The Eminence in Shadow (Deutsche Light Novel): Band 4 - Daisuke Aizawa - E-Book

The Eminence in Shadow (Deutsche Light Novel): Band 4 E-Book

Daisuke Aizawa

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Beschreibung

„Erhebe dich, Königin des Abgrunds.“


Die Stadt der Gesetzlosen ist gerettet und Mitsugoshi hat den großen Kreditkollaps überlebt, doch nun richten sich alle Blicke auf das Königreich von Oriana, denn dort braut sich ein Krieg zusammen. Durch den Tod des Königs beim Bushin-Festival ist das Land im Chaos versunken und zwei Fraktionen, die Dumme-Fraktion und die Anti-Dumme-Fraktion, begehren den Thron. Als Prinzessin von Oriana will Rose ihr Land beschützen und ihre Familie retten, doch die Pläne des Kults reichen sogar bis hierhin. Wofür wird sie sich entscheiden? Shadow Garden oder Oriana? Freunde oder Familie?


Cid lässt sich indessen die Gelegenheit nicht entgehen, auch im Krieg die geheimnisvolle Eminenz zu spielen. Allerdings erreicht ihn schon bald eine schreckliche Nachricht: Rose wird heiraten. Nachdem sie so weit gekommen ist und selbst ihren eigenen Vater getötet hat, ist sie nun an Dummes Seite zurückgekehrt und will ihn sogar heiraten?! Was denkt sich Rose bloß dabei? Und wieso reden ständig alle von einer schwarzen Rose?

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Seitenzahl: 261

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Inhaltsverzeichnis

Cover

Farbseiten

Prolog: Krieg im Oriana Königreich!

Kapitel 1: Lasst uns Roses Hochzeit aufhalten!

Kapitel 2: Lasst uns den Plan in die Tat umsetzen!

Kapitel 3: Lasst uns in die Hochzeit platzen!

Bonuskapitel: Der stylishe Ganovenslayer trifft ein!

Kapitel 4: Im Fantasy-Japan im Schatten lauern!

Kapitel 5: Endlich mal wieder in Japan die Fäden ziehen!

Kapitel 6: Hier ist was faul ... Doch eine wahre Eminenz im Schatten durchschaut alles!

Epilog: Betrachtet die vollendete Eminenz im Schatten!

Charaktere

Legenden von Lord Shadow

Nachwort

Über JNC Nina

Impressum

Orientierungsmarken

Farbseiten

Inhaltsverzeichnis

Prolog: Krieg im Oriana Königreich!

Manchmal bekommen Menschen es mit, wenn sie träumen.

Und Rose Oriana erlebte das immer im gleichen Moment.

In ihrem Traum stand sie in der Arena des Bushin-Festivals. Vor ihr stand ihr Vater. Sie zog ihr Schwert und zielte damit auf ihn. Die Welt rings um sie wurde langsamer und bald bewegten sich nur noch Rose, ihr Vater und ihre Klinge. Dann durchstieß sie ihren Vater. Sie konnte ihr Schwert nicht aufhalten oder es zurückziehen. Sie musste dabei zusehen, wie sie in dieser unendlich langsamen Welt ihren Vater tötete. Sie spürte, wie ihr Schwert in sein Fleisch eindrang und die Wärme des spritzenden Blutes.

Es war eine Erinnerung, die sie einfach nicht vergessen konnte.

Sie konnte weder weinen noch schreien oder entkommen. Alles war zwecklos.

Ihr Vater sah sie an, als wollte er ihr etwas sagen.

Dann griff er nach Rose und würgte sie.

„Ich werde dir niemals verzeihen.“

***

„Tut mir leid, es tut mir ...“

Rose erwachte jeden Morgen beim Klang ihrer eigenen Stimme.

Sie befand sich in einem kleinen Raum mit nur einem Bett und einem kleinen Tisch. Dies war der Stützpunkt von Shadow Garden im Königreich Oriana.

„Vater ...“, murmelte Rose mit Tränen in den Augen.

Sie konnte ihren Albtraum nicht vergessen.

Was wollte ihr Vater ihr damals sagen?

Beschuldigte er sie?

Hasste er sie?

Waren die Worte aus ihrem Traum die Wahrheit?

