SnowRose. Tochter der Feen (Königselfen-Reihe 3) - Amy Erin Thyndal - E-Book

SnowRose. Tochter der Feen (Königselfen-Reihe 3) E-Book

Amy Erin Thyndal

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Beschreibung

»Es ist eine Katastrophe. Ich, der Sommerkönig, bin dabei, mich zu verlieben, und das ausgerechnet in die Frau, die diese Gefühle auf keinen Fall erwidern wird« Als einzige Fee im Reich der magiebegabten Elfen fühlt sich Luna stets wie eine Außenseiterin, denn sie besitzt keine Kontrolle über ihre eigenen Kräfte. Widerwillig nimmt sie die Hilfe des charmanten Soleils an, um ihre einzigartigen Fähigkeiten endlich zu beherrschen. Insgeheim fühlt sich Luna zu ihm hingezogen, weist die Annäherungsversuche des als Herzensbrecher bekannten Sommerkönigs jedoch hartnäckig zurück. Als eine uralte Prophezeiung nicht nur den Untergang der Elfen vorhersagt, sondern ihr Leben für immer an das von Soleil bindet, steht Luna vor einer schweren Entscheidung. Denn nur gemeinsam sind sie imstande die Reiche zu retten ... Ist ihre Liebe stark genug, um die Reiche zu retten? Das packende Finale der Königselfen! //Alle Bände der märchenhaften Königselfen-Trilogie:   -- SnowFyre. Elfe aus Eis (Königselfen-Reihe 1)   -- SnowCrystal. Königin der Elfen (Königselfen-Reihe 2)   -- SnowRose. Tochter der Feen (Königselfen-Reihe 3)   Diese Reihe ist abgeschlossen.//       

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Impress

Die Macht der Gefühle

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Amy Erin Thyndal

SnowRose. Tochter der Feen (Königselfen-Reihe 3)

»Es ist eine Katastrophe. Ich, der Sommerkönig, bin dabei, mich zu verlieben, und das ausgerechnet in die Frau, die diese Gefühle auf keinen Fall erwidern wird«Als einzige Fee im Reich der magiebegabten Elfen fühlt sich Luna stets wie eine Außenseiterin, denn sie besitzt keine Kontrolle über ihre eigenen Kräfte. Widerwillig nimmt sie die Hilfe des charmanten Soleils an, um ihre einzigartigen Fähigkeiten endlich zu beherrschen. Insgeheim fühlt sich Luna zu ihm hingezogen, weist die Annäherungsversuche des als Herzensbrecher bekannten Sommerkönigs jedoch hartnäckig zurück. Als eine uralte Prophezeiung nicht nur den Untergang der Elfen vorhersagt, sondern ihr Leben für immer an das von Soleil bindet, steht Luna vor einer schweren Entscheidung. Denn nur gemeinsam sind sie imstande die Reiche zu retten …

Wohin soll es gehen?

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Vita

Danksagung

© Anna Glatt

Amy Erin Thyndal lässt sich von ihren Freunden gern damit aufziehen, dass sie Bücher doch toller fände als Menschen. Nichtsdestotrotz sind es die Menschen um sie herum, die sie zum Schreiben inspirieren und ihrem Leben das gewisse Etwas verleihen. Und zwischen wissenschaftlichem Labor, Hobbys, Freunden und natürlich der obligatorischen Lesesucht widmet sie sich der großen Liebe – ob in ihren Büchern oder in der echten Welt.

Für meine Schwester

10 % Luftfeuchtigkeit

Trocken

Luna

Es ist gar nicht mal so einfach, Feenmagie zu kontrollieren.

Aufmerksam sehe ich dem Sommerkönig dabei zu, wie er ohne Anstrengung einen Feuerball in seiner Handfläche entstehen und ihn dann die Farbe wechseln lässt. Aus einer gelben Flamme wird eine rote, bis sie schließlich blau und heiß glüht. Mit einem Klatschen lässt er die Flamme wieder verschwinden und sieht nun mich erwartungsvoll an.

Mein zweifelnder Blick entlockt ihm ein Grinsen.

»Es ist nicht schwer«, beteuert er. »Probier es einfach.«

»Ich mag meine Hand ganz gerne und würde sie ungern verbrennen«, gebe ich zu bedenken.

Soleil lacht und erschafft einen weiteren Feuerball in seiner rechten Hand. Mit der linken zieht er mich zu sich, streckt meine Hand aus und legt den Feuerball hinein.

Überrascht betrachte ich die gelbe Flamme, die ich nun halte. Sie ist warm, aber nicht heiß – ziemlich angenehm, ehrlich gesagt. Doch sobald Soleil meine Hand loslässt, erlischt die Flamme.

Ich seufze enttäuscht.

»Das wird nie etwas«, stöhne ich und sehe dem Sommerkönig neidisch dabei zu, wie er den nächsten Feuerball erzeugt.

»Du versuchst es ja gar nicht richtig«, behauptet er, »und sobald du das Feuer im Griff hast, kannst du nach Belieben seine Temperatur ändern.«

Er legt mir den nächsten Feuerball in die Hand und ich muss mich zusammenreißen, um nicht sofort zurückzuzucken. Diese Flamme ist eiskalt. Wie ihre Vorgängerin erlischt sie allerdings, sobald der Sommerkönig mich loslässt.

Seit einigen Wochen unterrichtet mich Soleil bereits in Magie, aber ich bin keine besonders gute Schülerin. Trotz des Motivationsschubs, als ich herausfand, dass ich als Fee möglicherweise die Versteinerungen auflösen könnte, mache ich nur langsam Fortschritte. Ich bin definitiv kein Naturtalent – es war schon ein riesiger Erfolg, dass ich endlich lernte, wie man eine Kerze anzündet.

Prinzipiell gibt es eine sehr einfache Variante, Magie zu verwenden: Wenn ich laut sage, was meine Magie tun soll, gehorcht sie. Scheinbar ist das ziemlich einzigartig, gewöhnliche Elfen können ihre Magie auf diese Weise nicht verwenden. Ich soll diese Fähigkeit laut Fyre und Soleil auch nur im Notfall verwenden, denn Worte sind unpräzise und so könnte meine Magie leicht außer Kontrolle geraten.

Ein Beispiel ist mein Versuch letzte Woche, den Kamin anzuzünden. Meine Worte: »Mach Feuer.« Die Interpretation: Der ganze Raum stand in Flammen. Zum Glück konnte Fyre die Flammen mit ihrer Eismagie umgehend löschen. Skye, deren Schnurrhaare auf einer Seite ein wenig angekokelt waren, ist dennoch wenig begeistert gewesen.

Außerdem verbraucht es viel Energie, wenn ich meine Magie über Worte einsetze. Ergo: Magieunterricht (ohne Worte) beim Sommerkönig, der sich netterweise und nicht ganz uneigennützig dazu bereit erklärt hat.

»Träumst du etwa?«, reißt mich Skyes Stimme aus meinen Gedanken. Überrascht blinzle ich und sehe, wie die graue Katze mich vorwurfsvoll ansieht.

»Lass sie«, beschwichtigt sie Soleil, »Luna muss sich konzentrieren.«

Wenn es jemanden gibt, der noch weniger begeistert über meine langsamen Fortschritte ist als ich, dann ist es Skye.

»Aber es ist langweilig«, mault sie und ich muss kichern, als Skye laut seufzt und es sich wieder auf einem Kissen bequem macht, um mich schmollend anzustarren.

»Du musst ja nicht dabei bleiben«, meine ich, obwohl ich sie wiederholt gebeten habe, mich nicht mit Soleil allein zu lassen. Das und ihre Vorsicht gegenüber fremden Elfen, die sie seit der rüden Behandlung durch Soleils Stellvertreterin und einige Winterelfen entwickelt hat, sorgen jedoch dafür, dass Skye den Kopf schüttelt.

