Planetenroman 20: Der Club der Königinnen - H.G. Francis - E-Book

Planetenroman 20: Der Club der Königinnen E-Book

H. G. Francis

0,0

Beschreibung

Expedition nach Wolf-Lundmark - die ODIN im Bann des Gedankenterrors Im Jahr 1158 Neuer Galaktischer Zeitrechnung befindet sich die Milchstraße in einer Phase der Erholung und des Wiederaufbaus. Die Schreckensherrschaft der Herrn der Straßen ist überwunden, das Leben beginnt von vorn. Es ist aber auch die Zeit, in der die kosmische Umgebung der Menschheit erneut erforscht wird. In der fernen Galaxis Wolf-Lundmark wird ein rätselhaftes astrophysikalisches Phänomen geortet - sofort bricht Perry Rhodan mit seinem Flaggschiff ODIN zu dieser Sterneninsel auf. Doch das Raumschiff wird vor dem Ziel von einer unbekannten Macht abrupt gestoppt. Die Männer und Frauen des terranischen Raumschiffes sind gezwungen, auf die Suche nach dem überlegen erscheinenden Gegner zu gehen. Und dann bricht der Gedankenterror über sie herein ...

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Planetenroman

Band 20

Der Club der Königinnen

Expedition nach Wolf-Lundmark – die ODIN im Bann des Gedankenterrors

H. G. Francis

Im Jahr 1158 Neuer Galaktischer Zeitrechnung befindet sich die Milchstraße in einer Phase der Erholung und des Wiederaufbaus. Die Schreckensherrschaft der Herrn der Straßen ist überwunden, das Leben beginnt von vorn.

Es ist aber auch die Zeit, in der die kosmische Umgebung der Menschheit erneut erforscht wird. In der fernen Galaxis Wolf-Lundmark wird ein rätselhaftes astrophysikalisches Phänomen geortet – sofort bricht Perry Rhodan mit seinem Flaggschiff ODIN zu dieser Sterneninsel auf. Doch das Raumschiff wird vor dem Ziel von einer unbekannten Macht abrupt gestoppt.

Prolog

Die Milchstraße ist befreit –

doch es drohen neue Probleme

Über 600 Jahre lang hatte Monos, der geklonte »Sohn« des Kosmokraten Taurec, die Milchstraße mit seiner Schreckensherrschaft überzogen. Nach seiner Niederwerfung im Jahre 1147 Neuer Galaktischer Zeitrechnung begann die Zeit des Aufbaus. Die Galaxis lag in Trümmern, überall musste neu begonnen werden.

Gleichzeitig aber mussten die Menschen feststellen, dass das Universum »außerhalb« der von Monos abgeschotteten Milchstraße nicht stillgestanden hatte. Überall in der nahen und fernen kosmischen Umgebung der Menschheit waren Entwicklungen im Gange, die unbeachtet hatten bleiben müssen. Nun wurde es notwendig, sich auch darum zu kümmern.

Allein die Beschreibung all dieser großen und kleinen Probleme würde mehrere Bände dieser Chronik füllen – und doch nur Stückwerk bleiben. Wie immer, greift sich der Chronist eine dieser Entwicklungen heraus und versucht, sie in den größeren Zusammenhang der Geschichte der Menschheit zu stellen.

Im Januar des Jahres 1158 NGZ entdeckte der Astronom Charles DePoyne von einer Raumstation am Rand der Milchstraße aus eine rätselhafte Bewegung der Sterne in der Galaxis Wolf-Lundmark. Mehrere Sonnen schienen ihre Position in der kleinen und bis dahin wenig beachteten Sternenansammlung zu verändern.

Um dem Rätsel vor Ort auf die Spur kommen zu können, beantragte DePoyne ein wissenschaftliches Forschungsunternehmen nach Wolf-Lundmark. Seinem Antrag wurde kurzfristig stattgegeben. Perry Rhodan entschloss sich, sein Flaggschiff ODIN dafür zur Verfügung zu stellen und selbst an der Expedition teilzunehmen.

