Around and Inside the Beatles - Wolfgang Brockers - E-Book

Around and Inside the Beatles E-Book

Wolfgang Brockers

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Beschreibung

Selbst nach mehr als einem halben Jahrhundert nach der Trennung der Beatles, üben diese immer noch eine große Faszinationskraft aus. Obwohl es inzwischen eine unüberschaubare Vielfalt von Büchern über die Fab Four gibt, sind die eingefleischten Beatles-Fans immer noch daran interessiert, noch weitere Detail- und Hintergrundinformationen über ihre Helden zu erhalten. Tatsächlich gibt es immer noch Interessantes über die ehemals britischen Nationalhelden zu berichten, was bislang in Gesamtdarstellungen oder Biografien nicht zur Geltung gekommen ist oder übergangen wurde. Die vorliegende Arbeit bietet in neun Studien zu ausgewählten Episoden der Beatles-Historie aufschlussreiche Details und Hintergründe etwa über die Anfangszeit der Band, den Preis des Ruhm, zu ihrem Privatleben bis hin zu den dramatischen Ereignissen, die zum Ende der Beatles führten.

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Seitenzahl: 172

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Gewidmet meinen Freundinnen und Freunden des Beatles-Treffs Niederrhein

Vorwort

Auch nach mehr als einem halben Jahrhundert, nachdem sich die Band aufgelöst hat, geht von dem Phänomen der Beatles immer noch eine große Faszinationskraft aus. Dies belegen der weiterhin große Verkaufserfolg ihrer Tonträger, immer neue Veröffentlichungen und nostalgische Memorablia über die Fab Four.

Die Zahl der Buchveröffentlichungen über die Beatles ist inzwischen nahezu unüberschaubar, so dass man mit Recht fragen darf, ob es noch weiterer Bücher bedarf. Die Frage beantwortet sich aus der Interessenlage der immer noch zahlreichen, oft älteren Beatles-Fans, deren Neugier sich weiterhin darauf richtet, noch mehr Hintergrund- und Detailinformationen zu ihren „Helden“ zu erfahren. Und da gibt es, insbesondere für die deutschsprachigen Fans, denen die einschlägige englische Literatur nicht zugänglich ist, durchaus noch eine Menge an Hintergrundgeschichten zu erzählen.

Dies ist das Anliegen der vorliegenden Arbeit, nämlich noch Genaueres zur Historie der Band und zur Biografie ihrer Protagonisten zu vermitteln, was vor allem eingeschworene Fans und weniger den rein musikalisch orientierten Faninteressieren dürfte.In neun Detailstudien über ausgewählte Episoden der Beatles-Historie werdeninsbesondere die frühe Entwicklung der Band, besondereEreignisse und Erfahrungen der vier Jungs bis hin zu den dramatischen Ereignissen, die zum Ende der Band führten, beschrieben. Dabei werden manche erhellende Detailszutage geförderte, die in vielen Beatles-Büchern bzw. - Biografien übergangen oder bewusst nicht berücksichtigt wurden.

Sechs der neun Studien sind neue Arbeiten; dagegen sind die letzten dreischon in meinem letzten Büchlein „The Beatles in my life“, das ich mit meinem Freund Horst Grüter herausgegeben hatte, veröffentlicht worden.Sie werden hier aus Gründen der Vollständigkeit und der thematischen Geschlossenheit noch einmal präsentiert.Wenn diese Studien dazu führen, dass der geschätzte Leser nach der Lektüre zur Einsicht kommt, neue und ergänzende Erkenntnisse über die Fab Four gewonnen zu haben, wäre dies ein schöner Lohn meiner Arbeit.

Für die Hilfe beim mühsamen Korrekturlesen bin ich meiner Frau Monika sehr dankbar, ebenso für die erneut große Hilfe meines Bandkameraden Carsten Hendricks beim Layout und Hochladen des Textes.Sollten sich trotz aller Sorgfaltsbemühungen dennoch formale oder sprachliche Fehler eingeschlichen haben, so gehen diese allein auf meine Kappe.

