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Ferdinand Schirach

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Beschreibung

Ein Theaterstück von bedrückender Aktualität. Es stellt die Frage, wie wir in Zukunft leben wollen. Werden wir uns für die Freiheit oder die Sicherheit entscheiden? Wollen wir, dass die Würde des Menschen trotz der Terrorgefahr noch gilt?

Ein Terrorist kapert eine Maschine der Lufthansa und zwingt die Piloten, Kurs auf die voll besetzte Allianz-Arena in München zu nehmen. Gegen den Befehl seiner Vorgesetzten schießt ein Kampfpilot der Luftwaffe das Flugzeug ab, alle Passagiere sterben. Der Mann muss sich vor Gericht für sein Handeln verantworten. Seine Richter sind die Zuschauer und Leser, sie müssen über Schuld und Unschuld urteilen.

Der Anschlag auf die Redaktion von Charlie Hebdo im Januar 2015 hat auf schrecklichste Weise gezeigt, wie hoch der Preis sein kann, den wir für unsere Freiheit zahlen müssen. Schirachs Rede auf Charlie Hebdo, die ebenfalls in diesem Band enthalten ist, ist ein Plädoyer für die Freiheit des Wortes, für unsere Zivilisation im Angesicht ihrer Feinde.

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FERDINAND VON SCHIRACH

TERROR

EIN THEATERSTÜK UND EINE REDE

Zum Buch

Ein Terrorist kapert eine Maschine der Lufthansa und zwingt die Piloten, Kurs auf die voll besetzte Allianz-Arena in München zu nehmen. Gegen den Befehl seiner Vorgesetzten schießt ein Kampfpilot der Luftwaffe das Flugzeug ab, alle Passagiere sterben. Der Mann muss sich vor Gericht für sein Handeln verantworten. Seine Richter sind die Zuschauer und Leser, sie müssen über Schuld und Unschuld urteilen.

Ein Theaterstück von bedrückender Aktualität. Es stellt die Frage, wie wir in Zukunft leben wollen. Werden wir uns für die Freiheit oder die Sicherheit entscheiden? Wollen wir, dass die Würde des Menschen trotz der Terrorgefahr noch gilt?

Der Anschlag auf die Redaktion von Charlie Hebdo im Januar 2015 hat auf schrecklichste Weise gezeigt, wie hoch der Preis sein kann, den wir für unsere Freiheit zahlen müssen. Schirachs Rede auf Charlie Hebdo, die ebenfalls in diesem Band enthalten ist, ist ein Plädoyer für die Freiheit des Wortes, für unsere Zivilisation im Angesicht ihrer Feinde.

»Für Ferdinand von Schirach ist der Rechtsstaat nicht diskutierbar. Er muss gelten, sonst macht sich der Mensch zum Gott.«

Alexander Kluge im »Spiegel«

Zum Autor

Der Spiegel nannte FERDINAND VON SCHIRACH einen »großartigen Erzähler«, die New York Times einen »außergewöhnlichen Stilisten«, der Independent verglich ihn mit Kafka und Kleist, der Daily Telegraph schrieb, er sei »eine der markantesten Stimmen der europäischen Literatur«. Die Erzählungsbände »Verbrechen« und »Schuld« und die Romane »Der Fall Collini« und »Tabu« wurden zu millionenfach verkauften internationalen Bestsellern. Sie erschienen bisher in vierzig Ländern. Ferdinand von Schirach wurde vielfach mit Literaturpreisen ausgezeichnet. Er lebt in Berlin.

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

Der Verlag weist ausdrücklich darauf hin, dass im Text enthaltene externe Links vom Verlag nur bis zum Zeitpunkt der Buchveröffentlichung eingesehen werden konnten. Auf spätere Veränderungen hat der Verlag keinerlei Einfluss. Eine Haftung des Verlags ist daher ausgeschlossen.