Im Juni des Jahres 1158 NGZ verließ die ODIN die heimatliche Milchstraße und stieß in Richtung Wolf-Lundmark vor. Das Raumschiff legte mehrere Etappen auf dem Flug zu dem fernen Ziel ein, um sich vorsichtig an den weitgehend unerforschten Sternenbereich heranzutasten. Zwei Lichtjahre vor der Galaxis stieß die ODIN auf ein kleines Sonnensystem, das einsam und isoliert in der Leere des Weltraums schwebte. Als sie sich der Peripherie des Sonnensystems näherte, setzte eine Entwicklung ein, die unabsehbare Folgen für die Völker des gesamten Universums haben konnte und die jene rätselhaften Erscheinungen in Wolf-Lundmark nahezu bedeutungslos erscheinen ließ.

Kapitel 1

»Da ist eine Schlacht im Gang«, stellte Miran Tropak fest. Der athletische Mann deutete auf das Holo.

Jellin Morrison betrat die Zentrale der Space-Jet. Die Systemanalytikerin hatte Vorbereitungen für die Untersuchung des Planeten getroffen, den sie anflogen. Nun ließ sie sich in einen der beiden Sessel vor den Instrumentenpulten sinken. Mäßig interessiert sah sie sich an, was Tropak ihr zeigen wollte.

»Na und? Das kommt fast überall vor!«

Das Interesse des Biowaffentechnikers erlosch durch diese Feststellung keineswegs. Er blickte auf das Holo, das deutlich zeigte, was mehr als acht Kilometer unter ihnen geschah. Um eine graue Festung herum waren Tausende von dreibeinigen Wesen mit primitiven Kampfmaschinen aufgezogen. Zahlreiche Explosionen zeigten an, dass ein wütender Kampf entbrannt war. Dichte Rauchwolken zogen über das Schlachtfeld, behinderten die syntronisch gesteuerten Augen der Space-Jet jedoch nicht.

»Unsere Aufgabe ist lediglich die Katalogisierung des Planeten«, bemerkte sie. »Wir sollen feststellen, zu welcher Klasse von Sauerstoffwelten er gehört und wie die Lebensbedingungen auf ihm sind.«

»Immerhin ist eine solche Schlacht ungewöhnlich.« Tropak versuchte, seinen Eifer zu verteidigen.

Sie blickte ihn spöttisch an. »Ich frage mich, was der Oberkommandierende der ODIN wohl sagen würde, wenn wir ihm vorschlagen würden, den Konflikt zu beenden!«

»Perry Rhodan?« Er lächelte verlegen. »Ich denke, er würde verlangen, dass wir uns auf unsere Aufgabe beschränken.«

»Eben! Wir können nicht auf allen Planeten, die wir besuchen, in die internen Angelegenheiten eingreifen, um sie in unserem Sinne zu bereinigen.«

Die Space-Jet entfernte sich von dem Schlachtfeld und näherte sich einem der Ozeane.

»So ist es in den syntronischen Medien verzeichnet«, erwiderte er mit kritischem Unterton.

Mit beiden Händen strich sie sich das volle blonde Haar in den Nacken zurück. »Höre ich da heraus, dass wir anders entscheiden sollten?«, fragte sie.

Er zuckte die Achseln. »Es geht auch darum, was ich empfinde, wenn ich beobachte, dass da unten Hunderte hingemetzelt werden.«

Sie wandte sich den Instrumenten zu, um die Werte zu verfolgen, die von den Messinstrumenten angegeben wurden. Sie hatte nicht vor, sich länger als unbedingt nötig in der Lufthülle dieses Planeten aufzuhalten. Eine Landung war ohnehin nicht geplant. Es ging lediglich darum, für den äußersten Fall Fluchtpunkte zu finden, auf die man sich zurückziehen konnte, ohne lange Vorbereitungen treffen zu müssen. Die Geschichte der Erforschung des Kosmos berichtete immer wieder von Notsituationen, in der die Expeditionsmitglieder nur überlebt hatten, weil sie sich auf Welten retten konnten, auf denen sie ohne Schutzsysteme existieren konnten.

»Auf dem Meer ist einiges los«, berichtete Tropak.

Jellin drehte sich zu ihm um, und er deutete ohne weitere Worte auf die Monitore. Sie zeigten zwei Flotten von jeweils zwölf großen Segelschiffen, die sich gegenseitig mit Kanonen beschossen. Manche Schiffe brannten, andere lagen so tief im Wasser, dass sie nicht mehr vor dem Untergang zu retten waren.

