Seewölfe - Piraten der Weltmeere 475 - Roy Palmer - E-Book

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 475 E-Book

Roy Palmer

0,0

Beschreibung

Afonzo de Escobedo, der neue Gouverneur von Kuba, hatte einen Gefangenen bei sich, als er Havanna um Mitternacht zu Pferde verließ. Den Gefangenen trieb er vor sich her. Er führte ihn an einer Fangleine und setzte die Peitsche ein. Dieser gefesselte Mann war in der Folter gebrochen worden, und jetzt sollte er de Escobedo zum Schatzversteck des Don Antonio de Ouintanilla bringen. Daran bestand kein Zweifel. Ob er sein Versprechen halten würde, ihn laufenzulassen, wenn das Versteck erreicht war, das war allerdings eine andere Frage, denn Zeugen beseitigte man. Jean Ribault und Roger Lutz zögerten nicht, dem Reiter und seinem Gefangenen zu folgen...

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern

Seitenzahl: 122

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Impressum© 1976/2018 Pabel-Moewig Verlag KG,Pabel ebook, Rastatt.eISBN: 978-3-95439-883-6Internet: www.vpm.de und E-Mail: [email protected]

Roy Palmer

Verdammtzum Sterben

Er gestand unter der Folter – aber sein Tod war schon sicher

Das nächste Opfer ankerte auf der Reede vor Havanna – eine Handelsgaleone aus Calais. Aber Jean Ribault war nicht gewillt, einen Landsmann von Küstenwölfen überfallen und ausplündern zu lassen. Und darum warnte er den französischen Kapitän. Aber auch den Küstenwölfen legte er das schmutzige Handwerk, das sie im Auftrag des neuen Gouverneurs betrieben. Zusammen mit Roger Lutz pirschte er sich zu den zehn Jollen der Kerle, mit denen sie zu mitternächtlicher Stunde über ihre nichtsahnenden Opfer herfielen, betäubte die beiden Wachen und bohrte die Boote an. Die Löcher wurden mit Werg verstopft, aber die Boote würden Wasser ziehen, sobald die Kerle unterwegs waren. Und so geschah es auch. Dieses Mal wartete der Gouverneur vergeblich auf die Beute …

Die Hauptpersonen des Romans:

Alonzo de Escobedo – der Gouverneur von Kuba hat eine neue Idee, sich zu bereichern.

Jussuf – kümmert sich um seine Täubchen und horcht sich in Havanna um.

Miguel Cajega – der Fuhrunternehmer wird in die Residenz bestellt und einem Verhör unterzogen.

Jean Ribault – tritt mit Roger Lutz einen Marsch nach Süden an, der an einem Wasserfall endet.

Arne von Manteuffel – hat Vermutungen und kombiniert richtig.

Inhalt

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

1.

Pablo Mendez und José Farina, zwei spanische Seesoldaten, waren am Vormittag des 6. Mai 1595 im Hafen von Havanna mit routinemäßigen Arbeiten an Bord einer der Wachschaluppen beschäftigt. Die einmastigen Schaluppen patrouillierten normalerweise vor der Hafeneinfahrt – jeweils acht, die im achtstündigen Turnus abgelöst wurden. Aufgabe der Besatzungen war es, einlaufende Schiffe zu kontrollieren und ausländische, also „nichtspanische“ Segler so lange auf der Reede vor dem Hafen festzuhalten, bis der Gouverneur entschieden hatte, ob die Kapitäne dieser Schiffe die Genehmigung zum Einlaufen erhielten oder nicht.

Hinter dieser offensichtlichen Schikane verbarg sich ein verbrecherisches Komplott. Der Gouverneur von Kuba hatte es darauf angelegt, sich auf schnelle Weise zu bereichern. Deshalb ließ er Handelsfahrer, die nicht unter spanischer Flagge segelten, nachts ausplündern. Die Beute wurde in die Gouverneurs-Residenz an der großen Plaza im Zentrum von Havanna gebracht.

Ein Handlanger des Gouverneurs war der Teniente, der als Flottillenchef der Wachboote fungierte. Dieser Mann kontrollierte die Schiffe auf der Reede und konnte auf diese Weise ausspähen, bei welchen sich ein Fischzug lohnte und bei welchen nicht.

