Sehnsucht nach dir - Marc Förster - E-Book

Sehnsucht nach dir E-Book

Förster Marc

3,0

Beschreibung

Basti schiebt Frust. Sein bester Kumpel Normen erscheint ausgerechnet zum Abi-Ball mit einer Tussi. Und das, nachdem sie fast zwei Jahre lang ihre ersten sexuellen Erfahrungen miteinander geteilt haben. Doch im Gegensatz zu seinem Kumpel, fühlt Basti, er steht auf Jungs und das wird auch so bleiben. Zum Glück taucht sonntags nach dem Abi-Ball Lutz auf der elterlichen Apfelplantage auf. Der zwölf Jahre ältere entfernte Cousin ist schon lange Bastis großer Schwarm. Weit weg vom Niederrhein, lebt der in Köln und, so flüstert die Familie, steht auf Männer. Basti ist erst wieder happy, als Lutz ihn zur Uni Besichtigung nach Köln einlädt. Bastis erstes Wochenende in der Gay Hauptstadt wird zur Achterbahnfahrt. Er sieht knutschende Jungs, erlebt Boys, die ihm an die Wäsche wollen, und hat auch noch seinen ersten richtigen Sex. Die nächsten Wochen werden zum Kontrastprogramm. Bei der Erdbeerernte hat er Zeit zum nachdenken, führt frustrierende Gespräche mit Normen und bleibt in Lutz vernarrt. Ohne mit dem Cousin im Bett zu landen, bringt der ihm Köln näher und Basti erkennt an den folgenden Wochenenden die Oberflächlichkeit der schwulen Szene. Dennoch lockt die City. Mit Lutz' Kumpel Marco erlebt er seine erste Gay-Disco, seinen ersten One Night stand und andere verrückte Ereignisse. Marco verschafft ihm dann ein Appartement und Basti ist bereit für das Abenteuer Großstadt. Bis Sören zur Apfelernte auf dem elterlichen Gutshof auftaucht. Diesmal fahren nicht nur Bastis Gefühle Achterbahn. Der Youngster erlebt den ersten Looping seines schwulen Lebens.Achterbahn, zwischen Dorf und City, Erdbeeren und Kölsch, Sex und Gefühlen.......

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Marc Förster

Sehnsucht nach dir

 

 

 

 

Von Marc Förster bisher im Himmelstürmer Verlag erschienen:

Kölner Jungs, auch zu viert keiner zu viel ISBN 978-3-940818-44-7

Sex around the clock ISBN 978-3-940818-16-4

Kölner Jungs, auch in Hamburg zu Haus ISBN 978-3-86361-293-1

Ibiza – heiße Dates und coole Jungs ISBN 978-3-86361-052-4

Priester gesucht – Lover gefunden ISBN 978-3-86361-035-7

Zerrissenes Herz ISBN 978-3-86361-169-9

Beachboys auf heißer Jagd ISBN 978-3-86361-116-3

Blaues Blut und heiße Küsse ISBN 978-3-86361-340-2

Sehnsucht nach mehr ISBN 978-3-86361-361-7

Alle Bücher auch als E-book erhältlich.

 

 

Himmelstürmer Verlag, Kirchenweg 12, 20099 Hamburg,

Himmelstürmer is part of Production House GmbH

www.himmelstuermer.de

E-mail: [email protected]

Originalausgabe, September2015

Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung des Verlages

Rechtschreibung nach Duden, 24. Auflage.

Covermotiv: shutterstock.com

Umschlaggestaltung: Olaf Welling, Grafik-Designer AGD,

Hamburg. www.olafwelling.de

E-Book-Konvertierung: Satzweiss.com Print Web Software GmbH

 

ISBN print 978-3-86361-485-0

ISBN epub 978-3-86361-486-7

ISBN pdf: 978-3-86361-487-4

 

Die Handlung und alle Personen sind frei erfunden. Jegliche Ähnlichkeiten mit realen Personen wären rein zufällig.

Glücksmomente

„Du hast dich ganz schön entwickelt“, schob mein Cousin mir einen großen Becher Kaffee über den Tisch.

„Wie meinst du das?“, wollte ich natürlich prompt von ihm wissen.

Lutz schaute mich an. Mit diesem Blick, mit dem er die halbe Stadt flachlegen konnte.

Es war Ende April und wir saßen auf seiner neu bepflanzten Dachterrasse am Eisenmarkt.

„Überleg mal. Basti, vor einem Jahr standest du noch vor dem Abi, kanntest kein Köln und … ich sag nur Sören.“

Auch ich dachte an meinen Schatz, den ich vor neun Monaten kennengelernt hatte. Und mit dem ich nun schon seit fast einem halben Jahr, zum studieren, in Köln wohnte. Die vergangenen Monate waren echt cool gewesen.

Aber nun gerade …

Lutz bemerkte mein Schweigen natürlich sofort.

„Alles okay bei euch?“, wollte er dann auch gleich wissen.

„Kann man so sagen. Alltag halt“, rührte ich immer noch mit einem Löffel meinen Kaffee.

Lutz wäre natürlich nicht Lutz, wenn er auf meinen Kommentar hin nicht nachgefragt hätte.

„Läuft im Bett schon nichts mehr oder was stimmt nicht?“

„Du wieder. Doch, doch.“

„Betrügt er dich?“

„Sören? Nein. Du, es ist echt alles okay. Nur der Reiz ist weg.“

„Verstehe. Basti, das ist echt ganz normal. Aber du liebst ihn?“

„Ja. Total. Nur neulich in der Mumu hab ich einen anderen Typen hinterher geschaut. Der war einfach verdammt sexy. Ich hatte plötzlich voll ne Latte.“

Ich trank meinen Kaffee, um dabei zu meinem Halbcousin rüber zu schielen.

Und dich find ich immer noch so scharf wie in den vergangenen Jahren. Doch das behielt ich natürlich für mich.