Sie verdrehte genervt die Augen. »Auch das ändert meine Meinung nicht!«

»Aber meine«, erklärte er. »Einen Versuch wirst du mir schon erlauben müssen.«

Bevor sie Einwände dagegen erheben konnte, ließ er die Space-Jet in die Tiefe gleiten. In schneller Fahrt führte er sie an die kämpfenden Flotten heran, um sie dann mitten zwischen ihnen zu stoppen.

»Wenn die da draußen halbwegs vernünftig sind, hören sie auf zu schießen und wenden sich uns zu«, bemerkte er. »Normalerweise müssten wir ihnen durch unsere bloße Anwesenheit einen derartigen Schrecken einjagen, dass sie das Schießen vergessen.«

Sie erhob sich und blickte durch die transparente Kuppel hinaus. »Wir machen aber keinen besonderen Eindruck auf sie«, stellte sie fest. »Die Schlacht geht weiter. Und uns nehmen sie auch unter Feuer.«

In den Feldschirmen des kleinen Raumschiffs explodierten einige Geschosse, ohne jedoch Schaden anzurichten.

Miran Tropak schüttelte verwundert den Kopf. »Ich glaube, ich spinne«, sagte er. »Das gibt es nicht. Das da draußen sind aus unserer Sicht Primitive. Sie müssten beim Anblick der Space-Jet erschrecken. Normal wäre, wenn sie die Flucht ergreifen würden.«

»Vielleicht sind sie nicht normal?«, spöttelte Jellin. Erneut konzentrierte sie sich auf die ihnen von der Schiffsführung der ODIN gestellte Aufgabe.

Miran Tropak biss sich ärgerlich auf die Unterlippe. Er zögerte kurz, dann führte er die Space-Jet bis auf etwa zwanzig Meter an eines der Segelschiffe heran.

Es war etwa dreißig Meter lang und hatte zwei annähernd fünfundzwanzig Meter hohe Masten. Hinter den Kanonen standen jeweils fünf dreibeinige Wesen. Über ihren Beinen erhoben sich zwei braune Rumpfkugeln, die einen Durchmesser von etwa einem Meter hatten und die durch jeweils drei blau schimmernde Röhren miteinander verbunden waren. In der oberen der beiden Kuppeln befanden sich Dutzende von Augen.

Tropak schaltete die Außenlautsprecher ein. »Nun hört mal auf mit dem Quatsch, Jungs«, rief er in dem Bewusstsein, dass man ihn doch nicht verstehen konnte. »Müsst ihr euch unbedingt umbringen?«

Seine Stimme donnerte mit höchster Lautstärke über das Meer und übertönte mühelos den Schlachtenlärm.

Erschrocken verließen die Dreibeiner vor ihnen die Kanonen und flüchteten auf die gegenüberliegende Seite des Schiffes. Sie unterbrachen den Kampf, nicht jedoch die Besatzungen der anderen Schiffe. Die feuerten unverdrossen weiter, und einige Kugeln trafen. Sie rissen das Deck auf, und ganze Serien von messerscharfen Holzsplittern wirbelten durch die Luft. Einige von ihnen trafen Mitglieder der Besatzung und fügten ihnen schwerste Verletzungen zu.

Miran Tropak errichtete ein Prallfeld vor dem Schiff, um es vor weiteren Treffern zu schützen.

»Was soll das?«, protestierte die Systemanalytikerin.

»Wir können es doch wenigstens versuchen«, schlug er vor.

Sie schüttelte energisch den Kopf. »Sinnlos. Dafür gibt es genügend Beispiele. Wenn wir weg sind, geht die Schlacht weiter. Das solltest du eigentlich wissen.«

Es gefiel ihm nicht, aber er musste ihr recht geben. Die Aufzeichnungen von zahlreichen Expeditionen terranischer Raumschiffe in die Tiefen des Universums bewiesen, dass es kaum je gelungen war, lokale Konflikte dauerhaft zu lösen.

»Wir können doch nicht einfach wegfliegen!«

»Dann gib ihnen doch eine Kostprobe unserer Macht!«, empfahl sie ihm.

Tropak zögerte kurz, ließ die Space-Jet dann einige hundert Meter ansteigen und feuerte einen der Energiestrahler ab. Ein armdicker Strahl zuckte zum Meer hinab und schlug in genügendem Abstand zwischen den kämpfenden Schiffen ein. Große Mengen von Wasser verdampften augenblicklich, und schwere Brecher brandeten gegen die Flotten an, während sich zwischen ihnen plötzlich eine dichte Nebelwand bildete.