1. Auflage Neuausgabe Oktober 2016 btb Verlag in der Verlagsgruppe Random House GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München Zuerst erschienen im Piper Verlag, München, 2015 Copyright © 2016 Ferdinand von Schirach Umschlaggestaltung: buxdesign | München Autorenfoto: Michael Mann | © Ferdinand von Schirach Klü · Herstellung: sc

eISBN 978-3-641-20329-0V001

www.btb-verlag.dewww.facebook.com/btbverlagBesuchen Sie auch unseren LiteraturBlog www.transatlantik.de

www.randomhouse.de

Inhaltsverzeichnis

Buch und AutorCopyrightTERROR Ein Theaterstück
ERSTER AKT ZWEITER AKT
URTEILE VERURTEILUNG FREISPRUCH
»MACHEN SIE UNBEDINGT WEITER« Eine Rede
»MACHEN SIE UNBEDINGT WEITER«

TERROR

Ein Theaterstück

ERSTER AKT

Der Vorsitzende tritt vor den geschlossenen Vorhang. Er trägt einen dunklen Anzug, ein weißes Hemd und eine weiße Krawatte. Die Robe hat er über seinen Arm gelegt. Er spricht direkt zum Publikum.

VORSITZENDER

Guten Tag, meine Damen und Herren. Ich freue mich, dass Sie pünktlich kommen konnten. Parkplätze sind hier ja schwer zu finden, und das Haus ist doch etwas verwinkelt gebaut … Schön jedenfalls, dass Sie es rechtzeitig geschafft haben. Bevor wir anfangen, möchte ich Sie bitten, alles zu vergessen, was Sie über diesen Fall gelesen oder gehört haben. Wirklich alles. Nur Sie sind dazu berufen, hier zu urteilen, Sie sind die Schöffen, die Laienrichter, die heute über den Angeklagten Lars Koch zu Gericht sitzen. Das Gesetz stattet Sie mit der Macht aus, über das Schicksal eines Menschen zu entscheiden. Bitte nehmen Sie diese Verantwortung ernst. Sie werden ausschließlich über das urteilen, was Sie hier in der Verhandlung hören. Wir Juristen nennen das »aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung schöpfen«. Also: Nur das, was der Angeklagte, die Zeugen, die Nebenkläger und Sachverständigen in diesem Verhandlungssaal sagen, nur die Beweise, die wir hier erheben, werden Grundlage Ihres Urteils sein. Am Ende des Prozesses werden Sie Ihre Stimme abgeben müssen, und ich werde das Urteil verkünden, das Sie finden werden.

In einem Gerichtsverfahren spielen wir die Tat nach, das Gericht ist eine Bühne. Natürlich führen wir kein Theaterstück auf, wir sind ja schließlich keine Schauspieler. Wir spielen die Tat durch Sprache nach, das ist unsere Art, sie zu erfassen. Sie hat sich seit Langem bewährt. Vor Hunderten von Jahren trafen sich die Richter an einem besonderen, einem als heilig geltenden Platz, dem Thing. Recht sprechen hieß damals, eine Unordnung wieder in Ordnung bringen. Wenn ein Unheil geschah  – der Überfall eines fremden Stammes zum Beispiel  –, wurde an diesem Platz immer wieder darüber gesprochen: Welche Frau wurde bei dem Überfall vergewaltigt? Welche Hütte niedergebrannt? Welcher Mann ermordet? Unsere Vorfahren wussten, dass das Böse so seinen Schrecken verlieren kann. Ob es uns heute noch gelingt?  – Ich bin mir nicht sicher. Aber wir müssen es versuchen. Ein Richter kennt die Kategorie des »Bösen« nicht. Seine Urteile sind nicht Hölle und Verdammnis, sondern Freispruch, Gefängnis oder Sicherungsverwahrung.

Urteilen Sie also ruhig und gelassen. Und vor allem: Denken Sie daran, dass vor Ihnen ein Mensch sitzt; er hat die gleichen Träume wie Sie, die gleichen Bedürfnisse, er strebt, wie Sie, nach Glück. Bleiben Sie deshalb bei Ihrem Urteil selbst Menschen.

So, ich würde jetzt gerne anfangen, aber wir müssen noch auf den Verteidiger warten  – er ist zu spät.