„Auch normal, Basti. Dein Sören ist süß. Aber natürlich gibt es trotzdem noch 1000 andere geile Jungs. Mich hat es eh schon gewundert, dass ihr seid fast einem Jahr so aufeinander fixiert seid. Und das mit neunzehn.“

„Zwanzig“, verbesserte ich ihn.

„Oder so. Ganz egal. Das wird auch mit dreißig nicht anders sein. Irgendwann erreicht der Alltag jede Beziehung.“

„Und dann?“, setzte ich meine Kaffeetasse ab.

„Trennt man sich oder kämpft um diese Liebe.“

„Aber ich will doch Sören nicht verlieren.“

Bei seinen Worten war ich echt kurz voll erschrocken.

Lutz aber lächelte nur.

„Musst du ja auch nicht. Also fang an zu kämpfen. Mach etwas Besonderes aus eurem Alltag. Koch ihm etwas Leckeres. Probiert im Bett etwas Neues aus. Wenn ihr mögt, startet einen Dreier. Oder wenn ihr es braucht, es gibt genug offene Beziehungen.“

Ich schluckte.

All das konnte ich mir gerade so überhaupt nicht vorstellen. Plötzlich fiel mir mein erster Dreier überhaupt ein. Es war vor fast einem Jahr gewesen. Damals in Köln mit zwei jungen Typen. Die waren in einer Beziehung. Geil war es ja gewesen. Aber mit Sören?

„Sind Dreier nicht der Anfang vom Ende?“, wollte ich daher auch gleich von Lutz wissen.

Der lachte wieder.

„Das kann schon sein. Oder aber der Anfang von etwas Neuem. Vielleicht merkt ihr dabei auch einfach, dass das nichts für euch ist. Und schau nicht so. Ich spiele sicher nicht Versuchskarnickel bei der Aktion.“

Schade, hatte ich auf den Lippen.

Denn das wäre es wohl noch gewesen.

 

Bereits ein paar Tage später setzte ich natürlich eine von Lutz Ideen in die Tat um. In der City hatte ich mir Jocks gekauft. Blau-weiß. Der Hintern blieb dabei frei.

Schon im Spiegel fand ich mich echt verführerisch. Mehr wollte ich nicht anziehen. So und beim Kochen, wollte ich Sören nach der Uni überraschen.

Wein hatte ich kalt gestellt und als ich in unserer kleinen Küchenzeile eine Paella zauberte, hörte ich den Schlüssel in der Wohnungstür.

„Hallo, Schatz. Hm, das riecht lecker. Du …“

Mit großen Augen schaute Sören mich da an.

„Ich koche“, drehte ich mich, um ihn, verführerisch meine Kehrseite zu präsentieren.

„Lecker“, murmelte er, um mich dann an sich zu drücken.

Von hinten.

Beide drehten wir unsere Köpfe zu einem Begrüßungskuss. Dabei scheuerte der Stoff seiner Jeans gegen meinen nackten Hintern.

An der Art, wie Sören mit mir knutschte, merkte ich, er war spitz.

Spitz, wie ich ihn schon seit Wochen nicht mehr erlebt hatte.

„Ich muss mich ums Essen kümmern“, versuchte ich mich, halb aus Spaß, von meinem Lover zu lösen. Doch das turnte ihn nur noch mehr an.

„Dreh die Herdplatte runter“, hockte Sören da auch schon vor mir.

In der kleinen Küchenzeile hatte er mir noch nie einen geblasen. Meine Lust war nun genau so groß wie seine.

„Sören. Schatz, ich liebe dich.“

„Und ich dich. Das werde ich dir auch sofort beweisen.“

Er drehte mich, schon fühlte ich seine Zunge auf meinen Apfelhälften.

„Nimm mich ruhig. Komm aufs Bett.“

Ich war total high.

„Von wegen. An die Wand. Sofort.“

Er sprang auf, um an seiner Jeans zu fingern. Mein Schatz machte sich nicht erst die Mühe, sich auszuziehen. Seine Spucke diente als Gleitmittel.

Auf Kondome verzichteten wir eh seit einigen Wochen. Es tat einfach nur gut, meinen Schatz jetzt in mir zu fühlen. Und er fickte mich so wild, wie schon lang nicht mehr. Lutz hatte Recht gehabt. Wir sollten öfter etwas Neues ausprobieren. Ich war irre spitz.

„Bist du? Ich meine, ich bin … ich komme.“

Sören stöhnte so laut, dass nun auch ich explodierte. Mit ihm zusammen.

 

Als wir nach 19 Uhr vor unserer Paella hockten, war mein Schatz immer noch äußerst zufrieden.

„Gab es einen Grund für dein neues Outfit?“, schob er sich ein Stück Hähnchenfleisch in den Mund.

„Dich verrückt machen“, lachte ich.

„Gute Idee. Ich revanchier mich gelegentlich. Wie war es an der Uni?“

„Langweilig. Ich glaube fast, mein Professor hat das Semester schon beendet. Er hat nur von unseren Aufgaben während der vorlesungsfreien Zeit gequatscht.“

„Da wollte ich auch mit dir drüber reden. Schatz, ich möchte gern nach Schweden. Auf dem Gutshof meines Onkels kann ich am besten lernen.“

Ich stutzte.

„Nach Schweden? Wie lange? Du kannst doch bei meinen Eltern lernen.“

„Nicht ganz. In Skandinavien herrschen andere Vorraussetzungen. Außerdem …“

„Wie lange?“, wollte ich erneut wissen.

„Sechs bis acht Wochen. Aber du kommst natürlich mit.“

Zärtlich schaute mein Hase mich an.

„Nach Schweden? Was soll ich denn da? Nein Schatz, das hab ich bestimmt nicht vor.“

Darauf hatte ich echt keinen Bock. Dementsprechend patzig meine Antwort.

Je deutlicher ich das von mir gab, umso besser.

„Ach, Basti. Ich hatte mir das so schön mit dir vorgestellt.“

Wieder dieser Blick. Doch ich blieb hart.