Rose klammerte sich an die kalten, schweißdurchnässten Laken, als plötzlich jemand an die Tür klopfte.

„Nummer 666. Es ist so weit.“

Es war die Stimme von Nummer 664.

„Ich komme gleich“, antwortete Rose, wischte sich die Tränen aus den Augen und zog sich um.

Sie zog ihr dünnes verschwitztes Hemd aus, nahm einen schwarzen Schleim heraus und ließ ihn sich über ihren Körper ausbreiten.

Es war der Schleim-Bodysuit.

Durch seine extrem hohe magische Leitfähigkeit konnte er jede beliebige Form annehmen und wenn Rose ihn mit Magie erfüllte, wurde er so stark, dass ein gewöhnlicher Magieritter ihm keinen einzigen Kratzer zufügen konnte.

Der Bodysuit war so fortschrittlich, dass er den gesunden Menschenverstand eines jeden Magieritters übertraf, aber für Shadow Garden war er nur eine seiner vielen Erfindungen.

„Guten Morgen“, sagte Rose, als sie sich fertig angekleidet hatte und in den Korridor trat, wo Nummer 664 und 665, die Mitglieder ihres Teams, sie bereits erwarteten.

„Wir sollten uns beeilen“, meinte Nummer 664.

„Guten Morgen, Nummer 666“, begrüßte Nummer 665 sie gelassen.

Nummer 664 schritt zügig voran, gefolgt von den anderen beiden.

Der Korridor hatte nüchterne graue Wände ohne jeden Schmuck aus etwas namens Stahlbeton, einer Substanz, an der Shadow Garden zurzeit forschte. Beleuchtung und Teppich waren zwar schlicht, aber genau deshalb kamen sie besonders zur Geltung.

Die Leuchtkörper bestanden aus hochtransparentem Kristallglas, das mit einem besonderen Schliff produziert worden war und dadurch wunderschöne Schatten in den Raum warf.

Auch diese Lampen waren eine Erfindung von Shadow Garden und wurden von Mitsugoshi als Luxus-Kronleuchter verkauft. Die günstigsten kosteten zehn Millionen Zenni (also ungefähr zehn Millionen Yen), aber sie gingen trotzdem weg wie warme Semmeln. Man munkelte sogar, dass Mitsugoshi mit solcher Technologie bald in die Bauindustrie expandieren würde.

Angesichts dieses schwindelerregenden technischen Fortschritts stieß Rose einen kleinen Seufzer aus.

Es war erstaunlich, dass all diese Erfindungen aus Shadows Weisheiten der Schatten zustande gekommen waren. Er besaß nicht nur eine überwältigende Kampfkraft, sondern auch unerschöpfliches Wissen ... Wer war dieser Mann nur?

„Das hab ich gehört“, warnte Nummer 664, die Roses Seufzer anscheinend mitbekommen hatte. „Wenn du über was reden willst, dann spuck’s aus. Ich weiß, dass du’s echt nicht einfach hast.“

„Nein, schon gut.“

„Aha ...“

Nummer 664 war eine kleine Elfe und ein Jahr älter als Rose. Sie war zwar streng, aber auch äußerst verantwortungsbewusst, weshalb sie zur Anführerin ihrer Gruppe ernannt worden war.

Nummer 665 war eine Elfe im gleichen Alter wie Rose und wirkte immer etwas schläfrig und etwas geistesabwesend.

Sie beide waren wunderschön und wären in der Außenwelt ohne Frage erstklassige Magieritterinnen.

Aber hier in Shadow Garden waren die beiden nur Nummern 664 und 665 und standen weit unten in der Hierarchie.

Und Rose war Nummer 666.

Eigentlich hatten diese Nummern nichts mit der Stärke einer Person zu tun und wurden lediglich in der Reihenfolge des Beitritts vergeben. Trotzdem hieß es, dass eine Nummer, die um hundert von einem entfernt war, ein ganz anderes Maß an Stärke besaß. So konnte man die Nummern verwenden, um die ungefähre Stärke von Mitgliedern einzuschätzen.

Natürlich gab es auch Ausnahmen.

