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Eine eitle Prinzessin, die zu Märchen tanzt, und ein Märchen erzählender Zwerg liefern sich Rededuelle. Dabei hört der geneigte Leser ein Zwergenmärchen nach dem anderen. Liebe und Glück, Fluch, Verzauberung und deren Lösung, Gutes und Böses wird darin vorgestellt. Am Ende entscheidet sich das Schicksal der beiden Protagonisten. "Ein Berg voller Schulden" ist leichter aufgehäuft, als wieder abgetragen. Ohne uneigennützige Hilfe ist das einfach nicht zu schaffen. "Die Bärenheidi" ist eine kluge Geschäftsfrau, dennoch verfällt sie dem falschen Charme eines Zauberspiegels. "Gefunden im Wald" wurde er als Baby in Lumpen geschnürt gefunden. Wie sich sein Schicksal entfaltet, das berichtet er den andächtig lauschenden Steinen. "Die Drachenjungfrau": Einmal im Jahr übermannt die Drachenjungfrau eine unstillbare Sehnsucht nach einem eigenen Söhnlein. Doch sie hat weder einen Freund noch einen Ehegatten. "Zwei Winzer und eine Braut", das ist ein Freier zu viel. Wen das törichte Herz auserkoren hat, das wird erst spät - zu spät vielleicht- offensichtlich. "Im kristallenen Schloss" bewachen die Wasserwesen die unglückliche Tochter des alten Rheins. Nur ihre langen Haare sind das Signal an die Außenwelt. "In der Zwergenhöhle" weisen die schimmernden Edelsteine zwar den Weg, doch dann beginnt der ungleiche Kampf. "Der Wahrheitsfresser" hält das gesamte Reich in seinem Würgegriff. Es ist lebensgefährlich, die Wahrheit zu nennen oder gar zu ihr sich zu bekennen. "Der Zwergenkönig" möchte nur allzu gerne ein großes Menschenmädchen zur Frau nehmen. Um dies zu erreichen, unterwirft er sich freiwillig den allerschlimmsten Qualen.
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Seitenzahl: 135
Veröffentlichungsjahr: 2021
Für meinen Freund
Franz Günter Szrama
Aus der Heinzelmännchenstadt zu Köln am
Rhein
© 2021 Johannes O. Jakobi
Umschlagbild, Illustration: Brigitte K. Jakobi
Verlag: tredition GmbH, Hamburg
ISBN
978-3-347-34797-7 (Paperback)
978-3-347-34798-4 (Hardcover)
978-3-347-34799-1 (e-Book)
Verlag & Druck:
tredition GmbH
Halenreie 40-44
22359 Hamburg
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.
Inhaltsverzeichnis
Eine Prinzessin inmitten von Maerchen
Ein Berg voller Schulden
Die Beerenheidi
Gefunden im Wald
Die Drachenjungfrau
Zwei Winzer und eine Braut
Im kristallenen Schloss
In der Zwergenhoehle
Der Wahrheitsfresser
Der Zwergenkoenig
Einleitung
„Gar mächtig bebten einst die Berge,
Erzitterten bis in den Grund.
Da wachten auf die guten Zwerge
Und schmiedeten den erz ‘nen Bund!“
Berge und Zwerge; eine unzertrennliche Liaison bis in alle Zwergenewigkeit. Erst, wenn die Berge eingeebnet sind, wird es auch keine Zwerge mehr geben. Lange also, nachdem die Menschen auf dieser Erde selbst verschwunden sind.
Wundere dich nicht, liebe Leserin, lieber Leser, wenn bei den nachfolgenden Märchen also viele Zwerge auftauchen. Sie sind eben unter uns, vielfach unerkannt, aber leben, fühlen, lieben und hassen. Wie im richtigen Leben Nachbarn, Freunde und Feinde!
Wer oder was aber sind Zwerge eigentlich? Nur kleinere Menschen? Eine andere Art? Höhlenbewohner mit Handwerkerqualitäten? Sind sie aus Fleisch und Blut? Besitzen sie ein großes oder kleines Herz, aus Fleisch und Blut oder Gold und Edelsteinen? Heiraten sie auch? Nur untereinander oder …?
Was wir Menschen über Zwerge wissen, ist nur dürftig und besteht weitgehend aus Vor-Urteilen. Lest deshalb aufmerksam die nachfolgenden Märchen, die der Zwerg erzählt, und bildet Euch selbst eine eigene Meinung.
Eine Prinzessin inmitten von Maerchen
Es war einmal eine wunderschöne, aber eitle Prinzessin, die in Bezug auf Märchen nicht genug bekommen konnte…
„Vor den Spiegeln tanze ich,
Schwing herum und wiege mich!