»Macht weiter«, erwidert sie und widmet sich wieder dem Wollknäuel, das eine Sommerelfe ihr bei unserem letzten Besuch am Sommerhof geschenkt hat.

»Also?« Soleil sieht mich erwartungsvoll an.

Skeptisch schaue ich auf meine Handfläche und stelle mir vor, wie eine gelb leuchtende Flamme darauf tanzt. Wortlos wünsche ich mir, dass meine Vorstellung Wirklichkeit wird.

Nichts geschieht.

»Ich könnte schwören, dass ich einen Funken gesehen habe«, meint Soleil lobend.

Ich bin wenig überzeugt von dieser Aussage – da ich meinen Blick nicht abgewendet habe, hätte ich bemerkt, wenn sich an meiner Hand irgendetwas verändert hätte.

»Okay, weißt du noch, was ich dir über den Ort der Magie erzählt habe?«, fragt Soleil und betrachtet mich prüfend.

»Dass meine Magie irgendwo in mir lokalisiert ist und ich sie erst finden muss, um sie zu nutzen?«, wiederhole ich zum gefühlt hundertsten Mal. »Aber ich weiß doch nicht einmal, wie sie sich anfühlt! Wie soll ich sie da finden oder gar nutzen?«

Ich erwäge, einfach laut zu sagen, dass ich mir einen Feuerball in meiner Hand wünsche. Das würde funktionieren – aber mit etwas Pech wäre es echtes und kein magisches Feuer und würde meine Hand verbrennen. Vermutlich keine gute Idee. Es ist nur frustrierend, so wenig Fortschritte zu machen!

»Magie fühlt sich für jeden unterschiedlich an«, erklärt Soleil. »Die meisten von uns finden sie schon als Kind intuitiv. Für mich ist sie wie eine Flamme, die in meinem Herzen brennt, Crystal beschreibt sie als Schneeflocke. Ciels Magie ist ein Sonnenstrahl, und Fyres ein Eiszapfen. Wenn du sie einmal gefunden hast, brauchst du überhaupt nicht mehr darüber nachzudenken und sie gehorcht deinen Wünschen sofort.«

Klingt ziemlich cool. Die Magie scheint auch immer zu den Elfen zu passen – Winterelfen mit Schnee und Eis, Sommerelfen mit Feuer und Sonne.

»Aber woher weiß ich, wie meine sich anfühlt?«, will ich ungeduldig wissen.

Ich bin weder Sommer- noch Winterelfe, ich bin eine Fee. Meine Magie ist bestimmt keine Flamme oder ein Eiszapfen. Wahrscheinlich eher etwas Warmes, schließlich sind meine Schmetterlingsflügel nicht gerade für die Kälte gedacht. Aber was?

»Das kannst du nicht wissen«, antwortet Soleil. »Horch in dich hinein und du findest sie ganz von selbst.«

Seufzend setze ich mich auf den Boden und versuche mich in mein Innerstes vorzutasten. Soleil hat unsere Unterrichtsstunden eigentlich mit einer Art Meditation begonnen, nachdem er bereits in der ersten herausfand, dass ich meine Magie überhaupt nicht kenne. Allerdings war diese Meditation wenig erfolgreich und ziemlich lächerlich. Skye fing jedes Mal an zu kichern, wenn sie mich angesehen hat.

Aber ein weiterer Versuch schadet nicht. Ich lausche in mich hinein und suche – suche nach irgendetwas, einer Form von Feuer oder Sonnenstrahlen oder Eis, etwas, das sich nach Magie anfühlt. Ich halte meine Handfläche geöffnet und denke nach wie vor an den gewünschten Feuerball, während ich gleichzeitig meinen Verstand durchstreife. Es ist seltsam, sich selbst so wahrzunehmen – so intensiv Teile meines Körpers zu spüren, die ich ansonsten ausblende. Ich fühle den warmen Luftzug der Brise, die durch das Fenster hereinweht, auf meiner Haut, merke die Kühle des Marmors, auf dem ich sitze. Das leichte Sommerkleid, das ich trage, kitzelt meine Beine ein wenig, während der Wind daran zupft. Meine Haare ruhen schwer auf meinen Schultern und meine Flügel genießen die Wärme des Sommers.

Aber das sind nur äußere Empfindungen und laut Soleil nicht das, wonach ich suche. Ich dringe weiter nach innen vor – horche auf meinen Herzschlag, spüre, wie das Blut durch meine Adern fließt. Versuche aufmerksam und bereit zu sein für was auch immer mich erwartet.

Ganz kurz habe ich das Gefühl, mein Verstand streift etwas. Eine Art Klarheit, die sanft und kühl in mir lauert. Ich kann es nicht ganz festhalten, noch nicht benennen, und einen Moment später habe ich es wieder verloren.

Doch als ich meine Augen öffne, glüht ein kleiner, gelber Feuerball in meiner Hand.

11 % Luftfeuchtigkeit

Trocken

Soleil

Während Luna meditiert, starre ich aus dem Fenster in den klaren Sommerhimmel. Der Tag ist trocken und heiß, ideal, um schwimmen zu gehen oder eine Elfe durch den Sommerwald zu jagen. Einige Elfen habe ich bereits durch die Bäume huschen sehen, auch wenn viele meiner Untertanen noch schlafen. Wie jedes Mal haben sich die Tänze auf dem gestrigen Ball bis in die frühen Morgenstunden gezogen und trotz der Tatsache, dass ich mich im Hinblick auf die Unterrichtsstunde heute früher in mein Bett verabschiedet habe, merke auch ich die Schwere meiner Augen, die gerne mehr Schlaf abbekommen hätten.

Luna sitzt einige Meter von mir entfernt auf dem Boden. Obwohl ich nach wie vor den Blick nach draußen gerichtet lasse, nehme ich sie mit jedem meiner Sinne wahr. Erst seit ich sie kenne, weiß ich, wie es ist, die Präsenz von jemandem zu spüren – eine Person als Ganzes wahrzunehmen, ihre Anwesenheit aktiv zu merken und eine Art … Aura zu fühlen. Luna strahlt für mich heller als die Sonne und wenngleich ich sie nur aus den Augenwinkeln heraus beobachten kann, erkenne ich genau ihre Schönheit und bemerke jede ihrer Bewegungen. Ihr Geruch ist ein ständiger Begleiter – sie riecht nach Rosen und Meer und ich wünschte, ich könnte es wagen, näher an sie heranzugehen und den Geruch ganz in mich aufzunehmen.

Ich reiße mich jedoch zusammen, um sie nicht einmal direkt anzusehen. Sie würde mir eine Ohrfeige verpassen, wenn ich so dreist wäre – hat sie bereits. Nach dem Verweis auf ihren Geruch beschimpfte sie mich als »Schleimer« und ist dem Sommerhof zwei Wochen ferngeblieben. Keine Erfahrung, die ich wiederholen möchte. Trotz ihrer geschlossenen Augen ist mir bewusst, dass Skye ihr später berichten würde, sollte ich ihr zu nahe kommen, während sie meditiert. In diesem Moment ist Luna so friedlich, wir könnten fast Freunde sein, aber mit dieser Fee mache ich immer zwei Schritte vor und drei wieder zurück.

Eigentlich weiß ich, dass meine Besessenheit von Luna irrational ist. Wenn man von ihren Flügeln mal absieht, ist sie ein ziemlich normales Mädchen. Sie ist nicht außerordentlich magisch begabt (offensichtlich) oder hat einen besonders charmanten oder einnehmenden Charakter, zumindest mir gegenüber zeigt sie sich stets zurückhaltend. Sie ist schön, aber objektiv betrachtet gibt es viele andere Elfen, die ihr in dieser Hinsicht das Wasser reichen können. Doch Luna fasziniert mich, sie nimmt mich auf eine Art ein, die unerklärlich ist. Ich weiß nicht, ob es an ihren Flügeln liegt oder daran, dass sie mich zurückweist. Vielleicht fände ich sie weniger besonders, wenn sie sich wie alle anderen Elfen über meine Aufmerksamkeit freuen und mich ermutigen würde.