Ferner gehörten zum Kreis der Verbündeten die Küstenwölfe, die nachts mit ihren Booten über die ahnungslosen Opfer herfielen, und die Maultiertreiber, deren Aufgabe es war, die an Land verfrachteten Beutegüter in die Residenz zu transportieren.

Jetzt aber war der Teniente verschwunden. Spurlos – keiner wußte, wo er war. Auch Mendez und Farina hatten keinen diesbezüglichen Verdacht, obwohl sie allerlei ahnten, was die geheimen Aktivitäten des Gouverneurs betraf.

„Paß auf“, sagte Mendez halblaut zu Farina, während er ein Tau aufschoß, „das gibt jetzt Verdruß.“

„Für wen denn, für uns vielleicht?“ fragte Farina, der ein wenig schwerfälliger im Denken war.

„Ach wo“, erwiderte Mendez verstohlen grinsend. „Aber für den Gouverneur. Der hat sich eingebildet, so schlau und gerissen wie Don Antonio zu sein. Aber er wird noch einsehen müssen, daß er kein so großer Fuchs ist, wie er glaubt.“

„Aber wo, zur Hölle, steckt der Teniente?“

„Vielleicht hat ihm jemand das Maul gestopft“, brummte Mendez. „Für immer, meine ich. Vorstellen könnte ich es mir. Er hat seine vorlaute Klappe wieder mal zu weit aufgerissen, und irgend jemandem hat das nicht gepaßt.“

„Dem Gouverneur, meinst du?“ fragte Farina verblüfft.

„Ach, ich weiß es nicht“, entgegnete Mendez. „Vielleicht ist er ja auch in der Residenz, und sie hecken gerade wieder eins ihrer krummen Geschäfte aus.“

„Und deswegen fehlt er beim Appell?“

„Frag nicht so blöd!“ zischte Mendez, dem die Bemerkungen des anderen allmählich auf den Geist gingen. „Ich bin kein Hellseher. Ich kann nur so einiges vermuten.“

Immer wieder blickten sie zum Kai. Dort stiefelten die Offiziere der Hafenwachbehörde auf und ab und warteten auf den Teniente, damit die Befehlsausgabe erfolgen konnte. Dazu gehörte auch die Einteilung der Wachtörns für die Schaluppen. Da aber der Teniente nicht erschienen war, lagen die Einmaster vorläufig noch an den Piers.

Auch bei den anderen Seesoldaten herrschte Ratlosigkeit. Wo war der Teniente? Keiner wußte es – auch die Männer der Teniente-Schaluppe nicht. Sie ahnten von den Machenschaften des Tenientes sicherlich mehr als alle anderen, doch wo der Mann abgeblieben war, war auch ihnen nicht bekannt.

Es wurde gemunkelt in Havanna, seit der neue Gouverneur Alonzo de Escobedo im Amt war. Es war erst knapp zwei Wochen her, seit der ehemalige Gouverneur Don Antonio de Quintanilla Havanna verlassen hatte. Don Antonio war an Bord einer Galeone, die zu einem großen Konvoi gehörte, zum Vaterland Spanien unterwegs – denn ihm wurde die große Würde zuteil, von Seiner Allerkatholischsten Majestät Philipp II. höchstpersönlich zum Vizekönig von Neu-Spanien und Neu-Granada ernannt zu werden. Als seinen Nachfolger hatte er de Escobedo eingesetzt, der vormals Hafen- und Stadtkommandant von Havanna gewesen war.

Daß Don Antonio Spanien nie erreichen würde, weil er Philip Hasard Killigrew, dem Seewolf, in die Hände gefallen war, wußte in Havanna niemand. Es war nicht einmal den Männern der „Goldenen Henne“ bekannt, die inzwischen – nach einigen Widrigkeiten – im Hafen eingetroffen waren. Sie hatten von Arne von Manteuffel nur erfahren, daß der dicke Don Antonio Havanna mit dem Geleitzug verlassen hätte.