Mönchengladbach im April 2025

Inhaltsverzeichnis

I. Wie es mit den Beatles begann

1. Liverpool, musikalischer Schmelztiegel und Wiege der Beatmusik

2. Die Quarrymen und das Duo Lennon-McCartney

3. Von den Quarrymen zu den Beatles – wechselnde Besetzungen und Namen

4. Erste Schritte auf der Karriereleiter

II. Hamburg, Astrid und die Exis

III. Die Beatles und der homosexuelle Brian Epstein, gegensätzliche Welten

1. Brian Epstein angelt sich die Beatles mit einem ungültigen Vertrag

2. Die Beatles werden salonfähig[…]

3. Brian – schwul und verliebt in John

IV. Die Merseybeat-Szene & ihre […]

1. Gerry & The Pacemakers

2. Freundschaftliche Rivalität – Welche Band ist die Beste?

3. Lennon/McCartney-Songs –Treibstoff für Epsteins Talente

V. Jane Asher und Paul - eine Romanze ohne Happy End

1. Frauenschwarm Paul trifft […]

2. Paul und Jane – Swinging Londons schillerndes Pärchen

VI. Von einem wütenden Mob aus dem Land gejagt

1. Die brüskierte Präsidentengattin Imelda Marcos

2. Die Beatles werden bedroht und aus dem Land gejagt

3. Das Nachspiel

VII. Die Manson-Morde von 1969 im Auftrag der Beatles?

VIII. Über das Gerücht von Pauls Tod

IX. Yoko Ono & das Ende der Beatles

1. Yokos biografischer Hintergrund

2. Wie Yoko sich John angelte

3. Eindringling und Störfaktor […]

4. 1969 – das Jahr […]

5. Das Ende der Beatles – Phasen der Bandauflösung

6. John, unter Yokos Kontrolle

7. Fazit – War Yoko für das Ende der Beatles verantwortlich?

X. ANHANG

I. Wie es mit den Beatles begann

1. Liverpool, musikalischer Schmelztiegel und Wiege der Beatmusik

Liverpool, die Hafenstadt im Nordwesten Englands, unterscheidet sich in vielfacher Hinsicht von anderen englischen Großstädten. Insbesondere galt Liverpool zu Beginn der 1960er Jahre als „distant place“, als ärmliche Provinz, die mit wirtschaftlichem Niedergang, Armut, den überall noch präsenten Kriegsschäden und einer hohen Kriminalität zu kämpfen hatte. Aber gerade aus dieser speziellen Gemengelage sollte sich in Liverpool eine Musikszene entwickeln, die eine musikalische und kulturelle Revolution auslöste. In der Folge wurde diese Stadt für einige Jahre zum Mekka, zum Mittelpunkt, der weltweiten Pop-Kultur. Produkt dieser Entwicklung und späteres Aushängeschild waren u.a. die Beatles, welche den Liverpooler Merseybeat weltweit populär machten.

Seit dem 18. Jahrhundert war Liverpool – maßgeblich durch den Nordamerikahandel – zu einem der vier größten Überseehäfen der Welt aufgestiegen, und der Hafen wurde zum pulsierenden Herz der Stadt, der vielen Menschen Arbeit bot. Viele Arbeiter kamen aus dem nahegelegenen Irland nach Liverpool und wurden dort sesshaft, wodurch Liverpool zeitweilig auch als heimliche Hauptstadt Irlands bezeichnet und mehrheitlich katholisch geprägt wurde. Auch John Lennon, Paul McCartneyund George Harrison hatten irische Vorfahren. Schifffahrt, Handel sowie die aus den Baumwollimporten hervorgegangene Textilindustrie machten die Stadt reich und zu einer blühenden Metropole.Bis heute zeugen viele prächtige Gebäude aus viktorianischer Zeit vom Wohlstand und der Bedeutung Liverpools. Doch zu Beginn des 20. Jahrhunderts setzte ein kontinuierlicher wirtschaftlicher Niedergang ein. Dazu trugen u.a. der deutsche U-Boot-Krieg im 1. Weltkrieg, der beginnende Flugverkehr nach Nordamerika und auch die Weltwirtschaftskrise in den 1930ern bei. Verstärkt wurde dieser Prozess noch durch die Zerstörungen infolge deutscher Bombenangriffe im 2. Weltkrieg auf den kriegswichtigen Hafen.Die Hafenanlagen und das Zentrum Liverpools wurden nahezu vollständig zerstört. Nach dem Krieg blieb Liverpool noch für lange Zeit ein trostloser Ort. Die Mehrheit der Einwohner gehörte ohnehin der Arbeiterklasse an, die nun in Armut und bedrückenden Wohnverhältnissen leben musste. Lediglich der Hafen bot noch Betriebsamkeit und Arbeitsplätze, aber auf einem niedrigen Niveau, da die große Zeit des Seehandels und des Hafens vorbei war. So waren Arbeitslosigkeit und Kriminalität, insbesondere Jugendkriminalität, in Liverpool ein ernstes gesellschaftspolitisches Problem. Für viele Arbeiterkinder war es normal, zwischen Trümmern und Bombentrichtern zu spielen. Als Folge fehlender attraktiver Perspektiven bildeten Kinder- und Jugendgruppen häufig organisierte Diebesbanden, die für so manchen Raubzug und Überfall verantwortlich waren.