Brauche Märchen, möchte träumen,
Will im Leben nichts versäumen!“
Diesem Wunsche folgend, geschieht es, dass vor dem Schloss, in welchem diese Prinzessin wohnt, ein Zwerg, auf seinem zotteligen Esel reitend, haltmacht und Einlass begehrt. Natürlich hätte er auch mit einer goldenen Kutsche vorfahren können, denn er ist ein Zwergenkönig, der genug des allseits begehrten Goldes besitzt, doch will er damit weder protzen noch prahlen, sondern möchte um seiner selbst willen geliebt werden. So ward ihm die Kunde zugetragen worden, dass diese schöne Prinzessin einen Ehemann suche, der eine ganz besondere Fähigkeit mitzubringenhabe: Er muss Märchen erzählen können, welche die Prinzessin besonders spannend findet und in deren Inhalte sie tief eintauchen kann. Märchen sind ihre große Leidenschaft, die sie dann tanzend umsetzt. Vor allem Liebe und Hass, Eitelkeit und Eifersucht, Intrige, Kabale und hinterhältige Machenschaften aller Art sind es, die allein nur zählen:
„Nur die bösesten, gemeinsten und hässlichsten Märchen vermögen es, mein Herz zu gewinnen! Keine langweiligen Kindergeschichten von einem Hänsel und seiner Gretel oder einem Zwerg Nase, der das Kräutlein „Niesmitlust“ nicht kennt! Mein zukünftiger Gatte wird sich höllisch anstrengen müssen, wenn er mich überzeugen will!“
Auch hat derjenige, der sich um ihre Hand bewirbt, noch eine weitere Bedingung zu erfüllen: Er muss sehr gut erzählen können, damit sich die eitle Prinzessin vor ihren Spiegeln so richtig produzieren kann. Kein Freier sollte aber auf die Idee kommen, er brauchte ihr nur ein einziges, armseliges Märchen zu erzählen, um ihr Herz zu erobern. Eine dritte Forderung lautet, dass nur derjenige gewinnt, der die meisten Märchen zu erzählen weiß. Darin ist sie unersättlich:
„Dreh‘ ich mich vor meinem Spiegel,
Schwenk‘ die Beine ich im Tanze,
Lasse meine Kleider fliegen,
Sonne mich in seinem Glanze!“
So wendet sie sich hin und her in ihrem verspiegelten Schlafgemach, während sie dem jeweiligen Märchenerzähler lauscht. Keiner dieser Bewerber aber hat es auf mehr als drei Märchen gebracht, und bei den meisten ist noch nicht einmal etwas Dramatisches passiert! So etwas verdrießt sie sehr, und sogleich wird diesen schlechten und langweiligen Märchenerzählern die Tür gewiesen. Da aber die Zahl der Bewerber inzwischen stark geschrumpft ist, um nicht zu sagen, es gibt bereits seit geraumer Zeit keine Kandidaten mehr, hat die Wache vor dem Schlosstor die strikte Anweisung, jeden hereinzulassen, der gute Märchen zu erzählen verspricht.
Als der Zwerg von seinem Esel absteigt, höflich die Mütze zieht und sein Anliegen vorträgt, würde die Wache ihn normalerweise niemals ins Schloss gelassen haben, aber die Prinzessin ist derart unleidlich geworden, weil sie keine Märchen mehr erzählt bekommt, dass die Wachen fürchten, auf der Stelle geköpft zu werden, würden sie diesen Zwerg abweisen. Flugs wird er also zur Prinzessin gebracht.
Die Prinzessin sitzt missmutig in ihrem verspiegelten Schlafgemach, verspürt zum Tanzen keine Lust, will keine neuen Kleider anprobieren, verlangt nur noch nach einem neuen Märchen, in das sie eintauchen kann. Als der Zwerg in ihre Kammer geführt wird, schaudert es sie, aber sie macht gute Miene zum bösen Spiel und lächelteinladend. Doch niemals würde sie diesen schrecklichen Zwerg zu ihrem Gemahl nehmen! Sie ist überzeugt davon, dass er weder ein schaurig-schönes Märchen kennt noch dieses gut erzählen kann.