Alonzo de Escobedo kannte keine Skrupel, in diesem Punkt glich er Don Antonio. Nur war die Art, nach der er aus allem Kapital zu schlagen trachtete, anders. Don Antonio, der rein äußerlich schon wie der Inbegriff der Korruption wirkte, hatte es auf höchst raffinierte Weise verstanden, sich seine Pfründe zu schaffen und zu erhalten.

De Escobedo war körperlich der Gegensatz des Dicken – ein hagerer Mann. In seiner Gier übertraf er seinen Vorgänger noch, doch in der Wahl der Mittel war er zu ungestüm. Don Antonio wäre es niemals eingefallen, auf der Reede ankernde Schiffe überfallen zu lassen.

Pablo Mendez und José Farina verfolgten, wie auf dem Kai der Subteniente erschien. Er schien zu überlegen, was er tun solle. Dann fiel sein Blick auf die beiden Soldaten.

„Mendez und Farina“, sagte er. „Ihr übernehmt als Schaluppenführer unverzüglich zwei Schiffe und lauft zur Reede aus. Wir dürfen keine weitere Zeit verlieren.“

Die Soldaten zeigten klar.

„Welche Besatzung nehmen wir an Bord?“ fragte Mendez.

„Ihr könnt sie selbst zusammenstellen“, erwiderte der Subteniente.

„Ja, Señor“, sagte Mendez. „Und der Teniente?“

„Ich nehme an, daß der Teniente sich zur Zeit in der Residenz des Gouverneurs aufhält“, entgegnete der Subteniente. „Ich werde einen Boten hinschicken.“

Die Seesoldaten begaben sich kurz darauf an Bord der beiden Wachschaluppen. Mendez und Farina ließen alles zum Ablegen und Auslaufen vorbereiten. Insgeheim fragten sie sich, wie sie auf der Reede wohl der Kapitän der französischen Handelsgaleone begrüßen würde, die dort immer noch vor Anker lag. Der Mann würde inzwischen gewiß vor Wut toben. Aber was sollten sie dagegen unternehmen? Befehl war Befehl, und Dienst war Dienst.

Der Subteniente trat unterdessen auf dem Kai auf einen anderen Soldaten zu und sagte: „Bove, du gehst sofort zur Residenz des Gouverneurs und erkundigst dich, wo der Teniente ist.“

Bove, ein stiernackiger Mensch mit rotem, vierschrötigem Gesicht, sah seinen Vorgesetzten ziemlich betroffen an. „Wen soll ich denn fragen, Señor Subteniente?“

„Den Gouverneur persönlich“, erwiderte der Subteniente.

„Und wenn er nicht weiß, wo der Teniente ist?“

„Dann kehrst du wieder hierher zurück und meldest mir das“, erwiderte der Subteniente ziemlich ungehalten. „Los, beweg dich! Lauf gefälligst!“

Bove setzte sich in Bewegung und verschwand in einer der Gassen. Er fluchte leise vor sich hin. Warum mußte er laufen und durfte sich kein Pferd nehmen? So nah war die Plaza, an der der Residenzpalast stand, nun auch wieder nicht. Wer war er denn? Ein Schnelläufer?

Nein, dachte Bove aufgebracht, der letzte Dreck. Er hatte keine Lust, in der einsetzenden Wärme wie ein Verrückter durch die Stadt zu rennen. Lieber hätte er noch ein wenig am Hafen herumgelungert, bis um zwölf Uhr die Ablösung erfolgte. Danach hatte er vor, sich ein gutes Mittagsmahl zu genehmigen und einen ordentlichen Schluck Rotwein dazu zu trinken. Bis zur nächsten Wache hatte er dann noch genug Zeit, Juanita, seine Freundin, zu besuchen.

Aber erst mal scheuchte der Subteniente ihn durch die Gegend. Und wenn der Teniente nicht in der Residenz war und man weiterhin nach ihm suchte, würde die Rennerei kaum ein Ende nehmen. Verdammter Teniente, dachte Bove, zur Hölle mit dir! Daß der Teniente dort inzwischen längst eingetroffen war, konnte er – wie alle anderen – nicht wissen.

