So leid es mir tut … - Stefan Murr - E-Book

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Stefan Murr

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Beschreibung

Die vier hübschen Mädchen waren losgezogen, um ausgezogen das große Geld zu machen. Doch auf Hamburgs sündiger Meile treffen sie nicht nur liebebedürftige Freier ... Die beiden ersten Morde deuten auf ein und denselben Täter, aber Nr. drei und vier passen nicht ins Bild. Als die Polizei endlich einen Tip aus dem Milieu bekommt, hat der Täter schon sein nächstes Opfer im Visier. (Dieser Text bezieht sich auf eine frühere Ausgabe.)

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Stefan Murr

So leid es mir tut …

Kriminalroman

FISCHER E-Books

Inhalt

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1

»Weiblich«, sagte der Kommissar und legte betont behutsam den Hörer auf die Gabel des Telefons auf seinem Schreibtisch. »Es war Zimmermann.«

»Ich habe es aus Ihrem Gespräch entnommen«, erwiderte Hornschuh. »Ist sie tot?«

»Bisher nur vermißt«, antwortete Ketterle. »Aber wir wissen ja, wie das weitergeht. Oder wissen wir es nicht?«

»Ich denke nicht gern daran«, sagte Hornschuh. Nach einer kleinen Pause fügte er hinzu: »Vielleicht ist es diesmal anders?«

Aber beide spürten instinktiv, daß es auch diesmal nicht anders sein würde als in den vergangenen sechzehn Monaten. Und wenn es sich bewahrheitete, dann handelte es sich um den vierten Frauenmord in nicht ganz eineinhalb Jahren, eine Serie von Kapitalverbrechen, wie sie die Ruhe der Hansestadt nur höchst selten in ihrer Geschichte erschüttert hatte.

Nachdem man am 14. Dezember des vorigen Jahres Kat Rühl in ihrer Wohnung in einem Rückgebäude in der Nähe des Hansaplatzes erdrosselt aufgefunden hatte, war man am Berliner Tor allergisch gegen Frauen geworden. Seit damals gab es die interne Dienstanweisung des Chefs, daß alle Fälle, bei denen es sich um eine weibliche Tote oder Vermißte handelte, von Kommissar Zimmermann, dem Leiter des Dezernats VII, Leichen und Vermißte, automatisch an die Erste Mordkommission abzugeben waren. Dort hatte man sämtliche Ermittlungsergebnisse über die drei vorhergegangenen ungeklärten Todesfälle in umfangreichen Aktenordnern gesammelt.

»Wie alt?« fragte Hornschuh.

Der Kommissar hob die Schultern und schloß einen Schnellhefter, der aufgeschlagen auf seinem Schreibtisch lag. »Keine Ahnung. Die Anzeige kam telefonisch. Nicht einmal von den Eltern. Anonym. Eine Stimme, bei der man, wie Zimmermann sagte, an eine freundliche, dicke Fleischersfrau denkt. Sie sprach von der Vermißten als ›die Kleine‹. Wahrscheinlich hat sie für das Mädchen was übrig. Die Eltern sind Bruno und Johanne Krieschke, Markmannstraße 25. Das ist drüben in Rothenburgsort.«

Das Wort »drüben« machte Hornschuh klar, daß der Kommissar von ihm erwartete, daß er hinging, und zwar sofort, obwohl es schon nach sieben war. Seit einem Jahr geizte man im Präsidium mit jeder Minute, wenn es sich um eine vermißte Frau handelte. Seit einem Jahr wurden die Ordner immer und immer wieder durchgewühlt, um einen Anhaltspunkt zu finden, ob man nach ein und demselben Mann zu suchen hatte oder ob es sich vielleicht um eine jener Verkettungen handelte, die manchmal auch den Blick des erfahrensten Kriminalbeamten trüben.

Alle drei Opfer waren erdrosselt worden. Eines von ihnen, ein Animiermädchen aus einem Reeperbahnetablissement, hatte man im Morgengrauen zwischen Papier und Unrat mit auf der Brust gefalteten Händen auf dem Heiligengeistfeld aufgefunden. Kurz danach, am 3. März, war ein anderes Mädchen von einer Zimmervermieterin am Pinnasberg als vermißt gemeldet worden. Zwei Tage darauf hatten Beamte der Stadtwerke die Leiche in dem verlassenen Keller eines in der Nähe gelegenen abbruchreifen Hauses entdeckt, als sie nach dem Hauptgashahn suchten. Auch sie war mit bloßen Händen erdrosselt worden. Alle drei Frauen gehörten demselben Milieu an. Bei keiner lagen Spuren eines Sexualverbrechens vor. Keine der Frauen hatte, soweit es sich ermitteln ließ, jemals eine der anderen gesehen oder gesprochen. Es gab keinerlei Verbindungen zwischen ihnen, die Schlüsse auf den Kreis zuließen, aus dem der Mörder stammte. Alle drei waren alleinstehend gewesen. Keine Eltern oder Verwandten hatten sich gemeldet, eine Tatsache, die den Kommissar vermuten ließ, daß der Mörder die Lebensumstände seiner Opfer sehr genau studiert hatte.

