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Mit "Safari, innere Wildnis" legt Andrea Grill nach "Happy Bastards" ihren zweiten Lyrikband vor. Kugelgeister und ein Herzkitz begegnen uns darin, es riecht nach Holz und nach Linden, es zwitschert, flüstert, knistert und schnattert. Mit wenigen Worten gelingt es Andrea Grill, ein dichtes Netz an sinnlichen Eindrücken zu weben. Die Gedichte sind, wie die Autorin selbst, in verschiedenen Sprachen beheimatet, wie selbstverständlich stehlen sich italienische, französische, englische Gedichtzeilen dazu. Fasziniert und staunend folgt man dieser sprühenden, leichtfüßigen aber doch tiefgründigen Poesie. Jemand kauft Seelen am Naschmarkt, jemand drückt auf die Klingel des Lebens, aber nur "1x". Und im Gedicht Wir glauben nicht heißt es zuversichtlich: "birneessend kann die Welt nicht untergehen".
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Seitenzahl: 24
Veröffentlichungsjahr: 2014
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ANDREA GRILL
SAFARI, INNERE WILDNIS
ANDREA GRILL
SAFARI,INNERE WILDNIS
GEDICHTE
OTTO MÜLLER VERLAG
www.omvs.at
ISBN 978-3-7013-1217-7eISBN 978-3-7013-6217-2
© 2014 OTTO MÜLLER VERLAG SALZBURG-WIENAlle Rechte vorbehaltenSatz: Media Design: Rizner.at, SalzburgDruck und Bindung: Druckerei Theiss GmbH, A-9431 St. Stefan
„…was wahr ist, schafft nicht Zeit, es macht sie wett.Was wahr ist, zieht der Erde einen Scheitel…“
(Ingeborg Bachmann)
INHALT
So ist das
Eine Woche
Ausufern
Flusslauf
Einspruch
Die Klingel
Nicht-tägliche Premieren
Herzkitz
Nachnacht
Cantilena
z.B.
Vernarrte Wahrheit
Blütenlese
Schönbrunn
Hahn’s Wood, Atlanta
Istanbul, damals
Telefonat aus der weiten Welt
Brigittes Agenda
Schneidend
Diebstahl
Universitätsmöglichkeiten
Ballonmensch
Stagione degli amori
Sichtverhältnisse
Unsere Augen sind einfach
Lange nach Babel
Küchengespräche
Erdbeben
Resurrektion
Wir glauben nicht
Eine Art Freitag
Wild at heart
Metamorphosen
Sitze frisch gedruckt
SO IST DAS
I.
muss die Zeit in Stücke geschnitten
mit Butter bestrichen
essen
verlasse mich auf deinen Körper
wo ich nur den Stoff
kenne glatt sauber genäht
lasse Arme an allen
Ecken und Enden
zurecht gestutzter Pflanzen
(wachsen
Reste von dir
zwischen den Museen)
II.
nur reglose kugelige Nachtgeister tatsächlich
am Leben seit etwa einem halben Jahrhundert
regelmäßig von freundlichen Gärtnern
zu Bällen geschoren; beobachten uns
hellgrün aus der Nähe gefiedert oder
mit Nadeln bestückt stehen wir
wo noch keiner gestanden ist
ein paar Schritte aus dem Licht
verlasse mich auf deinen Körper
bis jetzt in der wärmsten Nacht im Jahr
überrascht wie dünn der Anzugstoff
von der Durchlässigkeit meiner Haut
III.
stundenlang von Schlaf geredet
(nicht schlafen gegangen) der
Winter holte noch schnell Atem
bot dem Sommer Waffenstillstand an
oder feinere Gesetze für wer
unter freiem Himmel logiert
unterwegs warst du allein
ein Mantel dein ständiger Begleiter
hält dich fest am Arm
Zoll des lokalen Magnetfelds
stundenlang paarweise Schritte geändert
verlasse deinen Körper ungern und
gegen den Willen der groben kugeligen
Nachtgeister aus dem vorigen Jahrhundert;
sie nämlich hätten mehr sehen wollen
IV.
ich werde das Land bearbeiten
mit Messer und Gabel
(wie hier üblich)
in Stückchen schneiden
die Narben des Grases
auf seinen bunten Bäckchen
würde Wälder aus blühenden Mirabellen
umschneiden über dem Mond
dieser aberwitzige Erdfetzen;
den Raureif sparen den deine
Beine auf diesem Sessel hinterlassen
Schuppen atemlos
die Fenster sind dünner geworden
vor dem Mond winziges
Gesicht aus Erde in dem Augenwinkel
da du dir verschiedene Krawatten anlegst
deren Muster ich zwar schon vorher
auswendig gewusst habe …
codice segreto
der Lärm wetterloser Frühe
weckt mich jetzt von anderer Seite
binden kann ich dir (noch immer) keinen Knoten
unauffindbares Rezept
lieber ossobuco alla Romana
V.
du damals mit der Sense, hast gemäht
im Hintergarten der Stadt
wo der berühmte Komponist lange
Quartette schrieb hüte dich
vor Topfpflanzen eingelegtem Klavierspiel
lach mich kaputt
du damals mit der Sense mitten in der Stadt
lach mich kaputt
du heute schneide mir
einen Hut aus Geschichte,
lach mich kaputt
reparier mich für ewig
unter der Decke schwelt