreifbar, aber ...

Die Idee kam spontan, geboren aus Guckys zahllosen Erfahrungen in Nahkämpfen mit den unterschiedlichsten Gegnern. Die Maschinen standen dicht neben einer der größten Statuen, die ein insektoides Volk der Leun darstellte, deren Namen er nicht kannte. Gucky sammelte all seine Kraft und schlug telekinetisch zu. Er zerfetzte mit dem Psi-Schlag die dünnen Beine der Statue. Die gewaltige Masse krachte auf die Roboter. Die flackernden Schutzschirme versagten unter der massiven Last. Eine Maschine wurde zermalmt. Sie explodierte und zerfetzte den zweiten Roboter. Bruchstücke schmetterten in den dritten und durchbohrten dessen Brustsektion. Funken schlugen aus dem Inneren.

Gucky konnte nach dieser Anstrengung kaum atmen. Er nahm lediglich wahr, dass sich die Angreifer nicht mehr regten, ehe ihm die Augen zufielen.

Hoffentlich bleibt es so,

2.

Kein gemachtes Nest

Die Ilts spazierten über eine Wiese. Vereinzelte Wolken standen am Himmel, Bäume ragten in einiger Entfernung hoch auf. Einer der Ilts redete, die anderen hörten zu. Die Worte blieben ein Geheimnis, Gucky konnte sie nicht hören, sah nur, wie sich der Mund bewegte. Ein Kind lachte, sein Fell schimmerte im Sonnenlicht leicht rötlich. Sie alle wirkten glücklich. Gucky ging näher zu ihnen.

Sie wandten sich ihm zu. Ihre Gesichter verschwammen.

Einfach so?, sagte einer von ihnen. Du kommst einfach so zu uns? Die Gestalten lösten sich auf wie Nebel.

Gucky wachte auf, und die Traumbilder, die eben noch mit absoluter Vehemenz durch seinen Verstand gepeitscht waren, verschwanden. Sein Herz schlug schnell. Er setzte sich auf, und Übelkeit stieg in ihm hoch.

Der Mausbiber ignorierte es, so gut es ging, und wankte zu dem Trümmerhaufen, der von den drei angreifenden Robotern geblieben war. Von zwei Maschinen gab es nur noch zerquetschte oder zerfetzte Überreste. Die dritte sah auf bizarre Weise aus, als wäre einem Humanoiden in einer altertümlichen Metallrüstung von einem gewaltigen Projektil der Brustkorb durchbohrt worden. Das Innenleben, das sich in der Wunde offenbarte, legte jedoch keine Biologie frei, sondern Technologie.

Der Rest des Körpers war weitgehend unversehrt geblieben. Aus dem Schädel starrten blicklose mechanische Augen. Gucky schalt sich für diese Assoziation: Es waren keine Augen und schon gar nicht waren sie blicklos ... er durfte das nicht mit einer Leiche vergleichen. Was er vor sich sah, waren Optiken ohne Energie. Und doch erinnerte sich der Mausbiber nur zu gut daran, wie die Maschinen einander angesehen und akustisch kommuniziert hatten.

Eine ungewöhnliche Programmierung, nicht mehr. Er durfte diese Maschinen nicht vermenschlichen – denn genau das tat er in Gedanken und begriff auch, wieso. Laut Shrells Ankündigung war er allein auf diesem Planeten, aber er brauchte dringend jemanden, mit dem er reden konnte.

»Aber nein«, murmelte er vor sich hin, »ich bin mal wieder allein. Passt ja. Kaum bin ich nicht mehr der letzte Ilt, bin ich stattdessen der letzte Bewohner dieser Welt und habe keine Chance, von ihr irgendwie wegzukommen. Glückwunsch, Gucky – Jackpot!«

Er sah sich den Roboter genauer an und fand seitlich am Kopf einen Wartungszugang. Wie er vermutet hatte, befand sich in dieser Sektion die Hauptpositronik. Viele Völker stellten ihre Roboter auf diese Weise her, wenn sie sie zumindest grob nach ihrem eigenen Abbild bauten; das Hauptsteuerzentrum lag dort, wo bei ihnen selbst das Gehirn saß.

Mit einiger Wahrscheinlichkeit könnte sich diese Maschine also zumindest teilweise wieder reaktivieren und die Zerstörungen in der Brustsektion umgehen. Um eine böse Überraschung zu verhindern, machte sich Gucky an die Arbeit und trennte den Kopf vom Rest des Roboters.

*

Auf Canephor lauert eine Gefahr, und es lockt ein Geheimnis. Es gibt einen wertvollen Beweis für dich. Das waren Shrells Worte über das Nest Canephor gewesen – nachdem sie ihr Erstaunen darüber zum Ausdruck gebracht hatte, dass Canephor überhaupt noch existierte. Es war eines von Tausenden sogenannten Nestern – künstlich geschaffenen Welten, die von den Leun einst bewohnt, aber inzwischen lange verlassen worden waren.

Inzwischen konnte sich Gucky gut vorstellen, was sie gemeint hatte. Der wertvolle Beweis: Es gab Ilts unter den Leun, und diese Ilts wurden Yuit genannt. Die Gefahr: angreifende Roboter, die ... ja, was eigentlich taten? Verteidigten sie das Nest gegen Eindringlinge? Aber was genau verteidigten sie auf dieser ausgestorbenen Welt? Handelten sie nur noch nach einer alten, inzwischen sinnlos gewordenen Routineprogrammierung?

Wahrscheinlich hätte sich Gucky leicht ein Dutzend weitere Fragen stellen können. Stattdessen wollte er seine Kräfte darauf konzentrieren, Antworten zu finden.

Nur leider war das leichter gesagt als getan. Es gab kaum einen Ansatzpunkt. Oder doch? Er ging zurück zu der schwarzen Öffnung, die sich aufgetan und die angreifenden Roboter herausgelassen hatte. Womöglich war die Welt dort unten intakter als an der Oberfläche.

Wie damals, kurz nach seiner Ankunft, untersuchte er die von Rillen durchzogene Oberfläche des Portals. Leider kam er auch dieses Mal nicht weiter. Er fand keine Möglichkeit, es zu öffnen. Aber er hatte kurz nach unten schauen können – es gab dort einen unterirdischen Bereich.

Der Mausbiber konzentrierte sich und versuchte eine Teleportation.

Nichts.

Er wusste, dass der Sprung von seinen Kräften her gelungen wäre, aber etwas blockierte den Weg. Ob es sich um einen fünfdimensionalen Energieschirm handelte oder eine gezielte Paraabwehr, konnte er nicht feststellen.

Was würde ihn dort unten erwarten? Weitere Roboter, die ihn angriffen?

An diesem Punkt seiner Überlegungen angekommen, stutzte er. Schon die bloße Existenz der Roboter passte nicht zu dem Bild, das Shrell von Canephor gezeichnet hatte. Ihren Worten nach war sie selbst dort gewesen, um nach technischen Hinterlassenschaften ihrer Vorfahren zu suchen – allerdings ohne fündig zu werden.