Aber Liverpool war und blieb aber auch in schwerer Zeit eine kosmopolitische sowiemusik- und gesangsliebende Stadt. Dazu trugen die vielen traditionellen ‚Shanties‘ (Seemannslieder) ebenso bei wie die Gesangskultur der vielen irischen Einwanderer mit ihren vielen populären Folksongs. Auch wenn die wirtschaftliche Bedeutung des Hafensin der Nachkriegszeit immer geringer wurde, war doch nahezu aus jeder Liverpooler Familie mindestens ein Mitglied noch als Seemann tätig. Die zumeist jungen Männer brachten ab den 1950er Jahren insbesondere aus den USA Waren und Neuigkeiten, aber auch amerikanische Rock’n Roll-Schallplatten mit.Diese wurden von der Jugend begierig aufgenommen.Dadurch wurden Liverpool und sein Umland stärker von amerikanischer Musik beeinflusst als z.B. London.In der zweiten Hälfte der 1950er Jahre setzte sich der amerikanische Rock’n Roll allmählich in ganz England durch undGrößen wie Bill Haley, Chuck Berry, Elvis Presley oder Buddy Holly beherrschten von nun an auch die britischen Hitparaden. Wer aber amerikanischen Rock’n Roll hören wollte, war auf den ausländischen Sender Radio Luxemburg, Mittelwelle Band 208,oder auf die von Liverpooler Seeleuten aus den USA mitgebrachten Schallplatten angewiesen, die von den Bands heiß begehrt waren. Im liberalen und weltoffenen Liverpool setzte allmählich ein wahres Rock’n Roll-Fieber ein.

Etwa zur gleichen Zeit als der Rock‘n Roll seinen Siegeszug antrat, erlebte mit dem Skiffle aber auch ein schon früherer Musiktrend durch den schottischen Musiker Lonny Donegan eine kurze Renaissance. Das war eine Mischung aus Jazz und Folklore-Elementen. Insgesamt entstand in Liverpool in jener Zeit eine Stimmung, die auf eine Art musikalischer Revolution hindeutete. Zahlreiche Bands wurden gegründet, die mit einfachen Instrumenten wie einer Gitarre oder Banjo, einer Mundharmonika, einem selbstgefertigten Bass und einem Waschbretttraditionelle englische Songs versetzt mit Elementen der amerikanischen Musik spielten und ein Publikum suchten.Rock’n Roll und Skiffle boten der Jugend nun eine Alternative zur Bandenkriminalität, und viele Eltern, insbesondere die Mütter, unterstützten nun den vielfach geäußerten Wunsch ihrer Söhne, eine Gitarre zu kaufen, obwohl sie es sich in der Regel nicht leisten konnten. So wurden in lokalen Liverpooler Musikfachgeschäften vonden Müttern zahlreiche Gitarren auf Ratenkredit, der monatlich abgestottert wurde, gekauft. Viele Eltern waren aber bereit, dieses Opfer zu bringen, wenn sie damit nur ihre Jungs von der Straße und von den kriminellen Gangs fernhalten konnten. Mit der zunehmenden Popularität des Rock’n Roll und durch den Erfolg der auf dieser Welle mitschwimmenden englischen Interpreten wie Cliff Richard entstand jedoch bald ein Anpassungsdruck auf die Skiffle-Bands. Dadurch wurden, wenn es die finanziellen Mittel irgendwie erlaubten, akustische Gitarren, Apfelsinenkasten-Bass und Waschbrett nach und nach durch elektrische Gitarren, E-Bass und Schlagzeug ersetzt.