„Nein. Da arbeite ich doch lieber bei uns zu Hause“, brummte ich.

„Und wenn du nachkommst? Zwei oder drei Wochen?“

„Um dich auf einem Mähdrescher zu erleben? Nein. Außerdem werde ich auch voll beschäftigt sein. Die Vorbereitungen fürs dritte Semester sind nicht ohne. Übrigens wartet mein alter Herr doch nur darauf, dass seine Söhne zum Helfen heim kommen.“

Dabei musste ich an Clemens und Johannes denken. Schon seit Wochen hatte ich sie nicht mehr gesehen.

„Du kannst es dir ja noch mal überlegen“, gab Sören jedoch nicht so schnell auf.

Doch ich blieb eisern.

„Dann kannst du meinem Vater ja gleich am Wochenende sagen, dass er diesen Sommer nicht mit dir rechnen sollte“, schoss ich sogar noch einen hinterher.

„Am Wochenende?“, stutzte mein Schatz jedoch nur.

„Ja. Wir fahren mit Lutz hin. Meine Mutter hat doch Sonntag Geburtstag und er nimmt uns Freitagabend mit. Sag bitte nicht, dass du das vergessen hast?“

Ich wurde echt pampig.

„Nur für eine Sekunde. Du, ich freu mich drauf. Und wegen Schweden …“

Mein Blick verfinsterte sich.

Sören verstand.

„Ich mach den Abwasch“, fand er dann die Kurve, um mich zu besänftigen.

 

In Lutz’ silbernem BMW, fuhren wir Freitagsabend Richtung Niederrhein.

„Eure alten Herrschaften freuen sich sicher schon, euch zu sehen“, zwinkerte mein Cousin mir zu.

„Vater hätte uns sicher gern länger da“, lachte ich.

„Jetzt schon? Bis zur Erdbeerernte dauert es doch noch“, beschleunigte Lutz hinter Krefeld.

„Der Sklavenschinder findet doch immer Arbeit“, konterte ich.

„Nun mach Klaus mal nicht schlechter als er ist“, warf Sören ein.

„Schon gut. Du kannst ihm ja dann gleich beichten, dass du diesen Sommer lieber in Schweden schuftest.“

Diese Spitze konnte ich mir dann doch nicht verkneifen.

„Nach Schweden? Cool”, war Lutz natürlich sofort neugierig geworden.

„Mein Onkel betreibt dort ein großes Gut. Ich kann viel lernen und dachte, Basti kommt mit. Aber er mag nicht.“

Ich wurde auf der Fahrt doch echt sauer.

Nun versuchte Sören, auch noch Lutz für diese Schnapsidee zu begeistern. Das passte mir echt nicht und auch nicht zu meinem Schatz. Doch ich beschloss, nicht zu explodieren. Sagte aber auch nichts mehr zu der Sache.

Mein Cousin bemerkte auch so die leicht gereizte Stimmung.

„Vielleicht könnt ihr ja im Spätsommer noch zusammen Urlaub machen. Wenigstens ein paar Tage.“

Seine Worte klangen versöhnlich.

„Gute Idee“, ging mein Schatz auch sofort auf das Friedensangebot ein.

Auch ich nickte.

„Wo willst du denn hin?“, versuchte ich dennoch, auf ein anderes Thema zu kommen.

„Im Juni mit Marco nach Ibiza. Im August mit Freunden ins Gebirge. Voll das Kontrastprogramm, wie ihr euch denken könnt”, lachte mein Cousin.

 

Voll krass, aber ich suchte am nächsten Morgen, beim Aufwachen, doch glatt Sören neben mir. Seit Weihnachten hatte ich sogar zu Hause ein großes Bett. Aber mein Schatz hatte darauf bestanden, bei seinen Eltern zu pennen. Ich vermisste ihn echt. Meine Morgenlatte auch. Statt zu wichsen, schnappte ich mein Smartphone.

----Hallo Schatz, vermisse dich----

Als ich geduscht hatte, summte es endlich.

----Vermiss dich auch. Kommst du mit dem Fahrrad rüber? Dann machen wir eine kurze Tour.----

Gebongt, schnappte ich meine verblichene Jeans. Gut gelaunt, bewegte ich mich aber zunächst in die Küche, wo ich meine Mutter vorfand.

„Morgen, Mama. Wo sind denn die anderen?“

„Hallo, Basti. Lutz und deine Brüder schlafen noch. Dein Vater schaut sich mit Opa die Erdbeerbeete an. Er dachte, Sören kommt später mit ihm. Aber ich hab ihm gesagt, die Jungs haben Wochenende.“ Meine Mutter zwinkerte mir zu.

„Cool. Papa wäre glatt imstande, Sören das ganze Wochenende für sich in Beschlag zu nehmen.“

„Wäre er“, goss meine Mutter mir einen großen Becher Kaffee ein.

„Wir wollen gleich mit dem Fahrrad eine Runde drehen. Oder brauchst du Hilfe?“

„Nein. Den Kuchen schaffe ich gut allein. Oma hilft eh. Und morgen Vormittag lade ich euch zum Brunch in die Dorfwirtschaft ein. Also alles ganz locker.“

„Sören auch, oder?“

Meine Mutter lachte.

„Was soll denn die Frage?“

„Na wenn wir im Dorf ..?“

Mama lachte immer noch.

Ich konnte echt froh sein, so tolerante Eltern zu haben.

 

Sören hatte es genau so gut. Als ich eine halbe Stunde später vor dem Haus seiner Eltern stand, öffnete mir Astrid, seine ältere Schwester, die Tür.

„Hallo, Basti. Lang nicht gesehen”, drückte sie mich kurz an sich.

„Hallo auch. Ja, du kannst ja mal nach Köln kommen”, murmelte ich.

„Mach ich glatt mal. Du, Sören ist hinten im Garten. Meine Mutter hat die Pflanzenbeete wohl nicht so ganz im Griff”, zwinkerte sie mir zu.