Rose hatte einmal einen Kampf zwischen Nummer 559 und 89 verfolgt. Ihre Zahlen lagen um mehr als vierhundert auseinander, was bedeutete, dass 89 um einiges stärker hätte sein sollen, aber Nummer 559 gewann haushoch.

Dadurch erlangte sie das Recht, die höherrangigen Nummern herauszufordern, die direkt unter den Sieben Schatten standen.

Die Hierarchien von Shadow Garden waren erstaunlich ausgereift.

Rose dachte sich, dass sie immer stärker werden würde, dass sie in Shadow Garden etwas ändern könnte und dann mit dieser Macht Oriana retten könnte.

Aber sie war immer noch vollkommen machtlos.

„Ich muss mich anstrengen ...“, murmelte Rose und folgte den beiden anderen weiter.

Ihr Teammitglied für die heutige Mission war Nummer 559.

***

Die drei verließen den Stützpunkt und liefen durch die Dunkelheit lautlos über ein Schneefeld.

In der Ferne erspähten sie eine Burg. Von einem kleinen Hügel gleich neben ihnen schaute indessen ein wunderschönes Mädchen auf sie herab.

„Da seid ihr ja“, sprach es und drehte sich um.

Ihr pinkblondes Haar wehte im Wind und im Licht des Mondes war sie so unglaublich schön, dass selbst Rose sie für eine Göttin hielt.

Das war also Nummer 559 von Shadow Garden.

„Entschuldige bitte unsere Verspätung.“

„Kennt ihr die Details?“

Nummer 559 sprach klar und deutlich.

„Nein, uns wurde nur gesagt, dass es in dieser Mission um Burg Saisho geht.“

„Verstehe.“

Nummer 559 seufzte. „Vor zwei Tagen ist Burg Saisho in die Hände der Dumme-Fraktion gefallen.“

Das Königreich Oriana war derzeit in die Dumme-Fraktion und die Anti-Dumme-Fraktion gespalten. Bislang war es noch zu keinen größeren Schlachten gekommen, aber durchaus zu vermehrten Scharmützeln in ländlichen Gebieten.

„Dies ist nur eine kleine, unbedeutende Burg nahe der Grenze zum Königreich Midgar. Trotzdem wurden heimlich die Kinder des Diabolos mobilisiert, um sie einzunehmen.“

Die Ersten Kinder waren die Elite des Kults. Sie in irgendeine heruntergekommene Festung zu schicken, war Verschwendung.

„Irgendetwas ist in dieser Burg und unsere Mission ist es, sie zu infiltrieren und herauszufinden, was der Kult vorhat. Wisst ihr, wieso ihr dafür ausgewählt wurdet?“

Der Blick von Nummer 559 richtete sich auf Rose.

„Weil ich Burg Saisho kenne.“

Die in den Bergen gelegene Burg Saisho diente der königlichen Familie von Oriana als Sommerresidenz.

„Genau. Aber das ist noch nicht alles“, erwiderte Nummer 559 und sprang von ihrem Hügel hinunter. Sie bewegte sich flink über das Schneefeld, wie ein tanzender Vogel.

Rose und die anderen eilten ihr nach.

„Ich habe dich persönlich für diese Mission ausgewählt, Rose Oriana.“

Als Rose ihren echten Namen hörte, war sie überrascht.

In Shadow Garden galt es als offenes Geheimnis, dass Nummer 666 in Wirklichkeit Rose Oriana war.

„Du hast von Lord Shadow persönlich Macht erhalten.“

„Was?“, riefen Nummer 664 und 665 aus und blickten Rose mit erstaunten Mienen an.

Die ersten Sieben, die von Shadow Macht erhalten hatten, waren die Sieben Schatten, und innerhalb von Shadow Garden waren sie mit Abstand die stärksten Mitglieder. Von Shadow persönlich Macht zu erhalten, geschah äußerst selten.

„Ja ...“, bestätigte Rose mit einem leichten Nicken.

Shadow hatte sie damals von Besessenheit befreit und ihr diese Macht verliehen.