»Eltern«, sagte Hornschuh deshalb. »Das ist neu.«

»Schauen Sie, was Sie herausfinden können, Hornschuh«, erwiderte Kommissar Gottfried Cäsar Ketterle. »Aber ich habe wenig Hoffnung, daß uns die Existenz von Eltern weiterhilft.«

»›Die Kleine‹«, wiederholte Hornschuh nachdenklich. »Ob sie minderjährig ist? Auch das wäre neu.«

Wieder hob der Kommissar die Schultern. »Sie müssen sofort in die Markmannstraße. Erst dann können wir weitersehen. Rufen Sie mich bei Frau Stolz an, wenn Sie etwas Wichtiges erfahren. Ich bin zu Hause.«

Hornschuh nickte. »Seit wann wird das Mädchen vermißt?«

»Seit gestern morgen, als sie aus dem Haus ging. Sie arbeitet im Kaufhaus Wedekamp an der Fuhlentwiete. Aber da können Sie jetzt niemanden mehr erreichen. Mit Wedekamp müssen wir uns bis morgen gedulden.« Er erhob sich und ging hinüber zu seinem Mantelschrank. »Sie wissen, worauf es ankommt, Hornschuh.«

Hornschuh wußte es. Es war ihrer beider Beruf, dem Tod seine Geheimnisse zu entreißen, wenn er zugeschlagen hatte. Es gab viele Tote in einer Zweimillionenstadt wie dieser, und meist war es ihnen gelungen, mit Intuition, Intelligenz, Ausdauer und einem perfektionierten technischen Apparat früher oder später in die Hintergründe der Kapitalverbrechen vorzustoßen, mit denen sie es zu tun hatten. In diesem Fall lag es um eine Nuance anders. Sie spürten deutlich, daß sie eine Verantwortung für Menschen trugen, die heute noch lebten. Sie durften es nicht leichtnehmen. Das war es, was Kommissar Ketterle meinte.

»Verfluchter Mist«, sagte Hornschuh, während der Kommissar von außen sein Zimmer zuschloß.

»Tja«, murmelte er. »Wir können es uns nicht aussuchen. Keiner kann das.«

Dann nickte er Hornschuh zu und schritt den indirekt erleuchteten Flur entlang. Seine massige Erscheinung war, wie auch schon früher am Karl-Muck-Platz, zu einem nicht mehr wegzudenkenden Bestandteil des pompösen Neubaus am Berliner Tor geworden.

2

Hornschuh suchte nach der Hausnummer 25. Es war keine schöne Gegend. Brisanzbomben hatten diesen Teil von Rothenburgsort in eine Wüste aus Schuttbergen und bizarr ausgehöhlten Fassaden verwandelt. Die Schuttberge waren eingeebnet worden, aber einige der zerstörten Fassaden waren stehengeblieben. Neue Blocks waren zwischen den alten entstanden, vage verbunden durch die Drähte der Straßenbeleuchtung.

Die Nummer 25 war ein Vorkriegshaus. Wahrscheinlich stammte es noch aus der Zeit vor 1914. Die Klopfbügel an den Treppenabsätzen erinnerten Hornschuh an aufgepflanzte Armbrüste in verstaubten Museen, in den Zwischengeschossen roch es aus den Klosetts, und aus verlotterten Hähnen tropfte Wasser.

Im vierten Stock drückte Hornschuh erneut auf den Lichtschalter, fand den Namen, den er suchte, und klingelte. Kurz darauf hörte er schlurfende Schritte, die, wenige Zentimeter von Hornschuh entfernt, hinter der Tür anhielten.

»Wer ist da?« wollte eine Frau wissen.

»Kriminalpolizei. Ist Herr Bruno Krieschke oder Frau Joanne Krieschke zu Hause?« fragte Hornschuh in dem bestimmten, aber freundlichen Ton, den er sich in nunmehr dreijähriger Tätigkeit bei der Kriminalpolizei besonders im Umgang mit einfachen Menschen angeeignet hatte, nachdem ihm bewußt geworden war, daß die meisten mehr Sorgen als Vergnügen im Leben hatten.

Er musterte den Spion in der Türfüllung, seinen Augen gegenüber, aber er blieb dunkel. Diese stumpfe Teilnahmslosigkeit drang förmlich durch das Holz, so daß er nicht weiter überrascht war, sie auch auf dem Gesicht der Frau zu sehen, als sie endlich die Tür einen Spaltbreit öffnete.