Ich lächelte. Sörens großes Hobby, seine Leidenschaft, die nun zu seinem Beruf wurde.

„Dann geh ich außen rum. Wir sehen uns sicher später noch.“

Mein Schatz lag auf Knien vor seinen heißgeliebten Pflanzen. Sein Hintern in der engen, verwaschenen Jeans ließ mich sofort auf andere Gedanken kommen.

„Du kannst überhaupt nicht nach Schweden. Hier verkommt dann alles”, begrüßte ich ihn.

„Hallo, Schatz“, sprang er sofort auf, um mich fest an sich zu drücken.

„Ich glaube, ich werde hier auch noch Rasen säen“, seufzte er dann.

„Mein alter Herr verlangt auch schon nach dir“, versuchte ich mit einer weiteren Spitze seine Idee, den Sommer in Schweden zu verbringen, zunichte zu machen.

„Basti, die Sache ist echt wichtig für mein Studium. Stell dir vor, ich würde für sechs Monate nach Kanada oder Neuseeland reisen.“

Ich musste glatt schlucken.

„Steht das auch noch auf dem Programm? Während der nächsten Semester?“

Plötzlich schien Sören meine Sorgen zu begreifen.

„So lange würde ich dich nie alleine lassen können.“

Damit drückte er mir einen weiteren, dicken Kuss auf den Mund.

Nachdem wir noch kurz mit Astrid gequatscht hatten, machten wir uns endlich auf den Weg. Mit den Rädern ging es quer durchs Dorf, an den Dünen vorbei, Richtung See.

Lediglich ein einziger Surfer war auf dem Wasser zu erkennen.

„Fahren wir bis zum Rhein hoch?“, schaute Sören über den Badesee.

„Gute Idee. Wir müssen nur um eins zum Essen auf dem Hof sein.“

„Müssen wir?“

„Ja. Wenn schon alle da sind, kocht meine Mutter natürlich Berge von Essen.“

„So ist sie. Meine Eltern sind beide noch im Krankenhaus. Und froh, mich versorgt zu wissen.“

Wir lachten. Sören war echt voll zum Familienmitglied geworden.

 

Was sich noch mehr beim Brunch am nächsten Vormittag zeigte. Meine Mutter hatte im Dorfgasthof einen Tisch für zwanzig Personen bestellt. Neben der Familie waren auch Freunde meiner Eltern mit von der Partie. Sören hockte, wie selbstverständlich, neben mir.

Noch vor einem Jahr wäre das undenkbar gewesen. Aber jetzt?

Alltag.

Auch wenn heute Sonntag war. Ich konnte echt voll happy sein.

 

Nur leider war dieser Alltag schon Tage später wieder voll öde.

Auch sexuell.

Ich erwischte mich in der Uni doch glatt dabei, dass ich einem anderen Jungen hinterher schaute. Lutz hatte recht. Es war wohl besser, mit Sören zu sprechen. Nur wie?

Ich wollte ihm ja nicht wehtun, verlieren schon gar nicht.

Mittwochabend schon ergab sich eine Chance.

Sören hatte gekocht, eh wir, nach einem langen Uni Tag, faul auf dem Sofa lagen.

Kuscheln war angesagt.

„Bist du auch so groggy?“, wollte mein Schatz von mir wissen.

„Und voll gefressen“, streichelte ich über sein weißes Shirt.

„Die letzten Wochen waren echt crazy. Wir waren auch ewig nicht aus.“

Sören zog mich näher zu sich.

„Und das in Köln. Weißt du was? Freitagabend ziehen wir um die Häuser. Okay?“

„Cool. Gute Idee.“

Ich streichelte ihn weiter.

„Ja. Jungs gucken. Das Wetter spielt auch mit.“

Auch Sören streichelte mir nun über die Brust.

Ich aber tat empört.

„Jungs gucken? Reiche ich dir nicht?“

„Doch, doch. Aber du hast doch auch noch Augen für andere. Ich meine …“

Damit war sie da. Unsere Diskussion.

Ich richtete mich sogar auf. Mein Schatz hielt den Blickkontakt.

„Basti, du schaust auch nach anderen Kerlen. Und nun sag nicht, dass du Lutz nicht mehr sexy findest. Wetten, du hast dir früher oft einen runtergeholt, wenn du an ihn gedacht hast. Oder neulich dein Blick auf Marcos enge Jeans.“

Damit spielte er auf Lutz’ besten Kumpel an. Und ja, verdammt, mein Schatz hatte recht.

Auch wenn ich mit Marco vor fast einem Jahr im Bett gelandet war, er machte mich immer noch schwach. Auch wenn ich mir das nur ungern eingestand.

„Wie geht es dir denn? Ich meine …“, versuchte ich natürlich sofort einen auf Gegenoffensive zu machen.

„Ähnlich“, verblüffte Sören mich.

„Marco ist eine geile Sau, Lutz eine Granate. Okay, und in der Uni sind einige Typen auch nicht ohne. Auch Heteros. Aber ich liebe dich und mal schauen ist schon okay.“

Mein Schatz grinste sogar.

„Aber wenn mehr draus wird?“

Plötzlich bekam ich echt Angst.

Mein Schatz drückte mich fest an sich.

„Ich liebe dich. Wenn mein Schwanz bei einem anderen hart wird, okay triebgesteuert.“

Seine offenen Worte machten mir Mut.

„Geht mir auch so.“

Und zum ersten Mal bestätigte ich seine Vermutungen. Dass Lutz meine Wichsvorlage war, seid ich denken konnte.

„Kann ich verstehen“, kraulte mein Schatz mir beim Erzählen weiter über die Brust.

„Aber ich halte es für falsch, einen Dreier mit ihm zu starten“, schob er dann nach.

„Total verkehrt“, stimmte ich sofort zu.

„Er würde auch nicht wollen“, rutschte mir gleich danach raus.

„Ach. Hast du es mal versucht?“

Ich dachte an mein erstes Wochenende in Köln.