»Ich wette, jetzt ist es aus«, sagte er.

Die Kanonen feuerten weiter.

Jellin blickte ihn an. »Wette verloren, mein Lieber!«

»Dann nicht«, seufzte er und brachte die Space-Jet auf Kurs zum nächsten Kontinent.

»Sag mir Bescheid, wenn du noch eine Schlacht entdeckst«, bat sie ihn, während sie zum Automaten ging, um sich ein Getränk zu zapfen.

»Ich werde nicht nur dich informieren«, entgegnete Tropak, »sondern auch die ODIN. Ich bin sicher, dass man sich für das interessieren wird, was hier geschieht.«

Ein rotes Licht leuchtete auf dem Armaturenbrett auf, und die Syntronik meldete eine Störung im Triebwerksbereich.

»Nichts Weltbewegendes«, stellte der Biowaffentechniker fest. »Ich werde dennoch mal nachsehen.«

Er verließ die Hauptleitzentrale und glitt im Antigravschacht nach unten. Als er wenig später das Triebwerk erreichte, sah er, dass es sich in der Tat um eine Störung handelte, die leicht zu beheben war. Er brauchte nur ein syntronisches Modul auszuwechseln. Das war rasch getan.

Als er die Arbeit abgeschlossen hatte, meldete Jellin Morrison sich über Interkom. »Die ganze Welt brennt«, sagte sie.

»Ach!«, entgegnete er. »Tatsächlich?«

»Mal ganz im Ernst, Miran!« Ihre Stimme ließ erkennen, dass sie nicht mehr so gleichgültig war wie zuvor. »Wir haben die Küste eines Kontinents erreicht. Ich habe fünf Städte in der Ortung, dazu eine weite Savanne. Überall wird gekämpft.«

»Und?«

»Ich habe bereits eine Meldung an die ODIN gemacht«, eröffnete sie ihm. »Perry hat uns den Auftrag gegeben, uns systematisch umzusehen und über die Kriegshandlungen zu berichten.«

Er kehrte in die Zentrale zurück. Durch die Kuppel blickten sie auf die Savanne hinaus. Zahlreiche Gruppen von Dreibeinern führten einen blutigen Kampf gegeneinander, und Tausende von Toten und Verwundeten lagen auf der Ebene.

»Du hattest recht«, sagte sie. »Wir können nicht ignorieren, was hier geschieht. Die Eingeborenen spielen verrückt.«

Dieser Eindruck bestärkte sich, je mehr sie sich umsahen. Sie entdeckten kleine, weit verstreut liegende Städte. In fast allen brannten die Häuser, und die Dreibeiner kämpften, bereiteten sich auf eine Schlacht vor oder bargen nach dem Ende der gewalttätigen Auseinandersetzungen ihre Toten und Verwundeten.

»Das ist unheimlich«, sagte er. »Die Zivilisation ist als primitiv einzustufen. Feuerwaffen scheinen gerade erst erfunden worden zu sein. Eine weltweite Kommunikation kann es auf keinen Fall geben, und doch scheinen sich alle einig darin zu sein, dass man sich die Köpfe einschlagen muss.«

»Diese Welt ist aus den Fugen geraten. Es muss etwas passiert sein, was die Kämpfe ausgelöst hat. Ein Krieg über so weite Gebiete hinweg müsste auf einem solchen Planeten ausgeschlossen sein.«

Die ODIN meldete sich. Perry Rhodan teilte mit, dass er mit einem Team kommen würde, um sich an Ort und Stelle zu informieren. »Inzwischen seht ihr euch weiter um«, ordnete er an. »Ich möchte wissen, ob auch auf den anderen Kontinenten gekämpft wird.«

Miran Tropak übernahm es, die Space-Jet zu lenken, während Jellin Morrison sich den Ortungs- und Beobachtungsgeräten zuwandte. In großer Höhe überflogen sie die verschiedenen Kontinente, sodass mit bloßem Auge nichts festzustellen war. Mithilfe der syntronischen Geräte jedoch konnte sie zahlreiche Ansammlungen von Dreibeinern in Siedlungen, Städten und auf dem offenen Gelände erfassen.

