The Beatles in my Life - Wolfgang Brockers - E-Book

The Beatles in my Life E-Book

Wolfgang Brockers

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Beschreibung

Wie viele Fans weltweit haben sich die beiden Autoren ihre in den frühen 60er Jahren entstandene Begeisterung für die Beatles bis heute bewahrt. In der vorliegenden Arbeit schildern sie, wie dies ihr Leben beeinflusst und geprägt hat. Im ersten Teil wird geschildert, wie die Musik der Fab Four zu einem lebensbegleitenden Faktor von der Jugend bis zum Rentnerdasein wurde. Im zweiten Teil wird in vielen Episoden nacherzählt, welche Hindernisse ein junger Fan in der niederrheinischen Provinz der frühen 60er Jahre überwinden musste, um die Musik seiner Idole hören und sich als Beatles-Fan bekennen zu können. Durch die Einbeziehung des damaligen sozialen Milieus inkl. des niederrheinischen Dialekts erhält dies einen besonderen Reiz. Den dritten Teil bilden drei sachliche Detailstudien zu speziellen Themen der späten Beatles-Historie, die auch für eingefleischte Fans noch neue Erkenntnisse bereit halten.

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Seitenzahl: 176

Veröffentlichungsjahr: 2024

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gewidmet den vier Jungs

John, Paul, George und Ringo,

die die Welt verändert und

unser Leben bereichert haben

Vorwort

Die Beatles, das war nicht nur Musik, sondern auch ein Lebensgefühl. In meiner Heimatstadt gab es Anfang der 1960er Jahre keine Rock'n'Roll-Schallplatten. Wir wussten gerade einmal, dass es Elvis gab; von Chuck Berry, Little Richard oder Carl Perkins hatten wir noch nie etwas gehört. Die Beatles spielten nicht die Musik, die Produzenten und Plattenfirmen gerne gehört hätten. Sie spielten die Musik Ihrer Idole und die Musik, die sie selbst geschaffen hatten. Es war ihre und gleichzeitig auch unsere Musik. Und so ist es bis heute geblieben. Tom Petty, später Weggefährte von George Harrison bei den Traveling Wilburys, hat es so in Worte gekleidet, wie man es nicht besser sagen kann:

„Wir sind mit den Beatles aufgewachsen und vertrauten ihnen. Sie haben das Richtige getan. Deshalb sind die für uns ein wunderbares Vorbild.“

Elvis Presley und Carl Perkins waren ihre großen Vorbilder. Ohne diese beiden Musiker hätte es nach Äußerungen von John und Paul die Beatles wohl nie gegeben. Ein Beispiel nahmen sie sich auch an Buddy Holly, der tolle Riffs auf der Gitarre spielte und dazu sang. Und er komponierte selbst. Das gefiel den Beatles und sie machten es auch so. Nicht zu vergessen ist Chuck Berry, dessen Rock'n'Roll-Songs sie immer zahlreich im Programm hatten. Auch Little Richard und Chet Atkins waren wichtige Vorbilder.

Nach ihrer Zeit in Hamburg folgte in England der große Durchbruch, wobei sie zunächst für deutsche Musiker gehalten wurden, weil sie gutes Englisch sprachen. Sie spielten ihre Musik ganz ungewöhnlich, und das mochte das Publikum sehr. Unzählige Bands entstanden in jener Zeit und sie versuchten, an den Erfolg der Beatles anzuknüpfen. Das gelang aber oft nur mit mäßigem Erfolg. Die Beatles waren eben unvergleichlich gut. Vieles, was heute in der Musik und in der Studiotechnik selbstverständlich ist, haben sie überhaupt erst entdeckt und als Standard eingeführt!

