Tentakelblut - Dirk van den Boom - E-Book

Tentakelblut E-Book

Dirk van den Boom

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Beschreibung

Gibt es wirklich kein Mittel gegen die grausamen Tentakel-Eroberer? Auf der Erde bricht die staatliche Ordnung langsam zusammen und die von den Menschen kontrollierten Gebiete schrumpfen. Einige planen die Flucht, andere müssen sich in Gefangenschaft und Exil behaupten. Nur das Heimatsystem der Allianz scheint gegen jeden Angriff geschützt, ein sicherer Hafen für Flüchtlinge aus der ganzen Galaxis, oft die letzten Überlebenden ganzer Zivilisationen. Doch was ist, wenn auch diese letzte Bastion zu fallen droht? Und was passiert, wenn die Bedrohung durch die Tentakel durch eine viel größere in den Schatten gestellt wird? Die Romane der Reihe in der Übersicht: Trilogie 1: 1) "Tentakelschatten" 2) "Tentakeltraum" 3) "Tentakelsturm" Trilogie 2: 4) "Tentakelwacht" 5) "Tentakelblut" 6: "Tentakelreich" Trilogie 3: 7) "Tentakelfürst" 8) "Tentakelkaiser" 9) "Tentakelgott" Alle Romane sind einzeln als Paperback mit Klappenbroschur lieferbar. Die Bände 1 bis 3 gibt als eBook in einem Sammelband: "Tentakel: Der erste Krieg" Diesen Sammelband gibt es auch als Hardcover. Die Bände 4 bis 9 gibt es als eBook jeweils als Einzelband und ebenfalls als Hardcover als Einzelband.

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Inhalt

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Zwischenspiel

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Zwischenspiel

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Zwischenspiel

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Dirk van den Boom

Tentakelblut

Eine Veröffentlichung des Atlantis-Verlages, Stolberg Februar 2020 Druck: Schaltungsdienst Lange, Berlin Titelbild: Allan J. Stark Umschlaggestaltung: Timo Kümmel Lektorat und Satz: André Piotrowski ISBN der Paperback-Ausgabe: 978-3-86402-132-9 ISBN der E-Book-Ausgabe (EPUB): 978-3-941258-42-6 Dieses Paperback/E-Book ist auch als Hardcover-Ausgabe direkt beim Verlag erhältlich. Besuchen Sie uns im Internet:www.atlantis-verlag.de

1

Slap erwachte und fühlte sich wohl.

Es gab verschiedene Gefühlszustände nach einem langen Schlaf, der sich intensivem Sex angeschlossen hatte. Man wachte möglicherweise mit Muskelkater auf, was Rückschlüsse darauf zuließ, dass man Muskeln benutzt hatte, über deren Existenz man gar nicht informiert gewesen war. Wund gescheuerte Kniescheiben waren auch nicht selten. Dann war da eventuell dieses wohlige Gefühl, das einen noch für einige Momente in der Wärme verharren ließ, aber mit einem bereits so wachen Geist, dass an weiteren Schlaf nicht mehr zu denken war. Wenn man Glück hatte, war man aufgewacht, weil sich die Freundin gerade in Richtung Badezimmer begab, und der erste Anblick aus schläfrigen Augen fiel dann auf die sich langsam entfernenden Pobacken. Man konnte dann eine Hand ausstrecken oder besser noch, sich im Bett so weit rollen, bis man diese warme Stelle fand, auf der der Frauenkörper eben noch gelegen hatte.

Für Slap war das Erwachen an diesem Morgen all dies und noch mehr. Denn als sein schläfriger Blick auf die sich entfernenden Pobacken fiel, hatte ihm noch ein kleines Gewimmel feucht glänzender Tentakel zugewunken.

Das war einfach unbeschreiblich toll.

Es dauerte natürlich keine Minute, bis die Fakten der Realität Einzug in Slaps Gedanken erhielten. Etwa die Tatsache, dass die Tage seines Aufenthaltes bei der Allianz gezählt waren und er bald in das heimische Sonnensystem zurückkehren musste. Zwar würde Alien-Mirinda ihn begleiten, ebenso zwei Botschafter der Allianz, aber die Tage danach würden kaum Gelegenheit bieten, die Aktivitäten der letzten Nacht fortzusetzen. Im schlimmsten Falle würde man sie voneinander trennen und er würde sie niemals wiedersehen.

Slap richtete sich langsam auf. Der Stoff des Bettlakens und der Decke hatte offenbar sowohl die reichhaltig verteilten Körperflüssigkeiten wie auch die damit verbundenen Gerüche aufgesogen, jedenfalls fühlte sich der Stoff wie frisch gewaschen an. Er lauschte, wie Mirinda im Badezimmer eine Schalldusche nahm – Avatar oder nicht, Kunstwesen oder ›normal‹, sie achtete auf ihre Körperhygiene, und das war nichts, was Slap sonderlich missfiel –, und schaute sich in dem Quartier um, das er seit seiner Ankunft auf der Allianzstation bewohnte. Auf dem Tisch erwartete er die Reste ihres gestrigen Abendessens, doch hatte die Automatik während ihres Schlummers abgeräumt. Slap durfte sich noch auf ein gemeinsames Frühstück freuen, ehe der Ernst des Lebens wieder begann.

Mirinda kam aus dem Badezimmer, den Körper in ein großes Tuch gehüllt. Sie sah Slap abschätzend an und schürzte die Lippen.

»Ich erkenne bei dir die latente Bereitschaft, erneut sexuelle Aktivitäten zu initiieren«, erklärte sie auf ihre romantische Art und betrachtete seinen Penis mit einem sezierenden, wissenschaftlichen Interesse, das Slap aus unerfindlichen Gründen wahnsinnig aufgeilte. Sie konnte auch normal reden. Aber Slap gegenüber ließ sie gerne ihre artifizielle Herkunft raushängen, das gehörte ein wenig zu dem Spielchen, das sie manchmal miteinander spielten.

»Ich muss dich leider enttäuschen. Wir haben einen Terminplan und du musst dich stärken. Ich bestelle ein Frühstück«, goss Mirinda die verbale kalte Dusche über ihn aus, die er im Stillen befürchtet hatte. Slap seufzte.

Mirinda sah ihn forschend an.

»Dein Bedauern scheint echt zu sein. Auch ich hätte mir eine andere Anordnung der heute vorgesehenen Ereignisse gewünscht. Es ist keinesfalls so, dass ich unsere körperliche Interaktion nicht genießen würde. Ich bin empfindsam.«

»Und das an Stellen, die gibt es gar nicht«, ergänzte Slap grinsend und schwang seine Beine über die Bettkante.

Mirinda schenkte ihm ein Lächeln, trat nach vorne, beugte sich etwas herunter und küsste Slap auf sehr altmodische Art auf die Stirn.

»Deine Scherze verdecken emotionale Zustände, mit denen du dich irgendwann auseinandersetzen musst«, murmelte sie leise.

Slap schaute sie verwirrt an, dann runzelte er die Stirn.

»Und wie ist es mit dir?«, gab er ebenso leise zurück. »Gibt es bei dir auch solche emotionalen Zustände?«

Mirinda sah ihn rätselhaft an. »Ich entwickle die entsprechenden psychischen Algorithmen noch. Obgleich ich auf der Basis bewährter KI-Modelle geschaffen wurde, bin ich nun im Modus freier Extrapolation und erhöhe die Komplexität schrittweise. Ich werde dir diese Frage zu gegebener Zeit beantworten.«

Ob sie das tatsächlich so meinte oder nur wieder einen ihrer Sprüche aufsagte, war schwer zu ermessen.