Ein Jahr war das nun her. Wenn ich damals nicht betrunken gewesen wäre. Auch wenn es kein Dreier geworden wäre. Ohne Hemmungen erzählte ich nun meinem Lover auch diese Story.

„Da hätte ich nachher sicher auch ganz schön geflucht“, verstand er mich erneut.

„Und bei Marco warst du zu schüchtern, weil der Lutz bester Kumpel ist“, schob er dann nach.

Ich aber schluckte.

Sollte ich ihm beichten, dass er nun falsch lag? Auch wenn es ein einmaliges Ereignis gewesen war, die Nacht mit Marco hatte mich wohl so richtig zum Mann gemacht.

In dem Augenblick klingelte das Telefon. Meine Beichte musste warten.

Stress

Freitagabend gingen wir beide aus. Obwohl wir nicht in Details darüber gesprochen hatten, war klar, was wir wollten.

Dementsprechend lange verbrachten wir auch im Bad. Fast automatisch hatten wir beide auch unsere engsten Jeans an. Dazu trugen wir Sneaker, Sören ein schwarzes, ich ein weißes Muskelshirt.

„Dich würde ich sofort abschleppen“, murmelte er, als ich meine rote Adidas Jacke drüber zog.

„Dito“, schaute ich ihn an.

Beruhigend, dass er eine Latte bekam, als ich mit ihm an der Wohnungstür knutschte.

„Wir müssen niemand aufreißen“, flüsterte er dabei.

„Bleiben wir hier?“

Auch ich wurde plötzlich unschlüssig.

„Nach dem Aufwand? Quatsch. Komm, dann schaffen wir noch die nächste Bahn.“

Mein Schatz hatte recht.

Schon fast einen Monat waren wir nicht mehr raus gewesen.

In der Schaafenstraße durchstreiften wir mehrere Kneipen, bis wir im Exile landeten.

Dort auf der Tanzfläche hatte ich mich immer schon pudelwohl gefühlt.

Da wir inzwischen auch mehrere Kölsch intus hatten, war ich genau in der richtigen Stimmung, um meinen Schatz fest an mich zu drücken. Ein langer Zungenkuss war die Belohnung. Wow! Und das von Sören. Sonst war mein Schatz in der Öffentlichkeit immer sehr zurückhaltend.

Okay, wir waren in einer schwulen Kneipe. Wenn gleich es auch hier einige Jungs gab, die eine Tussi im Schlepptau hatten. Was das immer sollte? Keine Ahnung. Die Weiber mussten hier echt Frust schieben. Außerdem waren die meisten echt fett.

„Hey, du hast noch deine neuen Jocks an.“

Sören hatte mir bei dem Zungenkuss zwei Finger unter die Jeans gezogen.

„Why not?“, grinste ich nur.

Mein Schatz schaute mich nun leicht fragend an. War ich zu weit gegangen? Aber wir waren doch beide gemeinsam auf ein Abenteuer aus.

„Und wenn jemand nur Bock auf dich hat?“, flüsterte er mir da ins Ohr.

Ich tat entrüstet.

„Gehen wir natürlich zusammen heim. Hey, Schatz, ich liebe dich. Vielleicht ist ja auch irgendein Kerl nur auf dich scharf.“

Irgendein Kerl war gut. Der halbe Laden hätte ganz bestimmt gerne meinen Lover abgeschleppt. Blonde Typen kamen immer gut an. Auf alle Fälle waren Sörens Chancen bei den Jungs größer als meine. Sollte ich ihm das sagen?

Stattdessen warf ich einen Blick zur Theke rüber. Ohne es zu wollen, hatte ich sofort Blickkontakt zu einem dunkelhaarigen Typen. Sicher zehn Jahre älter, schien auch er uns zu taxieren.

„Der da ganz sicher”, flüsterte Sören mir ins Ohr.

Hatte er den Blickkontakt mitbekommen?

„Quatsch“, murmelte ich.

Dennoch wagte ich einen weiteren Blick. Den Kerl hatte ich noch nie gesehen. Zwar trug er Jeans, doch in dem dunklen Sakko wirkte er total overdressed für die Location.

„Der ist nicht von hier und sexy“, drückte Sören mich an sich.

„Na und?“

Ich war unschlüssig, fühlte aber, dass ich irgendwie geil wurde.

„Den vernaschen wir gleich“, flüsterte Sören weiter.

„Meinst du“, blieb ich unschlüssig.

„Klar. Der zieht uns ja schon mit Blicken aus. Da, nun kommt er rüber. Das Abenteuer kann beginnen.“

Mein Schatz schien genau so spitz auf den Typ zu sein, wie ich es wohl war.

„Hi. Martin. Trinkt ihr ein Kölsch mit mir?“

Aus nächster Nähe konnte ich ihn nun noch besser taxieren. Dreitagebart, Schlafzimmerblick und leicht verwegen. Ganz kurz erinnerte er mich an Lutz.

„Gerne. Bist du neu hier?“

Sören ergriff die Initiative.

„Kann man so sagen. Ich komme aus Stuttgart und bin zur Messe für drei Tage hier. Drüben im Barcelon Hotel. Und ihr?“

„Kommen aus Köln. Basti. Und das ist mein Freund. Sören.“

„Cool. Studentenliebe. Schade.“

„Schade. Warum?“

Ich war kurz baff.

„Weil ich euch sonst auf nen Drink mit ins Hotel genommen hätte. Beide.“

Er zwinkerte Sören zu.

Mir schien das fast schon ein abgekartetes Spiel zu sein.

„Ist ja nicht so weit. Wir kommen mit. Was hast du denn zu trinken da?“

Nun zwinkerte ich ihm und dann meinem Schatz zu.

„Was immer du magst“, zog er mich mit seiner Antwort an sich, um mir dabei einen Kuss auf den Mund zu drücken.