Es gab damals viele gute Bands. Aber die Beatles waren einzigartig - ihre Musik ebenso wie ihre äußere Erscheinung. Woran lag das? Waren es die „Pilzköpfe“ oder etwa die schicken Anzüge? Jede Band hatte damals zunächst einmal Coverversionen gespielt und damit ihre Karriere begonnen. Danach suchten die Produzenten der Plattenfirma Stücke bekannter Komponisten aus, von deren Interpretation man sich einen guten Umsatz versprach. Diese wurden dann im Studio aufgenommen – immer vorausgesetzt, man hatte das Glück, einen Schallplattenvertrag zu bekommen. Die Beatles hatten besonderes Glück. Sie bekamen den Vertrag und mit Brian Epstein den Mann als Manager, der ihnen alles Geschäftliche abnahm und immer zur richtigen Zeit das Richtige tat, um seine Schützlinge weiter nach vorne zu bringen. Ihr Produzent George Martin erkannte das Talent der Beatles, er förderte und inspirierte sie. Als „fünfter Beatle“ trug er in jeder erdenklichen Form zur Perfektion ihres musikalischen Schaffens bei.

Die Beatles platzierten gleich mit ihrer ersten Single einen eigenen Song in den Hitparaden. George Martin gestattete ihnen sogar, mit „Love Me Do“ und „P.S. I Love You“ auf der Rückseite gleich zwei Eigenkompositionen auf ihrer Debüt-Single zu veröffentlichen. Das war eine riskante Entscheidung, aber der Erfolg sprach für sich. Nach den ersten beiden Alben „Please, Please Me“ und „With The Beatles“ folgte am 10. Juli 1964 eine weitere Besonderheit. Das Album „A Hard Days Night“ war das erste Album, auf dem nur Eigenkompositionen von Lennon/McCartney veröffentlicht wurden. Das war völlig neu und ungewöhnlich. Es sollten noch viele solche Alben folgen.

Dirk Kraforst, seit über 30 Jahren Berufsmusiker und Gitarrenlehrer in Mönchengladbach, ist leidenschaftlicher Beatles-Fan. Er äußerte sich auf die Frage, was denn an den Beatles so besonders sei, wie folgt:

„Historisch gesehen liegt die Bedeutung der Beatles in der Weichenstellung vom Rock'n Roll zur Popmusik. Die heutige Popmusik wäre undenkbar ohne das Werk der Beatles. Im Vergleich zu anderen Bands, die in dieser Zeit auch Beat-Musik gemacht haben, sind die Stücke der Beatles zeitlos. Hört man heute Stücke anderer Bands der 1960er Jahre, so wirken diese etwas antiquiert. Die Songs der Beatles hingegen klingen auch heute noch frisch. Was jedoch besonders auffällt, ist die Spielqualität. Keine Band konnte seinerzeit ihre Songs live 1:1 so perfekt auf der Bühne wiedergeben, als seien sie im Studio aufgenommen. Die Beatles konnten das dank ihrer ungeheuren Perfektion. Markant ganz besonders der Satzgesang, der mehrstimmige Gesang und die Kreativität von John und Paul, die sich gegenseitig zu Höchstleistungen angetrieben haben. Nur in dieser Konstellation konnte sich die Musik der Beatles so entwickeln. Und natürlich haben auch die Leistungen von George Harrison mit seiner stilistischen Vielfalt als Sologitarrist und das kreative Schlagzeug von Ringo dazu beigetragen, dass die Musik der Beatles zu dem wurde, was sie ist: zeitlose Musik von höchster Qualität, die auch heute noch jede Altersgruppe begeistert.“

Horst Grüter

Die Beatles, die vor 60 Jahren ihren unvergleichlichen Siegeszug antraten und die es nun schon seit mehr als 50 Jahren nicht mehr gibt, haben uns als junge Burschen begeistert und in ihren Bann gezogen. Seitdem sind sie mit ihrer Musik feste Begleiter in unserem Leben geworden. Mit ihren Songs inspirieren sie uns Hobbymusiker und -gitarristen auch noch heute. Die Songs nachzuspielen, ist Anregung, Freude und Herausforderung zugleich. Darüber hinaus bietet uns die Pflegeder Beatles-Erinnerung häufig Gelegenheit, im Kreis Gleichgesinnter freudvolle Treffen zu erleben, sich auszutauschen und dabei immer wieder neue Facetten aus dem vielfältigen Spektrum der Beatles-Historie kennenzulernen.