Vielleicht könnte ich dann endlich aufhören mich wie ein liebeskranker Trottel zu benehmen.

Fakt ist, dass ich es über das letzte Jahr nicht geschafft habe, sie mir aus dem Kopf zu schlagen. Also muss ich das Beste daraus machen und geduldig sein. Der Magieunterricht ist immerhin ein Anfang.

Plötzlich flammt ein Feuerball in Lunas Handfläche auf und sie schlägt überrascht die Augen auf.

»Ich habs geschafft!«, ruft sie aus und sieht stolz zu mir und Skye.

Bei ihrem begeisterten Gesichtsausdruck breitet sich Wärme in mir aus und ich muss grinsen. Ich wünschte, sie würde mich öfter anlächeln.

»Wurde langsam Zeit«, grummelt Skye und springt zu Luna, um misstrauisch an dem Feuer zu schnuppern. Auch ich trete zu ihr.

»Gut gemacht«, lobe ich. »Bedeutet das, du hast deine Magie gefunden?«

Meine Frage verunsichert Luna.

»Ich bin mir nicht sicher, es war irgendwie seltsam und ich weiß nicht, ob ich sie wiederfinden kann …«

»Aber es ist ein Anfang«, meine ich ermutigend. Glücklich lächelt sie mich an und als der Blick aus ihren braunen Augen mich trifft, ist es, als würde meine Welt für einen Moment stehen bleiben.

Leider erinnert sie sich sofort an ihre übliche Reserviertheit, räuspert sich und sieht wieder Skye an, die angefangen hat in Katzenmanier nach dem Feuerball zu schlagen, als wäre er ein Wollknäuel.

»Er ist überhaupt nicht warm«, verkündet sie, als sie beim Versuch, ihre »Beute« zu erlegen, glatt hindurchpurzelt.

»Meinst du, du kannst das ändern?«, frage ich Luna. Nachdenklich schürzt sie die Lippen, dann kneift sie angestrengt die Augen zusammen.

Der Feuerball erlischt.

Enttäuscht starren wir drei auf Lunas leere Handfläche.

»Aber«, wiederhole ich betont optimistisch, »es ist ein Anfang.«

73 % Luftfeuchtigkeit

2 mm Regen

Luna

Als ich mich von Soleil verabschiede, ist er wie immer fröhlich und versucht mich aufzuheitern. Ausnahmsweise hat er sogar recht, schließlich habe ich heute tatsächlich einen kleinen Erfolg zu feiern. Dennoch bin ich frustriert, denn wie auch immer ich den Feuerball zustande gebracht habe, ich konnte es nicht wiederholen. Das kühle Etwas in meinem Verstand war nicht wieder aufzufinden.

Ich werde aber schnell abgelenkt, als ich in das Elfentaxi steige und anschließend auf mein Handy blicke. Eine SMS von Jade ist eingegangen:

SOS. Dylan hat eine Freundin. Nicht Siobhan.

Geschockt atme ich ein und zeige die Nachricht Skye, die enttäuscht seufzt, jedoch etwas weniger beeindruckt ist.

»Ist doch eigentlich schön für ihn, wenn er eine Freundin hat«, kommentiert sie und fängt an ihr Fell zu pflegen.

»Aber ich dachte immer, er sei Hals über Kopf in Siobhan verliebt«, wundere ich mich und starre fassungslos das Handydisplay an.

»Du warst diejenige, die meinte, dass Siobhan ihn neben ihrer Kunst kaum als potentiellen Liebhaber bemerkt, so schade es ist. Da scheint es kein Wunder, wenn er sein Glück woanders sucht.«

»Ja, aber … es wird Siobhan das Herz brechen!«

Ich kann es kaum glauben. Vielleicht liegt ein Missverständnis vor und Jade hat irgendetwas falsch verstanden. Sie zieht öfter voreilige Schlüsse – das muss es sein. Ich kann mir Dylan mit niemand anderem als Siobhan vorstellen, immerhin bedenkt er sie schon seit Jahren mit Hundeblicken und Aufmerksamkeiten. Siobhan verbringt im Gegenzug viel Zeit mit ihm und ich bin mir sicher, dass sie mehr als Freundschaft für ihn fühlt. Wenn sie das vor ihrem unsicheren Selbst nur zugeben und Initiative ergreifen würde … Dylan ist so offensichtlich verrückt nach ihr, dass es sogar ein Blinder sehen würde und ihrer hollywoodmäßigen Happily-ever-after-Liebesgeschichte nur ein wenig auf die Sprünge geholfen werden muss.

Aber Siobhan ist eben die verrückte Künstlerin in unserer Gruppe, die von der Welt außerhalb ihrer Bilder nicht allzu viel mitbekommt.

Emergency-Meeting bei Louis?

Nachdem ich die Antwort an Jade getippt habe, verweilt mein Finger für einen Moment über der Sendentaste. Eigentlich haben wir als Freundeskreis lange nichts miteinander gemacht, da ich mich in letzter Zeit zunehmend zurückgezogen habe. Die Unterrichtsstunden mit Soleil und die damit verbundene Eingliederung in die Elfenwelt haben nicht geholfen. Da ist es kein Wunder, dass ich von Dylans neuer Beziehung nichts mitbekommen habe. Es ist schön, dass Jade mir überhaupt Bescheid sagt …

Aber es muss ja nicht so bleiben, dass wir so wenig Zeit miteinander verbringen, beschließe ich und drücke auf die Taste. Jade und Siobhan sind seit der fünften Klasse meine besten Freundinnen und ich möchte sie nicht verlieren. Ich sollte mich mehr um sie bemühen und unsere Beziehung nicht so schleifen lassen.

Nur wenige Minuten später antwortet Jade mit einem hochgereckten Daumen und ich bitte den Fahrer, mich zu Louis Café statt zu mir nach Hause zu bringen.

Als wir in die Menschenwelt überwechseln, bin ich geschockt vom plötzlichen Wetterumschwung: Aus der trockenen, sonnigen Wärme des Sommers kommen wir in einen feuchten Regentag. Der September kann mit dem Sommerhof wettermäßig leider nicht mithalten … Ein Grund mehr, weshalb ich in letzter Zeit so oft dort bin.

Bald kommt unser Ziel in Sicht und ich bedanke mich beim Fahrer, als ich Skye auf den Arm nehme und aussteige. Seitdem ich mit Fyre vor anderthalb Jahren das erste Mal hier war und sie mit ihrem Zauber auf Skye das halbe Café in Staunen versetzt hat, ist es mein Lieblingscafé. Na gut, Skyes Wirkung ist vielleicht etwas übertrieben. Da Skye ursprünglich ein Kyriaki, eine Art Geist und für Menschen unsichtbar, war, hat die plötzliche Anwesenheit einer Katze durch Fyres Substanzzauber insbesondere den Inhaber des Cafés etwas überrascht. Dennoch war er sofort von ihr eingenommen, immerhin ist Skye die süßeste Katze der Welt. Was sie nur zu gut weiß.

Wie sonst auch hellt sich Louis Gesicht auf, als sich die Tür zu seinem Café mit einem leisen Bimmeln öffnet und er mich und Skye hereinkommen sieht.

»Die bezaubernde Schönheit mit ihrer Katze«, begrüßt er uns und begleitet uns zu einem Tisch am Fenster. »Eine heiße Schokolade für Sie und eine Sardine für dich, nehme ich an?«

Mit diesen Worten krault er Skye zwischen den Ohren und grinst, als sie anfängt zu schnurren. Eine seltsame Sache, dass ein Café Fisch auf Lager hat, aber ich habe die heimliche Vermutung, dass Louis ihn nur kauft, um Skye zu verwöhnen.

»Danke, das Angebot nehmen wir gerne an«, beantworte ich seine Frage. Louis zwinkert mir zu, bevor er in der Küche verschwindet.