Aus der vielfältigen Musikszene in und um Liverpool am Mersey-River entwickelten die zahlreichen Bands um 1960 aus Skiffle, Rock‘n Roll, Blues und Schlager eine sehr typische Mischung, die als Merseybeat bekannt und erfolgreich wurde.Bis zum Beginn der 1960er Jahre entstandenin der Region Liverpool ca. 400 Bands, deren Mitgliedergeglaubt hatten, damit einen Weg zu Erfolg und Ruhm gefunden zu haben (vgl. Moers 2000, S. 18). Es gab keinen Mangel an Spielorten in Liverpool; jede Kirchenhalle, jeder Tanzsaal und jede Gemeindehalle konnten als Musik- und Tanzort genutzt werden. In nahezu hundert privaten Keller-Clubs Liverpools traten die Bands abwechselnd auf undbeschallten mit dröhnendem Beat aus Kellerfernstern heraus die Straßen. Es gab so viele Bands, dass der Student vom Art College Bill Harry damit begann, die Namen der Bandmitglieder und deren Auftrittsorte und -zeitenzu notieren, und gründete dann die Musikzeitschrift „MERSEY BEAT“.Die zumeist jugendlichen Musikerverdienten sich damit etwas Geld, was ihnenhalf, über die Runden zu kommen, falls sie arbeitslos waren.Sie begründeten damit aber zugleich eine spezifische Liverpooler Jugend- und Musikkultur, was u.a. zur Folge hatte, dass in dieser Zeit die Jugendkriminalität in Liverpool laut Polizei-Statistik signifikant abnahm.

2. Die Quarrymen und das Duo Lennon-McCartney

Für den Erfolg des amerikanischen Rock’n Roll in England, insbesondere in Liverpool und für die Beatles, spielten drei kulturelle Impulse des Jahres 1956 eine entscheidende Rolle. Zunächsthatte der Schotte Lonnie Donegan mit einer Skiffle-Band und seinem Song „Rock Island Line“ einen ungeheuren Erfolg, so dass dieser Song zur einer Art Jugendhymne wurde und viele Jugendliche inspiriert wurden, eine Skiffle-Band zu gründen. Dann befeuerte ein amerikanischer Film mit dem Titel „Blackboard Jungle“ in England den rebellischen Geist der Jugend. Insbesondere der Titelsong „Rock Around The Clock“ elektrisierte die Jugend. So etwas hatte man noch nie gehört. Zwar taugte der Sänger Bill Haley, im mittleren Alter und schon etwas füllig, nicht zum Teenager-Idol, aber der Song hatte etwas von einer ansteckenden, ungezügelten Wildheit. Und dann erschien mit dem Rock’n Roll-Song „Heartbreak Hotel“ die Verkörperung von Jugend, Sex-Appeal und Rebellion: Elvis Presley! Er wurde das bewunderte Vorbild der Rock’n Roll-begeisterten Jugend in England.