„Du auch, Nummer 559 ...?“

„Ja, das habe ich. Abgesehen von den Sieben Schatten kamen nur du und ich in ihren Genuss.“ Nummer 559 betrachtete Rose für einen Moment. „Wie schwach ... Ich bin die treue Dienerin von Lord Shadow und werde all jene beseitigen, die sich seiner als unwürdig erweisen.“

Nummer 559 sah noch einmal zu Rose und wandte sich dann ab.

***

Überall in der Burg lagen verstreut die Leichen von Soldaten und bei diesem grausamen Anblick biss sich Rose auf die Lippen.

Sie war es, die diesen Krieg ausgelöst hatte, und sie war schuld an diesen Toden.

Soldaten starben und ihr Volk litt.

Aber am schmerzlichsten war für Rose, dass sie nichts daran ändern konnte.

Vielleicht war sie einfach egoistisch gewesen.

Sie hatte gedacht, wenn sie zur Tat schritt, würde sich etwas ändern.

Doch nun war sie nicht mehr als eine einzelne Soldatin von Shadow Garden und so viele waren ihr in Stärke wie Weisheit weit überlegen. Sie erkannte, wie schwach sie wirklich war.

„Was ist, Nummer 666?“

Was konnte Rose an diesem Krieg ändern?

Mit ihren schmerzverzerrten Gesichtern sahen die toten Soldaten alle so aus, als würden sie sie hassen.

„Nummer 666 ...!“

Eine Hand auf ihrer Schulter riss Rose aus ihren Gedanken. Sie drehte sich um und bemerkte die besorgte Miene von Nummer 664 vor sich.

„Entschuldige, mir fehlt nichts.“

„Sicher. Du solltest dir nicht zu viele Gedanken machen, okay?“, sagte Nummer 664 lächelnd.

„Es geht los“, murmelte Nummer 559, die die Bewegungen des Kults beobachtete.

Aus dem vom Mondlicht beschienenen Burgtor traten schwarz gekleidete Gestalten.

„Das müssen über vierzig sein ...“

„Mehr, als ich dachte.“

Die Lippen von Nummer 559 verzogen sich. Sie lächelte voller Vorfreude.

„Was sollen wir machen?“

„Wir werden sie aus der Ferne beschatten.“

Mit Nummer 559 an der Spitze machten sich die Mädchen lautlos auf den Weg durch die Dunkelheit.

Die schwarz gekleideten Gestalten verließen die Burg und betraten den Wald.

„Im Wald müssen wir näher an sie ran.“

„Jawohl.“

„Bleibt wachsam. Das sind alles Erste Kinder.“

„Alle ...?!“

Die Ersten Kinder bildeten die Elite des Kults und waren nicht besonders zahlreich. Vierzig von ihnen auf einmal zu sehen, war mehr als unnatürlich.

„Nummer 666. Was ist in dem Wald?“, fragte Nummer 559.

„Bloß ein paar Ruinen. Es sind die Überreste eines Tempels, gewidmet den Kriegern, die im Kampf gegen den Dämon Diabolos gefallen sind. Davon ist kaum noch etwas übrig.“

„Ruinen also ...“, meinte Nummer 559, als ob sie etwas ahnte.

Die vier betraten den Wald und traten etwas näher an die Gestalten heran. Nach einer Weile erreichten sie die Ruinen.

Die schwarz gekleideten Gestalten sammelten sich um die Überreste eines Altars. Rose und die anderen versteckten sich in den Schatten, außerhalb ihrer Sichtweite.

„Kein Zweifel ... Das muss die Tür sein ...“, war leise die Stimme eines Mannes zu hören, der wohl der Anführer war. Das Licht der Fackeln erhellte sein Gesicht – er war im mittleren Alter und hatte eine Narbe auf der Wange.

„Das ist Kouadoi der Sturmwind ... Ein ranghohes Mitglied.“

„Ach so ...“

Die Lippen von Nummer 559 krümmten sich wieder zu einem Lächeln.

„Ich überlasse ... den Altar ... Königin Reina.“

Kouadoi trat zu einer zierlichen Frau und führte sie aus der Menge schwarzer Gestalten vor den Altar.

„M-Mutter ...?“

Als Rose deren Gesicht sah, zitterte ihre Stimme.

Diese Frau war unverkennbar Roses Mutter. Sie musste vom Kult entführt worden sein.