Zu ihrem Gesicht hätte eigentlich straff nach hinten gekämmtes Haar und ein Knoten gehört. Aber sie hatte den verzweifelten Versuch gemacht, es der gerade herrschenden Mode entsprechend zu frisieren. Das verlieh ihr den Ausdruck einer Morphiumsüchtigen, einer Säuferin oder einer Lebensmüden. Sie sagte nichts. Aus der Küche drang das Schnarchen eines Mannes, und Hornschuh sah seine Beine in Socken auf der Seitenlehne einer Bank liegen.

»Wissen Sie, was jungen Mädchen passieren kann, die von zu Hause weglaufen und um die sich keiner kümmert, Frau Krieschke?«

»Wollen Sie sie vielleicht suchen?« fragte die Frau und öffnete die Tür jetzt etwas weiter. Ein Schimmer von Interesse huschte über ihr Gesicht. »Woher wissen Sie denn überhaupt, daß sie nicht zu Hause ist?«

Hornschuh zuckte mit den Schultern. »Das ist im Moment unwichtig. Darf ich reinkommen? Die Sache«, sagte er, während er sich an ihr vorbeischob, »hat auch noch eine andere Seite. Wahrscheinlich werden Sie nicht wollen, daß man Sie zur Verantwortung zieht, wenn das Mädchen – wie alt ist Ihre Tochter übrigens?«

»Zwanzig«, antwortete Frau Krieschke und drückte unschlüssig die Flurtür zu. Ihre Augen waren aufgestörte Kreise aus unbestimmbarer Farbe in dem hellen Fleck ihres Gesichts.

»Na ja, sehen Sie …« sagte Hornschuh, obwohl er genau wußte, daß kein Richter die Eltern eines zwanzigjährigen Mädchens mangelnder Aufsicht beschuldigen würde. Er betrat die Küche. Der Mann erwachte, als Hornschuh einen Stuhl scharrend zu sich herüberzog.

»Steh auf, Bruno«, rief Frau Krieschke und versuchte ihre Hände mit den ungepflegten Fingernägeln unter der schmuddeligen Schürze zu verbergen. »Ein Herr von der … na ja, wegen der Jutta.«

Bruno Krieschke sah Hornschuh müde und mißtrauisch an.

»Warum hast du ihn reingelassen, Hanne?«

»Er sagt, sie würden uns einen Strick drehen, wenn wir nicht die Polizei …«

Krieschke blieb bewegungslos liegen.

»Willst du nicht wenigstens aufstehen, Bruno?«

Doch der verzog nur das Gesicht.

»Reden Sie keinen Blödsinn, Mann«, sagte er. »Haben Sie eine zwanzigjährige Göre?«

Hornschuh verneinte.

»Aber ich habe eine. Und vorher hatte ich schon zwei. Und einen Bengel. Mir machen Sie nichts vor. Die können für sich selber sorgen. Und sie tun’s auch, worauf Sie sich verlassen können. Glauben Sie, so eine kümmert’s, wenn ich Blut huste?«

Hornschuh setzte sich und legte seinen Hut auf den Tisch. »Und wenn es sie nun doch kümmert?«

Krieschke starrte Hornschuh verständnislos an. Dann richtete er sich langsam auf und angelte nach seinen Pantoffeln. Das schüttere Haar war zerzaust, und sein Lachen klang höhnisch.

»Sie sind verrückt, Mann. Stecken Sie Ihre Nase da nicht rein. Da kommt nichts raus, hahaha.«

Hornschuh knöpfte seinen Mantel auf. »Darf man hier rauchen?« Er zog ein Zigarettenpäckchen aus der Hosentasche. »Ja, was ich sagen wollte, Sie hätten wohl gar nichts dagegen, wenn das Mädchen nicht wieder zurückkäme?«

Er bot Krieschke eine Zigarette an. Dieser inhalierte tief und dachte nach.

»Nee«, sagte er schließlich, »eigentlich nicht, was, Hanne? Wir könnten dann … warum?«

Wir könnten dann das Zimmer vermieten, hatte Bruno Krieschke antworten wollen. Aber im selben Moment waren ihm Zweifel gekommen, daß sie jemanden finden würden, der das Zimmer für längere Zeit mieten würde.

»Ich meine nur«, sagte Hornschuh, »wenn Ihre Tochter gefunden wird? Tot vielleicht oder so …«

»Tot? Daß ich nicht lache. Wissen Sie, was die macht? Nein? Dann will ich es Ihnen sagen. Die streunt irgendwo herum und verdient sich ein paar Mark extra. Was glauben Sie, was die so bei Wedekamp hat? Was meinen Sie denn, was die für die Dreckarbeit am Lager bezahlen, hahaha.«

Es war offensichtlich, daß er bei Hornschuh keine Kenntnis sozialer Verhältnisse voraussetzte. Ein Beamter hat ein Gehalt, Pension, Zuschüsse. Woher soll er schon wissen, wie es am Lager bei Wedekamp zugeht?