Slap schüttelte den Kopf und stand auf. »Mirinda, du bist auf so erfrischende Art und Weise unromantisch, das mag ich an dir.«

»Das ist alles?«

Slap fuhr sich über die Haare. »Diesen Hang zu tiefgründigen Gesprächen über Gefühle und Sympathien – ist der vorprogrammiert gewesen oder hast du ihn als typische weibliche Eigenschaft aus meinem Bewusstsein entnommen, als ihr mich gescannt habt?«

Mirinda lächelte sanft.

»Das Frühstück«, sagte sie dann. »Das Gleiche wie gestern?«

Slap seufzte. Mit jedem Tag wurde Mirinda menschlicher, vor allem dann, wenn sie die Androidenmaskerade beendete und einfach so redete, wie sie wollte – oder wie sie wirklich war. Sie galt in der seltsamen Gesellschaft der Allianz als vollwertige Intelligenz, ganz unabhängig davon, woher sie kam und wie sie entstanden war. Man beeinflusste ihre individuelle Entwicklung kaum. Und das bedeutete zweifelsohne nicht nur, dass sich ihr Charakter mehr und mehr ausbildete, es hieß auch, dass sie ganz langsam ihre eigenen Macken entwickelte.

Slap starrte für einen Moment auf die gigantischen, straffen Brüste, die sich deutlich unter dem dünnen Tuch abzeichneten.

Verdammt, dachte er dann resigniert, er würde jede Macke ertragen, solange er nur weiterhin die Erlaubnis erhielt, an die da ranzukommen.

Und das war, wie er ehrlich zugeben musste, jetzt auch kein besonders romantischer Gedanke.

Slap tappte ins Bad und tat, was getan werden musste, ehe er sich an den mittlerweile gedeckten Frühstückstisch setzte.

»Ich sollte das hier genießen«, sagte er, als er ein handwarmes Stück Gebäck ergriff und aufriss. »Wenn ich wieder im Sonnensystem bin, wird es so etwas Leckeres eine Weile nicht geben.« Er sah Mirinda bedeutungsvoll an. »Zumindest für mich nicht. Dir werden sie die frischen Brötchen förmlich aufdrängen.«

Mirinda sah ihn etwas seltsam an. »Ich bin mir nicht sicher, ob deine Einschätzung sonderlich realistisch ist.«

»Oh doch, glaub mir. Ich bin nur ein Krimineller, der seine Pflicht erfüllen durfte. Ich werde noch eine Weile befragt, aber nur, wenn ihr von der Allianz ein gutes Wort für mich einlegt, habe ich eine Chance, mehr als nur die übliche miserable Controllerexistenz zu führen.«

Er sah sie hoffnungsvoll an. »Ihr könnt es ja zumindest mal erwähnen.«

Mirinda lächelte. »Ich versichere dir, dass deine Existenz nicht miserabel, vor allem aber nicht gewöhnlich sein wird.«

Slap seufzte. »Ich wünschte, ich hätte deine Zuversicht.«

»Zuversicht ist vielleicht nicht das richtige Wort, Slap«, erwiderte Mirinda und trank etwas, das wie Orangensaft aussah und nach Slaps Meinung auch in etwa so schmeckte. Obgleich »nur« ein Avatar, war auch ihr Körper auf Energiezufuhr angewiesen, und obgleich sie dafür alles zu verarbeiten imstande war – Slaps reichliche Samenspenden wurden ebenfalls als Nahrung in Energie umgewandelt –, zog Mirinda es offensichtlich vor, auch geschmacklich angenehme Dinge zu sich zu nehmen. Und sie hatte auch dabei noch spezielle Vorlieben.

Das Frühstück verlief schweigend, bis sie sich für den Termin mit Sobhex fertig machten, den letzten, wie Slap nunmehr annahm, ehe er nach Terra zurückkehren würde. So etwas wie Wehmut erfasste ihn. Sein Heimweh hielt sich wirklich in eng bemessenen Grenzen. Es gab nichts – oder nur sehr wenig –, was ihn an die Erde band. Die meisten Erinnerungen an sein bisheriges Leben hatten etwas mit Mühsal, Drangsalierung, Furcht, Flucht und Unsicherheit zu tun. Die Allianz, so rätselhaft dieses Bündnis für ihn in vielerlei Hinsicht auch noch war, bot ihm Sicherheit, eine Perspektive, eine Anerkennung und … Mirinda.

Es war interessant, welche neue Lebensperspektive einem große Tentakeltitten geben konnten.

Slap zog seine Uniform zurecht, die erneut frisch gewaschen worden war. Sie knisterte, als wäre sie gerade erst hergestellt worden. Der Zimmerservice funktionierte auch in dieser Hinsicht einwandfrei. Dies war ebenfalls etwas, was er vermissen würde. Es bereitete ihm durchaus Freude, einfach mal bedient zu werden.

Als er mit Mirinda seine Unterkunft verließ – und das möglicherweise für immer –, war Slap fast traurig. Er dachte einen Moment daran, sich einfach aus dem Staub zu machen oder bei der Allianz um Asyl zu bitten – falls die diese Idee überhaupt kannten oder auf Individuen anwendeten. Es war ein wirrer, von beginnender Verzweiflung geprägter Gedanke, der natürlich nur genau das bleiben würde: eine wilde Träumerei, Ausdruck des Wunsches nach einem besseren Leben.

Er war sich nicht böse für diese Anwandlungen. Sie waren ungefährlich für ihn selbst, solange er sie unter Kontrolle behielt.

Als sie das nunmehr altbekannte Konferenzzimmer erreicht hatten, wartete Sobhex bereits auf sie. Ein weiterer Alien war gleichfalls anwesend, und diesen hatte Slap vorher noch nicht getroffen. Er sah aus wie ein aufrecht gehender Zylinder, der am Fußende über eine Vielzahl an kleinen Beinchen verfügte und am Kopfende über eine Verdickung mit einem Kranz an Organen, von denen einige Augen zu sein schienen. Er war gut zwei Meter groß und sah aus, als würde er bei jeder Bewegung in Gefahr geraten umzufallen. Slap versuchte, ihn nicht einfach nur anzustarren. Es würde noch eine Weile dauern, bis er sich an diese Art von Anblick gewöhnt hatte.

»Dies, lieber Bote der Erde, ist mein guter Freund Lebholt Tandary. Er ist Kontaktspezialist, Xenopsychologe und Mentor.«

Slap murmelte eine Begrüßung. Er nahm an, dass Tandary niemand war, der durch das möglicherweise unhöfliche Verhalten eines anderen Aliens zu beleidigen war.

»Lebholt Tandary wurde dir als Mentor und Lehrer zugeteilt, verehrter Mensch.«

Slap horchte auf.

»Lehrer?«

Sobhex machte etwas, das Slap mittlerweile als zustimmende Geste zu interpretieren in der Lage war.

