2,99 €
Märchen präsentieren die großen Themen des Lebens in dem bunteren Kleid der Fantasie. Leser unterschiedlichen Alters können in diese Welt der Zwerge, Feen und Drachen eintauchen . Wie im wirklichen Leben geht es um Glück, Liebe, Reichtum und Bekämpfung des Bösen: Was muss das für ein mächtiger Zauberer sein, der ein ganzes Dorf in seinen Bann geschlagen hat? Überdies besitzt er die Fähigkeit, seine Gestalt so zu verändern, dass man ihn für harmlos hält. Ein kleiner Junge aus ärmlichen Verhältnissen überschreitet den Rhein, um als Knappe einem Ritter zu dienen. Dabei stellt er sich so geschickt an, dass er den Ort Rüdesheim vor einem anrückenden feindlichen Heer schützt. Jeder Pilzkenner liebt den wohlschmeckenden Steinpilz, aber es kann passieren, dass man ihn mit einem anderen, weniger bekömmlichen Pilz verwechselt. Könnte ihm das vielleicht zum Verhängnis werden? Gut und Böse liegen mitunter äußerst dicht beieinander. Was das Gute aufbaut, will das Böse sogleich wieder zerstören. Dem Sieger in diesem Kampf winkt ein Schloss; dem Verlierer ein einsames elendes Dasein. Wer in einen Spiegel blickt, möchte immer das sehen, was er sich am meisten wünscht: Schönheit, Reichtum und Liebe. Manchmal aber will man darin in die Zukunft sehen. Seinem Mitmenschen zu helfen, stellt eine große Verpflichtung dar. Dabei kann es jedoch zu verhängnisvollen Verwechslungen kommen. Ringe aus Gold steckt man sich als Zeichen gegenseitiger Liebe gerne an den Finger. Aber Eisen, ein scheinbar wertloses Metall, ist härter als alles Gold der Welt und stellt sich irgendwann als Symbol unverbrüchlicher Treue dar. Wer sein Herz verliert, muss noch längst nicht aufgeben, denn auch in nahezu ausweglosen Situationen nützt es, sich friedvoll zu einigen, damit das eigene Herz wieder gefunden werden kann. Wenn der Rhein über die Ufer tritt, beginnt weit entfernt ein Brunnen zu sprudeln. Diesem Brunnen entsteigt eine Gefahr für alle Unverheirateten.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 125
Veröffentlichungsjahr: 2019
www.tredition.de
Über den Autor
Jahrgang 1948, verheiratet, von 1998 bis 2001 Aufenthalt in Namibia, lebt jetzt in Schlangenbad.
Studium der deutschen Sprache und Literatur, Politologie und Soziologie an der Johann Wolfgang Goethe - Universität in Frankfurt am Main. 1982 Promotion zum Doktor der Philosophie. Lehrtätigkeit am Gymnasium in Frankfurt am Main.
Wenn man einmal Lehrer war, dann kann man es mit der Literatur einfach nicht lassen. Und da man nicht mehr Rechtschreibung, Grammatik und Interpretation mit den Schülern üben muss, so verlegt man sich auf die Dinge, die am meisten Spaß machen, nämlich das Geschichtenerzählen. Zumal wenn man eine gewissen Zeit seines Lebens in Afrika verbracht hat, dann hat man so viel gesehen und erlebt, dass die Fantasie noch lange Purzelbäume schlägt.
Außerdem ist das Palavern, also das lange Erzählen, dort Teil der Lebenskultur. Wenn man sich nicht die Zeit nimmt, ein wenig zu plaudern, dann kommt man nicht weit, weil jeder einen für langweilig und unhöflich hält.
Johannes O. Jakobi
hat bereits einige Bücher geschrieben:
Der lange Tod der Hibiskusblüte
Im Haus der Nachtkatze
Moderation Mord (2011)
Colour Undetermined- Farbe unbestimmt (2011)
Stories for Africa (2012)
Der E-Eater (2012)
Spiel mit mir „Ich töte dich“! (2012)
Die schönen Töchter der MORBID INVEST (2013)
Fräulein M. Ord (2013)
Kampfhähne in der 8b (2013)
Als das Gras zu rosten begann (2014)
G’EATA (2015)
Geliebte Mumie (2015)
Rheingauer Märchenstunden (2016)
© 2019 Johannes O. Jakobi
Verlag und Druck: tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg
ISBN
Paperback:
978-3-7497-8194-2
Hardcover:
978-3-7497-8195-9
e-Book:
978-3-7497-8196-6
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.