Ich schluckte. Vor Sörens Augen. Der erste Typ, der mir seit einer Ewigkeit, abgesehen von meinem Schatz, in dem Augenblick sehr nahe kam. Auf der vollen Tanzfläche konnte ich nun auch noch seine Hand auf meiner Jeans fühlen. Heaven, ich hatte voll das Rohr.

Martin streichelte mir auch noch voll über meine Latte. Dennoch war mir mulmig. Sören stand direkt neben mir und wir waren noch nie soweit gegangen.

Ohne groß nach zu denken, schob ich Martin in Sörens Arme.

Der Stuttgarter schob doch tatsächlich sofort seine Zunge in Sörens Hals. Und der ließ es geschehen. Wieder fast automatisch, drückte ich meine Hand in seinen Schritt.

Mein Schatz hatte einen Ständer. Seine Jeans beulte, genau so wie meine.

Warum nicht? Der Typ kam aus Stuttgart, wir würden ihn sicher nie wieder sehen.

Meine Geilheit wuchs. Wie in Trance fasste ich nun auch ihm in den Schritt. Abgesehen von Sörens bestem Stück, der erste Schwanz, den ich seit fast einem Jahr berührte. Wenn auch nur durch den Stoff einer Jeans.

„Gehen wir rüber ins Hotel?“

Martin drückte mich nun fest an sich und Sören.

Nur ganz kurz hatte ich dabei mit meinem Schatz Blickkontakt. Die letzte Chance, Martin noch eine Abfuhr zu geben.

 

Stattdessen standen wir zu dritt, keine zehn Minuten später, in Martins Hotelzimmer. Auf den Gedanken, uns etwas zu trinken anzubieten, kam er nicht mehr.

Dafür sorgten Sören und ich. Gemeinsam kamen wir zur Sache, sprich, wir legten Martin flach.

Gemeinsam fielen wir über den Typ her, wobei unsere Klamotten vors Bett fielen. Noch während ich mit Martin knutschte, schaffte es Sören, den Typ auch von seinem Slip zu befreien.

„Ihr seid echt scharf. Da hatte ich doch recht”, schob mich unser Aufriss plötzlich hoch.

„Womit?“

Ich schaute ihn an.

„Dass ihr euch gern die Wochenenden damit versüßt, Jungs wie mich zu vernaschen.“

Bei dem Satz schaute sogar Sören hoch.

„Klar doch. Rollenwechsel”, rutschte er dann hoch.

Martins Latte wippte hin und her.

Statt einer Antwort, begann nun ich, den Kerl oral zu verwöhnen. Dass er gleichzeitig mit Sören knutschte, störte mich keine Sekunde. Im Gegenteil. Es machte mich noch spitzer, die zwei da in Aktion zu sehen.

Es war einfach geil, einen fremden Schwanz zu lutschen. Und meinen Schatz mit bei der Nummer zu haben. Ohne ihn?

Undenkbar. Aber so.

Ich rutschte hoch, wir knutschten zu dritt, was auch neu war. Nebenbei fielen nun auch unsere Slips auf den Boden vors Bett. Bis Martin über mich herfiel. Als er mir die Latte lutschte, stand Sören auf. Über mir stehend, drückte er mir seinen Lümmel zwischen die Lippen.

„Geil … echt geil“, stöhnte er, als ich ihm ohne Umstände einen lutschte.

Hätte ich gekonnt, hätte ich zugestimmt. Doch in der Position konnte ich nur weiter blasen.

Es war irre geil. Zudem Martin im Bett einiges drauf hatte. Über eine Stunde lang tobten wir uns in allen möglichen Positionen aus. Nur fickten wir nicht. Warum auch immer.

Stattdessen wichste dann doch tatsächlich jeder seinen eigenen Schwanz. Ich sah meinen Freund kommen.

„Jetzt. Ich bin soweit.“

Sören stöhnte auf. Martin tat es ihm nach. Nur ich brauchte noch ein paar Sekunden.

„Ja … ja … ja.“

Total enthemmt mein Höhepunkt vor einem Typen, den ich kaum drei Stunden kannte.

Doch auch Sören hatte es wohl nichts ausgemacht, Sex mit einem Fremden zu machen.

Plötzlich aber wollte ich nur noch heim. Zurück in unser kleines Apartment. Mit Sören kuscheln und diesen Dreier vergessen. Ihm schien es ähnlich zu gehen. Fast übereilt zogen wir uns an, sagten Martin Servus, und schon waren wir mit der Linie 12 auf dem Heimweg.

Aus den Augenwinkeln blickte er zu mir rüber.

„Geil war es“, rutschte mir raus.

Mein Schatz nickte.

„Das fanden wir wohl beide. Basti, ich liebe dich. Eben das war nur Sex. Nicht mehr.“

Fast entschuldigend seine Worte.

„Ich lieb dich auch“, murmelte ich.

„Und ich freu mich drauf, gleich mit dir zu kuscheln. Die Nummer vergessen wir am besten ganz schnell wieder.“

 

Was uns beiden nicht wirklich gelang. Auch Tage später bekam ich eine Latte, wenn ich nur an diesen Dreier dachte. Meinem Schatz schien es ähnlich zu gehen. Als wir, fast eine Woche später, Sex machten, meinte er fast beiläufig.

„Wenn Martin jetzt hier wäre, könnte er mir einen blasen, während wir knutschen.“

Ich war da grad dabei, ihm den Schwanz zu lutschen.

„Hallo. Reiche ich dir nicht?”, unterbrach ich meinen Blow-job.

„Doch, doch. Ich meine ja nur. Sollen wir uns mal wieder einen Dritten suchen?“

Nach der Frage war ich voll abgelenkt.

„Hey, mach weiter“, wuschelte Sören mir durch meine Haare.

„Hm. Später. Ich weiß nicht, ob ich das will. Schon wieder ein Dreier.“

Meine Lust auf Sex flaute ab. Auch wenn Sören mich nun bearbeitete. Es gelang ihm dann natürlich, mich erneut scharf zu machen.