Aber eigentlich wurde die königliche Familie doch von der Anti-Dumme-Fraktion beschützt. So hatte es Rose jedenfalls gehört.

„Wieso ist meine Mutter hier ...?“

War sie wirklich gefangen genommen worden ... Oder hatte Shadow Garden sie etwa angelogen ...?!

Rose konnte nicht mehr klar denken.

„Legt Eure Hand ...“, hörten sie Kouadoi leise sagen.

Königin Reina legte ihre Hand wie befohlen auf den Altar, der sofort vor magischen Zeichen aufglühte.

„Das Blut der Königsfamilie ... Schlüssel ...“

Nach einer Weile erlosch das Licht und aus dem Altar erhob sich ein kleiner Ring.

„Kein Zweifel ... dies ist ... vom Königreich Oriana ...“, sprach Kouadoi und steckte den Ring in ein kleines Kästchen.

„Macht euch kampfbereit“, befahl Nummer 559 mit verzerrtem Lächeln.

„Was?! Ich dachte, das wäre nur eine Erkundungsmission ...?“, wandte Nummer 664 ein.

„Dieser Ring ist der Schlüssel. Wir bringen sie alle um und holen ihn zurück.“

„Das verstehe ich nicht. Was für ein Schlüssel denn?“

„Ihr braucht die Details nicht zu wissen. Ihr müsst nur wissen, dass wir ihn zurückholen müssen. Also denkt nur darüber nach, wie ihr den Ring in die Hände bekommt.“

Wichtige Informationen waren niederen Nummern wie 664 und Rose unzugänglich. Das Netzwerk von Shadow Garden war äußerst gründlich.

„Warte doch, das ist absurd ...“

Sie waren nur zu viert und vom Kult vierzig Mitglieder anwesend. Der Gegner war ihnen um das Zehnfache überlegen.

„Na und?“, erwiderte Nummer 559 trocken und zog ein pechschwarzes Schwert hervor. „Es ist Zeit für ein Gemetzel.“

„W-Warte bitte! Das ist meine Mutter!“, schrie Rose.

Doch ihrem Einwand wurde keine Beachtung geschenkt.

Nummer 559 setzte sich in Bewegung und rannte blitzschnell auf den Altar zu. Ihre pechschwarze Klinge verlängerte sich.

Sie wollte sie alle auf einmal vernichten.

„Was! Wer ist da?!“, reagierten die Ersten Kinder und zogen ihre Schwerter.

Unmittelbar danach ertönte ein schrilles Geräusch.

Der Angriff von Nummer 559 hatte das Schwert eines der Ersten Kinder mit Leichtigkeit zerbrochen und ihn in zwei Hälften gespalten.

„Es ist Shadow Garden! Ausschwärmen!!!“

Eine gewaltige Schockwelle, die an die Macht der Sieben Schatten erinnerte, breitete sich aus.

Die Mitglieder des Kults wurden erschüttert, aber sie erlangten schnell die Fassung zurück und schwärmten aus. Doch in dieser Zeit hatte Nummer 559 bereits einige von ihnen niedergestreckt.

Ihr nächstes Ziel war Königin Reina.

„Mutter!“

In diesem Moment erschien vor Roses innerem Auge das Gesicht ihres Vaters.

Seine letzten Momente, durchbohrt von ihrem Schwert, blutspuckend. Das Gesicht, das sie immer wieder in ihren Träumen sah.

„NEIIIIN!!!“

Rose sprang zu ihrer Mutter und rettete sie vor dem Angriff von Nummer 559.

Königin Reina blickte sie mit erschrockener Miene an.

„Rose ...?“

„Mutter ...!“

Rose umarmte ihre Mutter fest.

„Wieso ... Wieso hast du es auf meine Mutter abgesehen ...?!“

Ihre wuterfüllten honigfarbenen Augen sahen zu Nummer 559, doch diese antwortete nur mit einem unbarmherzigen Lächeln.

Rose hatte sich schützend vor Königin Reina geworfen, aber nun war sie vom Kult umzingelt. Ein Schwert wurde vor die beiden gehalten.

„Bewegt euch und ihr seid tot“, drohte Kouadoi. „Auch mit dem Überraschungsmoment hätte ich nicht erwartet, neun unserer Ersten Kinder zu verlieren ... Bist du eine der Sieben Schatten?“

Tatsächlich lagen neun Leichen verstreut herum.

