Sarah und der weiße Opal - Gudrun Leyendecker - E-Book

Sarah und der weiße Opal E-Book

Gudrun Leyendecker

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Beschreibung

Der Roman DER WEISSE OPAL Träume und Wahrheiten spielt zu Beginn in der ehemaligen Bundeshauptstadt Bonn, der Geburtsstadt des Ludwig van Beethoven und anderer Berühmtheiten. In Sarahs abenteuerlichen Leben dreht sich einiges um den weißen Opal, ihre Reise führt sie zu verschiedenen fremden Menschen, deren Lebenswege mysteriös erscheinen. Hat der schillernde Stein eine zentrale Bedeutung? Kann ihr Jonas helfen, oder ist er selbst in mysteriöse Geschehnisse verwickelt?

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Gudrun Leyendecker ist seit 1995 Buchautorin. Sie wurde 1948 in Bonn geboren.

Siehe Wikipedia.

Sie veröffentlichte bisher über 70 Bücher, unter anderem Sachbücher, Kriminalromane, Liebesromane, und Satire. Leyendecker schreibt auch als Ghostwriterin für namhafte Regisseure. Sie ist Mitglied in schriftstellerischen Verbänden und in einem italienischen Kulturverein. Erfahrungen für ihre Tätigkeit sammelte sie auch in ihrer Jahrzehntelangen Tätigkeit als Lebensberaterin.

Inhaltsangabe:

Der Roman DER WEISSE OPAL

Träume und Wahrheiten

spielt zu Beginn in der ehemaligen Bundeshauptstadt Bonn, der Geburtsstadt des Ludwig van Beethoven und anderer Berühmtheiten.

In Sarahs abenteuerlichen Leben dreht sich einiges um den weißen Opal,

ihre Reise führt sie zu verschiedenen fremden Menschen, deren Lebenswege

mysteriös erscheinen. Hat der schillernde Stein eine zentrale Bedeutung?

Kann ihr Jonas helfen, oder ist er selbst in mysteriöse Geschehnisse verwickelt?

Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 1

In der Nische der kleinen Bonner Konditorei bemühte sich der ältere Herr um die Aufmerksamkeit der jungen Dame, die ihm gegenübersaß und ihn etwas befremdet ansah. „Sie können ganz sicher sein, Frau Werter, dass mein Chef nur lautere Absichten hat und sein Angebot absolut seriös ist. Und wenn Sie sich diese Villa erst einmal angeschaut haben, werden Sie begeistert sein. Der Blick über den Rhein zum verträumten Siebengebirge wird Ihr Künstlerherz höherschlagen lassen.“

Die junge Frau hob die Augenbrauen. „Sie müssen schon verstehen, dass es mich sehr skeptisch macht, wenn der Direktor eines der größten pharmazeutischen Unternehmen dieses Landes jemanden ganz unerwartet zu mir schickt, und mir kostenfrei eine riesige Villa in Bonns Nobelviertel Mehlem anbietet, damit ich mit meiner kranken Schwester darin wohnen kann. Seit Jahren kämpfe ich um die Anerkennung dieser seltenen Krankheit und habe mit sämtlichen Krankenkassen und gesundheitlichen Einrichtungen korrespondiert, aber niemand nahm meine Eingaben ernst, niemand hatte daran Interesse, etwas für meine Schwester zu tun. Und plötzlich meldet sich der berühmte Geoffrey Lothar, ein in den Medien bekannter Großindustrieller mit einem spektakulären Angebot. Sie werden mir doch sicher gestatten, dass ich mich wundere.“

„Mein Chef hat von Oliver Korea vom Schicksal ihrer bemitleidenswerten Schwester gehört. Wenn ich nicht falsch informiert bin, ist er bis jetzt ihr Nachbar gewesen, und er arbeitet im Unternehmen von Herrn Lothar. Da hat er wohl geplaudert. Und Herr Lothar hatte ein offenes Ohr. Es gibt eben auch Chefs, die ein Herz haben. Manchmal muss man auch an das Gute in der Welt glauben.“

Sarah Werter nippte an ihrem heißen Kaffee. „Ich hatte vor einem Jahr kurz einen Kontakt mit Kalmar Winterscheid, einer Sekretärin ihres Chefs. Damals hatte ich noch eine vage Hoffnung, dass sich Ihre Firma für die Herstellung eines neuen Medikamentes interessieren könnte, durch das meiner Schwester geheilt werden kann. Aber so nach und nach entdeckte ich, dass keine Firma der Welt bereit ist, nach einem Medikament zu forschen, das nur von einer einzigen Person gebraucht wird. Glücklicherweise sind wir im Moment in der Lage, den Fortlauf der Krankheit stoppen zu können. Und deswegen sind wir auch nicht darauf angewiesen, in die Villa eines sehr reichen und wildfremden Menschen einzuziehen.“