Nach wenigen Minuten stürmt Jade zur Tür herein und setzt sich atemlos zu mir an den Tisch. Obwohl sie gehetzt wirkt, nimmt sie sich die Zeit, einen gut aussehenden Studenten am Nachbartisch anzulächeln, bevor sie ihre Aufmerksamkeit mir zuwendet.

»Es ist eine Katastrophe«, verkündet sie mit Grabesstimme und ich kann ein Kichern nicht unterdrücken.

»Du hörst dich an, als wäre jemand gestorben«, meine ich.

Ihre dunklen Augen blitzen und empört spitzt sie die Lippen.

»Du solltest das ernst nehmen«, verkündet sie, »schließlich könnte ich bei dieser Neuigkeit tatsächlich jemanden ermorden. Dylans neue Freundin zum Beispiel. Oder vielleicht Dylan selbst.«

»Jade«, sage ich und verdrehe die Augen, »komm mal runter. Du ermordest hier niemanden. Aber jetzt erzähl, was ist passiert?«

Sie seufzt.

»Du erinnerst dich, dass ich heute Morgen mit Siobhan und Dylan brunchen gehen wollte?«, fragt sie. »Ich dachte mir, wir gehen zu dritt hin, ich angel mir einen süßen Kellner oder einen anderen Gast, die beiden haben Zeit zu zweit und können zu zweit wieder gehen, während ich ein neues Ziel vor Augen habe.«

Ich nicke. Diese Strategie hat Jade in letzter Zeit öfter angewandt, zu meinem großen Bedauern auch auf mich und irgendeinen menschlichen Typen, dem ich leider überhaupt nichts abgewinnen konnte, nicht mal als Gesprächspartner. Da halfen auch nicht Jades Beteuerungen, dass er dafür großartig im Bett sei.

»Aber Pustekuchen!«, fährt Jade fort. »Eine Stunde vorher fragt uns Dylan per SMS, ob er jemanden mitbringen kann. Natürlich denke ich mir: Der Junge lernt schnell. Selbst einen Kumpel mitbringen, damit das zum Doppeldate wird und mich jemand ablenkt, die Idee ist gar nicht mal so schlecht. Also stimme ich zu, nachdem Siobhan meine Entscheidung im Halbschlaf abgenickt hat.«

Jade legt ihre Hände um die Tasse Kaffee, die Louis angesichts ihres aufgeregten Zustands ohne Aufforderung gebracht hat. Ihr missbilligender Blick lässt ihn vermutlich das Schlimmste über die Qualität des Kaffees befürchten, ihre Stirn ist verärgert gerunzelt.

»Als wir schließlich mit etwas Verspätung im Restaurant eintreffen, nachdem ich Siobhan erst einmal wach bekommen musste, ist Dylan schon da und neben ihm sitzt eine blonde Möchtegern-Schönheit. Die arme Siobhan ist wie vom Blitz getroffen in der Tür stehen geblieben und auch ich war völlig fassungslos, wie ungezwungen die beiden miteinander scherzen und dass Dylan so fröhlich aussieht wie an seinem Geburtstag, als Siobhan ihm ein Kompliment zu seinem Shirt gemacht hat. Dann, als wir uns zu ihnen setzen, hat er doch tatsächlich die Dreistigkeit besessen, sie als seine Freundin vorzustellen.«

Sie schüttelt aufgelöst den Kopf.

»Taylor«, speit sie den Namen aus, als wäre er das Schrecklichste, was sie je gehört hat.

»Ehrlich gesagt, wenn er tatsächlich glücklich ausgesehen hat, sollten wir uns für ihn freuen«, kommentiert Skye ungefragt und springt auf meinen Schoß.

Gut, dass Jade als Mensch sie nicht hören kann, sonst würde sie Skye vermutlich mit Blicken erdolchen.

»Und wie hat Siobhan es aufgenommen?«, hake ich nach, bevor Jade in hasserfülltes Grübeln versinken kann.

Sie sieht mich an und seufzt schwer.

»Du kennst sie doch«, meint sie, »natürlich hat sie nichts offen gesagt oder getan. Aber sie war noch schweigsamer und schusseliger als sonst und obwohl ich versucht habe sie in ein Gespräch zu verwickeln, hat sie fast die ganze Zeit auf den Tisch gestarrt und auf ihre Serviette gekritzelt.«

Jade greift in ihre Handtasche und zieht eine Papierserviette heraus, die sie vor mich legt. Betroffen erkenne ich das gebrochene Herz, das Siobhan darauf gezeichnet hat. Erfolglos hat sie versucht, es zu übermalen, sodass die Zeichnung düster überschattet ist, aber dennoch erkennbar.

»O nein«, haucht Skye, die auf den Tisch gesprungen ist und ebenfalls die Serviette ansieht.

»Hallo, Skye«, begrüßt Jade sie mit einem halben Lächeln. Normalerweise würde sie Skye begeistert auf den Arm nehmen und anfangen sie zu kraulen, aber wir sind gerade alle drei nicht in der Stimmung dafür.

»Aber«, frage ich vorsichtig, »Dylan sah glücklich aus?«

»Ich wünschte, es wäre anders«, murmelt Jade, »aber ja, er hat gestrahlt wie ein Honigkuchenpferd.«

Nachdenklich rühre ich in meinem Kakao. Dylan hat Siobhan das Herz gebrochen und Freundinnenloyalität gebietet natürlich, dass ich zu ihr stehe. Andererseits ist auch Dylan ein guter Freund und wenn er glücklich ist, ist das eigentlich etwas Gutes.

»Was sollen wir denn jetzt machen?«, will Jade wissen.

Ich zucke unglücklich mit den Schultern. Wir können schlecht versuchen Dylan und seine neue Liebe auseinanderzubringen.

»Uns um Siobhan kümmern, schätze ich.«

»Und den Idioten ungestraft davonkommen lassen? Nach dem, was er der armen Siobhan angetan hat?«

Erneut zucke ich mit den Schultern.

»Es ist nicht so, als wäre sie ganz schuldlos. Sie hätte viel Gelegenheit gehabt, Dylan für sich zu haben, immerhin ist er seit Jahren in sie verliebt. Aber es ist nie etwas geworden und vielleicht soll es zwischen den beiden einfach nicht sein.«

»Du zerstörst gerade meinen Glauben an die wahre Liebe«, murmelt Jade leise. »Ich dachte immer, wir beide werden mal gleichzeitig Brautjungfern und Trauzeuginnen des Bräutigams auf ihrer Hochzeit.«

»Vielleicht werden wir das ja auch«, beschwichtige ich sie, »und vielleicht werden wir beides auf unterschiedlichen Hochzeiten.«

Jade bleibt stumm und starrt betrübt in ihren Kaffee.

»Wir können Dylan und seine Freundin erst einmal beobachten«, schlage ich vor, »und falls es zwischen den beiden nicht klappt und sie ihn unglücklich macht, kannst du bei der Trennung ein wenig nachhelfen. Dann können wir uns mehr Mühe geben, ihn und Siobhan zu verkuppeln, und müssen uns nie wieder Sorgen machen.«

Bei diesem Gedanken hellt sich Jades Gesicht auf.

»Gute Idee«, kommentiert sie. »Da Siobhan seine wahre Liebe ist, kann Taylor ihn gar nicht glücklich machen!«

»Aber wenn sie wirklich glücklich miteinander sind, lassen wir sie in Ruhe und suchen für Siobhan jemand anderen«, sage ich streng.

Jade erwidert voller Überzeugung: »Das wird nicht nötig sein.«

78 % Luftfeuchtigkeit

3 mm Regen

Skye

Als Jade mich noch einmal gekrault und sich dann von uns verabschiedet hat, machen Luna und ich uns auf den Heimweg. Auch von Louis bekomme ich zum Abschied eine ausgiebige Streicheleinheit, nachdem er meine Sardine abgeräumt hat.

