Star Trek - Classic: Das Gespenst - William Shatner - E-Book

Star Trek - Classic: Das Gespenst E-Book

William Shatner

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Beschreibung

Gespenster aus der Vergangenheit ...

James T. Kirk wird von einer Rebellengruppe aus jenem Parallel-Universum entführt, dem er im 23. Jahrhundert einen Besuch abgestattet hat: Der mysteriösen "Welt hinter dem Spiegel". Captain Jean-Luc Picard und seine Crew sind überglücklich, als sie auf die verschollen geglaubte U.S.S. Voyager stoßen. Doch nachdem sie die überlebenden Besatzungsmitgleider auf die Enterprise gebeamt haben, erleben sie eine böse Überraschung. Für Kirk und Picard erwachen die Gespenster der Vergangenheit zu bedrohlichem Leben ...

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Die großen Star-Trek-Romane von William Shatner, der als Captain James T. Kirk Film- und Fernsehgeschichte schrieb.

Vom Paradies auf dem Planeten Chal kehrt Captain Kirk zur Erde zurück. Dort wird er entführt, von einer Rebellengruppe aus jenem Parallel-Universum, dem Kirk im 23. Jahrhundert einen Besuch abgestattet hat: der mysteriösen »Welt hinter dem Spiegel«.

Captain Jean-Luc Picard und seine Crew sind überglücklich, als sie auf die verschollen geglaubte U.S.S. Voyager stoßen. Doch nachdem sie die überlebenden Besatzungsmitglieder auf die Enterprise gebeamt haben, erleben sie eine böse Überraschung.

WILLIAM SHATNER

DAS GESPENST

Star Trek™

Classic

STAR TREK ist gut zu mir gewesen:

Ruhm, Geld, Phantasie.

Und vor allem Freundschaft.

Für meinen Freund Leonard, den Besten von allen.

Und für den Südstaaten-Gentleman,

meinen Freund DeForrest.

Und für seine wundervolle,

ihn treu liebende Ehefrau Carolyn.

Ich widme dieses Buch ihnen und

Prolog

»Er lebt noch«, sagte die Vulkanierin. – Kate hörte zwar die Worte, verstand aber nicht ihre Bedeutung. Sie beugte sich über den kleinen Tisch in der Bar von Deep Space Nine vor. Ein großer Alien mit einem fleischigen Gesicht, das an eine verschrumpelte Backpflaume erinnerte, hatte gerade einen dreifachen Dabo gewonnen. Er machte am Spieltisch so viel Lärm, dass eine normale Unterhaltung unmöglich wurde.

Ein nervöser Ferengi kam hinter der Theke hervor und bahnte sich einen Weg durch die Menge. »Morn! Morn! Lass sie los!«

Der Alien – Morn – vollführte einen triumphierenden Tanz, und zwar mit einem Dabo-Mädchen. Er umarmte sie, drehte sich dabei im Kreis. Die Füße der jungen Dame berührten nicht mehr den Boden, und sie lief Gefahr, ihre wenigen Kleidungsstücke zu verlieren.

Das Geschehen beanspruchte die Aufmerksamkeit aller Anwesenden, und diese gute Gelegenheit nutzte die Vulkanierin, um ein kleines Datendisplay über den Tisch zu schieben, ihrer menschlichen Begleiterin entgegen.

Kate wölbte die Hand darum, aktivierte das Gerät und schnappte nach Luft, als sie das Gesicht auf dem winzigen Bildschirm sah. Jäher Hass erwachte in ihr.

»James Tiberius Kirk«, flüsterte die Vulkanierin. Sie hob eine Hand – die unverletzte – zum Gesicht und bedeckte damit halb den Mund. Sie war jung, kaum mehr als zwanzig, wusste Kate, aber ihre Augen wirkten älter. Sie und die Vulkanierin kamen aus einer Welt, in der alle Augen älter wirkten.

»Wann hat man dieses Bild aufgezeichnet?«

»Vor einem Jahr«, antwortete die Vulkanierin. »Während der Virogen-Krise wurde Kirk von der Raumhafenpolizei auf Vulkan verhaftet. Dieses Bild stammt von der Vernehmung vor Gericht.«

Kate rechnete nach. Kirks Geburtsdatum im terranischen Jahr 2233 war unauslöschlich in ihr Gedächtnis eingebrannt. »Das ist unmöglich, T'Val. Dieser Mann ist höchstens sechzig. Doch Kirk müsste heute … hundertzweiundvierzig Jahre alt sein.«

Ein zweiter Ferengi – er trug eine bajoranische Uniform – gesellte sich dem nervösen hinzu, und beide nahmen den Platz des Dabo-Mädchens in Morns Armen ein. Der schwerfällige Alien wirbelte die beiden Ferengi herum, während er von einem Bein aufs andere hüpfte und dabei Geräusche von sich gab, die nicht nach einem intelligenten Wesen klangen, sondern eher nach dem Paarungsruf eines yridianischen Jaks.

Die Vulkanierin T'Val setzte ihr Glas an die Lippen, trank einen Schluck Wasser und sah sich um. »Vor zweiundachtzig Jahren starb Kirk angeblich beim Jungfernflug eines neuen Raumschiffs. In Wirklichkeit geriet er in ein nichtlineares temporales Kontinuum.«

Kate runzelte die Stirn. »Mit solchen Dingen kenne ich mich nicht aus«, sagte sie und starrte erneut das Ungeheuer auf dem Display an.

Verwirrung huschte durch T'Vals Züge. Die Veränderung war so subtil, dass nur ein anderer Vulkanier oder Kate sie bemerken konnte. Alle anderen hätten sich von der roten Narbe an der dunklen Stirn ablenken lassen – sie stammte von einem Disruptor. »Keine Sorge. Niemand versteht derartige Phänomene. Wie dem auch sei: Vor vier Jahren wurde Kirk im Innern des Kontinuums entdeckt, und zwar vom …« T'Vals Blick huschte zu den nächsten Tische. Kate und sie saßen in einer Ecke, fast direkt unter der Treppe, die nach oben zu den berühmt-berüchtigten Holokammern führte. Das Gebaren der Vulkanierin deutete darauf hin, dass sie kein Risiko eingehen wollte. Noch leiser fügte sie hinzu: »… vom Starfleet-Captain Jean-Luc Picard.«

Kate riss die Augen auf. Wie sollte so etwas möglich sein? Selbst hier?