Der ältere Herr verlegte sich aufs Bitten. „Liebe Frau Werter, ich bitte Sie, Sie sind doch eine kluge, eine intelligente junge Frau! Denken Sie doch einmal darüber nach, wie Sie das Leben Ihrer Schwester durch die Bequemlichkeiten dieses Hauses erleichtern können. Es soll ja auch nicht ganz umsonst sein, ein paar Nebenkosten dürfen Sie schon an Herrn Lothar überweisen, wenn Sie das durchaus möchten. Ich kann Sie auch verstehen, dass Sie keine Almosen wünschen und durchaus in der Lage sind, für sich selbst und Ihre Schwester zu sorgen. Aber in dieser Villa ist alles aufs Modernste eingerichtet, und Sie dürfen Veränderungen nach Belieben treffen.“

„Die Wohnung, in der wir wohnen, reicht größenmäßig absolut für uns aus“, beteuerte Sarah. „Bisher haben wir uns darin sehr wohl gefühlt. Ich sehe also keinen Grund für einen Umzug.“ Sie leerte die Tasse und stellte sie energisch auf den Unterteller.

Jetzt nahmen auch seine hellen Augen einen bittenden Ausdruck an. „Sehen Sie sich doch diese Villa nur ein einziges Mal an! Vielleicht gefällt Ihrer Schwester diese Aussicht, die man dort vom Wohnzimmerfenster aus genießen kann. Stellen Sie sich einmal eine Vollmondnacht im Rheintal vor oder das beleuchtete Rheinufer mit all diesen Lichtern, die sich in den Wellen spiegeln. Ist dieser Blick nicht auch wohltuend für die Gesundheit eines jeden Menschen?“

Sarah horchte auf. „Ist es wirklich so schön dort? Gibt es da malerische Blickwinkel?“

Der ältere Herr nickte eifrig. „Sie können sich alles einmal anschauen! Sagen Sie nur, wann Sie Zeit haben! Ich werde einen Besichtigungstermin für Sie einrichten können. Aber vergessen Sie auch die Bequemlichkeiten nicht! Es gibt dort eine Reinigungsfrau, einen Gärtner, und wenn Sie wollen, sogar einen Koch. Dann können Sie sich ganz Ihrer Malerei widmen, können neue Werke erschaffen und müssen nicht in mühseliger Kleinarbeit Kinderbücher illustrieren.“

Sarah sah ihn verärgert an. „Die Zeichnungen für die Kinderbücher sind eine angenehme Abwechslung, und sie verschaffen mir das nötige Polster, das uns ein bequemes Leben ermöglicht. Aber die Aussicht auf idyllische Blickwinkel hat mich jetzt doch neugierig gemacht. Allerdings kann ich Ihnen überhaupt nichts versprechen. Das Haus muss vor allen Dingen meiner Schwester gefallen, denn für sie ist es wichtig, dass sie sich darin wohlfühlt.“

„Das verstehe ich vollkommen“, beeilte sich der ältere Herr zu sagen. „Besprechen Sie das in aller Ruhe mit Ihrem Schützling!“ Er reichte ihr eine Visitenkarte. „Hier steht alles darauf: mein Name, Donald Meurer und auch meine verschiedenen Telefonnummern, unter denen Sie mich erreichen können. Dann will ich mich auch nicht weiter aufdrängen, sondern Ihnen den wohlverdienten Feierabend gönnen. Darf ich Sie noch irgendwohin mitnehmen oder soll ich Ihnen ein Taxi bestellen?“

Sarah atmete tief, so als habe sie gerade eine schwere Entscheidung getroffen. „Auf keinen Fall! Wenn ich mich tatsächlich jetzt darauf einlasse, ihr Angebot näher in Betracht zu ziehen, so ist das allein aus einem einzigen Grund: Dieses Haus könnte Vorteile für die Gesundheit meiner Schwester haben. Aber das verstehen Sie nicht, und mehr kann ich Ihnen auch nicht verraten, denn das gehört in unser Privatleben. Ich werde meine Schwester über das Angebot von Geoffrey Lothar informieren und melde mich, falls sie Interesse zeigt. Sie dürfen Ihren Chef ruhig von mir grüßen, aber einen Dank können Sie von mir nicht erwarten. Die Erfahrungen in den letzten Jahren haben mich misstrauisch gemacht, und ich sehe bis jetzt noch keinen Grund dafür, dass er sich als unser Wohltäter präsentieren will. Eines sage ich Ihnen auf jeden Fall, für eine Werbekampagne geben wir uns nicht her.“