»Trägst du mich?«, frage ich Luna und bedenke sie mit meinem süßesten, niedlichsten, unwiderstehlichsten Katzenblick.

Aber sie kennt mich inzwischen gut genug, um bei dieser Bitte den Blick von mir abzuwenden.

»Du kannst selbst laufen«, sagt sie streng.

Dabei ist nicht sie diejenige, die barfuß über den nassen Asphalt laufen muss. Meine armen, zarten Pfötchen.

Gemeinsam spazieren wir durch die Straßen der Stadt, Luna ist tief in Gedanken versunken und scheint es nicht eilig zu haben.

»Was hältst du von dieser ganzen Sache?«, fragt sie mich schließlich.

»Dylans Freundin?«, hake ich nach. »Schwer zu sagen, ich kenne sie ja überhaupt nicht. Aber ich glaube nicht, dass so viel Drama angebracht ist. Du und Jade solltet euch nicht einmischen. Wahre Liebe findet sich stets von selbst und Punkt.«

»Hmm«, macht Luna wenig überzeugt, »glaubst du denn an die wahre Liebe?«

Keine Ahnung, was die Frage soll, immerhin ist sie doch diejenige, die unter meinem ganzen Fangirling und dem Shippen von Pärchen in Büchern und Serien am meisten leiden muss.

»Du etwa nicht?«, frage ich also verwundert, woraufhin meine Schwester mit den Schultern zuckt.

»Ich bin mir nicht sicher.«

»Luna, du bist eine Elfe«, stelle ich fest. »Als Fee hast du vielleicht einen Sonderstatus, trotzdem gehörst du immer noch dieser Art an. Das allerwichtigste Kriterium dabei ist die wahre Liebe! Du wirst eines Tages deinen Erwählten finden. Wenn du nicht an die wahre Liebe glaubst, weiß ich auch nicht, wer es sonst tun sollte.«

Sie schweigt einen Moment, bevor sie unvermittelt fragt: »Denkst du eigentlich manchmal an Declan?«

Ich bin ziemlich stolz auf mich, dass sich mein Herz bei dieser Frage nicht völlig durchgekaut anfühlt, sondern nur, als würde eine Kralle hindurchfahren. Noch immer erinnere ich mich ungern an den Kater, der wie ich als Elf starb und dessen Seele in die Welt zurückgeholt wurde. Als wir uns kennenlernten, dachte ich, er wäre die Antwort auf meine Gebete: Ich würde nicht zu einem Leben in Einsamkeit verurteilt, sondern der wahren Liebe in Gestalt eines schwarzen Katers näher kommen.

Tja, ist nicht besonders gut ausgegangen.

»Manchmal«, antworte ich Luna wahrheitsgemäß, »aber im Großen und Ganzen habe ich damit abgeschlossen.«

So gut man eben damit abschließt, die einzige Chance auf Liebe dahingehen zu sehen.

Aber Luna scheint erleichtert.

»Schön. Er war nicht gut für dich.«

Doch er hätte es sein können …

Langsam reicht mir dieses trübsinnige Gerede über meinen Quasi-Ex. Zeit, selbst zum Angriff überzugehen.

»Und, denkst du viel an Soleil?«

Lunas Schritte stocken für einen Moment, bevor sie anfängt zu lachen.

»Soleil?«

»Er ist immer noch verrückt nach dir.«

Sie winkt kopfschüttelnd ab.

»Ich habe dir doch gesagt, dass das nie etwas wird«, meint sie. »Er wird darüber hinwegkommen. Er hat hunderte Sommerelfen, die ihm gerne an meiner Stelle das Bett wärmen, und ein gigantisches Ego, das ihn darüber hinwegtrösten wird.«

»Bei unserem letzten Gespräch hast du dich irgendwie überzeugter angehört«, ziehe ich sie auf und sie blickt mich geschockt an.

»Als ob«, behauptet sie. »Ich meine, klar, seit ich ihn etwas besser kenne, habe ich gemerkt, dass er ganz in Ordnung sein kann. Aber Soleil ist absolut nichts für mich, das weiß er sicher selbst. Wir sind wie von zwei unterschiedlichen Planeten.«

»Venus und Mars haben sich auch ineinander verliebt«, widerspreche ich.

Luna grinst. »Du hast da etwas falsch verstanden. Venus und Mars, die Götter, waren verliebt und hatten eine Affäre, aber verheiratet war Venus mit Vulcanus. Außerdem reden wir hier von den Beziehungen der Götter, nicht von Planeten.«

Mist.

»Aber … in Avatar kommen Jake Sully und Neytiri auch zusammen«, merke ich an.

Luna schüttelt nur, weiterhin grinsend, den Kopf.

»Du bist süß«, sagt sie, »aber wieso willst du mich plötzlich mit dem Sommerkönig verkuppeln? Ich dachte, du wärst auf meiner Seite!«

»Ich werde immer auf deiner Seite sein«, beschwichtige ich sie, »aber du musst zugeben, dass Soleil ziemlich gut aussehend ist. Und im wahrsten Sinne des Wortes heiß – also seine Körpertemperatur, meine ich.«

Luna schnaubt.

»Aber …«, setzt sie an.

In diesem Moment vibriert ihr Handy.

»Lass mich raten: Neue Katastrophenmeldung – Dylans Freundin trägt Gucci, nicht Prada«, murmle ich, während Luna ihr Handy herauszieht. Ihre Stirn runzelt sich verwirrt, als sie die Nachricht liest.

»Es ist der Sommerkönig«, erzählt sie. »Er will wissen, ob ich zum Herbstball gehe. Und ob ich seine Begleitung sein möchte …«

Hach, ich persönlich finde Soleil ja schon ziemlich süß. Ich verstehe irgendwo Lunas Ablehnung – Soleil ist schon etwas sehr von sich selbst überzeugt, aber immerhin ist er der Sommerkönig. Da kann man kaum normal sein, oder?

»Und, willst du?«, hake ich nach, als Luna anfängt zu tippen.

»Ich weiß nicht«, meint sie. »Es wäre unhöflich abzulehnen, da ich auf jeden Fall hingehen möchte, aber ich will nicht, dass Soleil etwas in eine Zusage hineininterpretiert.«

Was würde eine weise Katze in dieser Situation sagen?

»Sag ihm einfach, dass ihr als Freunde hingehen könnt«, schlage ich vor und frage mich, wie der Sommerkönig das aufnehmen wird.

Aber Luna nickt nur und tippt ihre Antwort.

20 % Luftfeuchtigkeit

Trocken

Soleil

»Sie will, dass wir als Freunde hingehen«, jammere ich und halte Ciel zum Beweis mein Handy vor die Nase.

Unbeeindruckt fährt er damit fort, die Wand zu streichen.

»Immerhin geht sie mit dir hin«, meint er, »und du könntest mir wirklich mal helfen, statt mir beim Arbeiten zuzusehen und wegen einem deiner Mädchen rumzuheulen.«

»Sie ist nicht nur ein Mädchen«, widerspreche ich leise, verstumme aber, bevor ich den Satz zu Ende führen kann.

Ist es das? Ist sie das Mädchen?

Nein. Ich weigere mich so etwas Verrücktes von einer Fee zu glauben, die bisher jeden meiner Annäherungsversuche abgewiesen hat.

Seufzend schnappe ich mir eine Farbrolle, tunke sie in die blaue Farbe und helfe meinem Bruder, die Wand zu bemalen.

»Hast du einen Rat für mich?«, will ich wissen. »Fyre war ja auch eine ganze Weile widerspenstig.«

Ciel lacht bei dieser Untertreibung.

»Das war sie«, stimmt er zu, »aber ich fürchte, du solltest dir eher nicht mich zum Vorbild nehmen. Sonst wartest du nur sieben Jahre wegen eines Missverständnisses darauf, dass deine große Liebe endlich doch erkennt, dass sie zu dir gehört.«

Das wäre ungünstig. Als Elfen mögen wir vielleicht viel Zeit haben, aber ich bin nicht der Geduldigste, das muss ich zugeben. Auch wenn ich Luna nicht als meine große Liebe bezeichnen würde, sondern als temporären Schwarm.