»Kurze Zeit später hieß es, Kirk sei auf dem abgelegenen Planeten gestorben, auf dem Picard ihn entdeckt hatte«, fuhr T'Val fort. »Aber ein Jahr später kehrte er zur großen Überraschung aller zurück. Einige Romulaner verwendeten Borg-Technik, um …« Die Vulkanierin schien nach einem geeigneten Ausdruck zu suchen.

»Um ihn wieder ins Leben zu holen?«, fragte Kate.

Doch T'Val schüttelte den Kopf. »Die Logik teilt uns mit: Wenn Kirk heute lebt, kann er damals nicht gestorben sein. Man sollte wohl besser von einer vorübergehenden Unterbrechung von Kirks normalen biologischen Prozessen sprechen.«

Kate hörte dies alles zum ersten Mal. »Und dann?«

T'Val stützte die Ellenbogen auf den Tisch und legte ihre Hände aneinander. Die Finger der gesunden rechten Hand berührten die der bionischen Prothese. »Was folgt, ist offiziell nicht bekannt. Allem Anschein nach will Starfleet nichts über Kirks Rückkehr verlauten lassen. Nun, vor zwei Jahren führte Starfleet eine geheime Aktion durch, um das Bündnis von Borg und Romulanern an einem Angriff auf die Föderation zu hindern – man entschied sich zu einem präventiven Schlag gegen die vermeintliche Heimatwelt der Borg. Im vergangenen Jahr reagierten die Borg, indem sie mit einem einzelnen Schiff die Erde angriffen. Unbestätigten Berichten zufolge gelang es ihnen, in die Vergangenheit zu reisen, ganz offensichtlich mit der Absicht, die terranische Geschichte zu verändern.«

Kate versuchte, die vielen neuen Informationen zu verarbeiten, als sie sich zurücklehnte und beobachtete, wie ein Sicherheitsoffizier Morn hinausführte. Der Mann trug eine bajoranische Uniform, und sein Gesicht wirkte seltsam, irgendwie unfertig. Der nervöse Ferengi klopfte Morn auf die Schulter, und es schien eine Geste zu sein, die Trost spenden sollte. Doch sie diente allein der Ablenkung: Die andere Hand des Ferengi griff hinter den Gürtel der großen Gestalt und kam mit einem Barren Latinum zum Vorschein.

Nicht nur Kate bemerkte diesen Vorgang. Der Sicherheitsoffizier mit dem glatten Gesicht blieb stehen, wandte sich dem Ferengi zu und streckte die Hand aus. Seine Züge offenbarten dabei so etwas wie müden Abscheu.

Einige Sekunden lang gab sich der Ferengi unschuldig und murmelte etwas von ›Schäden‹. Dann schnitt er eine Grimasse, die dem Sicherheitsoffizier und dem Rest des Universums galt, zuckte mit den Achseln und trennte sich von dem Latinum.

Er weiß nicht, wie gut er es hier hat, dachte Kate. Sie sah sich in der Bar um. Niemand von ihnen ist sich dessen bewusst.

»Und Kirk hat all das überlebt?«

»Er war nicht daran beteiligt, die Erde gegen die Borg zu verteidigen. Doch im letzten Jahr spielte er eine wichtige Rolle bei der Überwindung der Virogen-Krise, was erneut streng geheim gehalten wurde.«

»Und jetzt?«

»Wie wir aus zuverlässigen Quellen wissen, hat er sich in die Isolation zurückgezogen. Nicht einmal der Krieg gegen das Dominion brachte ihn zurück. Er lebt jetzt auf einem Planeten namens Chal.«

»Ein klingonischer Name?«, fragte Kate erstaunt.

Die Vulkanierin nickte. »Er bedeutet ›Himmel‹. Niemand würde erwarten, Kirk ausgerechnet dort zu finden. Die Kolonie auf Chal wurde vor mehr als hundert Jahren von Klingonen und Romulanern gegründet. Damals errichtete man einen militärischen Stützpunkt, in dem eine apokalyptische Waffe untergebracht werden sollte – für den Fall, dass Reich und Imperium bei einem totalen Krieg gegen die Föderation eine Niederlage erlitten.«

Kate verrieb einen Tropfen Feuchtigkeit auf dem Tisch. Es war noch immer neu für sie, an einem öffentlichen Ort zu sitzen, ohne befürchten zu müssen, einfach so verhaftet zu werden. Diesen Umstand empfand sie als ebenso erfrischend wie ihre zivile Kleidung oder wie das im Habitatring gemietete Zimmer, das sie mit niemandem teilen musste und in dem sie stundenlang die Ultraschalldusche genießen konnte, wenn sie wollte. Um der Tarnung willen hatte sie sich das Haar ganz kurz geschnitten und es flammend rot gefärbt – ein geringer Preis, wenn man alles berücksichtigte. Ohne Uniform würde man sie bestimmt nicht erkennen, erst recht nicht an einem Ort, wo sie niemand erwartete.

»Wenn Kirk tatsächlich ein so zurückgezogenes Leben führt …«, sagte Kate. »Wieso glauben unsere Quellen dann, dass er Zugang zum benötigten Material hat?«

»Starfleet ehrt Helden.«

Kate hätte fast laut nach Luft geschnappt. »Ein Held? Kirk?«

»Denken Sie daran, wo Sie sind«, sagte T'Val. »Die Flotte hilft allen ihren Angehörigen, die Zeitsprünge irgendeiner Art hinter sich haben, was auch und gerade für den berühmten Captain Kirk gilt. Letztes Jahr bot man ihm sogar einen Posten an Bord des wissenschaftlichen Schiffes Tobias an. Er lehnte ab, aber Starfleet wäre jederzeit bereit, ihn mit offenen Armen zu empfangen. Immerhin hat er viel … Erfahrung.«

Kate nickte und lächelte humorlos. Um sie herum normalisierte sich die Situation – soweit das in einer Ferengi-Bar überhaupt möglich war. »Wenn Kirk ein solcher Held ist, wenn man ihn so sehr achtet – warum bitten wir ihn dann nicht um das, was wir brauchen?«

Die Vulkanierin wölbte skeptisch eine Braue. »Würden Sie ihm vertrauen, nach all dem, was Sie über ihn wissen?«