 

Nach der Nummer blieb ich einfach auf dem Bett liegen, um nachzudenken.

„Soll ich dich massieren?“

Sören schien nicht zu begreifen, was in mir vorging.

„Magst du?“

Ich drehte mich auf den Bauch.

Bei der Massage konnte ich wieder entspannen. Dennoch musste ich an Sörens Lust auf einen weiteren Dreier denken. Und was, wenn ihm das auch nicht mehr reichen würde? Wollte er vielleicht eine offene Beziehung?

An dem Tag fühlte ich, wir mussten drüber reden. Doch ich tat es nicht. Stattdessen verdrängte ich die Gedanken an die Zukunft.

Mein Schatz aber sprach in den kommenden Tagen auch nicht mehr über einen neuen Dreier.

Dazu kam, dass wir beide nun auch noch einmal so richtig fürs Studium pauken mussten.

 

Lutz war es, der mich drauf ansprach. Nach einer Nachmittagsvorlesung trafen wir uns auf ein Kölsch am Aachener Weiher. Hier herrschte, bei sommerlichen Temperaturen, nun Anfang Juni, Hochbetrieb.

„Ich komme mir grad etwas overdressed vor“, befreite Lutz sich von einer grün karierten Krawatte.

Schmachtend stand da auch schon ein junger Kellner vor uns.

Gay, taxierte ich den braungebrannten Boy. Sicher in meinem Alter und auch Student. Sexy, dachte ich. Doch der Typ hatte natürlich nur Augen für meinen Cousin.

„Der war spitz auf dich“, flüsterte ich, nachdem der Kellner unsere Bestellung aufgenommen hatte.

„Das ist auch gut so“, lachte mein Cousin.

„Ach.“

„Na, du hast doch Sören. Und deinem Schatz wäre es sicher nicht recht, wenn du hier flirtest, während er in der Uni schwitzt.“

„Wenn du da mal richtig liegst. Vielleicht würde er auch nur überlegen, wie wir den Typ gemeinsam vernaschen können.“

Es rutschte mir echt so raus, aber Lutz begriff sofort.

„Das Thema hatten wir doch neulich schon. Oder seid ihr einen Schritt weiter?“

Die Frage war Aufforderung genug, um von unserem Abenteuer mit Martin zu sprechen.

Ich war echt froh, mich meinem Cousin anvertrauen zu können. Der schloss die Augen, hörte aber weiter zu.

Als ich unseren Dreier gebeichtet hatte, schaute Lutz mich wieder an.

„Ihr solltet miteinander reden, nicht übereinander“, überraschte er mich dann.

„Wie? Hast du mit Sören gesprochen?“

Ich war voll überrascht.

„Na ja. Er hat mich vorgestern angerufen. Wegen einer Belanglosigkeit. Und dann hat er mir erzählt, dass ihr zurzeit nicht ganz glücklich miteinander seid. Auch, dass ihr neue Wege testet. Basti, wenn es dir nicht passt, dass ihr mit einem Dritten in die Kiste steigt, dann sag Sören das. Er liebt dich und macht ganz sicher nur, was du wirklich möchtest.“

„Das ist es ja. Da bin ich mir nicht mehr sicher. Im Gegenteil. Ich hab fast das Gefühl, dass er seit der Nummer so richtig auf den Geschmack gekommen ist.“

Ich seufzte. Doch Lutz schielte nur zu dem Keller rüber. Endlich kam der Typ mit unseren Kölsch. Wieder hatte er dabei nur einen Blick für Lutz über.

Charmant wie immer, bedankte sich Lutz für die Kölsch. Ich aber schaute dem Kellner auch noch voll in den Schritt.

„Wohl dein Fall“, prostete Lutz mir gleich danach zu.

„Nein. Quatsch.“

Ich tat entrüstet.

„Dann schau dem Sweety nicht so auf die Jeans. Mensch, Basti, und mach Sören keine Vorwürfe, wenn du selber Kerlen nachschaust. Vor allem aber, redet echt miteinander. Ich bin mir sicher, ihr schafft das.“

„Prost“, nahm ich mein Glas in die Hand.

Gleichzeitig dachte ich an meinen Schatz. Echt blöd.

„Seid ihr mit den Semesterferien denn schon weiter?“, bohrte Lutz da auch schon in meine nächste Wunde.

Ich trank sofort das halbe Glas leer.

„Sören bleibt dabei. Er will Ende Juni für sechs Wochen nach Schweden. Für Studienzwecke, wie er meint. Ich dagegen werde zu Hause abgeladen. Passend zur Erdbeerernte.“

Ich knurrte.

„Sicher nicht nur. Und du wolltest doch zu Hause arbeiten, oder?“

„Oder hier Kellner spielen?“

Ich schaute zu dem Typ rüber, der uns das Kölsch gebracht hatte.

Die Idee hatte ja was. Wenn Sören mich schon alleine ließ, konnte ich auch in Köln arbeiten. Besser als zwischen lauter Frauen auf dem Feld zu hocken, um Erdbeeren zu pflücken oder mich sonst wie auf dem Hof zu beschäftigen.

Kurz musste ich an den vergangenen Sommer denken. Als Sören plötzlich aufgetaucht war. Sogar Erdbeerpflücken hatte mit ihm Spaß gemacht.

„Und alle Gäste vernaschen. Auch eine Einstellung. Basti, dann flieg doch mit nach Schweden.“

Lutz leerte sein Glas.

„Kommt nicht in Frage. Was soll ich denn da? Ich spreche noch nicht mal die Sprache. Da bleib ich schon lieber am Niederrhein und kann mich an den Wochenenden nach Köln flüchten.“

Ich winkte den Kellner rüber, um noch zwei Kölsch zu ordern.

Er kam auch sofort angerannt, um Lutz anzulächeln.

„Noch zwei“, drückte ich ihm unsere leeren Gläser in die Hand.

„Gern“, nickte er mir kurz zu, um dann aber wieder Lutz anzuschmachten.