»Nee, mein Lieber«, fuhr er etwas gemäßigter fort. »Und was die heute alles haben müssen. Radio sogar im Bett, Plattenspieler, zweimal die Woche Friseur und ’nen Haufen Kleider. Kein Wunder, daß es vielen nicht reicht. Früher hat man das gehabt, was man zahlen konnte, heute sagen sie sich: Wo krieg ich das Geld her für das, was ich alles möchte. Wundert Sie da noch irgend etwas?«

»Ist das eine Vermutung, oder wissen Sie es?« unterbrach ihn Hornschuh geduldig. »Das mit dem Nebenverdienst, meine ich.«

Frau Krieschke lehnte am Herd, die Hände unter der Schürze, und schien nur mit Mühe die Tränen zurückhalten zu können. Hornschuh zog an seiner Zigarette und sah sie an.

»Glauben Sie das auch, Frau Krieschke?« fragte er sie. »Oder redet Ihr Mann nur so?«

»Er weiß es nicht«, antwortete sie. »Sie ist fast jeden Tag fort und kommt nachts zurück. Einmal ist sie auch erst am übernächsten Tag wiedergekommen. Kein Wort hat sie gesagt. Er weiß es nicht.«

Hornschuh sah sich um. Es war eine ärmliche und ungepflegte Küche. Hier schien die Zeit seit zwanzig Jahren stehengeblieben zu sein. Die Nacht blickte dunkel und freudlos durch ein Fenster ohne Gardinen. Irgend etwas stimmte hier nicht. Die Leute müßten doch besser leben können. Bruno Krieschke war Gießmeister in einer großen Maschinenfabrik. So stand es jedenfalls im Adreßbuch. Und kein Plattenspieler? Kein neues Möbelstück? Nicht einmal ordentliche Tapeten an den Wänden.

»Wann haben Sie sie zum letztenmal gesehen?« fragte er.

»Na, gestern morgen, als sie das Haus verließ. So um halb acht. Sie geht meistens zu Fuß«, sagte Krieschke unbeteiligt. »Und was hatte sie an?«

Bruno Krieschke starrte auf seine Frau.

»Was wird sie angehabt haben? Was hat sie denn angehabt, Hanne?«

»Ihren grauen Rock und einen lila Pullover. Und den flaschengrünen Mantel mit dem breiten Kragen. Braune Schuhe mit hohen Hacken, schon ein bißchen abgetreten. Ich habe ihr immer gesagt, sie müßte doch mal …«

»Haben Sie eine Fotografie von ihr?« unterbrach sie Hornschuh, während er ein paar Notizen in seinen Taschenkalender kritzelte. »Und kann ich ihr Zimmer mal sehen?«

Frau Krieschke nickte dumpf. »Wenn Sie wollen.«

Sie ging durch einen schlecht gelüfteten Flur voraus und stieß eine Tür auf, während ihr Mann eine Zeitung in die Hand nahm, die er, ohne sie auseinanderzufalten, zu lesen begann.

Eine matte Birne beleuchtete ein kleines Zimmer, in dem nichts stand außer einem eisernen Bett, einem Schrank mit einer Tür, die nicht schloß, einem winzigen Tisch und einem gelben Sessel. Auf dem Boden lag ein quadratischer Wollteppich in freundlichen, hellen Farben, und das überraschte Hornschuh und kam ihm merkwürdig vor. Über dem Bett hing ihre Fotografie. Ein hübsches Mädchengesicht mit etwas zusammengekniffenen Augen, kurzgeschnittenem blondem Haar, weichem Kinn, fast noch ein Kind.

»Ein Mitschüler hat sie zur Feier der Lehrlingsprüfung vor ein oder zwei Jahren gemacht.«

Hornschuh nickte. »Kann ich sie mitnehmen? Sie kriegen sie wieder.«

Er nahm die Fotografie vorsichtig aus dem Steckrahmen.

»Jutta, zur Erinnerung an den 15. Mai 1963«, stand auf der Rückseite. Darunter ein B und ein R.

»Kennt sie den noch?«

»Woher soll ich das wissen?«

»Hat sie Freunde?«

»Keine Ahnung. Hierher mitgebracht hat sie nie einen. Sie schämt sich wahrscheinlich.«

Plötzlich begann sie zu schluchzen und verschwand wie ein Schatten aus dem Zimmer. Hornschuh schüttelte den Kopf und ging wieder zurück in die Küche. Bruno Krieschke lag wie vorher auf der Bank und las die Zeitung. Seine Frau kramte in einem anderen Zimmer. Wahrscheinlich suchte sie nach einem Taschentuch.