»Meine Güte, nein. Wie könnte ich?«

»Eben. Wir müssen Kirk also in eine Situation bringen, die ihn zwingt, die Aufrichtigkeit unseres Anliegens anzuerkennen.«

Kate betrachtete erneut das Bild auf dem Display. Ekel regte sich in ihr. »Er hat nie auf Drohungen reagiert.«

»Auf Drohungen nicht«, pflichtete ihr die Vulkanierin bei. »Aber auf Logik.«

»Was auch immer Kirk sein mag, T'Val: Er ist kein Vulkanier. Was passiert, wenn die Logik versagt?«

Die Miene der Vulkanierin wurde vollkommen ausdruckslos. »Die Logik funktioniert immer. Für uns selbst und unsere Aktivitäten ist totale Geheimhaltung erforderlich, woraus folgt: Wenn James T. Kirk nicht auf unsere Forderungen eingeht, müssen wir uns so verhalten, wie es die Logik gebietet.«

Kate verstand sofort, was T'Val damit meinte. »Wir töten ihn.«

»Ja«, bestätigte die Vulkanierin. »James Kirk hat sich in den Ruhestand zurückgezogen. Aus irgendeinem Grund glaubt er, dem Universum keinen Dienst mehr erweisen zu können. Doch für uns wäre er nützlich. Und wenn er sich weigert, die notwendige Hilfe zu leisten, so hat er kein Recht, am Leben zu bleiben.«

»Ganz meine Meinung.« Kate starrte auf das Bild hinab. »In gewisser Weise hoffe ich, dass er nicht kooperiert. Es würde mir gefallen, ihn umzubringen.«

Für den Bruchteil einer Sekunde ließ T'Val die mimische Maske fallen und zeigte erstaunlich viel Gefühl, eine Mischung aus Zorn und Hass. »Ich verstehe«, sagte sie, und auch ihre Stimme brachte Emotion zum Ausdruck. Einen Augenblick später hatte sie sich wieder unter Kontrolle.

Kate hielt den Zeigefinger über die Löschtaste des Datendisplays und zögerte kurz, um eine ganz besondere Art von Vorfreude zu genießen. Dann drückte sie die Taste und verbannte James T. Kirk aus dem Speicher des Geräts, so als sei er nichts weiter gewesen als ein Traum. Ein Albtraum.

Das Löschen des abscheulichen Bilds ging mit Genugtuung einher. Kein Zweifel: Nach allem, was Kirk ihr und ihrem Volk angetan hatte, wäre es ihr ein Vergnügen gewesen, ihn zu töten. Sie wandte sich ihrer Begleiterin zu.

»Vielleicht bringen wir ihn in jedem Fall um«, sagte sie zu T'Val. »Nachdem er uns geholfen hat.«

Die Vulkanierin blickte auf den leeren Bildschirm des Datendisplays, und wieder verriet ihr Gesicht etwas: den Wunsch nach Rache. »Ja, das wäre möglich«, erwiderte T'Val. »So oder so: James Tiberius Kirk muss sterben.«

Kapitel 1

Sein Schatten erstreckte sich vor ihm, als James T. Kirk aufrecht im hellen Licht von Chals Doppelsonne stand.

Seit einem Jahr wusste er, dass dieser Augenblick kommen würde.

Er hatte sich auf diesen Moment vorbereitet, um den Sieg zu erringen – oder eine schmähliche Niederlage zu erleiden.

Alles oder nichts.

So mochte es Kirk.

Chals heiße Sonnen brannten in seinem Rücken, doch er ließ sich von ihnen nicht ablenken …

Jetzt!

Kirk holte tief Luft und schlang beide Arme um das verschrumpelte Grau, in das sich sein Gegner gehüllt hatte, jenes Ungeheuer, dessen gnadenlosen Spott er seit einem Jahr ertragen musste.

Er spannte die Muskeln. Schweiß strömte ihm übers Gesicht.

Die Anstrengung ließ das Bild vor seinen Augen verschwimmen.

Alles oder nichts.

Und dann …

Bewegung!

Ein Erfolg zeichnete sich ab. Er stemmte die Hacken in den Boden und zog so wie noch nie zuvor in seinem Leben, bis …

Bis es knackte und stechender Schmerz durch den Rücken zuckte, so heiß wie ein Phaserstrahl. Kirk sank zu Boden und keuchte vor Qual.

Die Bandscheibe hatte ihm erneut einen Streich gespielt.

Und der boshafte Baumstumpf, ein knorriger Holzhaufen, das letzte Hindernis auf dem Grundstück für Haus und Garten – er weigerte sich hartnäckig, von der Stelle zu weichen, verspottete ihn auch weiterhin.

Kirk versuchte, sich aufzusetzen.

Der Rücken sorgte dafür, dass er es sich anders überlegte.

Eine halbe Ewigkeit lang lag er und trommelte mit den Fingern auf den Boden. Der Schmerz bereitete ihm weniger Sorge als die erzwungene Inaktivität. Wo ist Dr. McCoy, wenn man ihn braucht?, dachte er.

Dann fiel ein Schatten über ihn. Ein sehr kurzer Schatten. Sein Eigentümer hatte sich völlig lautlos genähert.

»Was ist los, Mister? Schläfst du?«

Kirk hob die Hand, um sich die Augen abzuschirmen, als er zu … einem Kind aufsah. Der Name fiel ihm derzeit nicht ein.

»Wer bist du?«, fragte er.

Der Junge konnte höchstens sechs Jahre alt sein und bohrte so in seiner Nase, als wollte er das Gehirn erreichen. »Memlon.«

Kirk erinnerte sich. Memlon wohnte zwei Farmen weiter am Weg zur Stadt. Wie bei den meisten Bewohnern von Chal zeigte sein Erscheinungsbild sowohl klingonische als auch romulanische Merkmale: eine Andeutung von Stirnhöckern und spitz zulaufende Ohren. Mit dem Schmutz an Wangen und Knien ähnelte er den Kindern der meisten Welten.

»Wissen deine Eltern, wo du bist?«, fragte Kirk in der Hoffnung, dass sich der Knabe auf den Heimweg machte.