»Natürlich. Du musst viel lernen, mehr, als du für möglich hältst.«

»Aber …«

»Du wirst nicht zur Irdischen Sphäre zurückkehren, mein Freund«, sagte Sobhex. »Du bleibst hier bei uns. Ist dies nicht dein Wunsch?«

Slap brachte nur ein Nicken zustande. Sein Blick wanderte zu Mirinda, die ihm zulächelte und aufmunternd die Schulter tätschelte. Sie atmete tief ein. Sehr tief.

Wahnsinnig tief.

Heute, so beschloss Slap, war Weihnachten.

2

Die Kampfhubschrauber vom Typ »Iron Hornet« waren nicht besonders groß, sie boten gerade einmal Platz für den Piloten sowie den Bordschützen. Aber sie waren so massiv gepanzert, dass sie ihrem Namen alle Ehre machten, und deshalb in Bezug auf ihre Flugeigenschaften auch nicht besonders schnell und wendig, trotz ihrer geringen Größe. Unter der stumpfen Nase befand sich eine um 360 Grad schwenkbare Gatling, geführt wahlweise vom Bordschützen oder einer Kanonier-KI, die vorher mit Feind- und Freundmustern gefüttert worden war. Unter den kurzen Stummelflügeln waren die insgesamt 16 möglichen Raketen befestigt. Die Auswahl dafür war riesig, doch Roby und sein Pilot, ein 54-jähriger Veteran namens Collins, der für die Kirche der Heiligen Rahel arbeitete, hatten sich unzweideutig entschieden: Es waren Napalmraketen, die sich gegen Tentakel schon in der Vergangenheit als besonders effektiv erwiesen hatten. Und gegen die Tentakel sollte es gehen.

Wie immer.

Es war ein früher Morgen auf dem kleinen Flugfeld, etwa 10 Kilometer vom Sammelpunkt der Rahels und ihrer Anhänger entfernt. Drei Iron Hornets standen bereit, die inoffizielle Kirchenluftwaffe, und ihr Auftrag lautete wie jeden Tag, Geleitschutz für Konvois zu fliegen, die sich aus der ganzen Welt in Richtung des Treffpunkts aufgemacht hatten. Die meisten hatten Glück: Wenn sie sich aus den Kämpfen heraushielten und die Brückenköpfe der Aliens umgingen, hatten sie mit ihren meist gepanzerten und bewaffneten Fahrzeugen gute Chancen, heil anzukommen. Einige Wagemutige hatten sogar Flugzeuge oder große Schweber benutzt, hier war das Risiko ebenfalls nicht sehr hoch, wenn man sich aus den Kampfzonen heraushielt. Das unterirdische Tunnelsystem, das die großen Metropolen miteinander verband, war ebenfalls bis zu einem gewissen Punkt hilfreich – aber die letzten 150 bis 200 Kilometer mussten alle überirdisch zurücklegen. Und je mehr Tentakel landeten – es landeten ständig welche –, desto größer wurde die Wahrscheinlichkeit, dass auch einer der Konvois angegriffen wurde. Die drei Hornets hatten eine Reichweite von rund 300 Kilometern, wenn man eine längere Kampfphase und eine sichere Rückkehr mit einrechnete. Sie waren schnell einsatzbereit und sehr robust. Das machte sie zur perfekten Deckung aus der Luft und zu einer Nemesis für voreilige Tentakeltruppen. Aber es waren nur diese drei, und sie konnten nicht überall sein.

Roby aber wollte sich nützlich machen. Er hatte sich freiwillig für eine der drei 8-Stunden-Schichten gemeldet, und er war in einem Crashkurs zum Schützen ausgebildet worden. Da die KI ihn dabei unterstützte – und wie er manchmal fand, eigentlich überflüssig machte –, hatte er die Tests mit Bravour bestanden. Es hatte sich gezeigt, dass er ein Talent für Lageeinschätzung, für die Priorisierung der Waffensysteme und für die Anpassung an sich schnell verändernde Bedrohungsszenarien hatte. Die Tatsache, dass er ein Borderline-Controller war, half ihm immens, mit einer KI enger zusammenzuarbeiten, als es einem normal Begabten möglich war.

Er brach nunmehr zu seiner sechsten Mission auf, und alle fünf davor hatte er erfolgreich absolviert. Tentakeltrupps lagen als Asche am Rande der Mojave-Wüste und die von diesen angegriffenen Konvois waren bis zum Treffpunkt durchgekommen. Es waren oft nur sehr kleine Kolonnen, niemals mehr als vier oder fünf Fahrzeuge und alle selbst bewaffnet.

So sah Roby seinem erneuten Einsatz mit Zuversicht entgegen. Und mit Furcht, denn der Konvoi, dessen Schutz sie jetzt zu übernehmen hatten, war größer als alle bisherigen – die Rahels sprachen von acht Fahrzeugen, darunter neben den üblichen Vans auch zwei Reisebusse – und er war etwas Besonderes, denn in einem der Busse saß Bella, und an ihrem Durchkommen hatte Roby ein großes persönliches Interesse.

Er checkte die Waffensysteme besonders gründlich. Collins nickte ihm beifällig zu. Der ältere Mann hatte seine Reflexe noch nicht verloren, das hatte er jetzt schon mehrmals bewiesen. Zentrale Ursache dafür war sein unablässiger Konsum verbotener Psychodrogen, die ihm die mentale Reaktionsgeschwindigkeit eines 20-jährigen gaben. Wie Collins selbst zugab, würde das Zeug, das er einwarf, ihm wohl binnen eines halben Jahres das Hirn weggefressen haben – bis dahin jedoch sollten alle am Treffpunkt sein und er war dann eh zu nichts mehr nütze. Von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen war niemand über 45 für den Flug zur Hopeful Vengeance vorgesehen, dem großen Generationenraumschiff, das die Rahels für ihre Gefolgsleute bereithielten.

Roby hatte mit den Ohren geschlackert, als er Bilder des Raumschiffes gesehen hatte. Er würde die Kirchenführung fragen müssen, wie sie es nur geschafft hatte, diesen Koloss die letzten 150 Jahre über zu bauen und vor der Militärregierung zu verstecken. Aber im Weltall waren wahrscheinlich auch die größten Konstruktionen letztlich nur eine Nadel im Heuhaufen.

Er würde trotzdem fragen. Er wusste vieles noch nicht.

Unter anderem, ob er selbst auch auf die Hopeful Vengeance durfte oder nicht.

45 Jahre alt war er jedenfalls noch lange nicht.

»Wir sind dann so weit«, riss ihn Collins aus seinen Gedanken. Roby nickte dem Piloten zu und kletterte in das enge Cockpit in die Sitzmulde direkt vor dem Steuerknüppel, zog die Gurte straff um seinen Körper und betrachtete die blinkenden Instrumente der Zieleinrichtungen. Obgleich er über kein NeuroLAN verfügte, kam Roby mit allem gut zurecht, reagierte angemessen schnell; den Rest erledigte die KI ohnehin viel besser und effektiver als ein menschlicher Finger am Abdruck.

Das sanfte Singen der Turbinen wurde lauter, als die Motoren hochgefahren wurden. Die gläserne Schutzhülle schob sich über Robys Sitz und dämpfte das durchdringende Geräusch nur unzureichend. Vibrationen durchfuhren den schlanken Leib der Hornet.