»Haben Sie jetzt genug geschnüffelt?« fragte Krieschke mit dem Unterton aufsässiger Frechheit, den Hornschuh nur zu gut kannte. Er war fast immer eher ein Zeichen von Hilflosigkeit als von Selbstbewußtsein.

»Woher wissen Sie denn eigentlich was von der Sache?«

Hornschuh zuckte mit den Schultern. »Das kann ich Ihnen nicht sagen. Es kommt direkt vom Chef.«

»Ihr Chef soll seine Nase nicht in Sachen stecken, von denen er nichts versteht.«

Hornschuh sah den Mann ein paar Sekunden lang an. Dann nahm er seinen Hut und schob die Zigaretten in die Tasche.

»Wir verstehen mehr, als Sie denken«, erwiderte er und ging hinaus. Auf dem Flur rief er: »’n Abend, Frau Krieschke.«

Frau Krieschke antwortete nicht. Aber das Kramen hörte auf. Es war ganz still, und Hornschuh vernahm, wie der elektrische Zähler tickte, als er draußen auf den Knopf der Treppenhausbeleuchtung drückte.

Im Zwischengeschoß öffnete er die Tür des Klosetts und trat mit dem Fuß mitten in klirrendes Glas. Als er die Tür ganz aufstieß, sah er Dutzende von Flaschen auf dem Boden stehen. Er hob eine davon auf und las »Dry Gin«. Nachdenklich stellte er sie zurück. Es war nicht der Mann. Hornschuh war sicher, daß es die Frau war. Und jetzt wußte er auch, warum Jutta Krieschke sich schämte.

Hornschuh sah auf seine Armbanduhr. Es war kurz nach acht. Und später erinnerte er sich noch oft daran, daß es der 10. November gewesen war.

3

Kettarah V hieß der schäbige alte Kasten, der unter seinen Füßen mißmutig in allen Nieten quarrte und den rostigen Rumpf träge durch das schmutzige olivgrüne Wasser des India-Hafens schob.

Kettarah V – kaum einer an Bord wußte, warum er so hieß, wer ihn auf diesen Namen getauft hatte und wo. Nur wann das gewesen war, wußte man. Es stand auf einem grünspanüberzogenen Bronzeschild unterhalb der Brücke und war achtunddreißig Jahre her. Und achtunddreißig Jahre sind eine lange Zeit, sogar für ein Schiff.

Sie waren alle Kettarah getauft, alle fünf. Und es hieß, der Reeder säße in Saloniki in einem Bungalow mit Privatfilmtheater und Swimmingpool. Keiner hatte ihn jemals zu Gesicht bekommen, außer dem Alten natürlich, der ab und zu von irgendeinem Hafen aus nach Saloniki flog, gutgelaunt an Bord zurückkam und schwieg wie ein Grab.

Alle paar Jahre tauchte irgendwo in der Ägäis, an der Goldküste, im Golf von Aden oder sonstwo ein Bursche auf, der sich Inspektor nannte und sich vergewisserte, daß der Kahn noch nicht auseinanderfiel. Das letztemal war es ein schleimiger, stets lächelnder Filipino gewesen, mit Maßanzug und Perle im Schlips. Sein Lächeln verschwand nur, wenn er schrieb. Zahlen, Maße, Zahlen, Währungen und erneut Maße.

Dann schlichen sie wieder aus dem Hafen wie ein rostiger Topf, dem jemand einen Tritt versetzt hatte, damit er vorne spitz wurde, mit einem Heck, gewölbt wie ein Damenschuh, und einem Brückenhaus, aus rostfarbenen Holzplanken zusammengenagelt. Als Heimathafen stand Piräus am Heck. Kettarah V, le Pirée war dort zu lesen, wenn man gute Augen hatte. Aber solange Hendrik Maggus an Bord war, hatte das Schiff seinen Heimathafen noch nie angelaufen. Und das waren sieben Jahre. Eine lange Zeit, auch für einen Mann.

Er hing über der Reling, die Zigarette im Mundwinkel, und starrte auf die schmutzigen Lagerhäuser drüben am Kai, die riesigen stählernen Arme der Kräne, das Schienengewirr und den Abgrund schmutzbedeckten Wassers davor, der langsam schmaler wurde.

Das Manöver absolvierte Farlow, der Erste, der vorne mit den Burschen herumschrie. Zweimal war die Leine wie eine Peitschenschnur ins Wasser geklatscht, anstatt den Rand der Kaimauer zu erreichen, und der Deutsche dort drüben mit seinen zu großen Schuhen und seinem Overall, der sie auffangen sollte, grinste.

»Nach dem Manöver der Bootsmann zu mir.«

Kapitän Xerxes Lasseidas’ Stimme schnitt über das Vordeck, und Farlow fuhr herum.