Einleitung
Das verzauberte Dorf
Ritter Rued
Josef Dunkelhut
Die Zwillingsfeen
Die vertauschten Spiegel
Gefangen im Turm
Der eiserne Schwur
Das Drachenherz
Das alte Kind
Einleitung
„Erzähl doch keine Märchen!“, hört man auch heute noch häufig. Aber warum eigentlich nicht? Das fragten wir uns auch. Je-der von uns hat, wann immer das auch war, Märchen gelesen, gehört oder in irgendeiner Inszenierung gesehen. Den Gebrüdern Grimm, die so eifrig gesammelt und aufgeschrieben haben, gebührt nach wie vor Dank. Ihre Märchen sind ortsungebunden und zeitlos in der mündlichen Überlieferung. Als wir auf die Idee kamen, selbst Märchen zu schreiben und zu illustrieren, war das, als würde man beschließen, die Jahre seines Lebens zurücklaufen zu lassen, um wieder Kind zu werden. Aber der Gedanke hatte etwas Faszinierendes, ein eigenes Märchen zu komponieren und es sich hernach wechselseitig vorlesen zu lassen. Alle Personen, denen wir von unserem Vorhaben erzählten, reagierten überaus positiv, gaben an, Märchen zu lieben und zwar unabhängig von Alter oder Bildung.
Eine so alte Kulturlandschaft wie der Rheingau braucht eigene Geschichten, um auch seine sehr spezifische Identität zu wahren. Zwar sind unsere Märchen allesamt frei erfunden, doch wenn sie, liebe Leserin, lieber Leser, demnächst wieder durch eine der so hübschen und liebenswerten Rheingauer Ortschaften spazieren, dann werden sie dies künftig sicherlich mit anderen Augen und geschärften Sinnen tun. Wenn sie die alten Häuser, Gärten und Gemäuer betrachten, dann könnte es leicht sein, dass ein Zwerg um die Ecke lugt, oder ihnen eine freundliche Fee den rechten Weg weist. Wenn sie auf ihren Wanderungen durch den wunderschönen Rheingau durch die Wälder streifen, dann seien sie besonders aufmerksam, denn es wäre durchaus möglich, dass sie zufällig den Flügelschlag des Drachen vernehmen können.
Lesen sie die Märchen in der Weise, als würden sie selbst diese einem Kind erzählen. Nehmen sie sich einfach die Zeit dazu, langsam und gemütlich durch diese Welt zu schlendern. Erinnern sie sich daran, dass in den Märchen die Zeit anders vergeht. Um ihnen diese kleinen Pausen zu gönnen, haben wir in unsere Märchen kleine Lieder eingewebt, die man laut lesen oder gar nach einer eigenen Melodie singen könnte. Ohnehin sollte man alles tun, um sich noch beim Lesen zusätzlich in diese Zauberwelten einzubringen. Seien sie mutig, übernehmen sie eine Rolle, seien sie Zwerglein oder Zaubervogel, was immer sie möchten! Durchstreifen sie den Märchenwald auf der Suche nach etwas, was wir in unserer Zeit bereits weitgehend verloren haben. Blicken sie über staubige Straßen ohne Teerbelag, auf denen gar bald eine goldene Kutsche heranrollt. Setzen sie sich ruhig selbst eine Krone auf, schauen in den Spiegel und lächeln sich zu. Vielleicht sehen sie in ihren Augen jetzt ebenfalls zarte Elfen tanzen. Haben sie keine Angst davor, wieder ein Kind zu werden, ihr Leben neu zu entdecken. Lassen sie sich in das Märchen hineingleiten, ein wenig verführen, betören und verzaubern. Beginnen sie zu träumen!
Brigitte und Johannes Jakobi
chon lange lässt sich die liebe Sonne nicht mehr blicken. Dicke Wolken ziehen über das Land, und der Regen will gar nicht mehr aufhören. Der Himmel weint, als hätte er alle Freude an der Welt unter ihm verloren. Was aber ist passiert? Lasst uns davon berichten! So oder so ähnlich soll es sich damals zugetragen haben.