»Es ist ein Anfang, dass sie mit dir hingeht«, sagt Ciel, »und sonst hast du keine Probleme, eine Elfe rumzukriegen. Schwing das Tanzbein, zeige ihr die Wunder des Sommers. Wenn du so besessen von ihr bist, wirst du sie schon für dich gewinnen.«

Wie erkläre ich Ciel nur, dass Luna anders ist als alle Elfen vor ihr?

»Hm«, mache ich und erwidere nichts auf seine Aussage.

»Was wird das hier eigentlich?«, lenke ich vom Thema ab und nicke zu der Wandfarbe.

Eigentlich wollte ich mit Juliana, meinem Pegasus, nur kurz vorbeifliegen und meinem Bruder einen Besuch abstatten, da er zunehmend mehr Zeit im Herbsthaus und weniger bei mir am Sommerhof verbringt. Ich kann es ihm kaum verübeln. Es war eine große Erleichterung für alle, die ihm jahrelang beim Schmachten zusehen mussten, als er Fyre endlich erobert hat, und ich freue mich, dass sie glücklich sind. Aber hätten sie nicht weiterhin am Sommerhof wohnen können? Fyre ist schließlich zur Hälfte Sommerelfe.

Als ich aber am Herbsthaus ankam, musste ich erst einmal das ganze Haus durchsuchen, bevor ich meinen Bruder in diesem Eckzimmer beim Streichen fand. Seltsamerweise ohne Fyre.

»Es wird eine Überraschung für Fyre«, erklärt Ciel nun.

»Und was wird es, wenn es fertig ist?«, will ich wissen und mustere kritisch die hellblaue, wenig sommerliche Farbe.

Ciel mustert mich skeptisch.

»Soleil, ich weiß genau, dass du sehr schlecht darin bist, Geheimnisse für dich zu behalten«, bemerkt er.

Ich blicke ihn böse an und lege dann eine Hand auf mein Herz: »Ich, Soleil, der Sommerkönig, schwöre bei meinem Thron, dass ich dein Geheimnis für mindestens zwei Wochen für mich behalten werde.«

»Dann muss ich das hier wohl in zwei Wochen fertig haben«, meint Ciel und seufzt.

»Und …?«, bohre ich nach.

»Es könnte sein, dass Fyre schwanger ist. Ich wollte einen Winterraum gestalten, für das Kind oder die Kinder.«

Überrascht blinzle ich.

»Fyre ist schwanger?«, hake ich nach. »Aber sie ist erst zweiundzwanzig.«

Ciel zuckt mit den Schultern.

»Vielleicht irren wir uns auch.«

Das muss ich erst mal verdauen. Da Elfenfrauen meist nur ein einziges Mal in ihrem Leben schwanger werden, ist dieser Zeitpunkt unvorhersehbar. Fest steht, dass Elfen nur von ihrem Erwählten schwanger werden, aber ansonsten kann es jederzeit in ihren achthundert fruchtbaren Jahren geschehen. Deshalb ist es eher selten, dass so junge Paare wie Fyre und Ciel ein Kind erwarten.

Vor allem finde ich es etwas befremdlich. Da Ciel mein Zwillingsbruder ist, sind wir im gleichen Alter, aber ich könnte mir auf keinen Fall vorstellen, Vater zu werden. Selbst, mich an eine Elfe fest zu binden, ist ein eher neuer Gedanke für mich, den ich erst durch Luna tatsächlich in Erwägung ziehe, obwohl das sicher bald wieder vergeht. Ich bin viel zu jung für solche Dinge – ich sollte erst mal mein Leben genießen, bevor ich die Verantwortung für eine Familie übernehme.

»Und … was hältst du davon?«, will ich wissen.

Ciel lächelt allerdings verliebt und glücklich.

»Es kommt etwas unerwartet«, meint er, »aber wir wollen Kinder und wenn das Schicksal sie uns früh bringt, soll es wohl so sein.«

Ich kann es kaum glauben, aber er wirkt tatsächlich zufrieden damit. Vermutlich wäre ich absolut schockiert, wenn irgendeine Elfe behaupten würde von mir schwanger zu sein. Vielleicht wäre es anders, wenn ich meine Erwählte bereits gefunden hätte und wie Ciel seit einem Jahrzehnt in sie verliebt wäre. Dann könnte ich möglicherweise verrückt genug sein über Kinder nachzudenken und sie mir sogar zu wünschen.

»Was sagt denn Fyre dazu?«, wundere ich mich.

Die Winterprinzessin war für mich immer schwer einzuschätzen und ist scheinbar emotional instabil.

»Ich glaube, sie weiß noch nicht, ob sie es sich wünschen soll. Wir sind uns unsicher, ob sie wirklich schwanger ist, und ich denke, sie muss sich auch erst an den Gedanken gewöhnen. Aber prinzipiell freut sie sich, behauptet sie zumindest.«

Seltsame Welt.

25 % Luftfeuchtigkeit

Trocken

Luna

»Luna!«, schreit Fyre mir ins Ohr, als ich ans Telefon gehe. »Ich bin schwanger!«

»Sie ist was?«, fragt Skye verwirrt, welche die Aussage dank Fyres Lautstärke mitbekommen hat.

Ich stelle den Lautsprecher an und Skye kommt aus dem Wohnzimmer zu mir gesprungen, um sich neben mich aufs Bett zu kuscheln und das Gespräch mitzuverfolgen.

»Oh, hallo Skye«, sagt Fyre, als sie Skyes Schnurren hört. Ihre Stimme klingt völlig aufgeregt, aber auch irgendwie glücklich.

»Wie kannst du denn schwanger sein?«, will Skye wissen.

Fyre räuspert sich verlegen. »Ähm, ich vermute, auf die übliche Art und Weise.«

Ich könnte schwören, dass Skye unter ihrem grauen Fell errötet.

»Das … freut mich für dich?«, antworte ich, unsicher, was ich zu dieser Ankündigung sagen soll.

Ich meine, ich bin erst achtzehn, da ist der Gedanke an Kinder eher neu für mich.

»Ich hoffe nur, Ciel freut sich auch«, seufzt Fyre. »Er hat heute Morgen etwas perplex gewirkt.«

»Als ob sich Ciel nicht über ungefähr alles freuen würde, was dich freut«, kommentiert Skye. »Der Typ ist blind vor Liebe.«

Fyre lacht.

»Wenn du es sagst. Ich war mir aber auch erst nicht sicher, was ich davon halten soll. Ich bin nicht gerade der mütterliche Typ … und es war schon ein Schock. Wer weiß, vielleicht bin ich gar nicht schwanger.«

»Wieso denkst du das denn?«

»Na ja, schwanger zu sein, ist nur so ein Gefühl. Mir wird morgens dauernd übel und mein Körper hat sich irgendwie verändert. Vielleicht hat das aber auch eine andere Ursache.«

»Hm«, mache ich.

Vorher habe ich nie darüber nachgedacht, aber als Elfe oder Fee eine Schwangerschaft festzustellen, kann schwierig sein. Immerhin bekommen wir nie unsere Periode … Da würde man natürlich kein Ausbleiben bemerken. Ob menschliche Schwangerschaftstests wohl bei Elfen funktionieren?

Einen Moment lang schweigen wir beide, in Gedanken versunken.

»Wie auch immer«, sagt Fyre dann, »kommst du übermorgen zum Herbstball?«

»Natürlich, und ihr?«

Fyre zögert.

»Eher nicht. Ciel meinte, er habe an dem Abend etwas Besonderes geplant, und es hörte sich so an, als werde es länger dauern. Wir verbringen den Abend wohl zu zweit, obwohl der Ball bei uns zu Hause stattfindet. Du kannst gerne mal vorbeischauen, aber wir bleiben im Wohnbereich.«

»Schade«, erwidere ich.