Für die jungen Leute heutzutage sind die Beatles ein Phänomen der Vergangenheit, auch wenn ihr Name einen legendären Status besitzt und ihre Songs zuweilen noch als „Oldies“ präsent sind. Was aber die damalige Faszinationskraft der Beatles für uns, die wir damals Jugendliche waren, ausmachte, das wollen wir hier mit den vorgestellten Texten nachvollziehbar machen. Einen besonderen Reiz erhalten die Erlebnisberichte durch die Berücksichtigung desjeweiligen lokalen und sozialen Umfeldes inklusive partiell eingestreuter Passagen mit niederrheinischem Dialekt. Dadurch erhalten sie einen sehr authentischen Charakter.

Den dritten Teil dieser Arbeit bilden drei sachliche Studien über spezielle Fragen bzw. Ereignisse, die damals nur oberflächlich behandelt und registriert wurden. Diese Studien liefern genaue Details und Hintergründe, die selbst für gestandene Beatles-Fans noch neue Erkenntnisse liefern. So können die vorgelegten Texte nicht nur unterhaltsam, sondern auch informativ sein und ein anregendes Lesevergnügen bereiten. Dies wäre eine schöner Lohn unserer investierten Arbeit.

Für ihre Hilfe beim lästigen Korrekturlesen danken wir unseren Frauen Monika Brockers und Heike Grüter. Meinem Bandkameraden Carsten Hendricks danke ich erneut sehr für seine große Hilfe beim Layout und beim Hochladen des Manuskripts. Sollten sich trotz aller Sorgfalt dennoch formale oder sprachliche Fehler im Text finden, gehen diese allein auf meine Kappe.

Wolfgang Brockers

Mönchengladbach/Viersen im Januar 2024

Inhaltsverzeichnis

I. Mit den Beatles durchs Leben

1. Feierabendschock in meiner Familie

2. Schüler und Beatles-Fan

3. Lehre und Soldatenzeit

4. Als Beatles-Botschafter am Gymnasium

5. Mit eigener Band auf den Spuren der Beatles

6. Liverpool, endlich in der Heimat der Beatles

7. Eigene Ergänzungen zur zahllosen Beatles-Literatur

8. Gemeinsame Erinnerungspflege beim Beatles-Treff Niederrhein

II. Ein junger Beatles-Fan in der niederrheinischen Provinz

1. Vor den Beatles - als die Welt noch in Ordnung war

2. Mein erster Auftritt

3. Wie kaufe ich eine Beatles-Schallplatte?

4. Die Beatles und der Plattenspieler

5. Please Mr. Postman

6. Die Beatles und Herr Klöcker – ein Friseurbesuch

7. Die Beatles und die blutigen Finger - wie ich meinen Plattenspieler kaufte.

8. Kitchen-Songs

9. Von den Beatles zu den „ Bloody Heads“

10. Die Beatle - Boots

11. Paul, Jimi und der Milchmann – wie ich das Betten machen lernte.

12. Die Beatles sind tabu im TABU

13. Die Beatles und die Zukunft

III. Detail-Recherchen

1. Die Manson-Morde von 1969 im Auftrag der Beatles?

2. Über das Gerücht von Pauls Tod

3. Yoko Ono und das Ende der Beatles

a. Yokos biografischer Hintergrund

b. Wie Yoko sich John angelte

c. Eindringling und Störfaktor im Bandgefüge

d. 1969 – das Jahr der Beatles-Dämmerung

e. Das Ende der Beatles – Phasen der Bandauflösung

f. John – unter Yokos Kontrolle

g. Fazit – War Yoko für das Ende der Beatles verantwortlich?