»Wir haben Startfreigabe«, informierte ihn Collins. Unmittelbar danach zog er den Kampfhubschrauber hoch. Er war kein Pilot, der zu wilden Manövern neigte, um andere zu beeindrucken. Die Zeit der testosterongeschwängerten Kapriolen war lange vorbei. Roby war dankbar dafür. Collins startete die Maschine butterweich und beschleunigte mit völlig normalen Werten. Die kleine Einheit verfügte über Andruckdämpfer, die aber erst jenseits von 3 g einsetzten, um dem Piloten das Gefühl für die Steuerung nicht zu nehmen. Roby hatte gefrühstückt und er verfolgte die feste Absicht, die Nahrung auch bei sich zu behalten.

»Wir sind auf Kurs«, murmelte Collins. Roby hörte in seinem Helm, dass der Mann absolut ruhig atmete, was auch auf ihn selbst durchaus beruhigend wirkte. Er schaute aus dem Cockpit auf die eintönige Wüstenlandschaft unter ihnen, die nur so dahinhuschte. Die Hornet war nicht allzu schnell, besaß aber einen unterstützenden Düsenantrieb, der sie mächtige Sätze machen ließ, sollte es sich als notwendig erweisen. Technisch war der Hubschrauber in vielerlei Hinsicht veraltet. Dennoch fühlte sich Roby nicht unwohl. Es war einfach ein gutes Gefühl, etwa zwanzig Zentimeter Speziallegierung zwischen sich und den Tentakeln zu wissen und gleichzeitig in der Lage zu sein, umfassende Vernichtung auf die Invasoren hinabregnen zu lassen. Die schwächste Stelle waren die Sichtkanzeln und das verstärkte Plexiglas. Hier konnte eine Tentakelspore am ehesten durchbrechen.

»Erreichen Ziel in zwanzig Minuten«, hörte er Collins. Roby atmete tief durch und betrachtete die Ortungsschirme. Noch war der Konvoi nicht zu erkennen. Aber die Meldungen waren eindeutig gewesen: starke Tentakelaktivität in der Region. Zwar waren auch einige Milizen in der Gegend unterwegs – unter anderem eine Gruppe von Survivalists der Redneck-Army –, aber die Tentakel hatten die Tendenz, multiple Ziele lieber parallel anzugreifen, anstatt sich auf eine taktische Option zu einigen und die Gegner nacheinander zu erledigen. Wenn man über diese Art von Nachschub verfügte, konnte man sich das leisten – und dadurch überdies verhindern, dass die Feinde sich gegenseitig zur Hilfe eilten.

Den drei Hornets, die böse summend ihrem Ziel zustrebten, kam dies entgegen. Sie würden sich nicht mit der gesamten Tentakelmacht in diesem Sektor auseinandersetzen müssen, sondern nur mit der Abteilung, die den Konvoi als lohnenswertes Ziel auserkoren hatte.

»Letzter Waffencheck«, kündigte Roby an. »Gatling auf Grün. Raketen auf Grün.«

»Welche Mun hast du geladen?«

»Wie bei den Raketen: heiß brennende Patronen mit kondensiertem Napalm.«

Collins lachte zufrieden auf. »Sie sollen brennen!«

»Das sollen sie«, bestätigte Roby und streichelte über die Zielerfassung. Wenn sie Glück hatten, waren die Tentakel noch weit genug vom Konvoi entfernt, dass sich ein freies Schussfeld ergab und er ohne Rücksicht auf mögliche Kollateralschäden in die Vollen greifen konnte. Waren die Aliens zu nahe an den Fahrzeugen, würde der Angriff weitaus komplizierter werden und die Bewaffneten im Konvoi selbst würden sehr viel größere Verantwortung für den Schutz ihrer Insassen tragen.

»Erreichen Ziel in zehn Minuten. Wir haben ein Radarbild!«

Roby konzentrierte sich. Auf dem Schirm vor ihm zeichneten sich die ersten Ortungsergebnisse ab. Die Fahrzeuge des Konvois trugen, wie alle Einheiten der Kirche, einen Freund-Feind-Sender und waren klar auszumachen. Roby presste die Lippen zusammen. Die Tentakel waren nahe, und es waren viele. Wenn die Scans nicht täuschten, hatten sie es mit mehreren Hundertschaften zu tun, aber offensichtlich nur mit Bodentruppen ohne schweres Gerät. Da die Tentakelkrieger wandelnde Flugabwehrgeschütze waren – ein weiterer unerfreulicher Aspekt ihres effizienten biologischen Designs –, waren sie grundsätzlich auf so eine Art der Unterstützung auch gar nicht angewiesen.

»Wir kommen keine Sekunde zu früh«, murmelte Roby. »Sie bilden einen Kreis.«

Collins grunzte etwas. Es kamen vergleichbare Meldungen aus den beiden anderen Maschinen. Der Konvoi fuhr von der Straße ab und die Fahrzeuge begannen, eine Festung zu etablieren mit freiem Schussfeld in alle Richtungen. Einfach weiterfahren hätte zu ihrem nahen Untergang geführt, da die Tentakel jetzt von allen Seiten anrückten.

»Konvoi 7, Konvoi 7, hier sind die Hornets. Status bitte!«

Collins hatte die Kommunikation für sie übernommen. Die Antwort kam sofort und Roby erkannte die Stimme auf Anhieb. Er war kein bisschen überrascht darüber, dass Bella dort unten das Kommando führte.

»Hier ist Konvoi 7. Wir haben 140 Passagiere, davon die Hälfte bewaffnet. Wir erwarten ersten Feindkontakt in fünf bis zehn Minuten.«

»Bestätige. Zwei unserer Maschinen werden versuchen, euch die Straße frei zu räumen, die dritte unterstützt direkt eure Verteidigung. Sobald die Straße frei ist, macht euch wieder auf den Weg.«

»Wir warten auf euer Signal, Hornets.«

Collins wandte sich an Roby. »Wir sind die dritte Maschine.«

»Verstanden.«

Collins wusste zwar nicht, dass Roby Bella kannte und daher das starke Bedürfnis verspürte, hier so effektiv wie möglich zu helfen, aber er traf trotzdem die einzig richtige Entscheidung. Robys Motivation erreichte ihren Höhepunkt. Er wollte jetzt wirklich Tentakel brennen sehen.

Sein Blick wanderte vom Bildschirm zum gehärteten Plexiglas der Kanzel. Nun waren die Fahrzeuge des Konvois gut auszumachen. Und sie flogen bereits über Tentakelhorden hinweg, die sich zielstrebig auf ihre Opfer zubewegten. Robys Finger zuckten über dem Abzug, doch er beherrschte sich. Das eigene Feuer mit dem des Konvois zu vereinen und eine Wand der Vernichtung zu erzeugen, würde sich als effektiver erweisen. Tentakel gaben nicht leicht auf – man ging davon aus, dass sie nicht in der Lage waren, schnell Furcht zu empfinden –, aber sie zogen sich bei überwältigender Übermacht zurück, meist auf Anweisung von Offiziertentakeln, die im Gegensatz zum Fußvolk offenbar etwas zu verlieren hatten.