»Ich will eigentlich auch nicht hingehen«, mischt Skye sich ein und seufzt.

»Aber wieso denn nicht?«, frage ich verwirrt. Normalerweise ist Skye von Bällen und Glitzer nicht fernzuhalten.

»Um dir etwas Zeit mit Soleil zu geben«, erwidert sie neckend, »und weil mir nicht danach ist. Ich habe keine Lust, einen ganzen Abend lang stets daran erinnert zu werden, was ich nicht haben kann.«

Ich nicke verständnisvoll. Früher hatte Skye mit ihrem Dasein als Katze kein Problem, aber seit sie Declan kennen gelernt hat, scheint ihr immer wieder bewusst zu werden, dass sie sich in ihrem Leben noch etwas anderes wünscht. Etwas, das ich ihr nicht geben kann.

»Du kannst gerne bei uns vorbeikommen, wenn du willst«, schlägt Fyre vor.

Skyes Augen leuchten bei dieser Aussage auf.

»Aber dann störe ich eure Zweisamkeit«, entgegnet sie dennoch unsicher.

»Nicht den ganzen Abend«, erwidert Fyre mit einem Lachen. »Ciel und ich werden uns sicher irgendwann in unser Zimmer zurückziehen und dann solltest du uns nicht folgen. Du kannst aber gern auf dem Sofa schlafen. Wir haben auch einen schönen Kamin …«

»Ein Kamin?«, hakt Skye nach.

Die Katzennatur geht mit ihr durch: Beim Gedanken an ein warmes, prasselndes Feuer, vor das sie sich legen kann, fängt sie an zu schnurren.

»Dann ist es abgemacht«, bestimmt Fyre.

»Ich kann auch mit dir hierbleiben, wenn du willst«, sage ich zu Skye, nachdem Fyre sich verabschiedet hat.

Skye schüttelt den Kopf.

»Ich weiß doch, dass du dich seit Monaten auf diesen Ball freust. Du liebst die Jahreszeitenbälle.«

Da hat sie recht – seit meinem ersten Frühlingsball letztes Jahr kann ich mich der Magie von Elfenfeiern kaum entziehen. Die Atmosphäre der Jahreszeitenbälle ist exotisch und völlig anders als alles, was ich kenne. Ein Gefühl, das süchtig macht. Außerdem war ich noch nie auf dem Herbstball.

Manchmal frage ich mich, ob alle Elfenfeste so sind und ob ich die Einladungen von Soleil zu seinen rauschenden Sommerbällen nicht immer ausschlagen sollte. Vielleicht sollte ich Fyre überzeugen mich mal zu einer Party mitzunehmen – aber ich bin mir, was die Elfenwelt angeht, immer noch unsicher. Zu gut erinnere ich mich an meine Festnahme und die Anschuldigungen vor einem Jahr, als die Elfen vermuteten, ich sei eine Magiediebin.

Die Jahreszeitenbälle als offizielle Anlässe sollten aber in Ordnung sein, immerhin geht ungefähr jeder hin, auch Elfen, die für gewöhnlich weit weg vom Elfenreich leben. Dort werde ich nicht die Einzige sein, die heraussticht.

»Aber wenn Fyre und du nicht hingehen, mit wem rede ich dann auf dem Ball? Ich kenne kaum jemanden«, fällt mir plötzlich ein. Vielleicht ist es doch keine gute Idee …

»Crystal und Onyx sind ganz sicher da«, meint Skye, »und der Bibliothekar, von dem du so schwärmst, obwohl er eine Erwählte hat. Natürlich wird dich der Sommerkönig auch keine Sekunde allein lassen, solange du seine Nähe duldest …«

Ich verziehe das Gesicht. Aber zum Glück dürfte ihm hier sein Ego im Weg sein. Ich bin sicher, Soleil wird sich überall auf dem ganzen Ball blicken lassen und mit mindestens zwanzig anderen Elfen flirten und tanzen wollen.

30 % Luftfeuchtigkeit

Trocken

Soleil

Am Tag der Herbsttagundnachtgleiche ist alles bereit. Ausnahmsweise habe ich mich dazu hinreißen lassen, Fyre und Ciel bei der Planung des Herbstballs zu unterstützen. Ich muss zugeben, es hat den Vorbereitungen nicht geschadet. Immer wieder sehe ich Kleinigkeiten im Ambiente, die eindeutig von mir stammen und dem Ball eine persönliche Note geben.

Ich hoffe, Luna erkennt das auch.

Das Herbsthaus ist wie immer festlich geschmückt. Über das dunkle Holz der Wände ranken sich dunkelrote Rosen in voller Blüte. Die ersten Gäste sind bereits eingetroffen und streifen durch den Wald um das Haus, um die Atmosphäre des Herbstes zu genießen.

Der Herbstwald steht in voller Farbpracht, gelbe und rote Blätter zieren die Bäume. Das herabgefallene Laub bedeckt den Boden und lässt jeden Schritt rascheln. Obst und Nüsse hängen in den Bäumen, auf einem Feld neben dem Herbsthaus wachsen riesige, orange Kürbisse und die dichten Büsche des Waldes sind voller Beeren. Eichhörnchen huschen durch das Geäst, während Vögel in den Büschen sitzen und laut zwitschernd die Beeren vertilgen. Flackernde Kerzen in den Bäumen erhellen den Wald, während die ersten Elfen ins Herbsthaus strömen. Der Herbst fühlt sich ruhig und doch voller Leben an.

Ich bin mir unsicher, ob ich schon hineingehen soll. Am liebsten hätte ich Luna abgeholt, wie es bei einem Date üblich wäre, aber da das hier kein Date ist, hat sie darauf bestanden, dass wir uns hier treffen. Soll ich draußen auf sie warten? Aber was, wenn sie bereits hier und hineingegangen ist? So, wie ich unsere Beziehung einschätze, würde Luna nicht draußen auf mich warten oder gar nach mir suchen.

Ungeduldig schreite ich im Garten auf und ab. Das kann so nicht weitergehen. Ich bin der Sommerkönig, verdammt! Welche Elfe kann mir schon widerstehen?

Direkt, als ich mir diese Frage stelle, erblicke ich die Antwort. Luna kommt, mit Crystal und Onyx in ein angeregtes Gespräch vertieft, aus dem Wald. Bei ihrem Anblick hellt sich mein Gesicht auf – obwohl sie ansonsten meiner Meinung nach viel zu legere Kleidung trägt, hat sie sich heute hübsch gemacht. Und es steht ihr. Luna strahlt in ihrem mitternachtsblauen Kleid, das die gleiche Farbe hat wie die Rückseite ihrer Flügel. Das Kleid reicht bis zu ihren Knöcheln, ist nach vorne hin jedoch höher gerafft und um ihre Taille herum mit glitzernden Steinchen bestickt. Es ist schulterfrei und der herzförmige Ausschnitt erinnert mich wieder einmal daran, wie sehr ich dazu bereit bin, Luna zu erobern.

Sie lacht über irgendeine Bemerkung, die Onyx gemacht hat, und ein Stich der Eifersucht durchfährt mich. Bei mir ist sie nie so ungezwungen, so unbeschwert. Sie lacht höchstens aus Verlegenheit, wenn ich sie mal wieder in eine unmögliche Situation gebracht habe. Mit meiner besten Freundin und ihrem Erwählten wirkt sie dagegen völlig natürlich.

Dennoch, mein Einsatz. Ich atme ein letztes Mal tief durch, dann gehe ich in großen Schritten auf die drei zu. Crystal sieht mich als erstes, wie immer hat sie ein Gespür für meine Gegenwart. Sie lächelt bei meinem Anblick, sagt etwas zu den anderen und auch sie blicken auf. Der Blick aus Lunas schokoladenbraunen Augen trifft mich unvorbereitet. Schnell versuche ich ihn mit einem Grinsen zu erwidern.