»Mhm.« Memlon nickte langsam, zog den Finger aus der Nase und hob den Arm. Er zeigte Kirk ein Armband, das einen Subraum-Lokalisator enthielt, ein Gerät, dessen Entwicklung auf die Starfleet-Kommunikatoren zurückging.

»Solltest du nicht mit irgendetwas beschäftigt sein?«

Memlon wischte sich die Finger am weißen Hemd ab, was ganz offensichtlich nicht zum ersten Mal geschah. Er schüttelte den Kopf. »Und womit bist du beschäftigt?«

Kirk seufzte und stellte fest, dass ihn der Rücken noch immer am Aufstehen hinderte. Behutsam rollte er auf die Seite und stemmte sich vorsichtig hoch, bis er eine sitzende Position erreichte. »Ich versuche … den Baumstumpf von der Stelle … zu entfernen … wo sich einmal mein Esszimmer befinden wird.«

Memlon betrachtete den Baumstumpf mit der erfahrenen Weisheit eines Sechsjährigen. »Hast du keinen Phaser?«

»Nein, ich … habe keinen Phaser.«

»Meine Mutter hat einen.« Memlon zielte mit dem Zeigefinger auf den Stumpf und ahmte das Fauchen eines Phasers erstaunlich gut nach. »Wamm!« Der Junge sah Kirk voller Mitleid an. »Soll ich meine Mutter fragen, ob sie dir den Phaser leiht?«

»Nein. Ich werde den Baumstumpf mit meinen eigenen Händen aus dem Boden ziehen.«

Memlon musterte Kirk so, als hätte er auf Altvulkanisch gesprochen. »Warum?«

»Memlon …«, sagte Kirk. »Dieses Feld … Weißt du, wie es hier vor einem Jahr ausgesehen hat?«

Der Junge hob die Hand und spreizte die Finger. »Ich bin sechs«, sagte er. Nach kurzem Zögern hob er auch die andere Hand und streckte den Zeigefinger.

Kirk nahm das als Hinweis darauf, dass sich Memlon nicht an die Beschaffenheit des Feldes im vergangenen Jahr erinnerte. Im Gegensatz zu ihm.

Bis vor drei Jahren hatte Chal den Ruf genossen, ein Paradies aus herrlichen tropischen Inseln zu sein, und auch dieser Bereich war ein Stück jenes Garten Edens gewesen. Ein Jahr später wurde der Planet einem Virogen ausgesetzt, einem grässlichen Organismus, der das gesamte Pflanzenleben vernichtete und Chals Inseln in eine apokalyptische Landschaft aus braunen Stoppeln und gelben, verwelkenden Blättern verwandelte. Mehr als ein Jahr lang blühte nicht eine einzige Blume.

Zur gleichen Zeit kehrte Kirk zu dieser Welt zurück, mehr als achtzig Jahre nach seinem ›Tod‹ während des Jungfernflugs der Enterprise-B. Zusammen mit Spock, McCoy, sowie Captain Jean-Luc Picard und seiner hervorragenden Crew hatte Kirk eine Verschwörung aufgedeckt, die schreckliche ökologische Anschläge auf den Welten der Föderation verübte. Als die Zivilisationen des Alpha- und Beta-Quadranten am Rand des Öko-Kollapses standen, hatten seine Verbündeten und er der Föderation dabei geholfen, die Symmetristische Bewegung Vulkans zu schlagen. McCoy entwickelte ein Antivirogen, was dazu führte, dass sich die Ökosysteme von hundert Welten auf natürlichem Wege erholen konnten.

Kirk hatte nicht die Föderation gerettet, ihr aber zusätzliche Zeit gegeben, um über ihr zukünftiges Schicksal nachzudenken. Nicht nur er selbst, sondern auch andere wussten nun: Im Verlauf der nächsten dreißig Jahre musste eine neue Strategie der Expansion und Forschung entwickelt werden, um der Menschheit und allen anderen Völkern der Galaxis zu gestatten, Teil der galaktischen Ökologie zu sein, anstatt sie auszubeuten und immer wieder zu schädigen. Andernfalls gab es keine Rettung im letzten Augenblick, wenn es zur nächsten Umweltkrise kam.

Doch dieser Herausforderung sollten sich Picard und seine Zeitgenossen stellen. Kirk hatte seine eigenen Schlachten geschlagen, zu viele Male. Er kehrte nach Chal zurück, und zu der Frau, die er liebte: Teilani.

Der Raumfahrer hatte seinen Raumanzug an den Nagel gehängt und sich auf einen Planeten zurückgezogen, auf dem er ein einfaches Leben führen wollte.

Hier in diesem Wald.

Das Grundstück war nicht mehr als eine kleine Lichtung inmitten neuer Vegetation, die Vögeln und Insekten Heimat bot. Blüten entfalteten ihre Farbenpracht im Grün, und ein betörender Duft ging von ihnen aus. Dies war Kirks neue Welt, sein neues Universum.

Vor einem Jahr – mit Teilani an seiner Seite, ihre Herzen verbunden – hatte Kirk auf dieser Lichtung gestanden und in einem hinreißenden Augenblick der Selbsterkenntnis begriffen: Er war Chal.

Aus dem Konflikt geboren.

Unglaublichen Belastungen unterworfen, die beide an den Rand des Untergangs brachten.

Und jetzt wiedergeboren, entgegen allen Erwartungen.

Kirk hatte die Momente seines Lebens nie vergeudet, obwohl er sich von Herz und Instinkt leiten ließ, weniger von Intellekt und Überlegung.

Auf dieser Lichtung hatte er ein Haus aus Holz gesehen, umgeben von einer Veranda, daneben eine Windmühle, die elektrischen Strom produzierte, nicht zu vergessen den großen Gemüsegarten. Angesichts dieser Vision beschloss er damals, sein Leben zu ändern.

Teilani hatte ihm in die Augen gesehen und verstanden, ohne dass Kirk auch nur ein Wort sagen musste – so groß war ihre Liebe, so eng ihre Verbindung.

»Du hast recht«, hatte Teilani gesagt. »Hier bauen wir ein Haus. Unser Heim.«

Und daraufhin machte sich Kirk an die Arbeit.

Jeder gefällte Baum sollte später für den Bau des Hauses verwendet werden, um die Fülle der Natur nicht zu vergeuden. Außerdem pflanzte Kirk für jeden geopferten Baum einen Heister, um die Natur zu respektieren – neue Bäume, die später Schatten für das Haus spenden sollten.