»Bei 42 Prozent aller erfassten Gruppen finden Kämpfe statt«, analysierte die Syntronik danach. »Kommunikative Verbindungen zwischen den einzelnen Aktionsplätzen konnten nicht festgestellt werden.«

Unmittelbar darauf traf Rhodan mit einem Team von Wissenschaftlern ein. Er landete mit einem Beiboot auf einer Anhöhe, auf der Miran Tropak und Jellin Morrison bereits auf ihn warteten.

Von hier aus konnten sie weit über eine Ebene sehen, deren Grasflächen gelb im Licht der Sonne leuchteten, unterbrochen von vereinzelten tiefgrünen Busch- und Bauminseln, am Horizont begrenzt von dem schmalen Streifen eines silbrig glänzenden Sees und der tiefblauen Silhouette hoch aufsteigender Berge.

Am Ufer des Sees lag eine Siedlung aus etwa zwanzig einfachen Hütten. Sie standen in Flammen.

Rhodan verließ das Beiboot und ging zu Jellin Morrison und dem Biowaffentechniker.

»Eigentlich hatten wir nicht vor, uns hier lange aufzuhalten«, eröffnete er das Gespräch. »Wir wollten lediglich einige Wartungsarbeiten auf der ODIN durchführen und danach weiterfliegen. Doch nun habt ihr ein Problem ausgegraben.«

»Wir konnten es nicht übersehen«, erwiderte die Systemanalytikerin.

»Es war richtig, dass ihr Meldung gemacht habt«, erklärte der unsterbliche Terraner. »Was hier vorgeht, ist zweifellos geheimnisvoll. Wir werden versuchen, es zu klären. Allerdings werden wir nicht lange bleiben. Allen Intelligenzen ist gemeinsam, dass sie irgendwann im Verlauf ihrer Geschichte gekämpft haben. Der Konflikt zwischen rudimentären Instinkten und sich entwickelnder Vernunft muss offenbar ausgetragen werden. Also werden wir nur feststellen, ob es hier deutlich aus dem Rahmen statistischer Erhebungen fallende Verhaltensweisen gibt oder nicht.«

»Du meinst, wenn wir nichts herausfinden, was wirklich ungewöhnlich ist, fliegen wir weiter, ohne uns um das zu kümmern, was geschieht?«, fragte Miran Tropak.

»Wir sind nicht allmächtig«, erwiderte Rhodan. »Vielleicht können wir diese Welt vorübergehend befrieden, aber nach unserem Start werden die Kämpfe fraglos weitergehen.«

»Dann kann ich ja auch aufhören zu essen«, protestierte Miran Tropak.

Rhodan blieb gelassen. »Sicher. Du wirst später ja doch wieder hungrig.«

Damit ging er zu einigen Wissenschaftlern hinüber, die das Beiboot mittlerweile ebenfalls verlassen hatten.

»Und ich dachte, du hättest dich beruhigt«, spottete Morrison. »Du machst dir ja richtig Sorgen.«

Miran Tropak blickte sie wütend an. »Musst du dich eigentlich immer so verdammt überlegen fühlen?«, fuhr er sie an. »Ich bin sicher, dass wir etwas ganz Ungewöhnliches herausfinden werden. Du wirst sehen. In spätestens zwei oder drei Tagen wissen wir, dass es hier irgendjemanden oder irgendetwas gibt, was diese ganze Welt ins Unglück stürzt.«

»Ja, wahrscheinlich der Beelzebub!«

Angesichts dieser Antwort hielt er jede weitere Diskussion für überflüssig. Er drehte sich abrupt um und kehrte in die Space-Jet zurück.

Inzwischen hatte das Raumschiff zahlreiche Mikroorganismen aus der Luft und aus dem Boden aufgenommen. Die Syntronik war dabei, sie zu untersuchen. Miran Tropaks Aufgabe lag darin, bislang unbekannte Mikroorganismen aufzuspüren, sie auf ihre Gefährlichkeit zu untersuchen und Mittel und Wege zu finden, sie zu neutralisieren, damit sie nicht als Waffe gegen die Galaktiker eingesetzt werden konnten.

Er verstand Jellin Morrison nicht. War sie nicht selbst erschrocken über die Zustände auf diesem Planeten gewesen? Hatte sie ihn nicht aus dem Triebwerk in die Zentrale zurückgerufen, weil sie beunruhigt gewesen war? Wieso sah sie nun plötzlich alles so nüchtern und distanziert?