Doch ich spüre, wie ihre Fröhlichkeit weicht. Der unbeschwerte Gesichtsausdruck verschwindet und macht einem leicht gequälten Lächeln Platz.

»So schlimm bin ich gar nicht, weißt du«, sage ich, als ich bei ihr angelangt bin.

Crystal und Onyx wechseln einen Blick und gehen weiter, während Luna errötet und sichtlich nach Worten sucht.

»Das … behauptet ja auch niemand«, meint sie schließlich, wenig überzeugend.

»Na ja, es ist nicht gerade schmeichelhaft, wie wenig du meine Anwesenheit erträgst«, bemerke ich enttäuscht und etwas überrascht über mich selbst.

So habe ich noch nie mit ihr geredet – ehrlich gesagt war ich nie so offen zu Luna oder einer anderen Elfe. Obwohl ich gewohnt bin meinen Willen zu bekommen oder gerade deshalb, muss ich ihn selten aussprechen. Die meisten Elfen erfüllen meine Wünsche intuitiv.

Meine Aussage ist vermutlich nicht gerade zielführend. Ich will sie erobern, nicht durch mein Meckern vertreiben, aber im Moment kann ich nicht anders. Ich bin zu enttäuscht und die Hoffnung, dass ich sie für mich gewinnen kann, verschlingt mit jedem Tag einen weiteren Teil von mir.

»Du kannst schon anstrengend sein, das musst du zugeben«, stellt Luna fest.

Ich zucke mit den Schultern.

»Seltsam, dass das zuvor noch nie einer Elfe aufgefallen ist.«

Sie seufzt.

»Weißt du, das gehört zu deinen Hauptproblemen«, entgegnet sie. »Du erwartest von mir, dass ich vor dir in die Knie gehe oder bei deinem Anblick in Ohnmacht falle, weil das offensichtlich schon viel zu viele Elfen getan haben. Du bist vielleicht der Sommerkönig, aber wenn du das von mir erwartest, musst du an deinem Charme noch stark arbeiten. Ich bin nicht wie die anderen, die von deinem Titel und deinem übergroßen Ego beeindruckt sind. So jemanden will ich nicht für mich.«

In deutlicheren Worten hätte sie es kaum sagen können.

»Nein«, stimme ich ihr seufzend zu, »du bist nicht wie die anderen Elfen.«

Dann biete ich ihr meine Hand an.

»Lust auf einen Tanz?«

In ihren Augen lese ich ihr Zögern, doch sie überrascht mich. Zaghaft legt sie ihre Hand in meine und lässt sich von mir zum Herbsthaus ziehen.

25 % Luftfeuchtigkeit

Trocken

Luna

Mein schlechtes Gewissen, Soleil so rüde behandelt zu haben, ist schnell vergessen. Ehrlich gesagt bin ich froh, einmal offen mit ihm geredet zu haben. Vielleicht stellt er seine Eroberungsversuche nun ein.

Der Herbstball ist so atemberaubend, dass ich kaum daran denken kann. Von außen ist die Schönheit des Hauses bereits unvergleichlich, aber als wir es betreten, bleibt mir kurz die Luft weg. Überall sind Elfen – Sommerelfen, die in Blüten oder Ranken gekleidet sind, Winterelfen in Eis und Schnee. Ich entdecke die ausgefallensten Kleider – neben klassischen Abendkleidern aus Spitze und Seide, die ein Vermögen wert sein müssen, entdecke ich eine Elfe, deren Kleid in Flammen steht, und eine andere, deren Kleid aus hunderten Schmetterlingen besteht, die leicht mit den Flügeln schlagen. Aber auch sonst sind die Elfen beeindruckend. Ein Winterelf hat sich seine gesamte Haut eisblau gefärbt, während der Körper einer Sommerelfe, die eine Kleid trägt, das nicht viel der Fantasie überlässt, vollständig mit einem Henna-Tattoo bedeckt ist, das ineinander verschlungene Blumenranken darstellt. Es erinnert mich an die Rosentattoos von Fyre und Crystal.

Obwohl ich mich sorgfältig zurechtgemacht habe, würde ich mich in dieser Menge fast unscheinbar fühlen, wären da nicht meine schillernden Flügel und der Sommerkönig, der neben mir den Raum betritt. Sobald wir die Schwelle übertreten, werden die Elfen still, das lustige Treiben verstummt und sie wenden sich uns zu. Oder wohl eher Soleil. Auf der anderen Seite des Raumes geschieht das Gleiche, wo sich das Winterkönigspaar einen Weg durch die Menge bahnt.

Die Elfen rücken zusammen und schaffen damit einen Platz in der Mitte, der als Tanzfläche gedacht ist. Ich bleibe am Rand stehen, während Soleil auf Crystal zugeht und sich spöttisch verneigt, bevor er sie in seine Arme zieht und den Tanz eröffnet.

»Lasst die Party beginnen!«, ruft Soleil in den Raum, ein Ersatz für die Ansprache, auf die er dieses Jahr wohl keine Lust hat.

Die anderen Elfen strömen ebenfalls begeistert auf die Tanzfläche, doch ich bleibe und beobachte den Sommerkönig und die Winterkönigin. Man sieht ihnen an, dass sie miteinander vertraut und beide perfekte Tänzer sind. Sie wiegen sich im Takt der Musik, die zu Beginn ihres Tanzes hastig eingesetzt hat und einen Wiener Walzer spielt. Immer wieder drehen sie sich in atemberaubender Geschwindigkeit über die Tanzfläche. Dennoch komme ich nicht umhin festzustellen, dass irgendetwas an ihnen falsch aussieht.

Ich seufze. Vermutlich bin ich nur neidisch auf ihre Fähigkeiten.

Erst da bemerke ich Onyx, der neben mir steht und die beiden ebenfalls mustert, mit zusammengezogenen Augenbrauen.

»Alles in Ordnung?«, frage ich.

Er wirkt nicht gerade glücklich.

Doch er wendet mir den Blick zu und grinst mich an.

»Entschuldigung«, meint er, »nur ein kleiner Anfall von Eifersucht. Aber eigentlich bin ich hergekommen, um dich um einen Tanz zu bitten.«

Er sieht sehnsüchtig zu Crystal.

»Schließlich sind unsere Partner leider anderweitig beschäftigt.«

Bei diesem Gesichtsausdruck muss ich lachen.

»Sie ist deine Königin, man sollte meinen, dass du sie oft genug siehst«, bemerke ich.

Onyx blickt zerknirscht.

»Aber um auf dein Anliegen zurückzukommen«, fahre ich fort, »ich würde gerne tanzen, obwohl ich dich warnen muss, dass meine Fähigkeiten lange nicht an Crystals heranreichen.«

Onyx lächelt und zieht mich auf die Tanzfläche.

»Keine Sorge. Es gibt keine Elfe, die jemals im Entferntesten an Crystal heranreichen könnte.«

Wir nehmen Tanzhaltung ein. Als ich seine kühlen Finger spüre, zucke ich zurück. Onyx lächelt verlegen.

»Entschuldige«, sagt er.

Ich zucke mit den Schultern. Er ist ein Winterelf, natürlich ist er kalt. Dafür kann er nichts und ich schätze, dass Crystal es eher angenehm findet.

Onyx führt mich durch die Musik und ich spüre, dass er mir Jahrzehnte an Tanzerfahrung voraushat. Allerdings kompensiert er dadurch gut mein fehlendes Talent, sodass es ein angenehmer Tanz wird. Wir unterhalten uns ein wenig über den Ball und das Ambiente, doch er ist unaufmerksam und ich kann seine Ungeduld fühlen, dass der Tanz endlich endet. Zum Glück weiß ich, dass es nicht an mir liegt, sondern an Crystal, die sich irgendwo hinter mir befindet und zu der Onyx immer wieder sehnsüchtig schaut.