Der lächelte erneut kurz zurück, eh er mich wieder anschaute.

„Was macht eigentlich dein Liebesleben?“, wollte ich dann aber doch das Thema wechseln.

„Liebe? Was ist das?“

Er lachte, um dann wieder ernst zu werden.

„Mir geht es gut“, nickte er dann.

Dessen war ich mir sicher. Wobei ich echt kaum wusste, ob und mit wem Lutz Sex oder mehr hatte.

„Was macht eigentlich Marco?“, wechselte ich erneut das Thema.

Im vergangenen Sommer hatte ich noch gedacht, die beiden wären ein Paar. Stattdessen aber waren sie nur beste Kumpel.

„Dem geht es auch gut. Er freut sich schon auf den Urlaub. Wir fliegen Mitte Juni doch eine Woche nach Ibiza.“

„Da war ich auch noch nicht“, fiel mir dazu nur ein.

„Hey, du bist zwanzig. Da kommst du noch früh genug hin. Vielleicht doch schon zum Ende des Sommers mit Sören. Plant das doch. Dann hast du einen Grund, dich zu freuen. Mensch Basti, sei froh, einen Freund wie Sören zu haben.“

Ich nickte.

„Bin ich auch. Heute Abend quatsch ich mit ihm. Danke, Großer. Bin echt froh, dich zu haben.“

Schlagartig war meine gute Laune wieder da.

 

Sie hielt auch, als ich mich später mit dem Rad auf den Heimweg machte. Als ich die Tür zu unserem geräumigen Apartment betrat, war Sören schon von der Uni zurück.

Mein Schatz stand in der Küche, wo er Tomaten schnitt.

„Hallo, Schatz, du bist schon da?“

Ich drückte ihm einen Kuss auf den Mund.

„Hallo, Hase. Ja. Seit einer halben Stunde. Mach uns eine Schüssel Salat mit Putenbruststreifen. Du, nachher kommt Nico zum Essen vorbei.“

Verschmitzt zwinkerte Sören mir zu.

Ich aber war sofort auf 180.

„Nico?“

Ich warf sicher ein Dutzend Ausrufezeichen hinterher.

„Ein Bekannter. Er ist zwei Semester über uns”, widmete Sören sich weiter dem Salat.

„Ach. Auch schwul?“

„Klar.“

Mir schwante, was mein Schatz vorhatte.

Nun lächelte er mich auch noch an.

„Wo hast du den kennengelernt?“

Ich glaub, ich fauchte ihm meine Frage regelrecht entgegen.

Verwirrt schaute mein Schatz von seinem Salat hoch.

„In der Uni. Bei einem Vortrag.“

„Ich dachte, er ist zwei Semester über dir?“

Meine Stimme wurde eisig.

„Hey, Schatz, ganz ruhig. Nico hat sich bei meinem Prof. eine Vorlesung angehört. Danach sind wir ins Gespräch gekommen und haben in der Mensa zusammen gegessen. Ich mag ihn, aber ich liebe dich.“

Zärtlich wollte er mich in die Arme nehmen. Doch ich wich auch.

„Und? Hattet ihr was?“

„Basti. Jetzt hör aber auf. Natürlich nicht.“

„Aber du willst.“

„Du spinnst ja. Geh mal duschen. Am besten eiskalt.“

Sören widmete sich wieder seinem Salat.

Die Stimmung war dahin. Trotzig hockte ich mich auf den Balkon. Die Sonne sank bereits und mit ihr meine Stimmung noch weiter.

Sollte ich Sören bitten, diesem Nico abzusagen? Aber konnte das die Sache nicht auch noch schlimmer machen? Am besten, ich schaute mir den Typ an. Dann konnte ich besser entscheiden, ob er eine Gefahr für unsere Beziehung war. Vielleicht sah ich auch einfach nur zu schwarz. Verdammt, ich kannte Sören doch. Aber bisher hatte er auch nie einfach so einen anderen Studenten zu uns nach Hause eingeladen. Mehr noch, wir hatten in unserer kleinen Wohnung bisher noch nie andere Jungs gehabt. Abgesehen von gemeinsamen Freunden oder Lutz. Aber jetzt, das war neu.

Ich blieb noch ein paar Minuten auf dem Balkon sitzen, eh ich mich zu einem Stimmungswechsel entschloss.

Mit fast schüchternem Lächeln betrat ich erneut unser Apartment.

„Kann ich dir etwas helfen?“

Ich war ganz leise und mein Schatz schaute mich erschrocken an.

„Wenn du magst, kannst du auf dem Balkon den Tisch decken. Du, Nico ist echt nur ein Bekannter. Ich will nichts von ihm. Glaub mir.“

Auch Sören schien nachgedacht zu haben.

„Schon okay. Vielleicht hab ich auch überreagiert”, holte ich Besteck aus einer Schublade.

Eigentlich hätten wir uns jetzt drücken müssen. Doch Sören machte keine Anstalten. Ich schon gar nicht.

Beide blieben wir aber voll diplomatisch. Stutzig wurde ich dann erneut, als mein Schatz sich lange im Bad fertig machte und danach ein neues schwarzes Shirt zu neuen grünen Shorts anzog. Ich dagegen blieb in meiner Jeans.

Das Gespräch mit Lutz ging mir durch den Kopf. In dem Augenblick klingelte es. Nun war es wohl eh zu spät für eine weitere Diskussion.

Erneut dachte ich an meinen Cousin. Wie würde er sich wohl verhalten in so einer Situation?

Souverän, sicher vollkommen souverän. Und ich beschloss, mich durch nichts aus der Ruhe bringen zu lassen.

Was nicht wirklich einfach wurde.

„Hallo. Schön, dich zu sehen”, hörte ich eine Stimme im Eingang.

Neugierig schaute ich zur Tür. Genau im richtigen Augenblick, um zu sehen, wie mein Schatz dem Fremden auf die Wange küsste.