Der Erfolg von Lonnie Donegans Skiffle-Song „Rock Island Line“ war der Auslöser dafür, dass zwei junge Burschen und künftige Beatles, nämlich Paul McCartney (14)und George Harrison (13), unbedingt eine Gitarre haben wollten, wie viele andere Jungs auch.Obwohl dies die Familienkassen erheblich strapazierte, erfüllten ihre Eltern ihnen den Wunsch.Paul McCartney musste erstdie Hindernisse überwinden, die sich aus seiner Linkshändigkeit ergaben, bevor er mit Hingabe und großer Begabung die Gitarre spielen lernte.Inspiriert und gefördert durch seinen Vater, einem Musiker und Swing-Bandleader, lernte Paul intuitiv, fand allein durch Zuhören Töne und Akkorde. Bald waren Elvis und die Everly Brothers seine neuen Idole und er konnte in kurzer Zeit deren Songs spielen. Schon mit 14 Jahren begann er damit, eigene Songs zu schreiben. Sein erster Song „ I Lost My Little Girl“ hat wohl einen Bezug zu seiner ein Jahr zuvor an Brustkrebs verstorbenen Mutter Mary. George Harrison war fasziniert von Gitarren. Seine musikbegeisterte Mutter Louise kaufte ihm eine Gitarre und ermutigte ihn bei seinen intensiven Bemühungen, sein Instrument zu meistern, vor allem wenn er entmutigt war.Er machte zunächst nur langsam Fortschritte, aber er arbeitete zäh und erwarb sich bald ein Können, wodurch er schließlich John Lennon und Paul McCartney beeindrucken und ihnen Ratschläge geben konnte.

Für John Lennon war Elvis Presley die Initialzündung, sich dem Rock’n Roll zu verschreiben und seinem bis dahin chaotischen Leben eine neue Richtung zu geben.Überall, wo John sich damalsgerade aufhielt, schwärmte er von Elvis‘ Frisur, seiner Kleidung und vor allem von seiner Gitarre. Seine Tante Mimi, bei der er damals wohnte, konnte es irgendwann nicht mehr mit anhören und sagte mal zu ihm: „Elvis, alles schön und gut, John, aber ich will ihn nicht zum Essen oder zum Tee hier haben (in: Brown/Gaines 1983, S.20).“Mehr als alles andere wollte John nun auch eine Gitarre haben. Aber es warnicht seine musikbegeisterte Mutter Julia, sondern seine Tante Mimi, die ihm schließlich eine kaufte. Zusammen mit John marschierte sie zum Musikladen in Whitechapel, um dort eine Gitarre für umgerechnet ca. 200 DM zu kaufen, was damals viel Geld war. Als er die Gitarre einmal in der Hand hatte, wollte er sie nicht mehr weglegen. Beginnend mit einigen Banjo-Griffen, die ihm seine Mutter beigebracht hatte, übte er wie besessen Stunde um Stunde, Tag für Tag und verließ das Haus nicht mehr, so dass Mimi bald bedauerte, ihm das „verdammte Ding“ gekauft zu haben.

John war in jener Zeit ein aggressiver und rebellischer junger Mann, was wohl mit seinem Kindheitstrauma zu tun hatte, dass sein Vater und seine Mutter ihn verlassen, ihn nicht gewollt hatten. Deswegen lebte er ab dem 5. Lebensjahr bei seiner Tante Mimi. Er ging keiner Auseinandersetzung, weder verbal noch körperlich, aus dem Weg. Schon als Schüler unternahm er als Banden-Chef mit seinen Nachbarschaftskumpels Ivan Vaughanund Peter Shotton regelrechte Diebes-Züge und war an manchem Schulstreich beteiligt.Wiederholt belästigte er Mädchen, indem er sie begrapschte. In der Nachbarschaft galt er als Straßenterrorist(vgl. Gaines/Brown 1983, S. 17). Obwohl Tante Mimi ihn mit harter Hand und vielfachen Bestrafungen zu erziehen versuchte, konnte sie aber keinen richtigen Einfluss auf ihn gewinnen.Als Monate später Johns Mutter Julia wieder Kontakt zu ihm aufnahm, fühlte er sich wieder sehr zu ihr hingezogen. Aber seine innere Zerrissenheit zeigte sich weiterhin in zunehmender Gewalttätigkeit. So schlug er sogar einmal seinen Klassenlehrer vor den anderen Schülern nieder. Zwar verhalf sein Schulleiter John noch zum Wechsel auf eine Kunstschule, aber auch dort zeigte sich, dass er kein Interesse an einer Ausbildung hatte.

