Seewölfe - Piraten der Weltmeere 483 - Roy Palmer - E-Book

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 483 E-Book

Roy Palmer

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Beschreibung

Mit dem Messer hatte der Spanier Marco, ein Deserteur von der "Trinidad", nicht viel erreicht. Dan O'Flynn hatte es ihm mit einem Fußtritt aus der zustoßenden Faust geprellt und danach vorgeschlagen, die "Angelegenheit" handfest zu bereinigen, nur mit den Fäusten, ohne Messer. Marco war das recht. So prallten sie ein zweites Mal aufeinander, doch Marco war nicht schnell genug. Bevor er richtig zulangen konnte, schlug Dan O'Flynn zu und deckte den Spanier mit einer Serie von hämmernden Hieben ein. Bei Felipe, dem Kumpan von Marco, war es nur ein Blitz gewesen, der ihn gefällt hatte. Bei Marco waren es Blitze und Donnerschläge...

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Impressum© 1976/2018 Pabel-Moewig Verlag KG,Pabel ebook, Rastatt.eISBN: 978-3-95439-891-1Internet: www.vpm.de und E-Mail: [email protected]

Roy Palmer

HarteFäuste

Wo sie zulangten – da bebten die Masten

Es war ein desolater Haufen von Lumpenkerlen, der in den blockierten Schatzhöhlen des Don Antonio de Quintanilla hockte und Trübsal blies. Sie saßen buchstäblich mit dem Hintern auf Gold, Silber und Edelsteinen, aber für diesen ganzen Reichtum konnten sie sich nichts kaufen. Wer sein Leben in einer Höhle beendet, braucht nichts mehr. Oder anders: Den Reichtum würde er opfern, um zu leben. Die Trübsal verwehte, als zwei Kerle einen Ausschlupf aus einer Höhle entdecken. Und prompt beginnt ein Kampf um diesen Ausschlupf, den die härtesten und brutalsten Kerle für sich entscheiden: Manzo samt den drei anderen Halsabschneidern von der „Trinidad“. Diese vier Kerle sind die ersten, die wieder ans Tageslicht kriechen – nur werden sie in Empfang genommen …

Die Hauptpersonen des Romans:

Edwin Carberry – der Profos der „Isabella“ spielt das Teufelchen aus dem Faß und erschreckt jemanden.

Dan O’Flynn – bewacht ein Schiffchen und langt mit den Fäusten zu, als es zur Sache geht.

Luiz – der wuchtige und große Decksmann von der „Trinidad“ hat den Plan, mit seinem Kumpan Pablo noch ein bißchen die Schatzhöhlen auszuplündern.

Marco – ebenfalls ein Decksmann der „Trinidad“, tut sich hingegen mit Felipe zusammen, um ein anderes Süppchen zu kochen.

Ferris Tucker – der Schiffszimmermann der „Isabella“ baut eine praktische Rutsche, um Arbeit und Kräfte zu sparen.

Inhalt

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

1.

Kuba, 26. Mai 1595. Hammerschläge tönten über die Bucht westlich von Batabanó, das Geräusch von Sägen und das Rufen und Lachen von Männern. Die Korsaren – Philip Hasard Killigrew, Siri-Tong, Edmond Bayeux und deren Crews – hatten über die Spanier gesiegt.

Die „Isabella IX.“, die „Caribian Queen“, „Le Griffon“ und die „Trinidad“ ankerten in der Bucht. Die Schätze aus der Höhle wurden zum Ufer transportiert, in Jollen verladen und zu den Schiffen gepullt.

Luiz, der Spanier, lauschte den Geräuschen. Er biß sich auf die Unterlippe. Seine Hände ballten sich zu harten Fäusten. Verdammt, dachte er immer wieder, ihr verfluchten Hunde!

Er saß auf dem Stamm eines umgestürzten Baumes mitten im Urwald, vielleicht eine halbe oder sogar eine Meile vom Schauplatz des Geschehens entfernt. Rechtzeitig hatte er sich von der „Trinidad“ abgesetzt, wo er unter dem Kommando des Diego Machado gedient hatte. Machado war ein Himmelhund gewesen, ein Höllenbraten und Bastard, der nur auf seinen eigenen Vorteil aus war.

Gewesen – Machado war tot. Von Haien zerfetzt. Der Versuch, die „Trinidad“ zurückzuerobern, war gescheitert. Luiz wußte dies, weil er es beobachtet und mitgehört hatte. Daraufhin hatte Luiz beschlossen, ganz abzuhauen. Es war ihm zu brenzlig geworden.