Ein hübsches Dörfchen inmitten des lieblichen Rheingaus.
Während die Männer ihren Arbeiten auf den Wiesen und Feldern, im dichten Wald und in den steilen Weinbergen nachgehen, bereiten deren Frauen zu Hause die Mittagessen vor. In den Küchen dampft und brodelt es verführerisch, und die geschlossenen Fenster sind beschlagen, denn draußen ist es heute ziemlich kalt.
Da pocht es an die Scheibe und die Hausfrau öffnet das Fenster, weil sie nicht erkennen kann, wer da klopft. Auf dem schmalen Sims sitzt ein alter Kater mit zerzaustem, zotteligem Fell, der so richtig ausgehungert scheint. Mitleidig lässt ihn die Hausfrau in ihre Küche ein und stellt ihm ein Schüsselchen mit Essensresten vom Vortag hin, auf dass der Kater seinen Hunger stille.
Plötzlich verdichtet sich der Küchendampf zu einer undurchdringlichen Wolke und man kann nichts mehr erkennen. Als sich der Nebel lichtet, zeigt der vermeintliche Kater unverhofft seine wahre Gestalt. Wie zuvor das Katerfell ist es nun ein ebenso struppiger, hässlicher alter Zauberer, der weder hungrig noch durstig ist, sondern etwas ganz anderes im Schilde führt. Mit zusammengekniffenen Augen schaut er lauernd und spricht:
„Ich bin gekommen, um eine treue Frau zu freien. Deshalb frage ich dich, ob du die Meine werden willst?“
Die Hausfrau ist nicht nur erschrocken, sondern entsetzt und entrüstet ob der Dreistigkeit des Fragenden, denn schließlich ist sie ja bereits verheiratet, hat sogar sieben Kinder! Natürlich weist sie das freche Angebot des alten Zauberers ab, worauf dieser, heftig schimpfend, sich wieder in die Gestalt des zotteligen Katers verwandelt und durch das geöffnete Küchenfenster wieder nach draußen springt. Von ihm zurück bleibt nur ein strenger Geruch nach Baldrian.
Es zeigt sich bald, dass der alte Zauberer seinen Mitleidstrick als armer, hungriger Kater bei sämtlichen Frauen des Dorfes versucht. Doch wie beim ersten Mal wird er von allen verspottet und weggejagt. In den Küchen zurück verbleiben stets andere, starke Gerüche: Melisse, Baldrian und Mäusedreck! Aus den geöffneten Fenstern drohen die Frauen des Dorfes, ihre Männer zu rufen, die ihm dann das zottelige Fell tüchtig gerben würden, sollte er es wagen, sie nochmals zu belästigen. Nachdem er fauchend und Funken sprühend hinweg gesprungen ist, stimmen sie einen Spottgesang auf ihn an:
„Du frecher Kater willst uns freien?
Hast einen Bart und spitze Ohren!
Das finden wir so recht zum Schreien
Und werden dich im Kochtopf schmoren!“
Der so verspottete Zauberer ist heftig erbost ob dieser Schmähungen und belegt die versammelten Frauen des Dorfes zur Strafe dafür mit einem schrecklichen Bann:
„Seid bestraft für eure Hatz!
Diesen Fluch sprech ich als Katz!
Müsst verlassen eure Männer,
Nicht für Tage, sondern länger!“
Direkt nach dieser schlimmen Ankündigung des alten Zauberers verfügen die armen Frauen über keinen Widerstand mehr. Mit jenem geheimnisvollen Zwang belegt, müssen sie am selben Tag noch, ihre Häuser, Kinder und Männer, ja, ihr ganzes Dorf verlassen. Angeführt von dem alten Zauberer, ziehen sie jetzt unter Tränen tief in die dunkelsten Wälder, wo sie niemand mehr finden kann. Erst nach einem schier endlosen Marsch erreichen sie eine versteckt liegende Schieferhöhle, die ihnen der Zauberer als Aufenthaltsort zuweist, wo sie künftig ihr Dasein fristen müssen. Ein neuerlicher Spruch soll die Frauen noch stärker binden:
„Elend‘ Tiere sollt ihr werden!
Niemals glücklich hier auf Erden!
Habt gedroht und mich geschmäht!