„Wir sind ein seriöses Pharma-Unternehmen“, protestierte Herr Meurer. „Wir tun nichts, womit Sie nicht einverstanden sind. Und an Werbung hat Herr Lothar ganz gewiss nicht gedacht. Das haben wir auch nicht nötig. Unsere Firma hat einen guten Namen, und Medikamente verkaufen sich fast wie von selbst.“

Sarah kniff die Augen zusammen. „Ich hoffe, dass Ihr Angebot etwas seriöser ist als die Wahrheit Ihrer letzten Behauptung. Dann wünsche ich Ihnen noch einen angenehmen Tag!“

Herr Meurer reichte ihr die Hand zum Abschied, aber sie ergriff sie nicht. „Seit dieser Pandemie gibt man nicht mehr jedem die Hand, man ist etwas wählerischer geworden, und für die Höflichkeit reicht eine förmliche Floskel der Kommunikation.“ Sie stand abrupt auf, steuerte an ihm vorbei, ohne ihn noch einmal eines Blickes zu würdigen und eilte zur Tür hinaus.“

Kapitel 2

Die Sonnenstrahlen fielen durch das hohe Fenster auf den alten Mahagonischreibtisch und beleuchteten die bräunliche Schale aus geschliffenem Tigerauge, auf der der ältere Herr gerade seine Zigarre abgelegt hatte. „Du bist also endlich einen Schritt weiter gekommen Donald“, stellte der weißhaarige Mann fest. „Aber solange sie nicht den Mietvertrag unterschrieben hat, will ich mir noch keine falschen Hoffnungen machen. Ich zermartere mir die ganze Zeit noch das Hirn wegen eines Plan B, zu dem mir allerdings noch jede Idee fehlt. Und du weißt, dass die ganze Sache eilt. Ich möchte Mekatin schon nächsten Monat auf den Markt bringen. Die Werbekampagne steht schon und könnte sofort gestartet werden.“

„Es wird schon alles klappen, Chef“, antwortete Donald zuversichtlich. „Sobald die beiden Frauen in dem Haus wohnen, werde ich sie durch den Gärtner ans Ende des großen Gartens locken, und in der Zwischenzeit werde ich mit dem Reserveschlüssel die Haustür öffnen und das Prachtexemplar auswechseln gegen unseren synthetischen Stein. Er sieht dem echten zum Verwechseln ähnlich.“

Geoffrey strich sich über das glatt rasiert Kinn. „Woher weißt du, dass dieser Ersatz-Opal wirklich so ein Prachtexemplar ist? Hast du ihn selbst schon gesehen?“

„Nein, natürlich nicht, aber Oliver Korea hat ihn nicht nur einmal gesehen, als ihn Sarah aus dem kleinen Tresor hervorholte, sondern sämtliche davon existierenden Papiere heimlich fotografiert.“

„Was waren das für Papiere?“ erkundigte sich der Chef interessiert.

„Alle möglichen, Papiere vom Zoll, die Zertifikate aus Coober Pedy in Südaustralien und etliche Fotos von Gutachtern. Mit der Kombination vom Safe hätte er ansonsten gute Gelegenheit gehabt, die Steine auszutauschen. Aber dazu hat das Vertrauen der beiden Frauen dann doch wiederum nicht ausgereicht. Während Sarah mit ihrer Schwester sämtliche Ärzte im In- und Ausland bereist hat, und er die Katze Vinci in der Zwischenzeit fütterte, hatte er genügend Zeit und Gelegenheit, die kleine Wohnung zu inspizieren.“

Geoffrey spielte mit dem vergoldeten Kugelschreiber. „Und woher kennt er die Bedeutung dieses Steins? Wer hat ihn informiert?“

Ein überlegenes Lächeln umspielte Donalds schmale Lippen. „Oliver ist griechischer Abstammung. Er kennt die Bedeutung eines Opals aus erster Quelle. Und er teilte mir mit sorgenvoller Stirn mit, dass die Wirkung dieses Steins aufgrund seiner Größe immens sein kann.“