Mit zwei Ordovern – so hießen die mit Hörnern ausgestatteten, Pferden ähnelnden Lasttiere von Chal –, die einen handgeschmiedeten Pflug zogen, ebnete Kirk das Feld ein. Er selbst hatte die schweren Steine getragen, die nun das Ufer des Baches am Rand der Lichtung befestigten. Chals Sonnen bräunten ihm die Haut, und graue Strähnen bildeten sich in seinem Haar, da er nicht mehr die nährstoff- und vitaminreiche Starfleet-Nahrung zu sich nahm. Aber mit jeder verstreichenden Woche fiel es ihm leichter, die Steine zu heben und die Axt zu schwingen. Ein neuer Sinn in seinem Leben gab ihm neue Kraft und Vitalität.

Als er vor mehr als achtzig Jahren zum ersten Mal nach Chal gekommen war, hatte er das Ende seines Lebens nahe geglaubt. Damals stand der Start der Enterprise-B unmittelbar bevor; das Universum schien James T. Kirk nicht mehr zu brauchen. Wenn er während des Jungfernflugs der Enterprise-B tatsächlich den Tod gefunden hätte … Vielleicht wäre das sogar angemessen gewesen. Welche weiteren Dienste konnte man von ihm erwarten? Was konnte das Universum sonst noch von ihm verlangen?

Aber wie Spock ihn so oft erinnert hatte – es gab immer Möglichkeiten. Kirk glaubte, dass nicht einmal der Wächter der Ewigkeit imstande gewesen wäre, all jene Abenteuer vorherzusehen, die die Zukunft für ihn bereithielt. Seine Karriere hatte einen Verlauf genommen, den zu Beginn niemand ahnen konnte.

Doch alle Abenteuer endeten irgendwann, und schließlich kehrte er heim, nach Chal.

Einst hatte er die Galaxis durchstreift, doch jetzt teilte er eine kleine Blockhütte mit Teilani und entfernte sich kaum weiter von ihr als bis zu dieser Lichtung, wo er arbeitete. Hier und jetzt gab es genug Herausforderungen für ihn.

Die letzte bestand in dem Baumstumpf, der ihm seit einem Jahr trotzte.

»Ist alles in Ordnung mit dir, Mister?«

Kirk blinzelte und sah den Jungen an. »Wie bitte?«

»Hast du geschlafen?«

»Ich habe nachgedacht.«

Das Kind nickte weise. »Das sagt auch mein Vater, wenn er auf der Veranda in der Hängematte liegt. Er schnarcht viel beim Nachdenken. Schnarchst du ebenfalls?«

Zum Glück war Teilani nicht zugegen, um diese Frage zu beantworten. »Nein«, sagte Kirk.

»Hast du über den Baumstumpf nachgedacht?«

»Ja.«

»Wieso erledigst du ihn nicht einfach mit einem Phaserstrahl?«

Diesmal dachte Kirk tatsächlich nach, und zwar darüber, wie man einem Kind das Problem eines Erwachsenen erklärte. »Memlon, irgendwann einmal, wenn du erwachsen bist, wirst du an dieser Lichtung vorbeikommen und dort ein Haus sehen, wo ich jetzt stehe …«

»Du stehst doch gar nicht, Mister.«

Kirk überhörte den Einwand. »… wo wir jetzt sind. Außerdem siehst du dann Getreide, Gemüse und Bäume, und dann kannst du zu deinen Kindern sagen: Das ist die Leistung von Jim Kirk. Er hat hier alles angepflanzt, jeden Stein und jeden Baumstumpf entfernt, jeden einzelnen Nagel in die Bretter des Hauses geschlagen. Dies ist Jim Kirks Land.«

Kirk lächelte, als er sich alles vorstellte. Er wollte etwas mit seinen eigenen Händen bauen, etwas, das ganz allein ihm gehörte.

Memlon runzelte die Stirn. »Wer ist Jim Kirk?«

Kirk seufzte. Er erinnerte sich daran, mit Computern gesprochen zu haben, die ebenso leidig sein konnten wie dieses Kind. »Das bin ich.«

Der Junge musterte ihn argwöhnisch. »Du bist … Cap'n Kirk?«

Da haben wir's, dachte Kirk. Der alte Rang haftete ihm noch immer an, nach all den Jahren. Er kam einer Heimsuchung gleich. Die beiden großen Wahrheiten des Universums lauteten: Die Zukunft kann man nicht vorhersehen, der Vergangenheit nicht entkommen.

»Ja, der bin ich«, sagte Kirk.

Memlon blieb skeptisch. Er beugte sich vor und schien zu versuchen, bis ins Zentrum von Kirks Selbst zu blicken. »Du siehst gar nicht verrückt aus.«

Kirk wollte aufstehen, doch sofort zuckte wieder stechender Schmerz durch den Rücken, und er schnitt eine Grimasse. Er verbarg seine Beschwerden hinter einem Hüsteln und blieb auch weiterhin sitzen. »Wer … behauptet, dass ich verrückt bin?«

Memlon zuckte mit den Schultern. »Das sagen alle.«

»Warum?«

Das Schulterzucken wiederholte sich. »Weiß nicht.«

»Memlon …«

Der Klang jener neuen Stimme kam für Kirk einer Welle aus herrlich kühlem Wasser gleich. Er drehte sich schnell um, wie ein Teenager beim ersten Rendezvous. »Teilani!«

Sie ritt auf die Lichtung, wie eine Vision, wie ein Traum, der Substanz gewann und einen Platz in der Wirklichkeit fand. Ihr weißes Gewand wehte im Wind, als sie ohne Sattel auf dem Rücken von Iowa Dream saß. Das Ross wirkte sehr eindrucksvoll und verdankte seine Existenz einer hochentwickelten Gentechnik, mit der es gelungen war, eine alte Rasse neu entstehen lassen. Es handelte sich um ein so genanntes Quarter Horse, ein Pferd, das sich besonders gut zum Reiten eignete. Der Hengst war ein Geschenk von Picard – eine Friedensgabe, vermutete Kirk und erinnerte sich daran, dass es zwischen ihnen auch nach dem letzten Treffen Spannungen gegeben hatte.