Aufgrund der Informationen der »Allianz« sickerten immer mehr Details über die Struktur der Tentakel durch. Roby hatte sich noch nicht sehr intensiv damit befassen können, doch es war klar, dass die intelligenteren, autonom handelnden Tentakel»klassen« Eigeninteressen verfolgten, die mit der Wahrscheinlichkeit zu tun hatten, ihr genetisches Material in die Sprösslinge zu verpflanzen, die für die jeweils nächste Invasionswelle herangezüchtet wurden. Und hier wurden nur jene berücksichtigt, die sich beim aktuellen Feldzug als erfolgreich erwiesen hatten. Roby konnte dieser Art von »Zuchtlogik« nicht allzu viel abgewinnen, für die Tentakel aber schien sie Sinn zu ergeben, und das machte ihre Anführer zu einem gewissen Grad berechenbar.

»Wir sind in Position.«

Die Hornet schwebte etwa 25 Meter über dem Kreis aus Fahrzeugen. Roby konnte gut erkennen, wie die Passagiere sich bereit machten. Alle Wagen waren zusätzlich gepanzert, die beiden großen Busse trugen drehbare Lafetten auf dem Dach, hinter denen die stumpfen Rohre jeweils einer 57-mm-Kanone hervorlugten. Auch diese würden Brandmunition verwenden, dessen war sich Roby sicher. Alle anderen Bewaffneten suchten sich eine geeignete Deckung, ihre Waffen unterschieden sich stark voneinander. Da waren die öffentlich verteilten Schrotgewehre, aber auch Standard-Militärwaffen, die eine oder andere Bazooka und Handfeuerwaffen unterschiedlichen Kalibers. Wahrscheinlich gehörten auch ein paar Maschinenpistolen oder -gewehre dazu, verkauft von Läden wie jenen, in dem Bella gearbeitet hatte. Sie selbst würde ganz ausgezeichnet ausgerüstet sein, da sie ja quasi an der Quelle gesessen hatte.

»Da kommen die Ersten!«

Robys blick fuhr hoch und erfasste die Anzeigen im Zielradar. Eine Abteilung Tentakel stürmte vorwitzig auf sie zu, die Sporenwaffen abschussbereit, aber noch außer Reichweite.

Die Hornet hatte dieses Problem nicht.

Roby musterte die Packungsdichte der Formation, schaltete zwei Napalmraketen frei und aktivierte deren Zielführung. Die KI des Waffencomputers meldete sofort Bereitschaft.

»Ich feuere nach Belieben«, meldete Roby sich bei Collins an.

»Dann leg mal los. Ich halte das Baby ruhig.«

Roby tat es. Der Helm dämpfte das wilde Hämmern der Gatling, als sie anfing, ihre anfangs unscheinbar wirkende Munition in die Tentakelhorde zu pumpen. Auch die beiden Raketen, die zischend die Halterungen der Hornet verließen, wirkten in den ersten Augenblicken eher wie glorifizierte Feuerwerkskörper.

Aber dann.

Die beiden Raketen detonierten etwa einen Meter über den Köpfen der Tentakel. Sie breiteten einen ultrahoch erhitzten Glutball aus, der alles im Umkreis von gut einhundert Metern unmittelbar zu Asche verglühte. Die Tentakel außerhalb dieses Gebiets fingen schlicht Feuer, brannten oder schmolzen, wankten wie Grashalme in einem Hitzesturm. Es war keine große Druckwelle, die von den Raketen erzeugt wurde, aber die Hitze aus der Explosion und die Glutpartikel, die in alle Richtungen verteilt wurden, hatten eine vergleichbare Wirkung. Zwei große, brennende Löcher wurden in die Formation der Tentakel gerissen.

Die Aliens schüttelten den Schlag ab. Alle, die noch marschieren konnten, stürmten weiter nach vorne.

Direkt in die Garben aus der Gatling. Mit rund 200 Schuss pro Minute war die Feuergeschwindigkeit der mächtigen Waffe nicht groß. Doch die fetten Napalmpatronen waren eine kleinere Version der beiden Raketen, und trafen sie auf einen Widerstand, ließen sie Hunderte kleiner Feuerblumen wachsen, in denen zwei oder drei Tentakel sofort verzehrt wurden und ihre Kameraden schwerste Verletzungen erlitten. Eine effektive Waffe, die dort außer Gefecht setzte, wo sie nicht tötete, und die die Luft über dem Schlachtfeld vor aufsteigender Gluthitze ins Wabern brachte.

Roby wusste, dass die einfachen Tentakelsoldaten bei solcher Gegenwehr und solchem Leid zu schreien begannen. Er wusste nicht, ob dies Ausdruck von Schmerz oder Verzweiflung war oder doch nur eine Anfeuerung an alle, trotzdem weiter vorzurücken. Hier oben, geschützt durch den Helm und die Kanzel, vernahm er diese Schreie nicht, und er war für diese Gnade sehr dankbar. Es war ein durchdringendes, ein aufwühlendes Geräusch, das bei jedem, der noch ein Herz besaß, unvermittelt Mitleid erzeugte. So mancher Soldat senkte daraufhin voreilig die Waffe, nur um dann selbst von einer Tentakelspore hingestreckt zu werden.

Roby war über diese Art von Anteilnahme schon lange hinweg. Aber dennoch war es gut, diese akustische Tortur nicht mitmachen zu müssen. Stattdessen konzentrierte er sich ganz und gar auf die Arbeit des Mordens, des gnadenlosen Niedermähens. Er wollte die Tentakel brennen sehen, sie alle, und er spürte, wie er in die Trance eines jeden konzentrierten Schützen glitt, Ziele markierte, Prioritäten verteilte und mit einer ganz eigenen Befriedigung die Opferzahlen der KI-Statistik betrachtete.

Die Zahlen waren schön. In ihrer Klarheit und Einfachheit sagten sie nur das eine aus: Bella war in Sicherheit, denn alle, die ihr etwas Übles wollten, vergingen in der unerbittlichen Abwehr ihrer Beschützer.

Roby feuerte zwei weitere Raketen ab. Die Reihen der Feinde lichteten sich. Doch das waren nur die ersten Abteilungen gewesen. Er schaute auf die Uhr, hatte im Kampf jedes Zeitgefühl verloren. Es waren noch keine zehn Minuten vergangen, seit er das Feuer erstmals eröffnet hatte. Die Ausbeute war gut.

Die beiden anderen Hornets hatten gleichfalls reiche Ernte eingefahren. Die Straße war frei, und das auf mehrere Kilometer. Die Tentakel schienen das auch zu begreifen und die verbliebenen Abteilungen änderten ihre Marschrichtung. Zeit für den Konvoi, wieder an Aufbruch zu denken.

»Konvoi, hier Geschwaderführer«, hörte er die Stimme von Collins.

»Hornets, hier ist der Konvoi«, antwortete sofort Bella. Der Klang ihrer Stimme war ein Labsal in Robys Ohren. »Ihr habt gute Arbeit geleistet. Wir lösen den Abwehrring auf und machen uns auf den Weg. Behaltet uns im Blick.«

»Wir sind bei euch«, versicherte Collins und Roby fühlte jedes dieser Worte.

Der Konvoi verwandelte sich wieder in eine Linie von Fahrzeugen. Die Fahrer drückten aufs Pedal und Staub kam auf. Die Passagiere eröffneten das Feuer mit den Waffen, die über ausreichende Reichweite verfügten. Die Hornets schwenkten herum, positionierten sich am Anfang, in der Mitte und am Ende des Konvois und drehten sich langsam um sich selbst, immer auf der Suche nach dem Feind.