IV. Anhang

1. Quellen/Literatur

2. Die Autoren:

3. Der Beatles-Treff Niederrhein

With the Beatles

II.. Mit den Beatles durchs Leben

Erinnerungen von Wolfgang Brockers

1. Feierabendschock in meiner Familie

Es war an einem Herbstabend im Jahr 1963. Ich, damals 13 Jahre alt, saß mit meinen Eltern in unserer kleinen Wohnküche und wir schauten gemeinsam die Tagesschau-Nachrichten um 20 Uhr. Wir guckten hoch zu einem kleinen, aus Platzgründen auf dem Wohnzimmerschrank stehenden Fernseher. Meine Eltern waren einfache Leute, die sich nach dem Krieg mehr schlecht als recht eine Existenz aufgebaut hatten. Der Fernseher hatte mehr als ein Monatseinkommen meines Vaters gekostet und war wie fast alle Haushaltsgeräte per Ratenkauf angeschafft worden.

Die Tagesschau neigte sich ihrem Ende entgegen, als uns – vor dem Wetterbericht – eine besondere Nachricht schockierte. Der Nachrichtensprecher begann den nächsten Beitrag mit den Worten: „Und das ist die Sensation in England!“ Dabei wurden kurze Konzertmomente der Beatles gezeigt, als sie „Twist And Shout“ spielten. Wir sahen erstmals die Pilzköpfe, wie sie ihre Mähnen schüttelten und ihr „Yeah“ schrien und wie zahllose Mädchen hemmungslos kreischten und/oder schluchzten. Der kurze Beitrag endete mit einigen letzten lauten Klängen von „Twist And Shout“. In dem darauf folgenden kurzen Moment der Ruhe sah ich, wie mein Vater mit offenem Mund auf den Fernseher starrte und dann aus der Tiefe seiner Seele sagte: “Dat es d’r Weltunterjang!“ („Das ist der Weltuntergang“.) Aber nicht nur mein Vater, auch meine Mutter und ich – bis dahin begeisterter Freddy-Fan mit Bravo-Starschnitt von ihm im Schlafzimmer - waren unter dem Eindruck des soeben Gesehenen und Gehörten ziemlich schockiert. Wir hielten diese „Schreihälse“ für eine typisch englische Verrücktheit, die nichts mehr mit Musik zu tun hätte und die bald wieder vergessen sein würde.

In unserer direkten Nachbarschaft wohnte ein älteres Ehepaar. Das hatte während der Sommerferien öfters einen Jungen, drei Jahre älter als ich, aus Oldenburg zu Gast, von dem ich wusste, dass er englische und US-amerikanische Rock’n Roll-Platten sammelte. In den Sommerferien 1964, also etwa ein ¾ Jahr nach dem beschriebenen Fernseherlebnis, war er wieder da. Als ich ihn traf, fragte ich ihn mal beiläufig: „Hast Du auch Beatles-Platten?“ „Alle“, meinte er knapp und selbstbewusst. Ich fragte dann natürlich auch nach der Platte „Twist And „Shout“. Diese hatte er sogar doppelt und nach ein paar Tagen war er bereit, eine davon gegen eine Platte von mir zu tauschen. Welche Platte ich getauscht hatte, weiß ich nicht mehr, aber so kam ich zu meiner ersten Beatles-Platte, eine Single mit „Boys“ auf der Rückseite, die ich heute noch habe. Es war auch die erste Beatles-Single überhaupt, die in Deutschland erschienen war.

Mit großer, etwas skeptischer Neugier hörte ich dann zuhause meine Neu-Erwerbung, denn ich war bei weitem noch kein Fan. Mit jedem neuen Hören zog mich der Rhythmus von „Twist And Shout“ immer mehr in seinen Bann, während ich mit „Boys“ nicht viel anfangen konnte. Schließlich fand ich richtig Gefallen daran und hörte den Song immer öfter und vor allem immer lauter, was mein Musikerlebnis verstärkte. Das war mir aber nur möglich, da unsere Musiktruhe