Iowa Dream – der Name stammte von Picard, erinnerte sowohl an einen alten Champion als auch an ihre erste Begegnung – trabte ins Zentrum der Lichtung und offenbarte dabei eine Eleganz, die Teil der herrlichen Natur dieses Planeten zu sein schien.

Kirk versuchte nicht, erneut aufzustehen, denn er wusste, dass er dazu noch nicht imstande war. Er sah Erheiterung in Teilanis Gesicht, als sie verstand, warum er auch weiterhin sitzen blieb.

Memlon schoss Teilani wie ein Photonentorpedo entgegen. »ghojmoHwl! ghojmoHwl!«, rief er. Es war das klingonische Wort für ›Lehrer‹, und Kirk vermutete, dass er zu Teilanis Lesegruppe gehörte.

Teilani schwang sich vom Rücken des Pferds herunter. Die schlichten weißen Gamaschen und das weiße Kleid umhüllten ihren geschmeidigen Leib wie Wolkenfetzen. Nie zuvor in seinem Leben hatte Kirk eine schönere Frau gesehen, und als er sie nun beobachtete, kannte seine Liebe keine Grenzen.

Teilani näherte sich, hielt dabei Memlons Hand, und ihre bloßen Füße sanken in den fruchtbaren Boden von Chal. Sie sah auf den Baumstumpf hinab. »Er trotzt dir noch immer?«

»Er hat sich bewegt«, erwiderte Kirk.

Teilani lächelte wissend. »Aber dein Rücken hat dich im Stich gelassen?«

Kirks Gesicht verriet die Wahrheit.

Teilani ließ Memlons Hand los und streckte sie Kirk entgegen. »Halt ihn gerade«, sagte sie und bewies damit, dass sie in dieser Hinsicht über Erfahrung verfügte. »Benutz allein die Beine.«

Kirk hielt den Rücken so gerade wie möglich, griff nach Teilanis Hand und zog sich hoch. Einige Sekunden später trennten nur noch wenige Zentimeter ihre Lippen voneinander, und die Zeit schien plötzlich still zu stehen. Jedes Detail ihres Erscheinungsbilds entzückte ihn.

Wenn man menschliche Maßstäbe anlegte, schien Teilani etwa fünfzig zu sein, doch ihre einzigartige genetische Struktur täuschte wie bei Vulkaniern darüber hinweg, dass sie viel älter war, über hundert. Das für den Ritt zusammengebundene Haar wies mehr graue Strähnen auf als Kirks, doch er sah sie wie in einem Halo aus glitzernden Sternen.

Von den sanften Wölbungen angedeuteter Stirnhöcker reichte der rote Striemen einer Virogen-Narbe an einem Auge vorbei über die Wange. Die gleiche genetische Behandlung, der Teilani ihre Gesundheit und Langlebigkeit verdankte, hatte auch dafür gesorgt, dass sich die Narbe nicht mit einem Protoplaser behandeln ließ. McCoy hatte den Einsatz einer experimentellen Transplantationstechnik vorgeschlagen, um die Narbe weniger deutlich werden zu lassen und es zu ermöglichen, sie ganz unter Make-up zu verbergen. Doch Teilani lehnte ab.

Vielleicht war es die Klingonin in ihr, die den Makel im Gesicht mit Ehre tragen wollte. Möglicherweise vertrat sie den Standpunkt, dass Äußerlichkeiten keine Rolle spielten, wenn man sie mit den Dingen verglich, die im Herzen einer Kriegerin wohnten. Kirk wusste nicht, was der Grund sein mochte, und eigentlich spielte es auch keine Rolle für ihn. Wenn er den Blick auf Teilani richtete, sah er weder die Narbe noch das grau werdende Haar oder die Falten, die das Alter selbst den Bewohnern von Chal brachte.

Er sah nur die Frau, die er liebte. Und es gab nichts Schöneres für ihn.

Kirk beugte sich vor, um Teilani zu küssen.

Einen Sekundenbruchteil später versteifte er sich, als sengender Schmerz durch den Rücken brannte.

Teilani zeigte kein Mitgefühl. »Fünf Minuten in der Klinik könnten das Problem für die nächsten fünf Jahre aus der Welt schaffen.«

»Ich mache auch weiterhin meine Übungen«, erwiderte Kirk. »Keine Protoplaser mehr, keine Kraftfeld-Behandlungen.«

Teilani klopfte ihm an die Stirn. »Und keine Vernunft.«

Kirk griff nach der Hand, hauchte einen Kuss auf die Finger und bedauerte es, dass ihnen Memlon Gesellschaft leistete. Er verband besonderes liebevolle Erinnerungen mit Teilani und dieser Lichtung.

Der Junge zupfte an Teilanis Gewand.

»Ja?«, fragte die Frau mit der Geduld einer Lehrerin.

»ghojmoHwl, das ist Cap'n Kirk!«

Teilani klatschte überrascht in die Hände. »Tatsächlich?«

Memlon nickte. »Sei vorsichtig«, warnte er die Lehrerin.

Teilani lächelte, als sie Kirks Miene sah. »Und warum soll ich vorsichtig sein?«, fragte sie betont ernst.

»Weil ich verrückt bin«, sagte Kirk.

Er beobachtete, wie Teilanis Lippen zitterten, deutlicher Hinweis darauf, dass sie nicht zu lachen versuchte – offenbar hörte sie so etwas nicht zum ersten Mal.

»Wer sagt das?«, fragte sie.

»Alle«, antwortete Kirk und kam damit Memlon zuvor.

»Ich verstehe. Nun, wenn es alle sagen, muss etwas Wahres dran sein.«

Memlon zupfte erneut an Teilanis Gewand.

»Außerdem hat er keinen Phaser.«

»Ich weiß.«

Memlon sah überrascht zur Lehrerin auf. »Das weißt du?«

»Er hat auch keinen Replikator«, sagte Teilani. »Darüber hinaus verzichtet er auf Tricorder, Kommunikator und Computer.«

Memlons Kinnlade klappte nach unten. »Hat er nicht einmal ein kleines Datendisplay?«

Teilani schüttelte den Kopf. »Selbst das fehlt ihm.«

Memlon musterte Kirk so, als sei er bemüht, ein Wesen aus einer anderen Dimension zu verstehen. »Wieso?«

»Wir verlassen uns zu sehr auf Maschinen«, teilte Kirk dem Jungen mit. »Wir haben zu viel von unserer Unabhängigkeit aufgegeben, zu viel von unserer Verbindung mit der Welt um uns herum. Wir haben uns von den Erfahrungen getrennt, die uns zu Menschen machen, von dem Wissen, dass wir Teil der Natur sind.«

Memlon blinzelte verwirrt.