Eine Stunde später erhielten Tropak und die Systemanalytikerin den Befehl, zur ODIN zurückzukehren.

»Schade«, sagte Jellin Morrison. »Ich wäre ganz gern noch ein wenig länger geblieben.«

»Um dir anzusehen, wie die Dreibeiner sich gegenseitig umbringen!«, fuhr er sie an. »Du willst Blut fließen sehen.«

Sie blickte ihn überrascht an. »Klar«, spöttelte sie. »Eigentlich wollte ich Schlachter werden, aber der Beruf darf ja nur noch von Robotern ausgeübt werden.«

»Hör auf damit!« Tropak stieß ihr die Hand gegen die Schulter. Sie taumelte zurück und prallte mit dem Rücken gegen die Space-Jet. Danach wollte er an ihr vorbei ins Raumschiff gehen. Die junge Frau stellte ihm jedoch ein Bein, und er fiel der Länge nach hin.

Mit hochrotem Kopf sprang er wieder auf. Er wollte sich auf sie stürzen. Doch er zögerte. Sie stand spöttisch lächelnd vor ihm und ließ die Hände lässig in den Hosentaschen verschwinden.

»Wenn du dich schlagen möchtest«, sagte sie, »dann kann ich dir die Dreibeiner empfehlen! Die sind alle in der richtigen Stimmung dafür, und es gibt Zehntausende in der Nähe, die sofort eine Schlägerei mit dir anfangen. Der Vorteil ist, dass sie alle ungefähr dein geistiges Niveau haben.«

Wutentbrannt eilte er an ihr vorbei in die Space-Jet.

Jellin blickte nachdenklich hinter ihm her. So aggressiv hatte sie ihn zuvor noch nie erlebt, und sie fragte sich, was ihn so verändert haben mochte.

Als sie die Zentrale betrat, saß er im Pilotensessel. Bleich blickte er auf die Instrumente. Er schien nicht zu bemerken, dass sie da war, doch als sie sich setzte, schloss er die Schleuse der Jet und startete. Sie bemerkte, dass seine Hände leicht zitterten.

»Meinst du nicht, dass du dich entschuldigen solltest?«, fragte sie.

Er antwortete nicht, und er schwieg auch während des gesamten Fluges. Er führte die Jet in den Hangar der ODIN, stand auf und verließ wortlos die Zentrale. Jellin zuckte die Achseln und folgte ihm.

Als sie aus dem Antigravschacht kam, wäre sie beinahe gegen ihn geprallt. In eigenartig verkrampfter Haltung stand er zwischen dem Schacht und der offenen Schleuse. Er blickte hinaus.

»Was ist los?«, fragte sie.

»Da draußen wird geschossen!« Er drehte sich um, und in seinem Gesicht zeichnete sich Ratlosigkeit ab. Er machte einen geradezu hilflosen Eindruck. »Und ich habe etwas von einem Insekt gesehen. Es war riesengroß. Ein Bein oder so. Ich weiß nicht genau.«

»Was?« Sie tippte sich an die Schläfe. »Du spinnst wohl!«

Sie schob ihn zur Seite und ging an ihm vorbei zur Schleuse hinaus. Dann aber blieb sie abrupt stehen. Sie sah einen Mann, der nur wenige Schritte von ihr entfernt auf dem Boden lag. Ein Energiestrahl hatte ihm eine tödliche Verletzung beigebracht. Ein zweiter Mann kniete an einem Schott auf dem Boden. Er kippte nun langsam nach vorn und blieb auf dem Gesicht liegen. Aus seinen weit geöffneten Augen wich das Leben. Von einem Insekt aber war nichts zu sehen.

»Was ist hier los?«, stammelte sie. Erschrocken kehrte sie zu Miran Tropak zurück.

»Ich weiß es nicht«, erwiderte er. »Ich habe nur gesehen, dass die beiden aufeinander geschossen haben. Und dann war da was ... aber ich bin mir nicht sicher. Ich kann mich getäuscht haben.«

Sie blickte zu dem Schott hinüber, an dem der Tote lag, und ihr fiel auf, dass darüber ein grünes V leuchtete. Es zeigte an, dass die ODIN Fahrt aufgenommen hatte.

»Wir verlassen das Sonnensystem«, stellte sie betroffen fest. »Sieht fast wie eine Flucht aus.«

Er legte ihr zögernd die Hand auf die Schulter.