Und der kam. Er war entschlossen und es waren immer noch viele. Ein Meer an Tentakeln brandete heran. Roby freute sich. Jede Angst hatte ihn verlassen. Er markierte Zielbereiche am Ende des Konvois, wo sie flogen. Todeszonen für Napalmraketen. Es war ihm eine große, eine sehr große Freude.

Die Raketen zischten aus ihren Halterungen. Die Luft war erfüllt vom Rauch der brennenden Tentakel. Geschossgarben zuckten durch den Dunst, erhellten ihn flackernd, wo sie auf Ziele trafen, die ihrerseits unmittelbar zur Rauchentwicklung beitrugen.

Sporen prasselten gegen die Panzerung der Hornet. Einige der Aliens waren in Reichweite gekommen und feuerten mehr oder weniger blind in die Richtung ihrer Gegner. Auch die Fahrzeuge des Konvois bekamen eine Salve ab, hier prallten die Sporen ebenfalls meist an den verstärkten Wänden ab. Die Scheiben bestanden aus einem doppelten Verbundmaterial, zwar nicht ganz so effektiv wie richtiges Panzerglas, aber zusätzlich geschützt durch Gitter. Nur die kleinen Schießscharten, aus denen die Insassen etwa der Busse das Feuer erwiderten, boten Raum für Zufallstreffer.

Erneut prasselte es. Die Hornet schien etwas zusammenzuzucken.

»Treffer in der Hydraulik«, meldete Collins. Roby lauschte dem Tonfall des Piloten. Er wusste mittlerweile, wann der Mann besorgt war. Soweit er es erkennen konnte, hatte Collins noch nichts von seiner professionellen Gelassenheit verloren. Es gab keinen Grund zur Beunruhigung.

Roby gab der KI Anweisungen. Die Gatling schwenkte von links nach rechts, beharkte die heranrückende Front der Tentakel. Der Vormarsch der Aliens hatte sich verlangsamt. Sie mussten durch brennende Glutseen waten, was sie nicht gerne taten, und so suchten sie nach Umwegen. Die Leichenberge, die die Verteidiger an einigen Stellen aufgehäuft hatten, verstellten ebenfalls den Weg. Zudem hatte sich die Geschwindigkeit des Konvois merklich erhöht. Ein normaler Tentakelsoldat konnte zwar richtig schnell rennen – bis zu 40 km/h, und das auch ausdauernd –, aber die Autos hatten freien Weg, frei gehalten durch die Hornet an der Spitze, und die Fahrer hatten beschlossen, ans Limit zu gehen; dabei orientierten sie sich an den langsamsten Fahrzeugen, den großen Bussen. Ab einer Geschwindigkeit von rund 80 km/h ließ der Konvoi die von hinten anrückenden Tentakel mehr und mehr zurück. Hätten die Aliens ihre eigenen Fahrzeuge eingesetzt, wäre es anders ausgegangen, aber offenbar konzentrierte man diese auf wichtigeren Schlachtfeldern.

Collins schwenkte die Hornet, um bei der seitlichen Verteidigung zu helfen. Die Angriffe der Tentakel wurden immer schwächer. Erste, abgeschlagene Einheiten gaben die Verfolgung auf. Das Blutgericht der Hubschrauber konzentrierte sich auf die Unentwegten, die sich noch eine Chance ausrechneten, und diese wurden in einem Maße dezimiert, dass niemand mehr fliehen konnte.

Der Rauch verzog sich.

Die Hornet an der Spitze schwenkte ebenfalls herum, ihr waren die Ziele ausgegangen. Auch die Waffen des Konvois selbst verstummten. Es gab keinen Grund, Munition zu verschwenden.

Die Fahrzeuge wurden etwas langsamer. Es gab ebenso wenig einen Anlass, jetzt noch einen Verkehrsunfall zu provozieren. Die Straße war nicht die allerbeste.

»Konvoi hier«, brach Bellas Stimme aus den Lautsprechern. »Das habt ihr gut gemacht, besten Dank dafür!« Sie klang erleichtert, fast fröhlich, und diese Stimmung übertrug sich sofort auf Roby. Er merkte erst nach einem Moment, dass er breit und ein wenig dämlich grinste.

»Zwei von uns fliegen mit euch«, meldete sich Collins. »Eine Maschine wurde leicht beschädigt, sie kehrt vorzeitig zurück. Der Bodenradar meldet freie Fahrt bis zur Sammelstelle.«

»Gute Heimkehr!«, wünschte Bella noch, da hatte der Pilot die Hornet schon hochgezogen und sie strebte mit wachsender Geschwindigkeit zurück zum Flugfeld. Roby war das nur recht. Mit etwas Glück würde er dort ein Fahrzeug zur Sammelstelle erwischen und konnte Bella gleich nach ihrer Ankunft begrüßen.

Das war etwas, worauf er sich sehr freute.

3

Als Mirinda erstmals Füße auf irdischen Boden setzte, kniff sie die Augen zusammen und lauschte dem fernen Grollen der Artillerie. Es war ihr sowie den anderen Gesandten versichert worden, dass dieser Landeplatz sicher sei – soweit überhaupt ein Ort auf Terra noch als sicher bezeichnet werden konnte. Dennoch hatte Sobhex es vorgezogen, sich an den militärischen Vorbereitungen zum erneuten Durchbruch zum Jupiter zu beteiligen, damit das Tor neu gezündet werden konnte. Es war offensichtlich nötig, einen Vertrauensbeweis zu erbringen, vor allem nachdem die Terraner in heller Aufregung die Information verarbeitet hatten, dass es die Vorfahren der heutigen Allianz gewesen waren, die die Tentakel erschaffen hatten.

Das kam nicht sonderlich gut an.

Es war auch nicht sehr vertrauenerweckend zu erfahren, dass diese Allianz die Tentakel schlicht nur als völlig außer Kontrolle geratene Waffe bezeichnen konnte, die erschaffen worden war, um einen ganz anderen Feind zu bekämpfen, der ihnen damals – vor vielen Tausend Jahren – erheblich zugesetzt hatte. Das größte Misstrauen war durch die Mitteilung ausgelöst worden, dass man weder wusste, was aus diesem Gegner geworden, noch, welcher Natur er eigentlich gewesen war. Es war einfach zu lange her und die Allianz stand zwischenzeitlich so oft vor dem absoluten Zusammenbruch, dass gewisse Informationen nicht mehr vorhanden waren. Alle gingen davon aus, dass die Tentakel durchaus ihren Zweck erfüllt hatten, danach aber nicht mehr unter Kontrolle zu bringen waren und sich gegen ihre Schöpfer gerichtet hatten.

Mit den bekannten Konsequenzen.

Leider auch für die Menschheit.

Mirinda hatte sich freiwillig gemeldet, als Beraterin auf der Erde aktiv zu werden, aus der ihr zur Verfügung stehenden alten Taktikdatenbank zu schöpfen, Präsenz zu zeigen und alles in allem ein eigenes Bild von den Terranern zu entwickeln, damit man für jene, die dereinst in das Allianzsystem entkommen konnten, geeignete psychomechanische Interaktionsmuster zur Verfügung hatte. Das eine Fluchtsystem war eng besiedelt und das Bündnis bestand aus einer Vielzahl von Völkern. Die Menschheit war allgemein dafür bekannt, sich gerne auch mal gegenseitig umzubringen, wenn es an einem äußeren Feind mangelte. Damit war sie nicht allein. Aber man musste geeignete Vorkehrungen treffen. Es war absolut notwendig, die unausweichlichen inneren Konflikte der Allianz angemessen zu verwalten, um zu verhindern, dass sich dieser letzte Hort der Freiheit selbst vernichtete. Die Menschheit musste sich in diese Balance einfügen. Mirinda würde dazu ihren Beitrag leisten.