Freilich wechselt die Stimmung der Prinzessin rascher als ihre Kleider. War sie vor wenigen Augenblicken noch froh, dass überhaupt jemand gekommen ist, so wirkt sie jetzt launisch und arrogant. Ihre Sprache wird direkt beleidigend:
„Was bildest du dir denn ein, du Winzling? Willst weitere und bessere Märchen erzählen als die anderen Adligen und mich danach heiraten? Leidest wohl an Selbstüberschätzung? Ich, eine echte und rechte Prinzessin, wie mir meine Spiegel täglich zeigen, wunderschön und dabei anmutig und huldvoll! Kein kümmerlicher Zwerg mit einer Mütze in der Hand statt eines Königreiches! Außerdem besitze ich ein schönes Schloss! Was aber hast du vorzuweisen?“
Der Zwerg lässt sich nicht einschüchtern, gibt sich ganz gelassen:
„Ich kenne viele spannende Märchen; kann sie auch gut erzählen! Im Übrigen besitze ich sogar zwei Schlösser: Mein eigenes sowieso und dein schönes Schloss habe ich letzte Woche noch dazu gekauft!“
Die Prinzessin in ihrem Hochmut versteht nicht, was er damit meint, macht sich weiter über ihn lustig:
„Auch du besitzt ein Schloss, sagst du? Wohl ein schönes, großes mit goldenen Zinnen hoch über dem Rhein?“
„Ja, genau, wie du es beschrieben hast! Du musst es gut kennen, denn es war ja einmal dein eigenes Schloss! Nun aber gehört es mir allein! Du bist also eine Prinzessin als Gast auf meinem Schloss!“
Die völlig überraschte Prinzessin kann es einfach nicht fassen, schickt umgehend nach dem Kämmerer:
„Stimmt es, was dieser elende Zwerg behauptet, er habe mein schönes Schloss gekauft?“
Der Kämmerer muss zu seinem Leidwesen zugeben, dass das Schloss unlängst verkauft worden sei, nur wisse er nicht, an wen. Sie, die Prinzessin, habe eben zu viel Geld und Gold ausgegeben, und das habe alle in den Ruin getrieben!“
Während die Prinzessin todunglücklich in sich zusammensinkt, meldet sich der Zwerg zu Wort und bietet an, das erste Märchen zu erzählen:
„Es ist zwar bloß ein Märchen, aber es vermittelt eine innere Moral, aus der du vielleicht etwas lernen könntest! In diesem Märchen sind die Bewohner eines Schlosses ohne eigenes Verschulden in eine Geldfalle gegangen! Schlimmes mussten sie erleben, aber am Ende hat doch das Gute gesiegt! Du aber, schöne Prinzessin, könntest es viel leichter haben, wenn du dir von mir helfen lassen würdest!“
Die Prinzessin sitzt wie erstarrt, unfähig auf sein Angebot zu antworten. Also beginnt er: …
Ein Berg voller Schulden
In der weitläufigen Halle des Schlosses haben sich die Bediensteten des Königs versammelt und warten auf die angekündigte Rede der Prinzessin: Stallburschen und Mägde, Köche und Mundschenke, Soldaten und Kuriere, Kammerdiener und Zofen, ja, sogar der Haushofmeister ist gekommen. Das ist neu, dass weder der König noch die Königin, sondern ihre Tochter zu ihnen sprechen wird. Niemand redet, alles schweigt, denn obgleich man nicht weiß, um was es wirklich geht, so ahnen doch alle der hier Versammelten, dass es etwas sehr Ernstes sein muss. Die Anspannung ist körperlich spürbar.
Dann betritt die junge Prinzessin den großen Raum. Sie ist in eine schwarze Robe gekleidet. Ihr schönes Gesicht wirkt bekümmert; man kann sehen, dass sie geweint hat. Sämtliche Blicke sind nun auf sie gerichtet. Nach einer kurzen Weile hebt sie an zu sprechen:
„Der Anlass meines Kommens ist ein trauriger! Hiermit muss ich euch verkünden, dass der König, mein über alles geliebter Vater, heute Nacht von uns gegangen ist! Das hat er allerdings nicht freiwillig getan, zu diesem letzten Schritt ist er vielmehr gezwungen worden! Die Gründe dafür werde ich euch gleich entdecken. Als meine Mutter, die Königin, vom Ableben des Gemahls Kunde erhielt, brach sich vor Entsetzen ihr altes Nervenfieber Bahn, sodass sie einen Schlagfluss erleiden musste und seitdem weder sprechen noch essen und trinken kann. Ich fürchte um das Schlimmste für sie. Deshalb muss ich als Tochter fürderhin die Amtsgeschäfte übernehmen, und genau darum stehe ich jetzt hier.
Heute Morgen war ich in der Schatzkammer, und wisst ihr, was ich dort fand? Nicht einen einzigen Taler, kein noch so kleines Krümelchen Gold! Stattdessen lag dort ein Schuldschein am Boden, ausgestellt über die Summe von tausend Talern, unterzeichnet mit meines Vaters Siegel und – gezogen auf unser Schloss!