viel hergab. Aber das ging nur, wenn ich mal allein zuhause war. So hatte ich eines Tages „Twist And Shout“ wieder voll aufgedreht, als meine Mutter vom Einkaufen zurückkam. Sie wurde schon vor dem Haus von unserem älteren Nachbarn aufgelöst empfangen: „Frau Brockisch, joot, dat Er do set, ö-r Kleen, ritt bald die Buud af, dä hat de Musik solaut, dat de Dakpanne rabbele!“ (Frau Brockers, gut, dass Sie kommen! Ihr Kleiner reißt fast die Bude ab, der hat die Musik so laut, dass die Dachziegeln rappeln!“) Bevor meine Mutter in unserer Wohnung war, hatte ich die Musik schon ausgestellt. Ihr Tadel für mich fiel aber nicht so schlimm aus, wie man hätte erwarten können, und ich gelobte Besserung, woran ich mich auch künftig hielt.

So nach und nach eroberten die Beatles und die Beatmusik immer größere Anteile in unseren Radioprogrammen, besonders wenn man Radio Luxemburg hörte. Während meine Mutter, eigentlich Freundin klassischer Musik, der englischen Beatmusik auch allmählich Einiges abgewinnen konnte, blieb mein Vater demgegenüber doch sehr reserviert. Ihn störten die englische Sprache, die langen Mähnen meiner neuen Idole und das laute Yeah-Geschrei. Platten zu kaufen, war für mich mit meinem bescheidenen Taschengeld doch noch unerschwinglich, aber Beatles-Platten wurden später ein häufiger Wunsch jeweils für meinen Geburtstag. Meine nächste Single war „A Hard Day’s Night“ mit der B-Seite „Things We Said Today“.

Bald darauf kam der Film „A Hard Day’s Night“ ins Kino unseres Stadtteils und ich konnte meine Mutter überreden, ihn mit mir zusammen anzusehen. Dies wurde zu einem wichtigen Ereignis für die Beatles-Akzeptanz in unserer Familie. Meine Mutter fand Gefallen an den Jungs, ihrem Humor und ihren schmissigen Songs. Zu meinem 14. Geburtstag kaufte sie für mich in der Mönchengladbacher Innenstadt in Hochgrebe’s Musikhaus dann die LP zum Film, eben „A Hard Day’s Night“. Allerdings fiel es ihr sehr schwer, den Titel auszusprechen, denn wie die meisten Leute sprachen auch meine Eltern kein Englisch. Da ich es auf die Realschule geschafft hatte, war ich einer der Ersten in unserer Gegend, der Englisch lernte. Da dies ein gesellschaftliches Phänomen der frühen 60er Jahre war, wurden in der Anfangshase der Beatmusik deutsche Versionen erfolgreicher Titel herausgegeben, was zu manchen skurrilen Ergebnissen führte. Zum Glück hörte das in der zweiten Hälfte der 60er auf.

Natürlich wollte ich bald auch nach außen hin als Beatles-Fan erkennbar sein. Da es in der Beatle-Mania-Zeit schon jede Menge Fanartikel gab, entschied ich mich für eine preiswerte Variante. Ich klebte Abziehbildchen der vier Pilzköpfe auf den Rahmen meines Fahrrads und dekorierte es zusätzlich mit einem Wimpel, auf den auch die vier Köpfe zu sehen waren. Zu dieser Zeit konnte ich auch ein großes Filmplakat ergattern, mit dem in Schaukästen der Beatles-Film, der in der deutschen Fassung „Yeah, yeah, yeah“ hieß, angekündigt worden war. Allerdings konnte ich es wegen unserer sehr beengten Wohnung nirgendwo aufhängen; ein eigenes Zimmer hatte ich damals nicht.