Nach seiner Flucht hatte er zwar eine Zeitlang im Uferdickicht gehockt und überlegt, was er unternehmen sollte. Dann aber hatte er sich gesagt, daß es das beste wäre, das Weite zu suchen. Die Luft war blei- und eisenverseucht. De Mello und seine Männer von der „San Sebastian“ hatten kräftig zugelangt.

Dann aber die Wende: die „San Sebastian“ war verschwunden, und die drei Schiffe, die Luiz nie zuvor in seinem Leben gesehen hatte, waren in die Bucht eingelaufen. Besonders aufgefallen waren Luiz die große Galeone mit den hohen Masten, den überlangen Rahruten und den neuartigen flachen Aufbauten sowie der düstere Zweidecker. Wer waren die Männer dieser Segler? Korsaren – oder Piraten? Luiz verfluchte sie in die tiefste Hölle. Von dem Wipfel eines Mangrovenbaumes aus, den er erkletterte, konnte er alles verfolgen.

Ein Mann ließ sich zur „San Sebastian“ pullen, ein schwarzhaariger Riese. Er ging an Bord und sprach mit Capitán Gaspar de Mello. Dann verschwand die „San Sebastian“ aus der Bucht. Die Korsaren fingen nunmehr an, die Schatzhöhlen auszuräumen.

Ganz klar: Sie waren in der Übermacht, de Mello hatte sich ihnen beugen müssen. Sicherlich war de Mello inzwischen auch aufgegangen, daß es sich bei den Schätzen nicht um das Eigentum des Königs von Spanien handelte, sondern um die Reichtümer, die Don Antonio de Quintanilla, seines Zeichens ehemaliger Gouverneur von Kuba, für sich auf die Seite gebracht und sozusagen auf die hohe Kante gelegt hatte. Alonzo de Escobedo nun, der neue Gouverneur und somit Nachfolger des dicken Don Antonio, hatte herausgekriegt, wo die Schätze lagen, und wollte sie für sich ausbeuten.

Das Unternehmen war gründlich fehlgeschlagen. De Mello hatte de Escobedo gefangensetzen lassen. De Mello war für den Señor Gouverneur nur ein nützlicher Idiot gewesen. Das hatte de Mello begriffen. So zögerte er nicht, die Bucht zu räumen und mit seiner Kriegsgaleone nach Havanna zurückzukehren.

Luiz fragte sich, ob es nicht doch besser sei, an die Bucht zurückzukehren. Jetzt, da die Kanonen schwiegen und alles friedlich war, konnte er vielleicht doch noch etwas von dem immensen Schatz ergattern. Wenn er es geschickt anstellte, bemerkten ihn die Korsaren überhaupt nicht. Sie waren viel zu sehr mit dem Bergen der Truhen und Kisten aus den Höhlen beschäftigt. Sie konnten ihre Augen nicht überall haben.

Luiz verließ also seinen Aussichtspunkt und trat den Rückmarsch zur Bucht an. Aber unterwegs, im dichten und verfilzten Gestrüpp des Regenwaldes, verlor er die Orientierung. Er konnte den Himmel nicht mehr sehen und hörte nur noch die Geräusche: das Klopfen der Hämmer und Kreischen der Sägen, die Stimmen, die sich in einer ihm fremden Sprache unterhielten. Doch aus welcher Richtung kamen sie? Luiz irrte im Dickicht herum. Er hatte sich verlaufen.

So ließ er sich auf dem umgekippten Baum nieder. Und hier hockte er nun und dachte verzweifelt darüber nach, was er tun solle. Wenn die Dunkelheit hereinbrach, war er der Natur völlig ausgeliefert – den wilden Tieren und den Ausdünstungen des feuchten Dschungels, der das Sumpffieber und andere Krankheiten mehr brachte.

Ein leiser Laut hinter seinem Rücken ließ Luiz herumfahren. Sein Blick huschte hin und her. In einer instinktiven Geste griff er zum Messer – der einzigen Waffe, die ihm geblieben war. Er riß es aus dem Gurt. Gefahr schien zu drohen, Luiz spürte es. Was war dort, im Unterholz, zum Greifen nah? Ein Tier?

Plötzlich sah er, was es war. Ein grünlich-grauer Leib schob sich auf ihn zu. Unwillkürlich erschauderte der Mann. Eine Schlange! Sie steuerte auf den Baum zu und wand sich am Stamm hoch.