Jean Ribault, Renke Eggens und die anderen Männer an Bord der „Goldenen Henne“ konnten sich ein schadenfrohes Grinsen nicht verkneifen. Sie konnten alles genau verfolgen: die Ratlosigkeit und Unsicherheit der Spanier, das Auslaufen der beiden Wachschaluppen und den Einsatz des Boten, der mit zornig gerötetem Gesicht davoneilte.

„Da“, sagte Ribault. „Der ist bestimmt zur Residenz unterwegs, um nachzusehen, wo der Teniente so lange bleibt.“

„Na, dann laß sie mal schön suchen“, sagte Renke Eggens. „Irgendwann wird ihnen wohl aufgehen, daß der saubere Teniente nicht mehr unter den Lebenden weilt.“

Der Teniente war von seinen eigenen Spießgesellen getötet worden – in der vergangenen Nacht, als die Kerle beschlossen hatten, „auf eigene Rechnung“ die französische Galeone zu überfallen und die Beute nicht bei de Escobedo abzuliefern.

Der Teniente hatte gedroht, sie alle füsilieren zu lassen. Kaum hatte er das ausgesprochen, hatte er prompt ein Messer im Kreuz gehabt. Dann hatte die Bande den Toten in ein Boot verfrachtet und war aufgebrochen, um den „Franzmann“ zu entern.

Doch sie hatten ihr Ziel nicht erreicht. Jean Ribault und Roger Lutz hatten die Boote heimlich angebohrt. Die Küstenwölfe waren baden gegangen – willkommene Opfer für die Haie, die sich vor dem Küstenufer herumtrieben.

Mit Genugtuung beobachteten auch Arne von Manteuffel, Jörgen Bruhn und Isabella Fuentes von der Faktorei aus die Vorgänge im Hafen.

„Das geschieht den Dons recht“, sagte Arne. „Und de Escobedo wird ganz hübsch ins Schwitzen geraten, schätze ich.“

„Hoffentlich“, sagte Isabella. „Dieser Widerling! Man sollte ihm das Handwerk legen!“ Sie war immer noch entrüstet darüber, wie de Escobedo sie angesehen hatte, als er am Vortag die Faktorei besucht hatte, um Schmiergeld für das Einlaufen der „Goldenen Henne“ zu kassieren. Ein richtiger Lüstling, dieser Mann!

Er hatte sie sogar unter dem Kinn kitzeln wollen. Mehr noch – er hatte Arne gefragt, ob Isabella nicht als Zofe in der Residenz arbeiten könne. Arne hatte ihn jedoch darauf hingewiesen, daß Isabella gelegentlich an Wahnvorstellungen leide. Daraufhin hatte der sehr ehrenwerte Herr Gouverneur doch lieber auf das Mädchen verzichtet.

„Bleib ganz ruhig“, sagte Jörgen Bruhn. „Ich glaube, Alonzo de Escobedo bricht sich noch selbst das Genick.“

„Das wünsche ich ihm von Herzen“, sagte Isabella grimmig.

Jörgen grinste. „Und wer wird nach ihm Gouverneur?“

„Das steht in den Sternen“, erwiderte Arne. „Aber eins ist sicher: der ständige Wechsel von Autoritäten bekommt der Kasse des Handelshauses von Manteuffel nicht sonderlich gut.“ Richtig: am Vortag hatte Arne ein Ledersäckchen mit Goldtalern berappen müssen, um den werten Alonzo de Escobedo freundlich zu stimmen. Wenn das so weiterging, überstiegen die „Investitionen“ in den neuen Gouverneur bei weitem das Maß an Kapital, das Arne für den dicken Don Antonio hatte aufwenden müssen.

Isabella und Jörgen verfolgten von einem der Fenster der Faktorei aus, was weiter am Hafen und insbesondere bei der Wachbehörde passierte. Arne indessen betrat den Hof und gesellte sich zu Jussuf und den Männern der „Goldenen Henne“, die damit beschäftigt waren, transportable Verschläge für die Brieftauben zu zimmern.

Tom Coogan, der Schiffszimmermann, und Mel Ferrow, der Mann mit dem Haizeichen, sägten die Bretter zurecht und fügten sie entsprechend zusammen. Jussuf brachte mit einem großen Hammer die Nägel an. Einmal hieb er Mel Ferrow um ein Haar auf die Hand.