»Aye, aye, Sir«, rief er dünn durch das Rattern der Dieselwinsch zur Brücke hinauf. Über der Brückenpersenning war das Gesicht des Kapitäns zu sehen, olivbraun, die Augen schmale Spalten, der Mund ebenfalls schmal, die Nase gerade und das Kinn eckig. Er trug einen dunkelgrauen Ledermantel, ein orangefarbenes Halstuch und eine blaue Mütze mit goldenem K und Lorbeerkranz sowie braune Lederhandschuhe.

Jetzt sauste die Leine wieder durch die Luft. Der zitternde Malaie nahm seine ganze Energie zusammen, und plötzlich hielt der Deutsche die Leine in den Händen, zog die daran befestigte armdicke Trosse durchs Wasser und rannte stolpernd mit ihr zum nächsten Poller. Die Schiffsmaschine erstarb, die Dieselwinde stöhnte auf, Kettarah V, le Pirée machte zwischen Schuppen K und L fest.

Maggus spuckte in das schwappende Wasser zwischen Rumpf und Kai und warf die Kippe hinterher. Er beobachtete eine Weile, wie die Sonne hinter einer schiefergrauen Wolkenwand verschwand, dann stieg er über das Süll zum Niedergang und tauchte in einem Brodem von Öldunst, Küchengestank und stickigem, kaltem Tabakdunst unter.

Die Herren von der Hafenbehörde stolperten die Gangway herauf. Xerxes Lasseidas stand am Schanzkleid, denn er wußte, daß diese Geste bisweilen von Nutzen war. Er führte die Herren in die Kapitänskajüte, goß Kognak ein, lächelte, breitete Papiere über den Kajütentisch, Papiere, Papiere und noch mal Papiere. Und noch mal Kognak und dann Whisky. Nur ein einziges Mal war es vorgekommen, daß Beamte nach Prüfung der whiskyfeuchten Papiere der Kettarah V den Wunsch geäußert hatten, die Ladung zu inspizieren, und auf schwankenden Jakobsleitern in die Laderäume hinabgeturnt waren. Ihre blassen Gesichter waren rasch wieder an Deck aufgetaucht, und lächelnd hatte Luzifer eine weitere Lage Kognak servieren lassen. Die Kettarah V fuhr damals Raubtiere vom Golf von Bengalen für den Stockholmer Zoo. Farlow hatte den Beamten nachgerufen, daß es, wenn sie auf etwas Weiches träten, eine Kobra sein könne. Das Weiche, auf das der Inspektor trat, war zwar nur ein aufgerolltes Tau gewesen, aber es hatte genügt. Seitdem glaubte man den Papieren. Und so auch diesmal.

»Aber ich bitte Sie, meine Herren.« Breites Lachen, Zigarrenqualm, Gemütlichkeit, Einvernehmen. Natürlich, Käpt’n, Formalitäten, Käpt’n, Marmor aus Alicante, Wein, Zedernholz aus dem Libanon, Olivenöl. Natürlich, natürlich.

Später gingen die Beamten der Hafenbehörde befriedigt wieder von Bord. Kurz darauf sackte der Bootsmann von Xerxes Lasseidas zusammen.

»Ganz klar, Vinzent, daß Sie hier nicht von Bord kommen. Blamiere mich mit versauten Manövern vor vier Schiffen. Ich nicht, merken Sie sich das. Sie können in Bremen von Bord. Vorausgesetzt, die Manöver klappen.«

Der Bootsmann schwieg.

»Nun«, sagte Luzifer scharf.

»Aye, aye, Sir.«

»Verschwinden.« Er wandte sich an Farlow. »Entladen beginnt morgen früh drei Uhr. Lassen Sie die Offiziere und die Freiwache von Bord. Wie üblich, Mr. Farlow.«

»Aye, aye, Sir.«

Noch später stieg Hendrik Maggus stelzbeinig wieder über das Süll nach draußen und ging zur Gangway. Er trug Hemd und Schlips, einen blauen Zivilmantel und eine Mütze mit blankem Schirm. Schließlich war er Dritter auf der Kettarah V.

Während er die regenglatten Planken der Gangway hinunterstieg, sah er drüben im Windschatten eines der Lagerschuppen eine Frau stehen. Sie schien eine recht gute Figur zu haben, und sie war allein. Der Wind bewegte kurzgeschnittenes blondes Haar. Sie hielt einen breiten, hochgeschlagenen Mantelkragen mit beiden Händen fest und sah unablässig zu ihm herüber.

Hendrik Maggus spürte erneut das Unbehagen, das ihn befallen hatte, als er erfuhr, daß die Kettarah V wieder Hamburg anlaufen würde. Sonst ging er gerne von Bord, wenn das Schiff im Hafen lag. Aber diesmal war es etwas anderes. Diesmal und hier. Vor allem hier.