Nun sind tausend Taler für ein so großes und stolzes Schloss wie das unsere nicht sehr viel. Mein armer Vater hätte diesen Betrag leicht wieder zurückzahlen können, wenn da nicht diese schrecklich hohen Zinsen wären, die der private Gläubiger dafür verlangte: ganze einhundert Prozente! Das sind noch einmal tausend Taler! Mein Vater, der König, zahlte zwar die geliehenen tausend Taler pünktlich zurück, doch die Zinsen dafür vermochte er nicht aufzubringen.
Daraufhin erhöhte dieser Geldverleiher die Zinseszinsen auf die geschuldeten Zinsen noch einmal um zehn mal hundert Prozent! Das sind zehntausend Taler oder fünf prall gefüllte Säcke mit Geld! Niemals könnte unser Schloss eine solche Summe aufbringen! Aber das ist noch nicht alles! Dieser unersättliche Geldverleiher hat zudem noch damit gedroht, dass er den Zins noch einmal drastisch erhöhen wird, wenn, …“. Hier stockt die Stimme der jungen Prinzessin, „ … wenn der König ihm nicht mich zur Frau geben würde!“
Ein ungeheuerer Tumult bricht im Saale los; Fäuste werden geballt, Schimpfworte gebrüllt. Die Prinzessin fährt in ihrer Rede fort:
„Natürlich hat mein lieber Vater dieses unsittliche Angebot sofort schärfstens zurückgewiesen, obschon ich mich geopfert hätte. Eure Unterstützung tut mir gut, aber das alles wird nichts nützen, denn in Kürze dürfte der Gläubiger mit der Räumung des Schlosses beginnen, um es anschließend zu verkaufen. Das wird nicht mehr zu verhindern sein. Es bricht mir das Herz, euch, die ihr alle so treu gedient habt, hiermit entlassen zu müssen! Und es bricht mir gleich zweimal das Herz, euch ebenfalls gestehen zu müssen, dass ich euch den geschuldeten Lohn für eure Arbeit nicht auszahlen kann, denn außer diesem Schuldschein ist ja kein Geld mehr vorhanden!“
Ein ungläubiges Schweigen, das in den Ohren heftiger schmerzt, als das lauteste Geschrei! Hatte man vorher noch auf der Seite der Prinzessin gestanden, so kippt jetzt die Stimmung, schlägt geradezu in offenen Hass um. Wütende Rufe ertönen, dass man wochen- und monatelang umsonst gedient haben soll? Geschuftet gar um Gottes Lohn? So oder ähnlich äußert sich die allgemeine Unzufriedenheit. Die Prinzessin, die mit vor der Brust gefalteten Händen inmitten der aufgebrachten Menge steht, weiß nicht mehr, was sie sagen soll. Sie versteht diese Menschen, fühlt tiefes Mitleid mit ihnen und kann doch nicht helfen. So wartet sie schweigend, bis sich der große Saal geleert hat und die Bediensteten im Zorn alle fortgelaufen sind.
Wirklich alle? Nein! Einer ist geblieben, nähert sich mit vorsichtigen Schritten der Prinzessin. Ganz behutsam und voller Demut spricht er sie an. Erst erschrickt sie, weil sie nicht damit gerechnet hat, dass hier noch eine Menschenseele zurückgeblieben sein könnte. Dieser Bedienstete, ein buckliger Mann mittleren Alters mit einem nichtssagenden, aber auch nicht hässlichen Gesicht verbeugt sich ehrerbietig:
„Eure Königliche Hoheit, sofern ihr es gestattet, möchte ich euch auch weiterhin meine bescheidenen Dienste anbieten.“
Die Prinzessin zeigt sich überrascht:
„Wer bist du und warum bist du nicht mit den anderen weggegangen? Du hast doch gehört, dass ich dir auch keinen Lohn mehr zahlen kann!“
„Das weiß ich sehr wohl, oh Königliche Hoheit, doch erwarte ich für meine Dienste keinerlei Entlohnung. Ich bin bislang für euren hochherzigen Herrn Vater tätig gewesen, war für die Herstellung und Ausbesserung sämtlicher Eisenbeschläge verantwortlich: Eisenbleche für die Räder der Kutschen, Beschläge an den Toren, Ringbänder für die Fässer mit Wein. Aber ich kann noch vieles mehr und würde es mir zur hohen Ehre anrechnen, für euch, edle Prinzessin, auch weiterhin arbeiten zu dürfen. An einer Bezahlung liegt mir nichts. Im Gegenteil! Ich habe fleißig gespart, den mir ausgezahlten Lohn weder versoffen noch verhurt, sodass dadurch ein ganz ansehnliches Sümmchen zusammengekommen ist: 25 blanke Taler! Aber auch dieses Geld benötige ich nicht und bitte die holde Prinzessin deshalb, es von mir untertänigst anzunehmen, denn ihr braucht es jetzt ungleich dringender als euer treuer Diener!“