»Es tut mir leid«, entschuldigte er sich. Nie zuvor hatte sie ihn so unsicher und verstört erlebt. »Habe ich dich wirklich angegriffen?«

»Schon vergessen.« Sie kehrte in die Zentrale zurück und nahm Verbindung zur Hauptleitzentrale der ODIN auf. Samna Pilkok, die Funk- und Ortungschefin, meldete sich. »Ich habe einen Vorfall anzuzeigen.«

»Später«, wies Samna Pilkok sie zurück.

»Aber dabei hat es zwei Tote gegeben«, protestierte Jellin. Sie hatte Mühe, weiterhin so kühl und beherrscht zu bleiben wie bisher. »Und Miran hat etwas gesehen. Er glaubt, dass es ein Insekt war. Ein sehr großes.«

»Es sind nicht die einzigen Toten«, erklärte die Mehandor mit rauer Stimme. Ihr breites Gesicht war bleich. »Es hat eine Reihe von gewalttätigen Auseinandersetzungen mit fünf Toten und mehr als zwanzig Verletzten gegeben. Das ist der Grund dafür, dass wir uns aus diesem Sonnensystem zurückziehen und unseren Flug nach Wolf-Lundmark fortsetzen. Wir hatten gewisse Phänomene an Bord. Wahrscheinlich holografische Projektionen.«

Sie schaltete ab.

Miran Tropak ließ sich neben der Systemanalytikerin in den Sessel sinken. Erschüttert blickte er sie an.

»Jetzt habe ich begriffen«, behauptete er. »Die Aggressivität hat auf uns übergegriffen. Dagegen können wir uns nicht wehren. Flucht ist der einzige Ausweg.«

»Aber wir können die Dreibeiner doch nicht allein lassen. Nicht mit diesem Problem!«

»Wir müssen – oder wir gehen selber drauf.«

Sie schüttelte energisch den Kopf. Damit war sie nicht einverstanden. Dies war ihr erster Raumflug. Sie war darauf vorbereitet gewesen, mit Problemen konfrontiert zu werden, nicht aber darauf, ihnen auszuweichen. Es befriedigte sie nicht, dass sie keine Antworten auf ihre vielen Fragen erhielt.

»Das hätte ich nicht gedacht«, sagte sie enttäuscht. »Perry Rhodan zieht sich zurück und dreht den Dreibeinern einfach den Rücken zu, als ob ihn nichts anginge, was da geschieht.«

»Ich glaube, dass er eine solche Situation besser beurteilen kann als du«, gab er ihr zu bedenken.

Sie schüttelte den Kopf. »Nein«, erwiderte sie. »Das glaube ich nicht.«

»Aber Jellin, wir können die Probleme der Dreibeiner nicht lösen, und wir können ihnen auch nicht helfen. Wir würden selbst dabei zugrunde gehen. Flucht ist der einzige Ausweg.«

Sie stand auf. »Ich geh duschen!«

»Willst du den Ärger abspülen? Das solltest du lieber innerlich tun. Da hilft ein Schnaps mehr als eine Dusche!«

Sie blickte ihn ärgerlich an. »Wie kann man nur so oberflächlich sein?«, warf sie ihm vor. »Für mich ist diese ganze Angelegenheit nicht so ohne Weiteres erledigt.«

»Ach ja?« Er zeigte mit dem Daumen nach oben, wo irgendwo die Hauptleitzentrale war. »Dann solltest du mal mit Perry reden.«

»Keine schlechte Idee«, entgegnete sie voller Angriffslust. »Wenn ein Mann wie du vor so einem Problem kneift, dann überrascht mich das nicht weiter. Von Perry Rhodan aber hätte ich so was nie erwartet.«

Kapitel 2

In dem Moment, in dem die Füße von Miran Tropak das Sprungbrett verließen, erfasste ihn für den Bruchteil einer Sekunde ein seltsames Gefühl der Schwerelosigkeit. Der Biowaffentechniker verlor die Konzentration und patzte. Er schaffte die angestrebte Drehung nicht und schlug dreieinhalb Meter unterhalb des Brettes bäuchlings aufs Wasser.