Er schob die Hände tief in die Taschen seines Mantels und mußte sich nicht einmal dazu zwingen, nicht mehr zu ihr hinüberzusehen. Aber dann tat er es doch wieder, als er ihr dünnes, vom Wind halb verschlucktes »Hallo« hörte.

Sie kam, einige Male in ihren hohen Schuhen umknickend, auf ihn zu und blieb vor ihm stehen. Sie war jünger, als er zuerst gedacht hatte, und nicht ganz so hübsch, wie es aus der Entfernung schien.

»Was ist los?« fragte er.

Sie zuckte unter dem schweren Mantel mit den Schultern. »Wenn bei Ihnen nichts los ist?« sagte sie. Dabei blickte sie ihm ins Gesicht, und es kam Hendrik Maggus einen Moment lang so vor, als ob er sie schon irgendwo gesehen hätte. Sie hatte eine ziemlich breite Nase und engstehende Augen. Die lang in die Winkel getuschten Lidränder glichen das etwas aus. Die Iris war eisgrau. »Gehen wir?« fragte sie und schob ihren Arm unter seinen.

»Weiter vorne gibt es Taxis.«

Es war immer dasselbe, und Hendrik Maggus ging neben ihr die Kaistraße entlang.

»Wie geht es Kat?« fragte sie plötzlich.

Maggus zog seinen Arm aus ihrem und blieb stehen. Sie machte noch ein paar Schritte, drehte sich dann um und hielt mit beiden Händen den Kragen hoch.

»Kat?« stieß Maggus hervor. »Kat? Ich habe sie seit elf Monaten nicht gesehen. Was ist mit Kat? Was wissen Sie von Kat?« Wieder kam es ihm so vor, als sei er dieser Frau schon mal begegnet, aber sosehr er sich auch das Hirn zermarterte, er konnte sich nicht erinnern, wo.

»Nicht hier, Maggus«, sagte sie und ging weiter.

Hendrik Maggus folgte ihr, die Hände in den Taschen seines Mantels. Er stolperte über Kabelwerk und rostige Eisenbahnschienen. Sie erreichten die Fahrbahn am Veddeler Damm. Eine frühe Dunkelheit brach herein. Bleifarbene, tiefziehende Wolken schoben sich jetzt über das Graugrün des abendlichen Winterhimmels. Überlaut trug der Westwind das klirrende Zusammenstoßen langer Waggonreihen von den Rangiergleisen herüber. Riesige Bogenlampen hingen als feuchte Kreise im Dunst des beginnenden Regens. Sie fanden kein Taxi, und Hendrik Maggus trottete fluchend neben der jungen Frau her, die manchmal, wenn ein harter Windstoß sie schwanken ließ, den breiten Mantelkragen enger um den Hals zog.

Maggus forschte in ihrem Profil. Sie hatte einen hübschen, aber primitiven Mund mit aufgeworfenen Lippen. Das Kinn war etwas zu voll und sehr weiß. Es paßte nicht zu dem harten Blick ihrer grauen Augen.

»Kat, Kat«, murmelte er schließlich, während sie stehenblieben, ehe sie die Straße überquerten. »Kat. Es ist lange her. Elf Monate.«

Er griff nach ihrem Ellbogen und zog sie über die Fahrbahn.

»Ich habe sie auch seit einem Jahr nicht mehr gesehen. Sie schuldet mir Geld. Ich dachte, Sie wüßten etwas von ihr.«

»Wie kommen Sie darauf?«

»Ich dachte nur so.«

Links neben ihnen zeichneten Masten ein bizarres Gitter in den Regendunst. Als sie die Freihafenbrücke überquerten, war die Norderelbe im Schein verirrter Bogenlampen aufgerauht wie eine Fischhaut, schillernd und kalt.

Plötzlich dachte Hendrik Maggus sehnsüchtig an den warmen, stickigen Dunst in der Messe der Kettarah V. Wenn er doch nur nicht von Bord gegangen wäre. Er hatte Angst. Ja, das war es. Er lachte einmal kurz in sich hinein.

»Was ist los?« fragte die Frau.

»Was wollen Sie von mir?«

Hendrik Maggus’ Stimme war heiser. Quälend langsam knirschte ein kurzer Güterzug vor ihnen in rillenförmig vertieften Schienen über die Straße.

»Was soll ich schon wollen? Das wissen Sie doch. Oder sind Sie vielleicht von gestern? Sie wären der erste.«

Sie lachte verächtlich, und ein harter Blick streifte sein Gesicht.

»Haben Sie wenigstens ein Zimmer?« fragte Maggus.

»Ja. Am Hansaplatz. In einem Rückgebäude. Man ist ungestört, und es liegt sehr zentral.«

»Also los«, sagte Maggus. »Dann kommen Sie schon.«

Sie gingen an dem trübe schwappenden Wasser des Billhafens entlang. Plötzlich zog sie ihre Hand aus seiner Armbeuge.