Rock’n Roll und seine Gitarreverliehen John nun endlich Orientierung und Ehrgeiz. Im März 1957 gründeten John Lennon (Gitarre) und Pete Shotton (Waschbrett) die Skiffle-Band „The Black Jacks“. Aus der Nachbarschaft machten noch Johns Kumpels Nigel Whalley und Ivan Vaughan mit.Hinzu kamen noch andere Schulfreunde.Eine Woche später änderten sie aber den Bandnamen in „The Quarrymen“, womit sie sich an ihrer Gemeinde „Quarry“ orientierten.Es ist bemerkenswert, dass John seine erste Band noch im gleichen Monat gründete, in dem er seine Gitarre bekam und mit dem intensiven Üben begann.Da man ein Instrument wie die Gitarre nicht mal so eben in kurzer Zeit lernen kann, muss man daraus wohl schließen, dass zumindestJohn bei der Bandgründung noch keine sehr großen diesbezüglichen Fähigkeiten gehabt haben kann, auch wenn er schnelle Fortschritte gemacht hatte. Johns Quarrymen spielten überall, wo es ein Publikum für sie gab. Ihr erster Auftritt war auf der Ladefläche eines offenen LKWs am 24. Mai. Am 9. Juni traten sie bei einem Talentwettbewerb auf, um in einer Fernsehsendung mitwirken zu können. Doch sie schieden bereits in der ersten Runde aus. In den folgenden Wochen spielten sie noch bei Straßen-, Schul- oder Kirchenfesten, ohne besonderen Eindruck zu machen. Sie waren damals eben nur eine noch recht unerfahrene Skiffle-Band von vielen in Liverpool.

Zukunftsweisender erwies sich da das Kirchenfest von der „St. Peter’sParish Church“ in Woolton am 6. Juli 1957, wozudie Quarrymen mit zwei Auftritten angekündigt wurden.Ivan Vaughan, ein Schulkamerad von Paul McCartney, lud diesen ein, beim Auftritt der Quarrymen dabei zu sein. Erüberzeugte Paul aber hauptsächlich damit, dass er dort die Chance haben würde, Mädchen anzubaggern. Tatsächlich besuchte Paul diese Fete hauptsächlich wegen der Mädchen. Als er eintraf, hatte die Fete auch schon begonnen, aber Paul erlebte aus einiger Distanz die Quarrymen mit einem dynamischen Sänger John Lennon. Danach, am späteren Nachmittag in der Kirchenhalle, lieh sich Paul eine Gitarre von einem der Jungs und zeigte diesen, was er auf der Gitarre drauf hatte. Für seine anwesenden Zuhörer muss er wie ein Virtuose gewirkt haben. Besonders beeindruckt hatte er sie aber nicht nur dadurch, dass er so gut gespielt hatte, sondern er konnte auch eine Gitarre stimmen. Das konnte bis dahin keiner der Quarrymen, und John hatte dafür immer jemanden aus der Nachbarschaft bezahlen müssen. Paul hatte den gerade aktuellen Hit „Twenty Flight Rock“ gespielt und gesungen, was für die anderen Jungs noch viel zu kompliziert war. Dabei bemerkte er eine Person, die, einen Bierdunst verbreitend, sich über ihn beugte. Es war John, betrunken, und Paul sagte nur „Hi“ (vgl. Brown/Gaines 1983, S. 22). John war durchaus von Pauls Können beeindruckt, war aber zu stolz, es zuzugeben.

„Ich war sehr beeindruckt, wie Paul Twenty Flight Rock spielte. Er konnte eindeutig Gitarre spielen. Fast dachte ich: ‚Er ist so gut wie ich.‘ Bis dahin war ich die Hauptperson gewesen. Jetzt überlegte ich: ‚Wenn ich ihn in die Band aufnehme, was wird dann?‘ Mir schoss durch den Kopf, dass ich ihn nicht aus der Reihe tanzen lassen durfte, wenn ich ihn aufnahm. Aber er war gut, daher war er es wert. Außerdem sah er aus wie Elvis. Er gefiel mir (John Lennon in: The Beatles, Anthology 2000, S. 12).”

Darauf bot Paul gönnerhaft an, die Texte von „Twenty Flight Rock“ und Gene Vincents „Be Bob A Lula“ inklusive der Akkorde aufzuschreiben, damit John sie lernen könnte. Einige Tage später war Paul mit dem Fahrrad unterwegs, als er Pete Shotton traf. Dieser rief ihm hinterher, dass die Jungs ihn gerne in der Band haben würden.