Geoffreys Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen. „Dann müssen wir schnell handeln. Es darf jetzt einfach nichts mehr schief gehen. Es ist ja nicht nur, dass wir mit Professor Orpheus schon seit einigen Jahren intensiv an Mekatin arbeiten, nein, vergiss bitte nicht, dass ich mir damit auch ein Kindheitstraum erfülle!“

Donald grinste. „Wie könnte ich das je vergessen. Schließlich haben wir doch schon im Sandkasten zusammen spielt. Wann bekomme ich das Duplikat? Am besten so schnell wie möglich, damit ich jede Gelegenheit nutzen kann, den Stein auszutauschen. Vielleicht biete ich den beiden Frauen meine Hilfe beim Umzug an.“

Geoffrey lächelte. „Sieh dich doch einmal an! Du siehst nicht viel jünger aus als ich, und es liegt lediglich an meinem schönen weißen Haar, dass man mich für älter einschätzt als dich. Könntest du da beim Möbel schleppen helfen?! Und wenn Sarah den Opal immer in einem kleinen Tresor aufbewahrt, wird sie ihn beim Umzug sicherlich auch nicht aus den Augen lassen. Nein, ein wenig Geduld brauchen wir noch. Ich stelle dir noch etwas Geld zur Verfügung, damit du für die junge Frau eine Staffelei und Farben kaufen kannst. Das wird sie dann bei der Wohnungsbesichtigung stark beeindrucken. Welche Hobbys hat die andere, die Schwester? Wie heißt sie noch einmal?“

„Ihr Name ist Ninette, aber ich habe sie noch nicht richtig gesehen. Meist verdeckt sie ihr Gesicht mit einem Schleier.“

Der Chef runzelte die Stirn. „Habe ich etwas verpasst? Diese Sarah war doch vor längerer Zeit einmal bei mir. Nein, nicht bei mir, aber bei meiner Sekretärin, die jeden von mir fernhält, der mir lästig werden könnte. Hat sie nicht damals etwas von einem Gendefekt erzählt. Weißt du etwas darüber, oder muss ich mich deswegen extra noch mit meinem fleißigen, korrekt arbeitenden, aus Griechenland stammenden jungen Angestellten auseinandersetzen, der mir privat ziemlich egal ist.“

„Das ist nicht nötig. Wir wollen schließlich auch keine schlafenden Hunde wecken. Es ist besser, ich halte allein mit ihm den Kontakt, um mehr über das Leben der beiden Schwestern herauszufinden. Aber demnächst haben wir dafür auch eine Reinigungsfrau einen Gärtner und möglicherweise auch noch eine Köchin. Oliver hat mir tatsächlich einige Informationen gegeben.“

„Auch über diesen mysteriösen Gendefekt?“

Donald nickte. „Auch darüber. Es klingt alles sehr merkwürdig, bisher hatte ich noch nie von solch einer Krankheit gehört, aber das ist auch nicht weiter verwunderlich, denn bisher ist kein einziger weiterer Fall bekannt.“

„Dann wird sie auch nie ein Pharmazieunternehmen finden, das ein Medikament für sie entwickelt“, vermutete Geoffrey. „Welche Symptome hat sie?“

Obwohl ihn der Chef nicht dazu aufgefordert hatte, nahm Donald im gegenüberliegenden Sessel Platz. Er überlegte, während seine Blicke an den Wänden hin und her wanderten. „Wie soll ich das sagen? Oliver sagt, dass sie zwei Gesichter hat“

Der Chef spielte ungeduldig mit dem Kugelschreiber. „Was soll das heißen? Hat sie einen zwielichtigen Charakter? Verbirgt sie ihre Schattenseiten hinter einer freundlichen Maske? Ist sie tagsüber ein anständiger Mensch und wandelt nachts auf Abwegen?“

Donald atmete tief und schüttelte leicht den Kopf. „Nein, es ist genauso, wie ich es gesagt habe. Sie hat zwei verschiedene Gesichtshälften. Die rechte Gesichtshälfte ist sehr schön, ganz ebenmäßig, aber die linke verändert sich unter gewissen Umständen. Bisher sieht sie noch nicht sehr entstellt aus, denn die beiden Schwestern scheinen etwas gefunden zu haben, dass das Fortschreiten dieser Krankheit aufhält.“