1965 zogen wir in einen anderen Stadtteil in eine etwas größere Wohnung. Danach besuchte uns häufig meine Oma mütterlicherseits, die früh Witwe geworden war. Sie übernachtete öfters bei uns auf dem Sofa und war froh, damit für eine Weile ihrem Alleinsein zu entfliehen. Sie zog sich gerne in eine royale Traumwelt mit Königen und Prinzessinnen zurück. Mit ihrer blühenden Phantasie konnte sie aber großartig Märchen erzählen und auch solche aus dem Stegreif erfinden. Natürlich kam sie nicht umhin, bei ihren Besuchen bei uns nun auch Beatles-Songs zu hören. Obwohl sie nichts von den Songs verstand und die Musik für sie sehr fremd geklungen haben muss, fand sie wohl doch einen Zugang dazu. Ich erinnere mich, wie sie auf dem Sofa lag, leicht schlummerte und sie Tränen in den Augen hatte, als ich gerade „Things We Said Today“ laufen ließ. Als ich sie fragte, warum sie weinte, meinte sie, das Lied hätte sie so ergriffen.

Es war das Jahr, in dem die LP „Help“ mit „Yesterday“ erschien, wobei „Yesterday“ in Deutschland auch als Single herausgegeben wurde, im Gegensatz zu England. Nach Paul McCartneys Bekunden war ihnen der Titel irgendwie auch ein bisschen peinlich, da sie doch eine Rock’n Roll-Gruppe waren. Jedenfalls machte „Yesterday“ bei den älteren Leuten in Deutschland Eindruck („Was, das ist von den Beatles?“), und auch mein Vater wurde dadurch deutlich gnädiger bezüglich der Fab Four gestimmt, so dass ich künftig zuhause auf etwas mehr Toleranz stieß, wenn ich mal wieder Beatles hören wollte.

Als ich 15 war, ließ ich mir auch die Haare wachsen und verabschiedete mich von meiner bisher getragenen Pomadentolle. Mein Wunsch bzw. Ziel war, hinten eine Mähne wie George Harrison zu haben, wie sie auf dem LP-Cover von „A Hard Day’s Night“ zu sehen ist. Meine Haare wuchsen dann hinten auch, aber da ich eher dünnes und nicht so dickes, fülliges Haar hatte, sah meine Mähne leider ganz anders aus als erhofft. Immerhin akzeptierten meine Eltern und auch die Lehrer mein neues Aussehen, auch wenn ich mir so einige despektierliche Bemerkungen anhören musste. Entscheidend dafür, mich wieder davon zu verabschieden, war dann der Sport. Zunächst musste ich mir bei den Bundesjugendspielen nach dem 100m-Sprint, bei dem ich meine Mähne am Kopf wehen fühlte, von einem Lehrer im Ziel anhören, ich hätte ohne den Luftwiderstand der Haare gewiss eine bessere Zeit erzielt. Bald waren mir aber auch die langen Haare lästig und unangenehm, wenn mir bei meinem damals intensiven Sportleben diese nass vom Schweiß am Kopf klebten.

Natürlich hatte ich damals als jugendlicher Fan mein Zimmer mit Postern meiner Idole dekoriert. Von einem Tapetenhandel hatte ich sogar eine Musterrolle einer Beatles-Tapete mit vielen verschiedenen Abbildungen inclusive der Unterschriften der Fab Four ergattern können. Leider war diese Tapete aus dem Programm genommen worden, so dass ich nicht mein Zimmer komplett damit tapezieren konnte. Den Gipfel elterlicher Toleranz meiner Beatles-Liebe erfuhr ich, als die Beatles sich schon aufgelöst hatten. Von meinem ersten Paris-Besuch Ende 1971 hatte ich vom dortigen Flohmarkt ein großes Poster der vier Jungs mitgebracht. In der Folgezeit konnte ich meine Eltern überreden, dieses Poster an der Wand über unsere Essgruppe im Wohnzimmer zu platzieren, wo es auch jahrelang hängen blieb. Das war ein großartiges Zugeständnis – insbesondere meines Vaters – an seinen Filius.