Luiz wollte nach dem Reptil stechen, doch etwas bremste ihn. Er fuhr hoch und wich zurück. Luiz war ein Kerl, der vor nichts und niemandem Angst hatte, aber Schlangen haßte und fürchtete er wie die Pest.

Hierbei stellte sich die Frage, ob die Schlange giftig war oder nicht, nur am Rande. Luiz hatte seine unangenehmen Erfahrungen mit Schlangen. Er wußte, daß sie unberechenbar waren, auch die angeblich harmlosen Arten. Eben glitten sie noch scheinbar geruhsam über den Boden, im nächsten Moment konnte der geringste Anlaß einen Ausbruch in ihnen auslösen.

Luiz, ein großer, wuchtig gebauter Mann mit dichtem schwarzem Vollbart, stammte von der spanischen Insel Formentera. Dort war er aufgewachsen und kannte die Strände, die Wälder und Berge wie die Taschen seines Beinkleides. Auf Formentera gab es giftige Vipern, aber auch große, bunte Nattern, die wie ein Pfeil durchs Gras schnellen konnten.

Einmal im Jahr, im Frühling, war die Paarungszeit dieser Tiere. Dann waren auch die Nattern aggressiv. Als Junge hatte Luiz einmal mit einem Stein nach zwei Schlangen geworfen – nach einem Männchen und einem Weibchen. Er hatte nicht geahnt, daß sie sich im Liebesspiel wanden. Aber er hatte sie gestört. Da hatten sie ihn verfolgt und mit ihren langen Schwänzen wie mit Peitschen auf ihn eingehauen. Luiz hatte diese Erlebnis nie vergessen. Ein anderes Mal war er nur knapp dem Biß einer Berus-Viper entgangen, die an einer Quelle getrunken hatte.

Die Schlange machte es sich auf dem umgestürzten Baum bequem. Sie rollte sich zusammen und schien die Sonnenstrahlen zu genießen, die durch das dichte Blätterdach stachen.

Luiz zog sich zurück und stapfte wütend durch das Dickicht. Welche Richtung sollte er einschlagen? Er versuchte, die Herkunft der Laute an der Bucht präzise zu orten und wandte sich nach rechts, dann wieder ein Stück nach links. Mal lachte da ein Mann, mal wurde wieder kräftig gehämmert und gesägt.

Überhaupt, was hatte das zu bedeuten? Von seinem Aussichtsplatz hatte Luiz nicht genau erspähen können, was an der Bucht vor sich ging. Aber wie es schien, bauten die Korsaren irgendwelche Hilfsmittel, um die Truhen und Kisten bequemer und schneller von den Höhlen zum Wasser zu bringen.

Luiz steckte das Messer wieder weg und stieß leise Flüche aus, blickte mal hier- und mal dorthin, konnte sich aber nicht erinnern, auf seiner Flucht von der Bucht in diesem Bereich des Urwaldes gewesen zu sein.

Aber in dieser grünen Hölle sah alles gleich aus. Ein Mangrovenbaum war wie der andere, alle Büsche und Lianen glichen sich. Wer sollte sich da auskennen? Es gab keine Pfade und Markierungen, nichts. Nur heiß und feucht war es. Das Kreischen der Vögel und Affen und das Zirpen der Zikaden klang wie ein höhnisches Konzert in Luiz’ Ohren.

Immer wütender wurde Luiz. Dann schlug seine Wut in Panik um. Was nun, wenn er sich überhaupt nicht mehr zurechtfand? War das möglich? So weit konnte das Ufer doch nicht entfernt sein! Warum ließ er sich in die Irre führen? War es die Hitze, das Klima? Oder hatte er schon eine der gefährlichen, gefürchteten Krankheiten?

Wenn einen das Wechselfieber packte, sollte man anfangs ja auch nichts davon bemerken. Luiz hatte in Cartagena, wo er einige Zeit gewesen war, mal einen Kerl kennengelernt, der das Sumpf- oder Wechselfieber hatte. Dieser Kerl wirkte ganz normal. Nur hin und wieder kriegte er seine Anfälle. Dann kippte er um und wand sich wie unter Krämpfen. Das Fieber stieg rasend schnell, der kalte Schweiß brach ihm aus. Luiz war dabeigewesen, als der Kerl solch einen Anfall gehabt hatte. Der Anblick hatte ihm gereicht. Vor Krankheiten dieser Art hatte Luiz Angst wie vor Schlangen.