„Mann, paß bloß auf“, sagte Mel Ferrow. „Hau dir lieber auf den eigenen Daumen.“

Jussuf lächelte schwach. „Selbstverständlich, mein Freund. Aber meine kleinen Lieblinge wären zu Tode erschrocken, wenn sie mich schreien hören würden.“

„Und was ist, wenn sie Mel schreien hören?“ fragte Tom Coogan.

„Ach, sie kennen ihn ja nicht“, erwiderte Jussuf.

Damit hatte Jussuf die Lacher wieder einmal auf seiner Seite. Auch Arne konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Das war typisch Jussuf: stets zu Späßen aufgelegt. Auch in den kniffligsten und schwierigsten Situationen verlor er seinen Humor nicht.

„So“, sagte Coogan. „Jetzt zimmern wir noch zwei Käfige zurecht, dann sind wir fertig.“

„Und bald können wir wieder auslaufen“, fügte Mel Ferrow hinzu. „Es wird auch Zeit, daß wir die Verbindung zwischen der Cherokee-Bucht und hier endlich herstellen. Jussuf, bist du sicher, daß deine Vögelchen die neue Lage kapieren und sich darauf einstellen?“

Jussuf zeigte sich empört. „Sicher? Ich habe nicht den geringsten Zweifel! Meine Lieblinge haben mehr Grips in ihren Köpfchen als du!“

„Langsam“, sagte Ferrow mit ziemlich drohender Miene. „Oder gleich gibt’s Zunder!“

„Streitet euch nicht“, mischte Arne sich ein. „Und du, Jussuf, solltest deine Zunge im Zaum halten.“

„Natürlich!“ stieß Jussuf mit geweiteten Augen hervor. „Aber ich verteidige doch nur meine gefiederten Schätzchen! Ist das nicht mein gutes Recht?“

„Ja, schon gut“, entgegnete Arne. „Keiner will deine Tauben beleidigen. Sie werden uns auch weiterhin nützliche Dienste erweisen, wie sie es im Pendelverkehr zwischen Havanna und der Schlangen-Insel getan haben.“

Mel Ferrow nahm Jussuf den Hammer ab und trieb selbst die Nägel in das Holz.

„Alles ganz schön und gut“, meinte er. „Aber wir müssen Jussufs Anwesenheit an Bord erdulden. He, Tom, was meinst du? Halten wir das bis zur Cherokee-Bucht durch?“

„Mal sehen“, erwiderte der bärtige Mann. „Wenn er zu vorlaut wird, können wir ihn ja auch in die Vorpiek der ‚Henne‘ stecken.“

„Das würdet ihr mir antun?“ fragte Jussuf entsetzt. „Feine Kameraden seid ihr!“

So ging es weiter. Das Gespräch der Männer begleitete die Arbeiten. Tatsächlich war es einer der Hauptgründe, warum Jean Ribault und die Crew der „Goldenen Henne“ samt Renke Eggens und fünf anderen Deutschen auf Hasards Befehl nach Havanna gesegelt waren: Jussuf und seine Tauben sollten zur Cherokee-Bucht zurücksegeln, damit die Tiere von dort aus etappenweise auf die neue Flugroute Südwesten-zum-Westen beziehungsweise Nordosten-zum-Osten, also Cherokee-Schlangen-Insel – Havanna und umgekehrt eingetrimmt werden konnten.

Die neue Position des Schlupfwinkels brachte in dieser Hinsicht einen wesentlichen Vorteil mit sich. Im Gegensatz zur früheren Flugroute Schlangeninsel-Havanna und umgekehrt betrug die neue Distanz zwischen der Cherokee-Bucht und Havanna nur etwa 400 Meilen Luftlinie. Zuvor war die Entfernung ungefähr doppelt so groß gewesen. Folglich würde sich auch die Flugzeit der Brieftauben entsprechend verringern. Sie würden in Zukunft die Route in sieben Stunden bewältigen; vorher waren es an die vierzehn Stunden gewesen.