Paul ging darauf ein, wurde Mitglied der Quarrymen und nahm zunehmend Einfluss darauf, was und wie die Band spielen sollte. Trotz aller Persönlichkeitsunterschiede entwickelten Paul und John bald eine sehr enge Kameradschaft. Zu ihrem Gück lagen Pauls Schule, das Liverpool Institute, und Johns „Art College“ direkt nebeneinander. Sie sprachen sich oft ab, die Schule sausen zu lassen und ganze Nachmittage in Pauls Haus in der Forthlin Road damit zu verbringen, Songs zu üben und sich gegenseitig Akkorde beizubringen. Zuweilen standen sie gemeinsam in der Badewanne im gekachelten Badezimmer, um ein besseres Echo zu bekommen. Ihre Stimmen ergänzten sich mit der Zeit immer besserzu einem harmonischen Hörerlebnis.Sie entwickelten einen kameradschaftlichen Songschreiber-Wettbewerb, wodurch sie nach einem Jahr mehr als hundert Songs geschrieben und einen kreativen Geist entwickelt hatten, der in den kommenden Jahren noch sehr fruchtbar werden würde (vgl. Brown/Gaines 1983, S. 25). Die Aufzeichnungen der Songs gingen aber weitgehend verloren.Johns Tante Mimi sah allerdings mit wachsendem Unbehagen, wie Paul mit seiner Gitarre Johns Zeit verschwendete und ihn von der Schule abhielt. Nach einem Jahr am Art College, was sie von ihren Ersparnissen finanziert hatte, hatte John noch keine einzige Prüfung erfolgreich abgelegt. Mimi sah sich genötigt, John gegenüber restriktiver zu werden und ihm Vorschriften zu machen, sogar wie er sich kleiden sollte. Aber jedes Mal, wenn ihr Streit darüber eskalierte, flüchtete John zu seiner Mutter Julia, die Verständnis für ihn hatte und die Quarrymen mochte, und übernachtete dann auf ihrem Sofa. Obwohl Mimi wütend darüber war, blieb sie aber Ihrer Schwester Julia gewogen, so dass in jener ZeitJulia wieder häufiger zu Gast in Mendips, Mimis Haus, war. Eines Abends, es war der 15. Juli 1958, wollte Julia von einem solchen Besuch heimkehren und machte sich auf den Weg zur Bushaltestelle. Jedoch im abendlichen Dämmerlicht wurde sie –200 m von Mimis Haustür - von einem Auto erfasst und tödlich verletzt. Johns Kumpel Nigel Whalley, der gerade John einen Besuch abstatten wollte, sah Julias Körper durch die Luft fliegen und hinter einer Hecke aufschlagen. Als Mimi – aufgeschreckt durch den Unfalllärm – schließlich bei Julia ankam, war sie tot. John, der beim Unfall nicht zuhause war, wurdedurch Julias Tod in tiefe Verzweiflung gestürzt. Nun hatte er seine Mutter zum zweiten Mal verloren. Er machte nahezu jeden für den Tod Julias verantwortlich. Er sann auf Rache und wurde noch gemeiner zu anderen als zuvor. Wenn er seinen Kummer nicht in Alkohol ertränkte, schikanierte er Bettler, Verkrüppelte oder alte Leute. In dieser Zeit vernachlässigte er die Gruppe und es gab für ca. 15 Monate keine honorierten Auftritte. Sie trafen sich nur noch zum Üben und bei privaten Partys. Darüber hinaus sahen sich John und Paul noch zum Plattenhören, zum Üben und Schreiben. In dieser Zeit ging man eher mit Mädchen aus, trank viel Bier und machte auf Partys Nächte durch.

In diesem selbstzerstörerischenVerhalten wurde John erst durch die Liebe und Fürsorge von Cynthia Powell gerettet, die John im Septemberam Art College kennengelernt hatte. Sie wurde seine große Liebe, sie gab ihm wieder Halt. Cynthia, eine Tochter aus gutem Haus, liebte Johnvorbehaltlos und lernte, mit seinem besonderen Charakter umzugehen.

„Unsere Klasse hatte einen Tanzabend. Ich war besoffen und forderte sie zum Tanz auf.