Als er wieder auftauchte, richteten sich seine Blicke auf die attraktive Jellin Morrison, die mit einem äußerst knappen Badeanzug bekleidet am Beckenrand stand und ihm zugesehen hatte. Er erwartete, sie lachen zu sehen, doch sie lachte nicht. Ihr Gesicht war ungewöhnlich ernst, und sie klammerte sich mit beiden Händen an das Schutzgeländer am Rand des Schwimmbeckens.

Das Wasser schwappte vom Beckenrand zurück, und eine schäumende Welle überraschte Tropak. Als er schnaufend wieder auftauchte, hatte Jellin Morrison sich auf den Boden gesetzt. Bleich blickte sie ihn an. Entsetzen zeichnete ihr schmales, ausdrucksvolles Gesicht mit den großen dunklen Augen, der schmalen Nase und dem kleinen vollen Mund.

Funk- und Ortungschefin Samna Pilkok lag am Eingang der kleinen Schwimmhalle auf dem Boden. Die Springerin hatte das Bewusstsein verloren. Fylill Duuel, der Jülziish, stand in der Tür. Er drehte sich nun um und entfernte sich.

Für Miran Tropak sah es aus, als ob er flüchtete. »Was war das?«, stammelte er, während er zur Leiter schwamm und aus dem Wasser stieg.

Jellin Morrison antwortete nicht. Sie blickte ihn nur stumm an, als erwarte sie eben diese Auskunft von ihm.

»Ich glaube, wir stehen still«, vermutete er verwundert. »Die ODIN macht keine Fahrt mehr.«

Es war nur ein Gefühl, das durch keinerlei äußerliche Erscheinungen bestätigt wurde. Ohne die Hilfe von Instrumenten in Anspruch zu nehmen, konnte niemand im Inneren des Raumschiffs feststellen, ob es mit vielfacher Lichtgeschwindigkeit durch den Weltraum raste oder ob es stillstand.

»Das ist doch Blödsinn!« Jellin Morrison sträubte sich gegen einen derartigen Gedanken. »Wir hatten eben noch ein Drittel Lichtgeschwindigkeit. Es hätte uns zerrissen, wenn wir plötzlich ...«

Sie schüttelte verwirrt den Kopf. Flüchtig dachte sie, die ODIN könnte gegen ein unsichtbares Hindernis gerast und von ihm gestoppt worden sein. Doch sie verwarf diese Vorstellung sogleich wieder, weil sie wusste, dass sie das Phänomen nicht erklären konnte.

Das Wasser hatte sich beruhigt. Es bewegte sich nur noch leicht.

»Warum fragen wir die Syntronik nicht?« Die junge Frau brachte mühsam ein Lächeln zustande. Sie erhob sich, legte den Kopf in den Nacken und schüttelte ihn, um das lange blonde Haar zu lockern. Doch dann hielt sie sich rasch wieder am Geländer fest. Ihr war unwohl. Noch immer hatte sie ein ungewohnt flaues Gefühl in der Magengegend.

Samna Pilkok war mittlerweile zu sich gekommen. Die Mehandor blickte zu Jellin und Miran hinüber, verzog unwillig das Gesicht und stapfte hinaus. Leise surrend glitt die Tür hinter ihr zu.

»Und warum fragst du nicht?«, erkundigte Tropak sich.

Die Systemanalytikerin legte sich ein Badetuch über die Schultern und ging zu einem Interkom.

Miran Tropak nahm einen Bademantel, streifte ihn sich über und trocknete sich die Haare mit einem Tuch. Beunruhigt beobachtete er Jellin. Noch niemals zuvor war er von einem solchen Gefühl befallen worden wie bei dem Sprung vom Brett. Es war, als ob sich ihm das Innerste nach außen gekehrt hätte. Er hatte keine Schmerzen gehabt. Da war nur dieses eigenartige Gefühl des Unwohlseins gewesen, das er sich nicht erklären konnte.

Die Systemanalytikerin kehrte zu ihm zurück. Sie sah nachdenklich und verstört aus.

»Der Syntron behauptet, dass die ODIN zwischen zwei Metagravfelder geraten ist«, eröffnete sie ihm. »Vor uns ist das von uns erzeugte Feld, hinter uns ein anderes, das unser Feld neutralisiert.«

Er blickte sie zweifelnd an. »Willst du mich auf den Arm nehmen?«

»Nein, wirklich nicht«, beteuerte sie. »Mir kommt es selbst unwahrscheinlich vor.«