Für die Reue viel zu spät!
Verwandelt euch in Fledermäuse!
Verlasset niemals das Gehäuse!“
Dann erklärt er den Frauen, wie ernst es ihm ist, und spottet:
„Für immer werdet ihr in dieser hübschen Höhle hausen! Von Zeit zu Zeit schaue ich bei euch vorbei, um zu prüfen, ob ihr endlich vernünftig geworden seid. Erst dann, wenn eine von euch bereit ist, meine treue Ehefrau zu werden, kann sie euch damit erlösen! Eure Männer warten sicher schon, und ich habe viel Zeit! Bis dahin lasst es euch hier gar wohlergehen! Ha, ha, ha!“
Was bleibt ihnen übrig, als sich in ihr Schicksal zu fügen? Armselig und hilflos flattern die Frauen nun als Fledermäuse durch die Dunkelheit und hängen sich kopfüber an die Höhlendecke, um sich dort oben in den Schlaf zu weinen.
In ihrem fernen Dorf geht das Leben auch ohne die entführten Frauen weiter. Das Tagewerk muss verrichtet werden. Die Männer holen das Holz für den Winter aus dem Wald, ernten die Kartoffelfelder ab, mähen das Gras mit ihren Sensen, kochen und waschen für ihre Kinder.
Für die Kleinen ist es ganz schlimm; sie vermissen ihre Mütter sehr. Wenn sie dann endlich des Abends in ihren Betten liegen und unter Schluchzen eingeschlafen sind, treffen sich ihre Väter mit den anderen Männern des Dorfes und beratschlagen, was sie noch tun können, um ihre Frauen zu finden. Da man bei Tage keine Zeit dazu hat, macht man sich also des Nachts auf die verzweifelte Suche.
Während sie durch den nachtdunklen Wald stapfen, ist in der Luft über ihnen ein Rauschen zu vernehmen, als würden unsichtbare Flügelschläge ein Klagelied begleiten, welches tausend unhörbare Stimmen singen. Und obwohl die suchenden Männer ganz nahe an der Höhle vorbei ziehen, in der ihre Frauen gefangen sind, finden sie diese nicht. Es ist die Nacht der traurigen Fledermäuse!
Die verwunschenen Frauen führen ein hartes Leben. Getrennt von ihren Männern, müssen sie in dieser schmutzigen Höhle hausen. Nacht für Nacht verlassen sie diese, um sich ein wenig Nahrung zu besorgen- danach kehren sie mit kaum gefüllten Bäuchen im Morgengrauen zurück, um den Tag, an der Höhlendecke hängend, zu verschlafen. Aber nur dort sind sie sicher, denn der alte Zauberer hat ihnen eine weitere, fast schlimmere Plage geschickt: eine stets hungrige, beutegierige Eule! Sobald die Frauen als Fledermäuse vor Hunger auf Insektenjagd gehen, fliegt die unersättliche Eule Angriff um Angriff auf sie. Zwar greifen ihre tödlichen Klauen meist daneben, doch immer wieder wird eine der Frauen Opfer ihrer mörderischen Jagdlust. Ihre Männer sind weit weg, können ihnen somit auch nicht helfen, diesen Plagegeist loszuwerden.
Da tritt erneut der alte Zauberer auf den Plan, besucht die Fledermausfrauen in ihrer Höhle. Wieder unterbreitet er ihnen sein Angebot, eine von ihnen zu freien, um danach die anderen zurück zu ihren Männern ziehen zu lassen. Doch selbst in ihrem Elend halten die Frauen zusammen und lehnen entschieden ab. Voller Zorn nimmt er daraufhin seine zottelige Katergestalt an, dass es die Frauen graust, und droht ihnen:
„Eine von euch werd ich freien,
Sie soll meine Gattin sein!
Will sie das nicht für mich tun,
Werdet ihr bald nicht mehr ruh’n!“
Wieder macht er ernst mit seiner Drohung! Zur Strafe denkt er sich für die widerspenstigen Frauen eine neue, arge Gemeinheit aus. Tagsüber, während sie schlafend an der Decke hängen, lässt er einen eiskalten Wind durch ihre Höhle fegen, sodass sie selbst in ihren Träumen frieren und tatsächlich nicht mehr ruhen können! Höhnisch verspricht er, so lange wiederzukommen, bis ihr Widerstand gebrochen sein wird.