Jahrzehnte später, als meine inzwischen verwitwete Mutter im Altenheim lebte, besuchte ich sie über Jahre hinweg regelmäßig sonntags morgens. Nach Möglichkeit lud ich sie dann in mein Auto und wir fuhren dann in ein Cafe oder einen Park zu einem Spaziergang, später mit Rollstuhl. Sie hatte diese gemeinsamen Stunden sehr genossen, da diese für sie eine Reise in unsere gemeinsame Vergangenheit waren, als ich noch Beatles-begeisterter Schüler war. Wenn ich sie ihn mein Auto bugsiert hatte, äußerte sie oft den Wunsch : „Jong, legg noch ens en johe Beatles-Plaat op!“, womit sie mich aufforderte, eine Beatles-Cassette einzulegen und abzuspielen. Das tat ich mit Vergnügen und wir schwelgten bei Beatles-Melodien gemeinsam in schönen Erinnerungen.

2. Schüler und Beatles-Fan

Als die Beatles-Begeisterung mich ergriff, ging ich zur Realschule, was für mein Umfeld schon eine höhere Schule war. Wie ich bald feststellen konnte, war ich in jener Zeit der einzige Schüler in meiner Klasse, der zuhause Beatles-Platten hören durfte. In der Realschule lernte ich als Erster in meiner Familie Englisch. Dieses neue Fach motivierte mich von Beginn an und ich erzielte darin recht gute Noten. Mit meiner Beatles-Begeisterung erhielt ich dann eine zusätzliche Motivation für’s Lernen, denn ich wollte nun die Texte der Songs besser verstehen. Mit dem bis dahin Gelernten reichte es gerade einmal dazu, die Titel und einige Textbruchstücke zu verstehen. So gehörte Englisch über alle sechs Jahre zu einem meiner besten Schulfächer. Zwar besserte sich auch meine Fähigkeit, die Beatles-Texte zu verstehen, doch reichte das gelernte Schulenglisch nicht, um die häufig in den darin enthaltenen speziellen Redewendungen zu übersetzen. Ein Wörterbuch Englisch-Deutsch habe ich mir erst viel später zugelegt.

Unser damaliger Musikunterricht hatte eigentlich nicht viel mit Musik zu tun. Er bestand hauptsächlich darin, Volkslieder und Kanons zu singen, was bei uns Jungs, wir waren ja eine Realschule für Jungen, ziemlich lausig geklungen haben muss. Zum großen Verdruss unseres wenig geliebten Musiklehrers – ihm rutschte schon mal die Hand aus -war auch keiner von uns Jungs, mich eingeschlossen, gesanglich begabt. Weil unsere gesanglichen Versuche insgesamt eher kläglich verliefen, wurden diese dann auch bald irgendwann eingestellt. Eigentlich konnte man bei Jungs ohne musikalische Vorbildung und dazu noch im Stimmbruch auch nichts Anderes erwarten. Darauf mussten wir uns mit dem Aufbau eines Orchesters und der Struktur von Sinfonien befassen. Einer aus unserer Klasse hat dann einmal den Vorschlag gemacht, ob wir nicht unsere Lieblingsplatten im Unterricht vorstellen und diese dann analysieren könnten. Zu unserer großen Überraschung ließ sich unser Musiklehrer, von uns Mozart genannt, darauf ein. Obwohl ich ein eher zurückhaltender Schüler war, habe ich mich als Zweiter gemeldet, meine derzeitige Lieblingsplatte vorzustellen. So brachte ich denn „Long Tall Sally“ mit, eine Single, die zwar in Deutschland, nicht jedoch in England erschienen war. Mich faszinierte daran insbesondere der dynamische, sich steigernde instrumentale Mittelteil mit der Auflösung zurück in den normalen feurigen Rhythmus. Für mich war das große musikalische Kunst. Nachdem unser Musiklehrer die Platte hatte abspielen lassen, erklärte ich dann, was mich an diesem Song so begeisterte. Unseren Musiklehrer beeindruckte das allerdings wenig. Er konnte das als Musikexperte sachlich erklären und spielte diese Passage mal eben ohne Mühe am Piano nach. Das hatte mich mächtig beeindruckt. Es grenzte für mich damals an Zauberei, aber es hatte den Song für mich auch ein wenig entzaubert. Für einen versierten Musiker war er offenbar nichts Besonderes. Danach wurde diese Plattenaktion jedoch leider nicht mehr fortgesetzt.