Ein Schwarm dicker Fliegen tanzte durch den Dschungel. Sie brummten auf Luiz zu und schwirrten um seinen Kopf herum. Fluchend schlug er nach ihnen. Eine Fliege klatschte ihm mitten gegen die Stirn. Luiz war irritiert. Er wankte nach links, trat mit dem Fuß gegen die Luftwurzel eines Mangrovenbaumes, strauchelte und fiel hin.

Er sprang wieder auf und tobte zornig durch das Gestrüpp. Dornen kratzten ihn, seine Arme waren voller blutiger Male. Er blieb stehen, atmete schwer und schaute sich nach allen Seiten um. Wo war er?

Plötzlich war wieder ein kaum wahrnehmbarer Laut hinter ihm. Dieses Mal reagierte Luiz jedoch zu langsam. Ein Schatten huschte von hinten auf ihn zu. Derbe Hände packten Luiz und warfen ihn zu Boden. Dann rammte sich eine Faust in seinen Rücken, und Luiz stöhnte entsetzt und unter Schmerzen auf.

Aus, dachte er nur noch, die Hunde haben Wachtposten aufgestellt! Jetzt haben sie dich erwischt!

Ferris Tucker, der rothaarige Schiffszimmermann der „Isabella IX.“, richtete sich grinsend auf und wischte sich den Schweiß von der Stirn.

„Na, wie haben wir das gemacht?“ fragte er seine Helfer.

„Großartig“, erwiderte Big Old Shane trocken und ohne eine Miene zu Verziehen. „Eine geniale Erfindung. Seit dem Stapellauf unserer ‚Isa‘ ist es das Beste, was ich gesehen habe.“

„Hör auf, mich zu verulken“, sagte Ferris. „Ich gebe zu, es ist eine simple Sache. Aber sie funktioniert.“

Das stimmte. Als die Männer beraten hatten, wie die Reichtümer, die in den Höhlen lagerten, am schnellsten und mühelosesten zum Ufer der Bucht transportiert werden konnten, war der rothaarige Riese auf die glorreiche Idee gekommen, Rutschen zu bauen. Diese Idee war inzwischen in die Tat umgesetzt worden.

Das Gelände vom Wasserfall bis zum Strand der Bucht war permanent abschüssig. So lag es fast auf der Hand, daß man die Kisten und Truhen am besten ins Gleiten oder Rollen brachte, um sie nicht schleppen zu müssen. Mac Pellew hatte vorgeschlagen, Rundhölzer unter die Behältnisse zu legen, die beim Rollen jeweils hinten weggenommen und vorn wieder untergelegt werden mußten. Doch Ferris’ Einfall war besser gewesen: Aus Balken und Planken fertigten die Männer der „Isabella“, der „Caribian Queen“ und der „Le Griffon“ einen hölzernen Pfad, der bis zu den bereitliegenden Jollen führte. Das hatte ein paar Stunden gedauert, aber die Mühe lohnte sich. Es zeigte sich jetzt, wie groß die Zeitersparnis war, die die Freunde auf diese Weise gewannen.

Der letzte Nagel, der die durch Planken verbundenen Balken zusammenhielt, saß. Ferris Tucker legte seinen Hammer beiseite und gab Hasard ein Zeichen. Der Seewolf, der am Rand des Uferdickichts stand, bedeutete seinerseits Siri-Tong mit einer Gebärde, daß es losgehen könne. Die Rote Korsarin stieß einen Pfiff aus.

Barba, ihr bulliger Steuermann, stand oben zwischen den Felsen und blickte zu Siri-Tong hinunter. Er winkte ihr lachend zu, dann wandte er sich George Baxter und Montbars zu. Sie hatten die erste Schatzkiste auf den obersten Balken der Rutsche gehievt und hielten sie an Tauen, die mit ihren Enden an den Griffen der Kiste belegt waren, fest.

„Es kann losgehen“, sagte Barba. „Laßt die Kuh fliegen, Leute!“

Baxter und Montbars setzten sich in Bewegung. Sie ließen die Kiste abwärts gleiten und folgten ihr. Dabei behielten sie die Taue in den Fäusten. Man wollte bei diesem ersten Versuch nicht riskieren, daß die Kiste von der Rutsche kippte und aufsprang. Den Schmuck, der dann herausfiel, mußte man erst wieder einsammeln. Auch das war eine zeitraubende Angelegenheit.