Zu diesem Zweck hatte man ihr eine Fantasieuniform verpasst, die eine Nummer zu eng war.

Das hatte interessante Effekte auf Männer, wenn sie einatmete. Natürlich war das Absicht. Es war die Art, wie die Allianz hier auf der Erde Truppenbetreuung durchführen wollte. Und es war allzu offensichtlich der Grund dafür, warum die beiden Offiziere, die Mirinda auf ihrer Mission begleiteten, Frauen waren.

Lieutenant Eva Persson war eine knochige Blondine mit einem dermaßen unbeweglichen Gesicht, dass man annehmen musste, es wäre aus Stein gemeißelt. Sie sprach wenig und bewahrte genau das Maß an Höflichkeit, das es erträglich machte, mit ihr zusammenzuarbeiten. Es war ihr anzusehen, dass sie Mirindas Aufmachung für eine Anmaßung hielt und die ihr aufgetragene Mission für eine Bestrafung. Möglicherweise hatte sie mit beidem recht. Mirinda konnte es nicht herausfinden, da Persson sich jedem Versuch, Small Talk zu betreiben, beharrlich entzog. Aus ihr war nichts herauszubekommen – gar nichts.

Sergent Floriana Sameter wiederum war auf den ersten Blick kaum als Frau zu erkennen. Sie bestand förmlich nur aus Muskeln, wirkte breit wie hoch und hatte ein sonniges Gemüt, das, wenn sie durfte, sich in endlosen Wortschwallen entlud, die mit einem für Mirinda nur schwer verständlichen Dialekt gewürzt waren. Sie hatte den Eindruck, dass Persson zu intelligent und aufmerksam war, während Sameter eher über eine begrenzte geistige Kapazität verfügte. Beide hatten den Auftrag, Mirinda zu helfen und sie zu beschützen. Tatsächlich, so war anzunehmen, sollten sie vornehmlich darauf aufpassen, dass die Alien-Braut kein Unheil anrichtete.

Mirinda war das nur recht.

Sie hatte nämlich nicht die geringste Absicht, irgendwelches Unheil anzurichten. Sie wollte tatsächlich helfen, ob aus altruistischen oder sehr egoistischen Motiven, das war völlig egal. Es war ihr Auftrag und es gehörte zu Mirindas Verständnis von Loyalität ihrer Mission gegenüber, dass sie diesen Auftrag sehr ernst nahm, auch wenn ihre Aufmachung eher das Gegenteil symbolisierte.

Und so stand sie hier auf einem irdischen Flughafen, bereit, eine Erkundungsmission zu beginnen. Es war kalt, es regnete und damit passte das Wetter zur allgemeinen Stimmung. Nur Sameter kaute fröhlich auf irgendwas rum und war guter Dinge. Sie würde wahrscheinlich noch gut gelaunt sein, während ihr ein Tentakel das Bein abnagte.

Eva Persson wandte sich an Mirinda und wieder war es ihre überraschend melodische Stimme, die davon zeugte, dass es sich bei ihr nicht um einen Roboter handelte. Ihre Mimik blieb völlig unbeweglich.

»Ein Gleiter steht für uns bereit. Sie haben gewünscht, die aktuelle Frontlinie zu besuchen. In der Nähe bekämpfen zwei Divisionen einen der größten Brückenköpfe der Tentakel. Ich habe den Auftrag, Sie zum Kommandostand zu bringen.«

»Gerne«, erwiderte Mirinda nur und schenkte Persson ein freundliches Lächeln, das diese völlig ungerührt zur Kenntnis nahm.

Die drei Frauen bestiegen kurze Zeit später ein leicht gepanzertes Militärfahrzeug. Floriana Sameter war als Pilotin ausgebildet und nahm hinter den Kontrollen Platz. Sie ließ es sich nicht nehmen, ihren Begleiterinnen wortreich die Vorzüge und Nachteile des Modells zu schildern, in dem sie nun alle saßen. Es war ein wenig bedrückend, dass sie die relativ geringe, aber vorhandene Wahrscheinlichkeit einer Reaktorexplosion bei allzu waghalsigen Flugmanövern mit einem Tonfall schilderte, als erinnere sie sich an eine besonders romantische Verabredung. Dass Persson ihr nicht einfach den Mund verbat, hing möglicherweise damit zusammen, dass sie die Aufgabe hatte, Mirindas Nervenkraft zu testen und sie an ihre Grenzen zu führen.

Mirindas Nerven waren ganz hervorragend, schließlich lebte sie erst seit ein paar Wochen und verfügte über eine weitgehende Kontrolle ihrer emotionalen Zustände. Lediglich um Slap zu gefallen und seine Integration in die Pläne der Allianz zu gewährleisten, hatte sie einen gewissen kalkulierten Kontrollverlust in Bezug auf ihre leicht auszulösende sexuelle Erregbarkeit eingebaut bekommen. Das war nichts, was sie weiter störte. Und der Gedanke an den verstorbenen Slap löste wieder Bedauern in ihr aus. Sie würde sich an den Verlust nur schwer gewöhnen können, insbesondere da sie gar nicht wusste, wie lange ihre eigene physische Existenz noch andauern würde. Die Trauer um ein verstorbenes Mitwesen, so kam sie zu dem Schluss, war oft genug vor allem eine Mischung aus Erleichterung darüber, dass es einen selbst noch nicht erwischt hatte, und Angst davor, dass man als Nächstes dran war. Mirinda lernte auf diese Art und Weise interessante Dinge über Emotionen und deren Herkunft.

Aber sie hätte sich die Lektion, die Slaps Tod ihr gegeben hatte, gerne erspart. Es war eine Art von Schmerz, mit dem sie schwer umgehen konnte und den sie in ihrem Gefühlshaushalt eher verbarrikadierte. Irgendwann würde sie sich damit auseinandersetzen müssen …

Später.

Nicht jetzt.

Sie warf einen Blick auf Floriana, die immer noch munter plauderte, als sie den Gleiter langsam in die Luft steigen ließ. Entweder war die Sergentin völlig angstfrei oder einfach nur zu dumm, um zu verstehen, dass der Flug an die Frontlinie mit tödlicher Gefahr verbunden war. Mirinda selbst verspürte keine Angst, zumindest nicht in der Form, wie die Menschen um sie herum es gemeinhin taten. Sie ließ diese Emotion zu – sie war mitunter hilfreich, da sie zur Vorsicht gemahnte, und sie erlaubte ihr, Empathie für jene zu empfinden, die echte Sklaven ihrer Furcht waren –, aber sie hatte Kontrolle über sie, zumindest jetzt, da sie eher abstrakt schien und ihre Existenz nicht unmittelbar bedroht wurde.

