Runa - Sameena Jehanzeb - E-Book

Runa E-Book

Sameena Jehanzeb

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Beschreibung

Runa besitzt nicht viel, doch es reicht, um glücklich zu sein, besonders dann, wenn der frische Schnee auf sie fällt und der Winter sie zärtlich umarmt. Eine kleine Spiegelscherbe, die den Blick auf ein ebenso magisches wie furchteinflößendes Reich aus Eis und Schnee gewährt, ist das Kostbarste, was Runa ihr Eigen nennt, und sie würde alles riskieren, um sie nicht zu verlieren. Doch nachts auf schneeverwehten Straßen lockt selbst eine Scherbe Verbrecher an. In einem Moment der Unachtsamkeit begegnet Runa dem Tod, und der sieht ganz anders aus, als sie erwartet hat. »Runa: Eine kurze Geschichte vom Winterhof« erzählt davon, wie sich Runa und die Schneekönigin Ida zum ersten Mal begegnet sind. Geeignet für alle, die den Winterhof bereits kennen und für jene, die ihn erst noch kennenlernen wollen.

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EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2020

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Sameena Jehanzeb

Runa

Eine kurze Geschichte

vom Winterhof

Ebenfalls erschienen:

Einzeltitel:

BRÏN

Was Preema nicht weiß

Frozen, Ghosted, Dead

Der Ruf der Märchenlande:

Winterhof

Siebensteinthal

Verlieben Verboten:

Shiwon & Tae

Impressum:

Runa: Eine kurze Geschichte vom Winterhof

1. Auflage im Oktober 2019

© Sameena Jehanzeb

Eifelstr. 4 • 53119 Bonn

[email protected]

www.sameena-jehanzeb.de

Cover, Satz, Illustration: saje design,www.saje-design.de

Lektorat & Korrektorat: Simone Heller,www.simone-heller.de

Alle Rechte vorbehalten.

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nimmt uns zusammen wie ein Bogenstrich,

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– Rainer Maria Rilke, Liebeslied

Teil 1: Ida

Der Schneesturm fegte unaufhaltsam durch die Nacht, begleitet vom geisterhaften Heulen des Windes, der durch kahle Äste und hohle Baumstümpfe fuhr. Inmitten der tosenden Schneefront ließ sich die kalte Königin über die Länder tragen. Sie selbst war der Sturm, der Hagel und der Schnee, der an jedes Fenster klopfte und durch jede Straße rauschte. Ihr Blut war kalt wie Eiswasser und ihr kristallenes Herz stiller noch als die tiefste See. Ihre Sinne waren überall dort, wo Eis und Schnee die Welt berührten, und je weiter sich die Kälte ausbreitete, umso mehr erfuhr Ida über jene Bereiche der Welt, die ihr so viele Monate im Jahr zu betreten verwehrt waren. Mit Leichtigkeit sah sie nun die Schwachen und Kranken aus der endlos erscheinenden Masse der Lebenden hervorstechen. Jene dahinsiechenden Geschöpfe, die dem Tode weit näher waren als dem Leben. Der Tod war Idas steter Begleiter, er sprach zu ihr, und sie antwortete mit einem eisigen Hauch, der Frost auf jene Körper legte, die sie leblos auf ihrem Weg zurückließ. Manchmal bedauerte die Königin die Sterbenden. Manchmal beneidete sie sie. Manchen Geschöpfen stahl sie das Leben, anderen schenkte sie die Erlösung. Idas Macht unterschied nicht zwischen denen, die sterben mussten, und denen, die sterben wollten. Ihr kaltes Herz führte sie alle in die Arme des Todes. Alle, die keinen Schutz vor dem Winter und seiner Königin fanden. Wie der obdachlose Mann, der in einer dreckigen Gasse lag, mit nicht mehr als einer Schicht Pappe als Schlafstätte. Seine Herzschläge waren längst nicht so alt, wie es das verwahrloste Äußere des Mannes erscheinen ließ. Sein Geist war dafür umso weiter entfernt, vergraben unter dem Gift des Alkohols, das aus jeder seiner Poren triefte.

Die Königin verharrte über diesem Menschen und sah ihn einen Moment lang nachdenklich an. Als Ida das Erbe der Schneekönigin angetreten hatte, war es noch viel üblicher als heute gewesen, dass neben den Wildtieren auch die Menschen dem Winter erlagen. Heute aber versteckten sie sich normalerweise in gut beheizten Häusern mit isolierten Dächern und Doppelglasscheiben vor ihr. Doch nicht dieser Mann und auch nicht die anderen, die wie er von der Gesellschaft verstoßen waren. Welche Umstände ihn hierhergebracht hatten, das wusste Ida nicht, und meistens war sie froh darüber, dass sie die vielen Schicksale, die ihr begegneten, nicht kannte. Ihr Herz mochte nur noch ein eisiger Kristall sein, doch gefühllos war es nicht. Was sie tat, tat sie nicht aus Leidenschaft, sondern weil es ihre Aufgabe war.

Ida trat aus dem Schnee heraus. Kälte, Eis und Frost fügten sich zu der Form zusammen, die sie als gewöhnliche Sterbliche einst besessen hatte. Sie studierte den Mann am Boden mit stiller Gelassenheit. Er war ihr viele Male begegnet in den vergangenen Jahren. Immer war er ihr knapp entkommen. Doch nicht dieses Mal. Er war unvorsichtig geworden, jedes Jahr ein wenig mehr. Vielleicht, weil ihn die Sehnsucht nach dem Leben jedes Jahr ein Stück weit verlassen hatte, während die Sehnsucht nach dem Alkohol und der Stille, die er seinen Gedanken brachte, gewachsen war. Heute würde er nicht mehr vor Idas kalter Macht davonlaufen können. Sie kniete neben ihm nieder. Er war weder richtig wach, noch ganz im Schlaf versunken.

»Bist du der Todesengel?«, murmelte er schwer verständlich durch seine fauligen Zähne und lachte dabei trotzig. Ein rasselndes, nasses Lachen, welches die Krankheit in seinen Lungen verriet.

»Wenn es das ist, was du in mir sehen willst«, antwortete Ida ruhig, »dann bin ich es.« Im Moment des Todes sah jeder Mensch das, was er sehen wollte, und Ida war nicht die Person, die ihnen ihre Illusion rauben würde. Es war unwichtig, wer sie wirklich war. Man hatte ihr schon viele Namen gegeben. Monster, Dämon oder Hexe waren nur ein paar der weniger schmeichelhaften. Als gütiger Todesengel gesehen zu werden, der den Sterbenden in den letzten Momenten ihres Lebens immerhin einen Hauch von Trost und Hoffnung schenkte, tröstete auch Ida ein wenig über ihr eigenes Schicksal hinweg.

»Geh weg, ich bin noch nicht bereit für dich.« Seine Worte waren verzerrt von dem billigen Wodka, der durch sein Blut zirkulierte.

»Niemand ist je dafür bereit.« Ida neigte sich zu ihm hinab und blies ihm zart ins Gesicht. Frost legte sich auf seine Lippen, auf seine Wangen, überzog seinen schmutzigen Bart und kroch ihm unter die spröde Haut. Ida blieb bei ihm und hielt seine Hand, während die Kälte ihn sanft in die Arme des Todes trug. »Du hattest es nicht verdient alleine zu sterben«, sagte sie leise. Erst als der Geist des Mannes fort und sein Herz ganz still geworden war, richtete sich Ida wieder auf. Ihr Körper begann, sich erneut in Schneeflocken aufzulösen und ihrem eigentlichen Ziel zuzustreben.

---ENDE DER LESEPROBE---