„Und das soll mit diesem Stein zu tun haben?“

„Ja, so behauptet es jedenfalls unser guter Oliver. Die verstorbene Tante Luise hat diesen Opal selbst aus Coober Pedy mitgebracht. Sie hat diese weite Reise noch unternommen, kurz bevor sie starb. Und der Stein scheint offensichtlich einen Einfluss auf die Symptome dieser Krankheit zu haben, denn seitdem sind die beiden Schwestern nicht mehr auf der Suche nach einem Medikament.“

Geoffrey schlug mit der Hand auf den Schreibtisch. „Also habe ich doch Recht mit meiner Vermutung. Dann wusste die Tante auch Bescheid über alles, auch über sämtliche Bedeutungen des Steins.“

Donald hob die Augenbrauen. „Das muss nicht unbedingt sein. Möglicherweise wissen sie nur die Bedeutungen aus der römischen Mythologie. Und da ist dieser Opal lediglich als Kraftstein im Bereich für Liebe, Hoffnung und das seelische Befinden gedacht, das seelische Gleichgewicht.“

„Ich muss auf Nummer sicher gehen“, entschied Geoffrey, und seine Augen verengten sich zu Schlitzen. Meine ganze Arbeit der letzten Jahre ist in Gefahr, wenn die beiden herausfinden, dass dieser weiße Stein bei den Griechen als Medium für das Hellsehen und Weissagen bekannt ist. Es gibt also kein Zurück mehr. Der Austausch muss schnellstmöglich vor sich gehen.“

Kapitel 3

Die junge, hübsche Frau öffnete das Fenster, das der gemütlich eingerichteten Essecke mildes Licht schenkte. „Was für eine geniale Idee, die Küche hier auslaufen zu lassen!“ schwärmte Ninette mit leuchtenden Augen. „Da hat man nicht nur von den riesigen Wohnzimmerfenstern aus, diesen einmaligen Blick auf das Rheintal mit dem Siebengebirge, sondern auch beim Essen und sogar zwischendurch einmal, wenn man den Kochtopf allein lassen kann. Bist du dir ganz sicher, dass wir hier mit dieser Aussicht und dem paradiesischen Blumengarten den Opal überhaupt noch so oft benutzen müssen?“

Sarah seufzte. „Ich möchte lieber nichts riskieren, Ninette. Und als Medikation ist es wirklich nicht zu viel, dir einmal am Tag diesen Stein zu präsentieren und ihn vor dem nächsten Gebrauch wieder aufzuladen. Tante Dorothea hat uns dieses Rezept mehrmals vorgelesen und uns ans Herz gelegt, regelmäßig davon Gebrauch zu machen. Und wie du siehst, benötigst du momentan keinen Schleier mehr. Du siehst wunderschön aus.“

„Oh, draußen nehme ich doch lieber noch den Schleier, sonst fühle ich mich unwohl. Aber ich fürchte, es könnte dir zu viel werden, wenn du ständig an mich denken musst und immer auf der Suche bist nach den schönen Blicken, Aussichten und Momenten des Lebens, um den Stein wieder aufzuladen. Du kannst doch nicht immer nur an mich denken. Du solltest auch ein eigenes Leben haben.“

Sarah stellte sich neben Ninette und legte den Arm um ihre Schultern. „Wir haben hier ein herrliches Leben“, entgegnete die junge Frau leidenschaftlich. „Ich habe hier mein Atelier und kann malen, so oft ich Lust dazu habe. Die alte Villa ist vollkommen modernisiert und bietet uns mit ihren verschiedenen Zimmern Raum für etliche Hobbys. Und vergiss nicht, meine Seele braucht auch einen Blick auf die Schönheiten der Natur oder des Himmels. Sonst hätte ich auch nicht den Beruf als Illustratorin ergriffen. Das Einzige, was mich hier tatsächlich noch etwas stört, ist, dass ich einen Haken an der Sache suche. Ich traue diesem Geoffrey Lothar nicht und auch nicht seinem Freund und Angestellten Donald Meurer.“

Die Schwester lächelte. „Wie verschieden wir doch so sind! Da habe ich nun gar keine Besorgnis. Denn einmal gibt es Personen, die von Natur aus wirklich sehr hilfsbereit sind und herzlich gern anderen Menschen helfen, und zum anderen gibt es noch diejenigen, die es tun, damit sie ihr Gewissen erleichtern und sich dafür einen Bonus erwarten. Es gibt auch noch die mit einem Helfersyndrom, und die müssen sich ständig um andere kümmern. Die letzte Gruppe, das sind die, die dafür von anderen gelobt werden wollen und es für ihr Image tun. Ich weiß nicht, zu welcher Gruppe diese beiden Herren gehören, aber im Prinzip ist es mir auch egal. Was auch immer ihr Motiv ist, das Endergebnis ist doch genial.“

„Wenn das so ist, erwacht in mir wieder neue Hoffnung, dass du eines Tages wieder ganz geheilt sein wirst“, bemerkte die Schwester erfreut. „Dann hast du wieder so viel positive Kräfte in dir, dass du dich wieder ans Klavier setzt und deine Finger auf den Tasten tanzen lässt.“

Ninette lächelte. „So weit wage ich noch gar nicht zu denken, ich bin wirklich schon sehr glücklich, dass sich seit einem Jahr meine linke Gesichtshälfte nicht mehr verändert hat. Und das habe ich allein dir und Tante Dorothea zu verdanken.“

„Ich bin auch Bill sehr dankbar, der mit unserer Tante nach Australien gefahren ist, allein hätte sie das gar nicht geschafft, diesen Edelstein zu finden. Ich hatte so gehofft, dass aus euch beiden, aus Bill und dir, ein Paar wird, er war ein wunderbarer Mensch,“ erinnerte sich Sarah.

Ein Schatten huschte über das Gesicht der Schwester. „Ich glaube, ich war wirklich ein bisschen in ihn verliebt. Aber meine Gesundheit war mir wichtiger, deswegen habe ich ihm meine Gefühle verschwiegen. Und ich bin froh, dass er in Australien diese reizende Debby gefunden hat, mit der er jetzt glücklich verheiratet ist.“

„Ich bin ihm auch dankbar, dass er versprochen hat, vielleicht noch einen Ersatzstein zu finden. Daher ist es vielleicht ganz gut, dass er noch drüben in Australien ist, wo er an Ort und Stelle suchen kann. Doch auf seinen Freund, den Jonas bin ich immer noch böse. Seit einem Jahr hat er nichts mehr von sich hören lassen, obwohl er doch versprochen hat, seinen Kollegen Pierre dazu zu bewegen, ihn ein bisschen im Labor forschen zu lassen.“

Ninette runzelte die schöne Stirn. „Südfrankreich ist weit, meine Liebe! Von dort kann er nicht mal eben zu uns herüber joggen. Und du weißt, dass er das Fliegen hasst.“

„Diese Entschuldigungen könnte ich nur gelten lassen, wenn wir noch im 20. und nicht im 21. Jahrhundert lebten. Mit dem Internet und allen Verbindungen, die einem ein Handy bietet, ist man heute von Südfrankreich aus durchaus in der Lage, sich ab und zu bei seinen Freunden zu melden.“

In Ninettes hübschem Gesicht zeigte sich ein Grinsen. „Gib es doch zu, du warst auch verliebt in ihn. Und er hat auch ganz schön mit dir geflirtet. Es hätte mehr daraus werden können, wenn du dich ihm gegenüber nicht so kühl und reserviert verhalten hättest.“

Die Schwester lachte. „Was nützt es jetzt, wenn wir hier in der Vergangenheit herumgraben, freuen wir uns lieber, dass wir es bis hierhin geschafft haben.“

Es klopfte an der Tür, und die beiden Schwestern riefen gleichzeitig: „Herein!“

Eine kräftige, große Frau, die sich das blonde Haar auf dem Kopf zusammengebunden hatte, trat ein. „Ich habe die Betten eben noch frisch bezogen. Kann ich noch irgendetwas für Sie tun?“

Die beiden Frauen überlegten und sahen sich gegenseitig an.

„Ich glaube, Sie haben schon für heute genug gearbeitet, Leonie“, fand Ninette. „Gehen Sie nach Hause und machen Sie sich einen schönen Nachmittag! Es ist doch alles blitzeblank, und ein bisschen Arbeit muss doch auch noch für uns übrigbleiben.“

„Möchten Sie einen Kaffee mit uns trinken, Leonie?“ erkundigte sich Sarah.

Die junge Frau lächelte und entledigte sich des Kittels. „Oh ja, gern, wenn ich Sie nicht störe.“

„Auf gar keinen Fall“, beteuerte die Malerin. „Wenn Sie uns demnächst hier öfters helfen, ist es doch nur gut, wenn wir uns etwas kennenlernen. Und Sie waren uns beiden sofort sehr sympathisch. Nehmen Sie doch schon einmal Platz! Ich mache uns allen rasch einen Kaffee. Mit den Maschinen der heutigen Zeit ist es ein Kinderspiel.“