Die Prinzessin winkt energisch ab, ist sogar ein wenig wütend:
„Wer bin ich denn, dass ich auf die Hilfe eines scheinbar törichten Dieners angewiesen sein könnte? Nimm dein Geld und versaufe es jetzt, bevor du es wegschenkst und vermutlich niemals mehr zurück erhältst!“
Doch der Bucklige lässt nicht locker:
„Ich hatte dieses Geld für eure Brautschuhe gespart, Herrin, denn ich hatte einst die Vision, dass ihr dereinst barfüßig vor den Traualter treten müsstet. Deshalb, wenn ihr es nun nicht nehmen wollt, werde ich es dennoch für euch aufheben, sofern die Stunde der Not kommen sollte!“
Die Prinzessin zeigt sich tief gerührt von seinen Worten, lässt es zu, dass er ihr die hingehaltene Hand küsst, und erklärt:
„Ich werde lernen müssen, mich deiner Treue aufs Neue zu versichern. Wenn du es ehrlich meinst, darfst du bei mir bleiben. Aber ich werde nur so viel von dir an Diensten verlangen, wie du es dir selbst gestattest. Später, wenn ich kann, werde ich dich dafür reich entlohnen! Sofern du in den Handel einschlägst, nehmen wir unser wechselseitiges Versprechen an! Und nun bitte ich um deinen Namen!“
Er heiße Bartholomäus und schwöre hiermit feierlich, stets treu mit allem, was ihm zur Verfügung stehe, zu seiner Prinzessin zu halten. Danach erteilt sie ihm den ersten Auftrag, den sich der gute Bartholomäus zwar ganz und gar nicht so vorgestellt hat, doch er gehorcht sofort und loyal. Seine Order lautet, dass er sich umgehend zu dem Hause des Geldverleihers zu begeben habe, um diesen wissen zu lassen, dass die Prinzessin seinen Heiratsantrag anzunehmen bereit sei, doch nur im Austausche für sämtliche Schuldscheine, die dieser noch über das Schloss besitze. Auf seinem Weg dorthin schwört sich Bartholomäus:
„Zwar will ich nicht, doch muss es sein!
Es schaudert mich vor diesem Schwein!
Für‘n König kann ich nichts mehr tun,
Doch sorglos soll er letztlich ruh’n!“
Als Bartholomäus bei dem Gläubiger eintrifft, wird er nach Nennung seines Begehrs sofort eingelassen. Der Hausherr, ein fetter, alter Mann mit rotem Gesicht und Spiegelglatze, sitzt, schwitzend vor Anstrengung und Fresslust, über einem ebenso fetten Kapaun und leckt sich schmatzend alle zehn Finger ab:
„Hat sich deine Herrin doch noch eines Besseren besonnen? Sehr klug und löblich von ihr! Einem so schlauen und gerissenen Geldverleiher gibt man nicht ungestraft einfach einen Korb! Besonders nicht, wenn sich in diesem Korb kein Geld mehr befindet, sondern nur Hochmut, wie im Falle der Prinzessin!“
Er lacht schallend über sein scheinbares Bonmot und fordert Bartholomäus auf, ihm aus einem bereitstehenden Krug Wein nachzuschenken:
„Voll bis zum Rande, mein Guter! Bist wohl auch in meine Prinzessin verliebt? Nun, das ist keine Schande; sie ist es, die sich schämen muss! Nur hast du keine Chancen bei ihr! Weil du keine zehntausend Taler besitzt! Geld ist wichtiger als jeglicher Adelstitel, weißt du? Da brauchst du nicht zu einer Magd zu gehen, da kannst du dir dafür eine echte Prinzessin kaufen, verstehst du? Erst kaufen, dann demütigen! Bestrafen für den leeren Korb! Auf die Knie zwingen ob ihrer Hoffart und Eitelkeit, hörst du? Das flatternde Vögelchen in die Ketten der Ehe legen, ihm damit zeigen, wohin sein Drang nach Freiheit führt, nicht wahr? Richte ihr also aus, du törichter Diener einer ebenso törichten Prinzessin, dass