Sie blickte hinab. Fahrzeugkolonnen wurden sichtbar, marschierende Soldaten, ein beständiges Kommen und Gehen. Weiter vorne gab es ein ständiges Irrlichtern vor den düsteren Regenwolken, die sich erneut am Himmel aufzubauen begannen. Das waren keine Blitze eines herannahenden Gewitters, es waren Geschütze und Energiekanonen, und das auf beiden Seiten. Die Tentakel setzten hier schweres Gerät ein, verließen sich nicht allein auf ihre Übermacht an Kriegern. Es war kein gewöhnliches Gefecht. Hier fand, auf beiden Seiten, ein unglaubliches Massaker statt, und vom Ausmaß desselben wollte Mirinda sich nun selbst überzeugen.

Sie nahm an, dass dieser Anblick sie durchaus mitnehmen würde. So gut sie ihren Gefühlshaushalt auch im Griff hatte, die Abneigung, ja der kalte Hass auf die Tentakel waren ihr sozusagen in die Wiege gelegt worden.

Sameter beschleunigte den Gleiter. Sie flogen direkt auf das Irrlichtern in der Ferne zu. Die Geräuschisolation des Fahrzeugs war ausgezeichnet, sonst hätten sie auch ein Grollen gehört, das Gemisch aus abgefeuerten Projektilen, dem dumpfen Rauschen der Raketenwerfer sowie dem urtümlichen Geräusch der Detonationen.

»Gleiter 12-44, hier Boden 1. Wir haben einen Durchbruch in Sektor C. Weichen Sie besser aus.«

Die Stimme der Bodenkontrolle hatte professionell, aber dennoch mit nur schlecht unterdrückter Anspannung gemeldet. Sameters Wortschwall verstummte unvermittelt und sie beugte sich konzentriert über die Instrumente.

»Da!«, sagte sie dann und zeigte aus der Kanzel in eine bestimmte Richtung. Alle starrten hinaus. Die Bodenkontrolle hatte nicht untertrieben. Eine breite Walze an Tentakeln hatte die Eindämmungslinie der irdischen Streitkräfte durchbrochen und marschierte in freies Terrain. Im Himmel wimmelte es plötzlich von Kampfgleitern und Hubschraubern. Die Armeeführung versuchte, den Durchbruch aus der Luft unter Kontrolle zu bekommen. Ein helles Blitzen zeigte, dass die Tentakel Luftabwehrgeschütze mit sich führten. Es heftiges Gefecht entbrannte direkt vor ihren Augen.

Sameter wandte sich Mirinda zu, lächelte fröhlich und hob einen Daumen.

»Alles kein Problem. Wir drehen ab in Richtung …«

Mirinda sollte nichts Weiteres über die Pläne der Pilotin erfahren.

Das hässliche Knirschen, mit dem der Gleiter aus der Flugbahn geworfen wurde, ging im sofort aufjaulenden Gejammer diverser Warntöne unter. Das Fahrzeug schüttelte sich wie ein nasser Hund. Sameters Hand umfasste den Steuerknüppel mit der Konzentration einer Pilotin, die wusste, dass sie auf eine Notlandung in Kampfgebiet zuschlitterten.

Fröhlich wirkte sie jetzt nicht mehr. Das war fast noch beunruhigender als das bockige Fahrzeug, in dem sie saßen.

»Hauptleitwerk getroffen, Antigrav beschädigt!«, rief die Pilotin laut. »Wir gehen runter. Heftig!«

Mirinda klammerte sich an den Sessellehnen fest, spürte, wie die Gurte ihren Körper stärker als vorher fesselten, als der Gleiter hin und her geworfen wurde. Überall in der Kabine begann es, zu knacken und zu zischen, als der Sturzflug das Material bis zur Belastungsgrenze beanspruchte.

»Gleich, gleich!«, rief Sameter und Mirinda holte tief Luft.

Ein Schlag wie von einer mächtigen Faust, der die Sinne benebelte.

Der Gleiter hatte Bodenkontakt, sprang kurz wieder hoch, krachte dann mit Wucht auf die Erde, löste ein Crescendo an Geräuschen aus, die scheinbar endlos andauerten. Der Grund war relativ eben, sodass ihre Schlitterfahrt nicht ganz so heftig wurde, wie sie hätte sein können. Schließlich kam der Gleiter zum Stillstand, ohne dass sie mit einem Hindernis kollidiert waren. Die Fahrgastzelle war, wie Mirinda nach einem schnellen Rundblick sah, weitgehend intakt. Sie waren noch einmal mit einem blauen Auge davongekommen.

Alle waren unverletzt.

Persson schaute durch das seitliche Fenster und wurde blass.

»Tentakel!«, rief sie. »Raus hier!«

Die drei Frauen sprangen auf, griffen nach den Sturmgewehren in der Halterung neben dem Ausstieg. Persson und Sameter warfen sich außerdem vorbereitete Rucksäcke auf den Rücken. Alle drei setzten Standardhelme der Infanterie auf, obgleich sowohl Persson als Offizierin wie auch Sameter als Pilotin aller Wahrscheinlichkeit nach über NeuroLAN verfügten und zumindest den Datenfeed des Helm-HUD nicht benötigten.

Mirinda konnte sich ebenfalls jederzeit in das weltweite militärische Netzwerk der Menschen einloggen, eine Fähigkeit, von deren Existenz sie ihren Gastgebern jedoch aus mehreren Gründen nichts erzählt hatte. Sie hätte dann unter anderem erläutern müssen, warum die Zugangssperren für sie nur lästig, aber keinesfalls hinderlich waren.

Sie setzte den Helm auf und prüfte die Waffe. Zusätzliche Magazine steckte sie in die Taschen ihrer Kombination.

»Tür auf!«, befahl Persson und Sameter hieb auf den Knopf der Notabsprengung. Es gab einen Knall, etwas weißlichen Rauch, und die Tür fiel nach außen auf den Boden. Persson sprang heraus und zeigte, dass sie Infanteristin war. Sie warf sich sofort in Deckung und sondierte die Umgebung. Sameter und Mirinda folgten.

Die Tentakel waren auf dem Weg zur Absturzstelle. Sie waren noch nicht in unmittelbarer Nähe, aber sie waren auf dem Weg. Und sie waren schnell.

»12-44 für Boden 1, Absturz in Gitter 17/2, Sektor C, bitten um Extraktion«, hörte Mirinda Sameter melden. Es knirschte und knackte im Funk, dann kam die Stimme der Bodenkontrolle durch.

»Boden 1, ich höre. Extraktion in Gitter 17/2 nicht möglich. Evakuieren Sie in Gitter 17/5. Wiederhole: Extraktion bei Ihrem Standort nicht möglich. Begeben Sie sich nach Gitter 17/5.«

»17/5, ich bestätige«, erwiderte Sameter und ihre Stimme klang dabei recht hoffnungslos.

Mirinda vergegenwärtigte sich die Umgebungskarte auf ihrem HUD.

Sie konnte Sameters Stimmung nachvollziehen.

Bis zum Extraktionspunkt war es weit, fast drei Kilometer, und die Tentakel kamen schnell heran.

»Diese Richtung«, sagte Persson und sie begannen zu laufen.

Nicht für lange.

Als sie an eine kleine Anhöhe kamen, war der Tentakeltrupp, der sich von der anderen Seite auf die Erhebung zubewegte, deutlich zu erkennen. Egal in welche Richtung sie rannten, er würde sie in jedem Falle binnen kürzester Zeit einholen.