»Hast du auch nur ein Wort von dem verstanden, was ich dir gerade gesagt habe?«

»Nein.«

Teilani bückte sich und griff nach den Händen des Jungen. »Es ist fast Zeit fürs Abendessen. Du solltest jetzt besser heimkehren.«

Memlon nickte. »In Ordnung, ghojmoHwl.« Er zog die Hände fort, zögerte kurz und schlang die Arme um Teilani.

Sie umarmte ihn ebenfalls, gab ihm einen Kuss auf die Stirnhöcker, stand auf und lachte, als Memlon über den Pfad fortlief.

Dann legte sie, ganz vorsichtig, den rechten Arm um Kirks Taille.

»Hält man mich wirklich für verrückt?«, fragte Kirk.

»Wer?«, fragte Teilani unschuldig.

Kirk runzelte die Stirn. »Die Leute. Alle.«

»Sie verstehen dich nicht.«

»Aber du verstehst mich?«

Teilanis Finger strich durch Kirks offenen Hemdkragen. »Ich liebe dich, James. Aber ich werde dich nie verstehen.«

Kirk nahm die Hand, bevor sie ihn noch mehr ablenken konnte. »Warum glaubst du das?«

Es schien Teilani zu überraschen, dass er überhaupt eine solche Frage stellte. »Weil du deine Vergangenheit ablehnst.«

»Ich lehne sie nicht ab.«

»O doch. Überall in der Föderation hören die Kinder deinen Namen in der Schule. Starfleet-Kadetten befassen sich mit deinen Logbüchern, vom ersten Studienjahr an bis zur Abschlussprüfung. Man hat Bücher über dich geschrieben und Datenmodule angefertigt. Es gibt sogar eine Oper auf Qo'noS …«

Kirk hob die Hand, um den Vortrag zu unterbrechen. »Das bin nicht ich. Es sind Reflexionen und Interpretationen, die ein eigenes Leben entwickelt haben.«

»Ich weiß. Aber sie weisen auch darauf hin, welchen Einfluss du auf das Leben von Millionen und Milliarden Personen hattest. Das kannst du nicht leugnen. Und es wäre falsch, so etwas zu versuchen.«

»Ich … leugne nicht, was ich getan habe.«

Teilani wurde ernst, und Kirk begriff: Vor ihm stand jetzt nicht vor allem die Frau, die er liebte, sondern Chals größte Diplomatin, der es gelungen war, diesen Planeten zu einer Mitgliedswelt der Föderation werden zu lassen.

»Doch, du leugnest es, James. Jeden Tag.«

Kirk schwieg.

»Du hast gegen Götter gekämpft und den Verlauf der Geschichte geändert. Du bist auf mehr Welten gewesen, als die meisten Leute aus Dokumentarberichten kennen. Und nach all dem hast du während der letzten zwölf Monate deines Lebens mit einem … Baumstumpf gerungen. Mit einem Phaser hättest du ihn in nur einer Sekunde beseitigen können. Und die Ordover, mit denen du das Feld eingeebnet hast, wären imstande gewesen, ihn in höchsten einer Minute aus dem Boden zu ziehen.«

Kirk vollführte eine Geste, die der Lichtung galt. »Dies soll unser Zuhause sein. Hier möchte ich für uns beide ein Haus bauen.«

Teilani seufzte so, als fände ein solches Gespräch praktisch jeden Tag statt. In gewisser Weise war das auch der Fall. »Du bist mein Zuhaue, James. Wohin du auch gehst, mein Herz folgt dir.«

»Mein Herz ist hier, auf Chal.«

Doch Teilani, die Augen voller Liebe, schüttelte den Kopf. »Ich weiß, dass du dir das einzureden versuchst. Aber tief in deinem Innern glaubst du etwas anderes.«

Kirk verzichtete auf eine Antwort, um keinen Disput zu riskieren. Sein Herz gehörte Chal; das wollte er glauben.

Teilanis Fingerkuppen strichen ihm über die Wange.

»Ich weiß nicht, wer sturer ist«, sagte sie. »Du oder der Baumstumpf.«

Kirk nahm ihre Hand, sah Teilani an und fürchtete die Frage, die er jetzt stellen musste. »Willst du damit sagen, es wird Zeit für mich zu gehen?«

Es gab viele mögliche Antworten auf diese grässliche Frage, und Teilani wählte ein Lächeln, mit der ganzen Wärme der beiden Sonnen ihres Heimatplaneten.

»Wenn man dich hört, James … Es ist immer alles oder nichts. Doch im Leben geht es anders zu. Du musst ein Gleichgewicht finden.«

Kirk verstand nicht. »Ich habe es gefunden, hier auf dieser Welt.«

»Du meinst, du hast hier nach einem Gleichgewicht gesucht. Aber du gehörst nicht länger auf diese Lichtung.«

Kirk blickte sich um. »Dies ist mein Zuhause.«

»Dein Zuhause wird immer ein Ort sein, zu dem du zurückkehren kannst, James.«

Tiefer Kummer erfasste Kirk, und er fragte sich nach dem Grund dafür. Lag es an der Vorstellung, Chal und Teilani zu verlassen? Oder wusste ein Teil von ihm, dass die Worte der Wahrheit entsprachen?

»Dort draußen gibt es für mich nichts mehr zu tun, Teilani. Man braucht mich nicht. Aber hier kann ich mich nützlich machen.«

Teilani schürzte ungläubig die Lippen. »Muss ich dich auch lehren, egoistisch zu sein? Du sollst Chal oder mich nicht verlassen, weil du glaubst, dass jemand deine Hilfe braucht. Brich für dich selbst auf.«

»Aber mit welchem Ziel?«, fragte Kirk.

Teilani breitete so die Arme aus, als stünde ihm das ganze Universum offen. »Du bekommst jeden Monat hundert Einladungen. Wähl eine aus. Irgendeine.«

Kirk kniff die Augen zusammen. »Du versuchst, mich loszuwerden.« Doch dann sah er in ihr den gleichen Kummer, den er selbst spürte.