»Es ist verdammt dunkel hier«, sagte sie. »Gehen wir oben.« Sie deutete hinauf auf den Brückendamm, auf dem starker Verkehr herrschte. »Dort kommt auch schneller ein Taxi.«

»Blödsinn«, erwiderte Maggus. »Das hier ist der kürzeste Weg. Da oben auf dem Brückendamm kann bei diesem Betrieb kein Taxi anhalten. In zwanzig Minuten sind wir am Dovenfleet. Wir gehen über die Poggemühle. Sie sollten sich doch eigentlich auskennen.«

»Ich fahre immer Taxi.«

Aber dann lief sie doch neben ihm her, hinein in die Dunkelheit. Riesige Lagerhäuser warfen ihre Schatten über die Kais, und verzerrt schwammen ab und zu die widergespiegelten Aufbauten von Schiffen auf dem finsteren Wasser.

»Woher kennen Sie Kat?« fragte Hendrik Maggus.

»Woher soll ich sie schon kennen? Wir kennen uns alle. Die meisten von uns kennen sich.«

»Und warum fragen Sie ausgerechnet mich nach Kat?«

»Weil Sie der letzte sind, mit dem sie gesehen worden ist.«

»Wer hat mich gesehen?« fragte Hendrik Maggus. »Woher wissen Sie das?«

»Eine andere Bekannte hat Sie mit Kat gesehen.«

»So«, sagte Hendrik Maggus und blieb plötzlich stehen. »Und wieviel Geld schuldet Ihnen Kat?«

»Warum wollen Sie das wissen?«

»Nun«, sagte Maggus, »ich gebe Ihnen das Geld. Auf Heller und Pfennig. Und dann verschwinden Sie. Abgemacht?«

Er war nicht sehr erstaunt, als sie zögerte, denn in diesem Augenblick, während er sie gespannt ansah, glaubte er zu wissen, was sie von ihm wollte. Das bißchen Geld, das ein anderes Mädchen ihres Milieus ihr schulden konnte, würde ihr nicht genügen.

»Es gibt doch kein besseres Geschäft für Sie, oder? Ihren Preis für heute bekommen Sie noch dazu. Na?«

Die junge Frau sah um sich, als ob sie nach etwas suche. Maggus schob den Mantel zurück und zog seine Geldbörse aus der rückwärtigen Hosentasche.

»Bin ich so eine?« sagte sie schließlich. »Oder sind Sie krank? Oder was ist mit Ihnen los?«

»Also nicht? Dann gehen wir endlich weiter.«

Aber sie blieb stehen. Hendrik Maggus sah, wie sie sich auf die Lippe biß und nicht recht wußte, was sie tun sollte.

»Ich will da oben laufen«, sagte sie nach einer Weile und deutete wieder auf den Brückendamm.

Ohne darauf einzugehen, fragte Maggus unvermittelt: »Welche Bekannte hat mich mit Kat gesehen? Woher weiß diese Bekannte, wie ich heiße und zu welchem Schiff ich gehöre? Wieviel Geld schuldet Ihnen Kat? Wie kommen Sie dazu, die Schiffslisten durchzusehen und elf Monate auf mich zu warten? Ich will das wissen. Ganz genau. Warum gehen Sie nicht auf meinen großzügigen Vorschlag ein und verschwinden? Was wollen Sie noch von mir? Sie können heute abend noch einen anderen finden. Raus mit der Sprache!«

Die junge Frau war, während er redete, ganz langsam mit kleinen Schritten vor ihm zurückgewichen, und er war ihr unbewußt ebenso langsam gefolgt. Jetzt drehte sie sich plötzlich um und begann fortzulaufen, hastig und unsicher mit ihren viel zu hohen Schuhen. Sie knickte um und stöhnte. Aber sie riß sich zusammen und lief weiter. Mit zwei, drei Schritten hatte Maggus sie eingeholt und packte sie am Arm. Er riß sie zurück, daß sie taumelte.

»So kommen Sie mir nicht davon«, keuchte er und starrte in ihr Gesicht, das plötzlich vor Angst entstellt war.

»Laß – lassen Sie mich«, stöhnte sie, denn Maggus schüttelte sie so, daß sie Mühe hatte, sich auf den Beinen zu halten. Aber Hendrik Maggus hatte die Gewalt über sich verloren. Seine Hände legten sich wie Klammern um ihren Hals. Er stieß ihn so heftig hin und her, daß ihr Kopf schwankte. Sie bekam keine Luft mehr.

»Los, raus mit der Sprache!«

Er mußte wissen, ob seine Erinnerung ihn täuschte. Noch konnte es ja sein. Er spürte eine wilde Hoffnung, daß dem so war, und sehnte eine Bestätigung dafür herbei. Aber dazu mußte sie endlich reden.

»Raus mit der Sprache!«