Der Wachtmeister tritt von hinten an den Vorsitzenden heran, sagt leise etwas zu ihm, der Vorsitzende nickt. Der Wachtmeister tritt ab.

VORSITZENDER

Ich höre, dass er endlich eingetroffen ist. Na dann, fangen wir also an.

Der Vorsitzende tritt ab und streift sich im Gehen die Robe über.

Ein Gerichtssaal. In der Mitte der Richtertisch, an dem rechts die Protokollführerin sitzt, der Stuhl des Vorsitzenden ist leer. Links unter einem Fenster sitzt die Staatsanwältin, daneben etwas tiefer die Nebenklägerin, rechts der Verteidiger. Der Angeklagte sitzt in einer Zelle hinter dem Verteidiger. In der Mitte vor dem Richtertisch stehen ein Stuhl und ein Tisch für die Zeugen. Der Wachtmeister sitzt auf einem Hocker neben der Tür. Die Staatsanwältin und die Protokollführerin tragen schwarze Roben, weiße Blusen und weiße Halstücher. Der Angeklagte ist in Luftwaffenuniform erschienen. Der Wachtmeister trägt die Uniform der Justizbeamten des Landes Berlin. Der Verteidiger trägt keine Robe. Der Vorsitzende betritt den Saal durch eine schmale Tür hinter dem Richtertisch. In diesem Moment stehen alle Personen auf der Bühne auf.

VORSITZENDER

Stehend.

Ich eröffne die Sitzung der 16. Großen Strafkammer, Schwurgericht. Bitte nehmen Sie Platz.

Der Vorsitzende setzt sich, alle anderen nehmen ebenfalls Platz. Der Vorsitzende wartet, bis es ruhig ist.

VORSITZENDER

Für das Protokoll stelle ich fest: Als Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft ist Frau Staatsanwältin Nelson erschienen, als Verteidiger Rechtsanwalt Biegler.

Als Angeklagter wurde Herr Major Koch aus der Untersuchungshaftanstalt vorgeführt. Das Gericht ist in der Besetzung zusammengetreten, die Ihnen mit der Ladung zu diesem Termin mitgeteilt wurde. Bis hierher erst mal. Gibt es dazu Fragen oder Anträge?

Staatsanwältin und Verteidiger schütteln den Kopf.

VERTEIDIGER

Ich hätte gerne, dass Herr Koch neben mir Platz nimmt.

VORSITZENDER

Ja, da gibt es wohl keine Sicherheitsbedenken.

Zum Wachtmeister.

Herr Wachtmeister, würden Sie bitte …

Der Wachtmeister öffnet die Tür der Zelle. Der Angeklagte kommt heraus und setzt sich neben den Verteidiger.

VORSITZENDER

Zum Angeklagten.

Guten Tag, Herr Koch. Ich werde nun Ihre Personalien aufnehmen. Sie heißen bitte mit Vornamen?

ANGEKLAGTER

Lars.

VORSITZENDER

Wann sind Sie geboren?

ANGEKLAGTER

Am 14. März 1982. Ich bin 31 Jahre alt.

VORSITZENDER

Sind Sie verheiratet?

ANGEKLAGTER

Ja.

VORSITZENDER

Haben Sie eheliche oder uneheliche Kinder?

ANGEKLAGTER

Einen Jungen, Boris. Er ist zwei Jahre alt. Keine unehelichen Kinder.

VORSITZENDER

Sie wohnen in Berlin?

ANGEKLAGTER

Amselweg 56 in Steglitz.

VORSITZENDER

Herr Koch, Sie sind Major der Luftwaffe. Zurzeit sind Sie in Untersuchungshaft und vom Dienst freigestellt. Ist das so richtig?

VERTEIDIGER

Der Dienstherr meines Mandanten, die Bundeswehr, wartet mit der endgültigen Entscheidung den Ausgang dieses Verfahrens ab.

VORSITZENDER

Danke sehr.

Zur Protokollführerin.

ENDE DER LESEPROBE