»Ich kenne dich, James. Wenn du jetzt nicht gehst, wenn du nicht anerkennst, was in deinem Herzen wohnt … Dann werden sich in dir Ruhelosigkeit und Enttäuschung immer mehr verdichten, bis du eines Tages erwachst und wieder vor einer Alles-oder-nichts-Entscheidung stehst. Dann wirst du Chal und mir den Rücken kehren, um etwas zu suchen, das du noch immer nicht ganz verstehst.«

Kirk drückte Teilanis Hand so fest, als wollte er seine Finger mit ihren verschmelzen. »Niemals.«

»Gleichgewicht, James. In deinem Herzen wird immer Platz für Chal und mich sein, auch für alles andere.« Bei den letzten Worten sah sie auf, als sei es möglich, jenseits des strahlend blauen Himmels die Sterne zu sehen. »Wenn du jetzt gehst, erkennst du das vielleicht. Wenn du zu lange wartest, könnte deine Suche erfolglos bleiben.«

»Ich möchte dich nicht verlassen.«

»Ich möchte dich nur dann bei mir haben, wenn du nicht mehr daran zweifelst, dass dein Platz hier ist.«

Kirk blickte zum Baumstumpf. Er war knorrig, und seine Wurzeln steckten tief im Boden, wollten sich einfach nicht aus der Erde lösen.

Aber er war auch tot.

Hatte er dem Kampf mit dem Baumstumpf deshalb so viel Zeit gewidmet? War der Stumpf zum Symbol eines ganz anderen Kampfes geworden, seines Bemühens, auf Chal zu bleiben und ein beschauliches Leben zu führen?

»Begleitest du mich?«, fragte er.

»Hast du überhaupt verstanden, was ich dir eben gesagt habe?«

Kirk lächelte und versuchte es mit einer anderen, scherzhafteren Taktik. »Bist du sicher, dass du ohne mich zurechtkommst?«

Teilani zog an der Schnur, die Kirks Hemd öffnete. Wind strich ihm über die Brust, gefolgt von einer Frauenhand.

»Ich habe einen Plan«, sagte sie.

»Tatsächlich?«, fragte Kirk, als Teilani nach einer zweiten Schnur griff, die ihr Gewand öffnete.

»Selbst wenn du Chal verlässt«, hauchte sie und schmiegte sich an ihn. »Du wirst immer bei mir sein.«

Kirk stockte der Atem, als Teilani ihn auf den Hals küsste und er ihre Fingernägel am Rücken spürte. Ihm fiel plötzlich ein, dass sie auf einer Lichtung standen – er sah sich rasch um.

Einige Meter entfernt graste Iowa Dream in aller Seelenruhe und kümmerte sich nicht darum, was seine beiden menschlichen Begleiter anstellten. Dennoch … Vielleicht gab es Beobachter.

»Was ist mit Memlon?«, fragte Kirk.

»Er dürfte bereits auf halbem Weg nach Hause sein«, flüsterte ihm Teilani ins Ohr und zerrte am Rest seiner Kleidung. Dann richtete sie sich auf und sah Kirk in die Augen. »Was hältst du von ihm?«

Die Frage überraschte Kirk. Derzeit gingen seine Gedanken in eine andere Richtung. »Er braucht jemanden, der ihm gewisse Dinge erklärt.«

»So etwas fiele dir sicher nicht schwer«, sagte Teilani.

Kirk wusste nicht, was sie damit meinte, aber ihm lag nichts daran, dieser Sache ausgerechnet jetzt auf den Grund zu gehen.

Mit beiden Händen hielt er Teilanis Kopf, küsste die kleinen Wölbungen an der Stirn, die spitzen Ohren, atmete den Duft des von der Sonne erwärmten Haars ein.

»Dein Plan gefällt mir«, sagte er.

»Ich habe kaum daran gezweifelt, dass er deine Zustimmung finden würde.«

»Aber vielleicht ist dies nicht der geeignete Zeitpunkt, wenn wir an meinen Rücken denken.«

Sie sah ihn an, die Augen halb offen, der Atem flach, die Lippen geteilt. »Überlass das mir.« Das Lächeln verwandelte sich in ein schelmisches Schmunzeln. »Wie einmal jemand sagte: Widerstand ist zwecklos.«

Kirk lachte. Unter den Sonnen von Chal kamen ihre Schatten zusammen und wurden zu einem. Er fand Frieden in diesen zeitlosen Momenten – sie waren wie ein Schild, der ihn vor den Aktivitäten der nächsten Tage schützte.

Denn er wusste, dass Teilani Recht hatte. Er musste sich wieder ins Universum hinauswagen, obgleich er tief in seinem Innern fürchtete, dass es dort draußen keine Herausforderungen mehr für ihn gab.

Was sollte der Weltraum mit einem Helden anfangen, dessen Zeit vorüber war?

Kapitel 2

Wie ein im Käfig gefangenes Raubtier wanderte Jean-Luc Picard im Kontrollraum der Enterprise umher, ohne auf die Vibrationen zu achten, die gelegentlich den Boden unter ihm erzittern ließen. Vor zehn Jahren wäre er vielleicht bereit gewesen, eine solche Mission zu akzeptieren. Heute sah er nur Verschwendung darin, eine Vergeudung von Ressourcen und Zeit.

Und Picard hielt sowohl das eine als auch das andere für viel zu kostbar.

Er stand auf dem etwas höher gelegenen Bereich am Rand der Brücke, als eine weitere Erschütterung die Enterprise erfasste. Immer wieder trafen Subraumwellen das Schiff sie waren nicht gefährlich, nur ein Ärgernis. Picard hätte sie einfach ignorieren können, aber er befürchtete, dass sie bei der Crew zu Nervosität führten, trotz der Monotonie ihres derzeitigen Einsatzes. Künstliche Gravitation und Trägheitsabsorber stabilisierten die Fluglage der als Picard hinter dem einzigen Brückenoffizier stehen blieb, der es normalerweise nicht als störend empfand, wenn ihm der Captain über die Schulter blickte. Aber diesmal reagierte selbst Data und wandte sich von der wissenschaftlichen Station ab.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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