„Wollt ihr nicht die Meine sein,
Werd ich lange um euch frei ’n!
Bis ihr endlich kommt zu Sinnen,
Dann erst lass ich euch von hinnen!“
Doch so sehr der böse Zauberer die Frauen auch quält, sie bleiben standhaft. Deshalb versucht er, die Frauen mit einer neuen Verkleidung zu täuschen und zu überlisten. In der Gestalt eines jungen, schönen Prinzen reitet er auf einem edlen Ross heran. Mit verführerischer Stimme berichtet er den atemlos Lauschenden, dass er Kunde habe von einem Dorf ohne Frauen, deren Männer darüber ganz verzweifelt seien. Er, der Prinz, kenne den Weg dorthin, bietet an, sie zu führen. Nur müsse eine von ihnen in der Höhle zurückbleiben, falls der alte Zauberer dort auftauchen sollte.
Das hatte er sich fein ausgedacht. Ohne die Unterstützung durch die anderen Frauen, würde er mit dieser allein zurückgebliebenen ein leichtes Spiel haben, um sie für sich zu gewinnen.
Sein heimtückisches Angebot zielt mitten in die Herzen der einsamen und verängstigten Frauen, die deshalb nur allzu bereit scheinen, dem Angebot zuzustimmen. Keine von ihnen schöpft Verdacht, eine jede will nur zurück zu ihrer Familie! Fast schon hätte der alte Zauberer sie mit seiner List geködert. Nur die Dorfälteste wittert jetzt die Gefahr, schnüffelt heftig mit ihrer Nase:
„Riecht ihr nicht die alte Katze?
Will uns fangen mit der Tatze!“
Nun riechen es auch die anderen Frauen; es stinkt nach Melisse, Baldrian und vor allen Mäusedreck! Angeekelt wenden sich die Frauen von dem falschen Prinzen ab, und obgleich sie sich immer noch in der gleichen schlimmen Lage wie vordem befinden, spotten sie:
„Höllenkatze, stinkst nach Mäusedreck!
Zauberkater, komm aus dem Versteck!“
V oll Ingrimm über seine Enttarnung reißt sich der vermeintliche Prinz den Federhut vom Kopfe. Darunter quillt das weiße, ungepflegte Haar des alten Zauberers hervor. Die Frauen klatschen Beifall und lachen ihn aus. Er erkennt nun, dass alle seine bösen Tricks und schlimmen Absichten bei diesen klugen Frauen nicht verfangen. Wenn er dennoch an sein begehrtes Ziel kommen will, dann er muss er seine Vorgehensweise völlig umstellen und ganz woanders ansetzen! Einstweilen wird er sie in Ruhe lassen, um sich stattdessen an deren Männer heranzumachen. Er beabsichtigt, diese auf seine Seite zu bringen, da sie ihn ja nicht kennen. Wenn er auch diese entführt, könnte er sie als Pfand benutzen, denn dann würden die Frauen mit Sicherheit schwach werden und nachgeben!
Noch angetan mit seiner Verkleidung als edler Prinz, begibt sich der Zauberer zu jenem Dorf, um die Männer zusammenzurufen. In seiner Rede führt er den vom vielen Sucher ohnehin erschöpften Männern noch einmal vor Augen, wie schrecklich es ohne Frauen ist. Das wissen die Männer selbst, stimmen ihm deshalb traurig zu. Als er ihnen dann noch von einem Dorf ohne Männer mit vielen einsamen Frauen berichtet, trifft er sie direkt ins Herz. Sofort verlangen die Männer danach zu wissen, wo sich dieses wunderbare Dorf befinde und ob der Prinz sie dahin führen könne. Der alte Zauberer feixt insgeheim. Noch in der gleichen Nacht ziehen die Männer los.
Ohne jeden Argwohn, dass der falsche Prinz sie betrogen haben könnte, folgen sie ihm immer tiefer in die Wälder, dorthin, wo sie selbst noch nie vorher gewesen sind und sie sich auch nicht auskennen. Höhnisch lachend überlässt er sie dort einfach ihrem Schicksal und kehrt noch in derselben Nacht zu den Fledermausfrauen zurück. Triumphierend berichtet er ihnen: