SCHNAPS, HASCH UND MIEZEN - Brett Halliday - E-Book

SCHNAPS, HASCH UND MIEZEN E-Book

Brett Halliday

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  • Herausgeber: BookRix
  • Kategorie: Krimi
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2021
Beschreibung

Als der Privatdetektiv Mike Shayne ankam, war die Party schon in vollem Gang. Die Gäste waren bestens versorgt: Alkohol, Mädchen und Haschisch in Mengen. Aber leider war Shayne nicht eingeladen. Und er merkte bald, dass man auch für ungeladene Gäste alles Notwendige bereithielt...   Brett Halliday (eigtl. Davis Dresser, * 31. Juli 1904 in Chicago, Illinois; † 4. Februar 1977 in Santa Barbara, Kalifornien) war ein US-amerikanischer Schriftsteller.  Der Roman  SCHNAPS, HASCH UND MIEZEN  erschien erstmals im Jahr 1969; eine deutsche Erstveröffentlichung erfolgte 1975.  Der Apex-Verlag veröffentlicht eine durchgesehene Neuausgabe dieses Klassikers der Kriminal-Literatur in seiner Reihe APEX CRIME.

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BRETT HALLIDAY

 

 

Schnaps, Hasch und Miezen

 

Roman

 

 

 

 

Apex Crime, Band 267

 

 

Apex-Verlag

Inhaltsverzeichnis

Das Buch 

 

SCHNAPS, HASCH UND MIEZEN 

Erstes Kapitel 

Zweites Kapitel 

Drittes Kapitel 

Viertes Kapitel 

Fünftes Kapitel 

Sechstes Kapitel 

Siebtes Kapitel 

Achtes Kapitel 

Neuntes Kapitel 

Zehntes Kapitel 

Elftes Kapitel 

Zwölftes Kapitel 

Dreizehntes Kapitel 

Vierzehntes Kapitel 

Fünfzehntes Kapitel 

Sechzehntes Kapitel 

Siebzehntes Kapitel 

 

 

Das Buch

 

Als der Privatdetektiv Mike Shayne ankam, war die Party schon in vollem Gang. Die Gäste waren bestens versorgt: Alkohol, Mädchen und Haschisch in Mengen.

Aber leider war Shayne nicht eingeladen. Und er merkte bald, dass man auch für ungeladene Gäste alles Notwendige bereithielt...

 

Brett Halliday (eigtl. Davis Dresser, * 31. Juli 1904 in Chicago, Illinois; † 4. Februar 1977 in Santa Barbara, Kalifornien) war ein US-amerikanischer Schriftsteller.

Der Roman Schnaps, Hasch und Miezen erschien erstmals im Jahr 1969; eine deutsche Erstveröffentlichung erfolgte 1975. 

Der Apex-Verlag veröffentlicht eine durchgesehene Neuausgabe dieses Klassikers der Kriminal-Literatur in seiner Reihe APEX CRIME.

   SCHNAPS, HASCH UND MIEZEN

 

 

 

 

 

 

 

  Erstes Kapitel

 

 

Michael Shayne stellte sich in die Reihe der Passagiere, die das Flugzeug verließen. Groß, rothaarig und athletisch gebaut, war er eine auffallende Gestalt unter all den Anwälten und Geschäftsleuten, die sich in Tallahassee versammelten, in der Hoffnung, die gesetzgebende Körperschaft des Bundesstaates in ihren letzten Sitzungstagen beeinflussen zu können. Wie die meisten anderen trug auch Shayne einen Aktenkoffer aus Rindsleder, aber der seine enthielt zwei Flaschen französischen Cognac, eine Pistole Kaliber 38 und Reservemunition.

Ein hübsches, schwarzhaariges Mädchen in der offenen Tür eines Hubschraubers winkte. Jackie Wales. Sie trug eine schwarze Hornbrille und erweckte einen Eindruck von Tüchtigkeit. Shayne war ein enger Freund eines Mannes, eines dem Alkohol verfallenen Werbe-Managers in Miami gewesen, der schließlich zu der Entscheidung gelangt war, dass Trinken das einzige war, was ihm wirklich Spaß machte, so dass er sich ausschließlich dieser Beschäftigung widmete. Das Ergebnis waren hohe Schulden, gelegentliche Schlägereien in Bars, andere Frauen, die Scheidung gewesen. Jackie hatte die dahinsiechende Agentur übernommen und sie wieder hochzubringen versucht. Im zweiten Jahr war die Bilanz ausgeglichen. Jetzt begann sie zu verdienen und abzustottern, was Shayne ihr geliehen hatte.

Der Hubschrauber, ein Bell Jet Ranger für vier Passagiere, gehörte der Miami News. Shayne sah seinen Freund Tim Rourke, Reporter bei der News, hinter Jackie stehen, ein Whiskyglas in der Hand. Tim hatte sich in Tallahassee eingefunden, um über die wichtigste Nachricht der zu Ende gehenden Saison, den Versuch, Spielkasinos gesetzlich zuzulassen, zu berichten.

Shayne sprang in die Kabine hinauf, wo ihn Jackie mit einer Umarmung begrüßte. Sie legte die Arme um ihn und presste ihn an sich. Dann bog sie sich zurück und sah ihn an.

»Das waren lange drei Wochen.«

»Kennt ihr euch zufällig?«, fragte Rourke.

»Flüchtig«, gab Jackie zurück. Sie strich mit den Fingerspitzen über seine Wange. »Du hast dich nicht mal mehr rasieren können.«

»Nimm dir ein Glas und gieß einen hinter die Binde«, meinte Rourke. »Später gibt es keinen Schnaps.« Er drehte sich um und schrie: »Alles klar hier hinten, Gene. Es kann losgehen.«

Der Rotor begann sich zu drehen. Shayne nahm ein Glas aus einem offenen Picknickkorb. Er ließ sich auf einem Sitz nieder, öffnete seinen Koffer und nahm eine der Flaschen heraus. Der Hubschrauber erhob sich dröhnend in die Luft.

»Wozu hast du eine Kanone mitgebracht?«, fragte Rourke. »Du sollst doch nur zu einer Gesetzesvorlage aussagen. Kein Mensch wird auf dich schießen, soviel uns bis jetzt bekannt ist.«

Shayne gab einen Brummlaut von sich.

»Ich bin nicht mehr zum Auspacken gekommen.« Er füllte sein Schnapsglas und leerte es auf einen Zug. »Du musst mich schnell einweihen, Tim. Ich habe den Bericht in Las Vegas in der Zeitung gelesen, aber nicht ernst genommen. Über die Zulassung von Spielkasinos wird schon seit dem ersten Weltkrieg geredet. Lasst die Glücksspieler aus ihren Verstecken, damit der Staat zwölf Prozent kassieren kann, und kein Mensch braucht mehr Steuern zu zahlen.«

Jackie und Rourke begannen gleichzeitig zu sprechen. Der Reporter fuchtelte mit seinem Glas herum.

»Sag du es ihm, Süße. Du führst das Kommando.«

Sie drehte sich herum und sah Shayne an.

»Wir haben nur ein paar Minuten Zeit, also ganz kurz: Diesmal will man nicht den ganzen Bundesstaat freigeben, sondern nur den Bezirk Dade und Miami Beach. Das war eine Erleuchtung, weil man uns im übrigen Staat ja längst abgeschrieben hat. Uns kann keiner mehr retten. Die Argumente haben sich nicht geändert. Warum soll Glücksspiel in einem sauberen, hellen Kasino unmoralischer sein als Wetten bei Hunde- und Pferderennen? Jedes Jahr verlieren wir Millionen Touristendollars an Nevada und die Karibischen Inseln. Die Menschen wollen spielen, ob es gesetzlich erlaubt ist oder nicht. Warum verzichten wir nicht auf die Heuchelei, kassieren unseren Anteil und zahlen unseren Lehrern ordentliche Gehälter?«

»Alles wie gehabt«, meinte Shayne. »In der letzten Sitzungsperiode ist die Vorlage mit zehn zu eins abgelehnt worden. Was fällt dieses Jahr so ins Gewicht, dass man sich nur auf den Bezirk Dade beschränkt?«

»Da sind noch ein paar andere Dinge«, erklärte Rourke. »Die staatlichen Lotterien gelten als ziemlich ehrbar, und die Gewinnausschüttung ist geringer als beim Roulette. Niedriger als beim illegalen Zahlenlotto. Na ja, wir sollten nicht moralisieren. Der Staat muss irgendjemandem Geld abnehmen, und wenn wir es nicht von reichen Leuten aus dem Norden nehmen, die zu den Spieltischen von Miami strömen, müssten wir vielleicht eine Zusatz-Einkommensteuer einführen, was Gott verhüten möge. Deshalb hat sich Richter Kendrick für die Gesetzesvorlage ausgesprochen.«

»Kendrick«, wiederholte Shayne erstaunt.

»Er hat sich nicht direkt dafür ausgesprochen«, verbesserte Jackie. »Er sagte nur...«

»Da hat er sich wieder mal ganz als Politiker gezeigt«, fuhr Rourke fort. »Seit dreißig Jahren wettert er gegen die Unmoral des Glücksspiels. Er war gegen Pari-Mutuel-Wetten und Trabrennen bei Nacht. Er kämpfte gegen alle Versuche, die Rennsaison zu verlängern. In einer einzigen Pressekonferenz konnte er nicht plötzlich ganz umschalten. Die Leute wären sonst vielleicht auf den Gedanken gekommen, er habe sich bestechen lassen.«

»Ich nehme ihm eine gewisse Integrität ab«, sagte sie störrisch. »Ich glaube immer noch, dass er, wenn er Mikes Aussage zum Funktionieren des zugelassenen Glücksspiels in Nevada hört...«

»Ich gebe zu, dass sich ein Versuch lohnt, aber ich rechne nicht damit, dass er schlagartig aufspringt und Halleluja schreit. Ich habe eine Belegseite meines Artikels über seine Erklärung, Mike. Lies mal. Ich möchte wissen, was du davon hältst. Ich habe angeblich einen guten Riecher, und hinter dem ganzen Schwall von Worten rieche ich Geld.«

»Das glaube ich einfach nicht«, sagte Jackie.

»Man kann ehrlich aussehen, ohne ehrlich zu sein«, meinte Rourke. »Das lernt man als Jurastudent im ersten Semester.«

Shayne fuhr nachdenklich mit dem Daumennagel über seine Bartstoppeln am Kinn. Richter Grover Kendrick hatte im Senat des Bundesstaates Florida die Peitsche geschwungen, seit Shayne denken konnte. Sein Wahlkreis, ein dünn besiedelter Bezirk an der Grenze nach Alabama, war so verschlafen und ihm so sicher, dass er jahrelang schon keinen Wahlkampf mehr geführt hatte. Für eine Legislaturperiode nach der anderen nach Tallahassee berufen, war er in der konservativen Koalition, die bei Freund und Feind nur Pfründenclub hieß, immer höher gestiegen und galt jetzt als ihr anerkannter Führer.

»Es ist natürlich nur ein einzelner«, sagte Rourke. »Ein Mann hat eine Stimme. Das erklärt uns der Oberste Gerichtshof. Die Buchmacher boten aber vor Kendricks Erklärung fünfzig zu eins gegen die Vorlage, und jetzt steht es fünf zu drei.«

»Billig käme es aber nicht«, warf Shayne ein. »Wer streckt das Geld vor?«

»Rate mal«, sagte Rourke. »Jemand, den du kennst. Einer der maßgebenden Bürger von Miami Beach, genau der Mann, der die erste Spielclublizenz bekommt, wenn das Gesetz verabschiedet wird. Er hat ein Hotel, gute politische Beziehungen und Freunde, die sich mit Würfeltischen auskennen.«

»Sam Rapp.«

»Das sagt mir der gesunde Menschenverstand«, erklärte Rourke. »Und wie der Zufall so spielt, Sam und seine schöne Freundin sind derzeit gerade in der Stadt.«

»Sam Rapp ist wirklich hier?«

»Ja. Man möchte annehmen, dass er sich im Hintergrund hält und andere das Bargeld verteilen lässt, aber keine Spur. Er ist deutlich sichtbar, eine große Zwei-Dollar-Zigarre im Mund, und spendiert Drinks. Und erst Lib Patrick. Sie ist ja auch nicht gerade unscheinbar. Gestern war sie im Senat auf der Zuschauertribüne, mit einem der tiefsten Ausschnitte, den manche von diesen alten Knaben je in ihrem Leben gesehen haben. Sie verdrehten unaufhörlich die Hälse. Gearbeitet wurde nicht viel. Nach meiner persönlichen Meinung ist sie am ganzen Körper nahtlos braun.«

»Ich habe gehört, dass das Regency mit Verlust arbeitet,

aber Sam sollte nicht als sein eigener Lobbyist auftreten«, sagte Shayne. »Ich hätte ihn für klüger gehalten. Wie steht es mit der Gesetzesvorlage?«

»Sie ist noch im Ausschuss, aber die Mitglieder sind schon seit Jahren Kendricks Marionetten«, berichtete Rourke. »Sie werden tun, was er verlangt. Wenn er sagt, zustimmen, stimmen sie zu. Man will die Sitzungsperiode unbedingt abschließen. Morgen ist der große Tag. Wenn Kendrick seinen ganzen Einfluss geltend macht und die richtigen Leute bekniet, wird vermutet, dass er es schafft. Nur knapp, allerdings, mit zwei oder drei Stimmen Mehrheit. Der alte Knabe ist wirklich mächtig.«

»Und die Opposition?«

»Konfus und ziemlich still«, sagte Jackie. »Sam Rapp und seine Leute sind fast ganz allein für diesen Wirbel verantwortlich. Ich hatte noch keine Gelegenheit, von dem Komitee zu sprechen, das wir gegründet haben. Um das Unerfreuliche auf einen Schlag zu erledigen: Das war Shell Maslows Idee.« Als Shayne sie anstarrte, fuhr sie hastig fort: »Ich weiß, was du von ihm hältst, Mike, dass er viel zu ehrgeizig und ein unsicherer Kantonist ist. Aber in diesem Stadium meiner sogenannten Karriere kann ich mir meine Klienten nicht aussuchen.«

»Ich weiß von dem einen oder anderen, den du abgewiesen hast«, gab Shayne zurück.

»Richtig, und deshalb sitze ich zu oft an einem leeren Schreibtisch und überlege mir, wie ich die Miete bezahlen soll. Senator Sheldon Maslow kann ich ertragen. Er macht mich ein bisschen nervös, aber ich halte ihn für aufrichtig.«

Rourke schnaubte durch die Nase.

»Er möchte Gouverneur werden«, sagte Jackie. »Es gibt Schlimmeres.«

»Er möchte der liebe Gott sein«, knurrte Rourke.

»Tim, warum machst du die Leute immer schlecht, warum zweifelst du ihre Motive an? Natürlich sucht er das Rampenlicht, je greller, desto lieber, und man merkt es ihm vielleicht auch zu sehr an. Vielleicht steckt auch hinter seiner Untersuchung von Verbrechen eine gewisse Berechnung, aber was spielt das für eine Rolle? Das ist eine übliche Methode, um in der Politik vorwärtszukommen. Er suchte mich auf und schlug vor, wir sollten eine Kampagne gegen die Vorlage im ganzen Bundesstaat organisieren. Ich bin gegen die Zulassung des Glücksspiels und hoffe, dass der Gesetzentwurf niedergestimmt wird. Wenn Sheldon Maslow eine von Richter Kendrick unterstützte Vorlage zu Fall bringen kann, wird das für Sheldon Maslow sehr gut sein. Heißt das, ich soll den Hausmeister holen und ihn aus meinem Büro werfen lassen?«

Shayne tätschelte ihr Knie.

»Reg dich nicht auf. Wie sieht die Abmachung aus? Ist Maslow dein Klient?«

»Nicht direkt. Ich habe ein Dutzend Namen für den Briefkopf zusammenbekommen, und er übernimmt meine Telefonrechnung und brachte das Geld für eine Zeitungsannonce mit einem Spendenaufruf auf. Das brachte gerade so viel ein, dass die Spesen gedeckt sind. Mich stört es nicht, weil ich so wenigstens ins Gerede komme. Wenn wir den Sieg davontragen, wird das auch mir gutgeschrieben. Du musst also heute sehr überzeugend sprechen, Mike.«

Der Rotor wurde langsamer, und sie sanken tiefer. Rourke sah zum Fenster hinaus auf den Kuppelbau des Senats.

»Da wären wir. Du solltest noch etwas investieren, Jackie, und Mike beauftragen, herauszufinden, wie sie den Richter zu dieser Erklärung bewogen haben. Von solchen Dingen versteht er etwas.«

Shayne füllte das kleine Schnapsglas mit Cognac, kippte ihn hinunter und legte den Aktenkoffer auf seine Knie, um die Flasche wieder zu verstauen.

»Wir können beim Essen darüber reden. Man braucht aber Glück, wenn man eine Bestechung mit Bargeld beweisen will. Diese Leute sind bestimmt nicht nachlässig. Sie verstehen ihr Handwerk.«

Der Hubschrauber, kurz vor der Landung auf dem Rasen hinter dem Senatsgebäude, schoss plötzlich wieder empor, als habe der Pilot zu seinem Schrecken entdeckt, dass er im Begriff gewesen war, hinter den feindlichen Linien zu landen.

»Was ist denn da los?«, rief Rourke.

Shayne beugte sich vor, um hinauszusehen. Sie flogen am Kuppelbau vorbei. Das große Gebäude der Post blieb hinter ihnen zurück. Sie beschrieben einen engen Bogen nach links und setzten zur Landung an.

Rourke war aufgestanden.

»Gene, was treibst du denn plötzlich? Wir müssen zu einer Sitzung.«

Der Hubschrauber kippte seitlich ab, und er hielt sich am Sitz fest, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren.

Eine Stimme rief: »Alles wieder okay. Ich dachte, wir hätten ein Rad verloren.«

Sie befanden sich über einem großen Einkaufszentrum und sanken schnell herab. Auf einem halbleeren Parkplatz setzten sie hart auf. Rourke fand sein Gleichgewicht wieder, als die Tür zum Cockpit aufgerissen wurde. Ein junger Mann mit Wuschelkopf und Sonnenbrille trat heraus. Er hatte eine Pistole in der Hand.

Rourkes Unterkiefer klappte herunter.

»Wo ist Gene?«

Der Halbwüchsige lachte und zeigte gelblich verfärbte Zähne.

»Gefesselt in der Herrentoilette vom Flughafen. Wie hat Ihnen die Landung gefallen? Ein bisschen durcheinandergerüttelt?«

»Du weißt nicht, was du tust, Kleiner«, sagte Rourke warnend.

Das Lächeln des jungen Mannes verschwand, und er machte eine knappe, gefährliche Bewegung mit der Waffe.

»Nach Ihnen, meine Damen und Herren. Aussteigen, aber ein bisschen plötzlich. Mike Shayne, was?«, sagte er verächtlich mit einem. Blick auf Shayne. »Hübsch große Zielscheibe. Keine Widerrede. Diese .45er richten allerhand Schaden an, wie man so hört. Danebenschießen kann ich kaum.«

Shayne hatte immer noch den offenen Aktenkoffer auf den Knien. Er zielte sorgfältig, weil er wusste, dass Waffe und Nerven des jungen Mannes nur eines winzigen Anstoßes bedurften. Er wartete auf die nächste Bewegung. Sie kam, drängender, weiter ausholend, und Shayne schoss durch den Deckel des Koffers.

Der Halbwüchsige stieß einen Schrei aus, und seine Waffe flog davon.

Das Geschoss hatte ihm die rechte Schulter durchschlagen, und die Wucht des Einschusses warf ihn an die Wand.

Shayne sprang auf und war mit zwei langen Schritten an der Tür.

Ein zerbeulter Lieferwagen war neben dem Hubschrauber zum Stehen gekommen. Der Fahrer sah argwöhnisch unter dem langen Schirm einer Baseballmütze hervor. Auch sein Gesicht blieb halb unter einer großen Sonnenbrille verborgen. Ein zweiter Mann sprang aus dem Wagen. Er war dick und unrasiert. Die Haare fielen ihm in die Stirn.

»Wir haben sie überrascht, Mike«, flüsterte Rourke. »Wir können sie unschädlich machen.«

Er hatte die Pistole des jungen Mannes in der Hand. Shayne überlegte kurz und schüttelte den Kopf.

»Gib die Waffe her.«

»Los, Mike. Das sind doch nur Gehilfen. Stellen wir fest, wer...«

»Stell dich nicht so an, Tim. Du bist Journalist und kein Held.«

Rourke legte nach kurzem Zögern die Pistole in Shaynes ausgestreckte Hand. Shayne gab ein Zeichen, und Rourke öffnete die Tür.

Der Mann unter ihnen duckte sich. Seine Hand erstarrte kurz, bevor er sie aus der Tasche zog. Auch ohne die beiden Pistolen war Shayne in der Türumrahmung eine imposante Gestalt.

»Sie lassen sich von uns nicht festnehmen«, sagte Shayne im Gesprächston zu Rourke, »aber sie wissen, dass das kein Platz für eine Schießerei ist. Also verschwindet, Jungs, und versucht von jetzt an, brav zu sein. Das macht sich besser bezahlt.«

Der Mann im Freien befeuchtete die Lippen und schluckte.

»Wenn Sie ihm etwas getan...«, stammelte er mit überraschend hoher, beinahe mädchenhafter Stimme.

»Mensch, Ramon, steig ein«, fauchte der andere. »Willst du dich umlegen lassen?«

Ramon wich widerstrebend zurück, stieg ein, und der Lieferwagen brauste davon. Shayne sah ihm nach, zwei nachdenkliche Falten zwischen den Brauen.

»Den einen kenne ich, den mit dem Blumenhemd. Den Kubaner.«

»Aus Miami?«, fragte Rourke.

»Tampa, glaube ich«, sagte Shayne langsam. »Tampa oder Saint Pete. Sind Leute aus Tampa in diese Geschichte irgendwie verwickelt?«

»Du meinst Boots Gregory und seinen Haufen? Du lieber Himmel, hoffentlich nicht. Sam Rapp ist nicht so übel, aber wenn Gregory in der Stadt ist, könnte die Sache haarig werden.«

 

 

 

 

  Zweites Kapitel

 

 

Michael Shayne beugte sich vor und drückte seine Zigarette aus. Alle Plätze in dem großen, mit Klimaanlage versehenen Sitzungssaal waren besetzt, viele Leute standen. In den Zwischengängen hatte man Fernsehkameras aufgebaut. Am Pressetisch drängten sich zu viele Journalisten.

Die Senatoren, hinter einem langen Tisch über Shayne, versuchten den Eindruck zu erwecken, als beachteten sie das grelle Scheinwerferlicht und die Kameras nicht. Richter Kendrick, der Vorsitzende, blieb so regungslos, dass er zu schlafen schien. Er war ein gutaussehender Mann mit schmalem Kopf und weißer Mähne. Sein Gesicht war faltig und machte einen müden Eindruck. In seinem Ohr glänzte der winzige Knopf eines Hörgeräts. Gelegentlich zuckte sein Eidechsenkopf nach vorne, und dann stellte er eine wohlformulierte, scharfe Frage. Im Augenblick wollte er Shaynes Meinung über den Entführungsversuch hören, der sein Auftreten vor dem Ausschuss verzögert hatte. Woher nahm Shayne die Gewissheit, dass dieser nicht im Zusammenhang mit seinem vorherigen Auftrag in Las Vegas stand?

»Möglich ist alles«, erwiderte Shayne gelassen. »Als ich dort war, schien man sich meinetwegen aber keine Sorgen zu machen. Bis zu einem gewissen Punkt unterstützte man mich. Ich habe nichts in Erfahrung bringen können, was sie mit den Bundesgesetzen in Konflikt gebracht hätte, das einzige, was sie scheuen. Wenn man vorgehabt hätte, mich zu entführen, wäre das vor meinem Abflug von Las Vegas geschehen.«

»Welche Hypothese vertreten Sie dann, Mr. Shayne? Dass die Befürworter der hier zu prüfenden Gesetzesvorlage ein paar Gangster damit beauftragten, Sie aus dem Weg zu räumen, bevor Sie hier dagegen aussagen konnten?«

»Darauf läuft es mehr oder weniger hinaus«, gab Shayne zu. »Es war ein dummer Schachzug, aber dumme Menschen gibt es in jeder Branche. Ich möchte Sie in einem Punkt korrigieren. Ich sage nicht gegen die Vorlage aus. Ich habe sie nicht gelesen. Ich bin gebeten worden, dazu Stellung zu nehmen, wie die Spielkasinos in dem einen Bundesstaat, wo sie zugelassen sind, funktionieren.«

»Fahren Sie fort, Mr. Shayne.«

Shayne war vor kurzem von zwei Mitgliedern der staatlichen Überwachungsbehörde für Glücksspiel gegen einen hohen Honorarzuschuss beauftragt worden, Gerüchten über Unregelmäßigkeiten in mehreren großen Hotel-Kasinos von Las Vegas nachzugehen. Die Öffentlichkeit werde, so argumentierte man, zu einem Bericht eines neutralen Ermittlers mehr Vertrauen haben als zu Material, das aus Nevada selbst stammte. Während die Senatoren aufmerksam lauschten, erklärte Shayne das Prinzip des Bankanteils. Die Kasinobesitzer strichen von jedem Dollar je nach Art des Spiels einen kleinen Anteil ein, eineinhalb Cent beim Würfelspiel, sechs Cent beim Kartenspiel, sechs oder sieben Cent beim Roulette. Für einen Gewinner fielen sechs Prozent Abzug kaum ins Gewicht, und der Kasinobesitzer brauchte nichts anderes zu tun, als immer weiterzuspielen, und am Ende musste ihm alles, was auf dem Tisch lag, gehören, ohne dass er sein eigenes Geld riskierte. Danach befasste sich Shayne mit der Theorie der Strähnen. Ein Spieler ohne Kapital wird durch eine Pechsträhne schnell ausgequetscht, während die Bank auf die Umkehrung wartet.

Aus diesen Gründen konnte ein großer Spielbetrieb nur dann Geld verlieren, wenn die Besitzer gezwungen wurden, für die Lizenzen zu viel zu zahlen. In Nevada wichen die Spielkasinobesitzer dieser Gefahr aus, indem sie sich mit dem Gesetz gut stellten. Als Geschäftsleute zogen sie es jedoch vor, ihre steuerlichen Verpflichtungen zu verringern. Bevor die Gewinne des jeweiligen Abends gezählt wurden, nahm man daher einen unbekannten Betrag weg. Das verstieß gegen die Bundesgesetze. Die Bundesfinanzverwaltung konnte mit Hilfe von Computern ziemlich genau schätzen, welche Gewinne bei ordnungsgemäßem Betrieb erzielt wurden. Die Kasinobesitzer griffen deshalb, um die Computer zu überlisten, erneut zu illegalen Mitteln, schoben gelegentlich gezinkte Karten unter, verminderten die Ausschüttung der Spielautomaten und kontrollierten das Spiel beim Roulette.

Einige Senatoren hatten Mühe, das zu glauben. Wenn die Gewinne schon legal so gewaltig waren...

»Sie dürfen nicht vergessen, dass wir über Gauner sprechen«, sagte Shayne.

Das erwies sich als eindrucksvollster Satz seiner Aussage. Er wurde in den Abendnachrichten zitiert und in der Senatsdebatte am folgenden Tag mehrmals wiederholt.

Shaynes Bericht an die Überwachungsbehörde war akzeptiert und zu Protokoll genommen worden. Zahlungen an einflussreiche Persönlichkeiten ließen sich in Nevada jedoch einfach bewerkstelligen - jemand ließ einfach einen Eimer über Bord gleiten und schöpfte von dem Geld ab. Einer der Männer, die Shayne beauftragt hatten, zog nach Los Angeles, wo er sich in einer vornehmen Gegend einen teuren Besitz kaufte. Der andere kam nach einem Autounfall, den er nach eigener Versicherung selbst verschuldet hatte, ins Krankenhaus. Das Roulette drehte sich weiter.

Richter Kendrick erkundigte sich nach den in Nevada gebräuchlichen Methoden der Lizenzierung und Überwachung und verglich sie mit Vorkehrungen in dem zur Beratung anstehenden Gesetzentwurf für den Bundesstaat Florida. Dann kam Senator Maslow an die Reihe.

Sheldon Maslow hatte als Schauspieler angefangen und kam erst jetzt langsam darüber hinweg. Seine breitschultrige, männliche Erscheinung, sein offener Blick und das kantige Kinn schienen auf weibliche Wähler, vor allem auf die über sechzig, zu wirken, wovon es in Florida ziemlich viele gab. Gruppen älterer Frauen warteten in Hotelfoyers auf die Gelegenheit, ihn anhimmeln zu können. Am besten kam er im Fernsehen zur Geltung. Auf dem Bildschirm wirkte er wie der bescheidene, erfolgreiche Sohn, den sich jede Mutter wünscht. Im Leben dagegen machte er unglücklicherweise stets den Eindruck, als wolle er etwas verkaufen.

Er hatte sich einen Sitz in einem nahezu untätigen Untersuchungs-Unterausschuss erstritten und mit einer Reihe von Hearings über die Beziehungen zwischen der Mafia und bestimmten Gewerkschaftsgruppen in den Großstädten begonnen. Zwei oder drei aufsehenerregende Enthüllungen machten ihn zu einer im ganzen Bundesstaat bekannten Persönlichkeit. Ein paar kleinere Gangster wanderten ins Gefängnis. Mehrere Polizeibeamte reichten den Abschied ein und übernahmen Posten in der Privatindustrie.

Als die Führung des Senats, der seine Unabhängigkeit von der politischen Maschinerie nicht gefiel, die Geldzuwendungen kürzte, baute er eine eigene Organisation zur Verbrechensbekämpfung auf und benutzte von Geschäftsleuten aufgebrachte Spenden dazu, eine kleine Gruppe von Ermittlern einzustellen. Er machte immer noch Schlagzeilen, aber die bedeutenden Verbrecher vermochte er nicht zur Strecke zu bringen.

Bei gegnerischen Zeugen konnte er grob werden, aber Shayne stand natürlich unter seinem Schutz.

»Mr. Shayne«, sagte er respektvoll, »Sie haben enorme Fachkenntnisse über das Thema Glücksspiel und Politik gezeigt, und nachdem ich mir diese tristen Dinge angehört habe, erscheint mir unbegreiflich, wie jemand, der nüchtern und vernünftig denkt, dafür stimmen kann, unseren herrlichen Staat Florida jenem Abschaum zu überlassen, den Sie uns so eindrucksvoll geschildert haben. Ich hätte jetzt gerne Ihre Meinung in einer Sähe gehört, die uns näher liegt. Ich weiß, dass Sie als Experte für die kriminelle Machtstruktur von Miami geachtet werden. Sie werden einen Mann kennen, der sich Sam Rapp nennt.«

»Gewiss. Ich glaube, dass er wirklich Sam Rapp heißt.«

»Würden Sie uns etwas über ihn erzählen?«

Shayne hob die Schultern.

»Er kennt sich aus. In den letzten zwanzig Jahren ist er nicht ein einziges Mal festgenommen worden, und das könnte auch heißen, dass er in dieser Zeit keine Gesetze übertreten hat. Er besitzt ein großes Hotel an der Collins Avenue, das Regency. Viele Leute halten ihn für den maßgebenden Mann hinter dem organisierten Glücksspiel und für politische Geschäfte in diesem Bezirk.«

Die Freundlichkeit des Senators nahm ein wenig ab.

»Sie stimmen mit dieser Ansicht nicht überein?«

»Nein. Ich glaube nicht, dass es in diesem Sinn eine oberste Figur gibt.«

»Wird Rapp nicht allgemein als Premierminister bezeichnet?«

»So nennen ihn die Zeitungen.«

»Gleichgültig, wo Sie ihn in der Hierarchie einstufen, Sie würden doch ebenfalls meinen, dass Mr. Sam Rapp ein bedeutender professioneller Buchmacher ist, der offene Kontakte zu bekannten Verbrechern unterhält?«

»Ich unterhalte auch manchmal Kontakte zu Verbrechern, Senator. Das hat nichts zu bedeuten. Soviel ich weiß, ist Sam schon seit Jahren nicht mehr als Buchmacher tätig.« Er fügte hinzu: »Ich weiß, dass er Buchmacher war, weil ich selbst bei ihm gewettet habe. Das ist inzwischen verjährt. Er hat stets pünktlich bezahlt, und mehr kann man nicht verlangen.«

Die Zuschauer lachten.