„Tut mir leid, dich zu enttäuschen, aber ich gehöre nicht dazu“, antwortete Nummer 559.

„Du bist also keine der Sieben Schatten ...? Dann wohl eine der Nummern ...?“

„Ich bin Nummer 559. Noch ...“

„Obwohl du so stark bist, bist du also nur eine ganz gewöhnliche Soldatin ...?“, rief Kouadoi mit weit aufgerissenen Augen. „N-Na ja, egal wie mächtig du bist, das ist dein Ende“, sprach er und vollführte eine Geste, auf die drei der Ersten Kinder ihre Kapuzen abnahmen.

„D-Das sind ... drei ranghohe Mitglieder des Kults ...“

In den Gesichtern von Nummer 664 und 665 spiegelte sich pure Verzweiflung.

Nummer 559 hingegen musste wieder lächeln.

„Versuch es gar nicht erst. Wir haben zwei Geiseln“, drohte Kouadoi und richtete sein Schwert auf Roses Hals.

„Mach doch.“

„Was?“

„Diese Frau ist Shadow Garden nicht würdig.“

Die Magie von Nummer 559 wurde immer dichter.

„Ich werde euch alle auf einmal beseitigen.“

Rose wurde gefesselt und mit ihrer Mutter fortgebracht. Das Letzte, was sie sah, war die umzingelte Gestalt von Nummer 559.

***

Ich stand am Tresen einer Taverne in der Burgstadt von Saisho, trank einen Apfelsaft und hörte der Besitzerin zu.

Nachdem ich vor Delta geflohen war, hatte ich im Turbo die Grenze überquert und das Königreich Oriana infiltriert.

„Der Krieg hat begonnen. Kouadoi hat die Burg eingenommen und viele der Einwohner getötet.“

„Aha, aha. So ist das also“, sagte ich nickend.

Die Besitzerin der Taverne war eine wunderschöne Frau namens Marie. Irgendwie bekam ich das Gefühl, ich hätte sie schon mal gesehen, aber das musste ich mir einbilden.

Anscheinend waren neunzig Prozent der Kunden nur wegen ihr hier.

„Das ist absurd. Die Soldaten haben mir mein ganzes Geld genommen“, erzählte sie mir.

„Jo, absolut. Wirklich grausam.“

„Du musst es auch schwer haben, Cid. Ich habe die Taverne erst vor Kurzem eröffnet und ...“

Angeblich hatte sich das Königreich Oriana in zwei Fraktionen gespalten, jetzt, da sie ohne König dastanden.

Fraktionskämpfe, Krieg ... wie romantisch. Es gibt bestimmt einen Punkt, wo ich mich ganz cool als Eminenz im Schatten einmischen könnte.

„Aber ich werde mir schon irgendwas einfallen lassen, da bin ich mir sicher.“

„Mhm, mhm. Sicher.“

„Ich darf nicht aufgeben. Solange man niemals aufgibt, wird man immer einen Weg finden.“

„Genau. Japp.“

Marie guckte mit funkelnden Augen in die Ferne. Dabei befand sich dort eigentlich bloß eine schmutzige Tavernentür.

Diese wurde plötzlich aufgestoßen und ein paar grobschlächtig aussehende Soldaten traten ein.

„Hey, Mädel! Dann mal raus mit deinem Geld, hm?“

Die Realität war nicht so naiv.

„A-Aber, ihr habt euch doch schon alles geholt ...“

„Halt’s Maul! Wenn du nichts rausrückst, musst du halt mit deinem Körper bezahlen.“

„D-Das ist ...“

„Hey!!!“

Den bösen Soldaten stellte sich ein mutiger Junge in den Weg.

Genau, nämlich ich!

Ich hatte mir zuerst überlegt, den Nebencharakter zu spielen, der mit den anderen Gästen in der Ecke zittert, aber das hier war auch ein Klassiker ...

„H-H-Hände weg von Marie!“

Der Junge, der alle bösen Jungs durch die Macht der Liebe wegfegt!

Hah, von wegen.

„Buah!!!“

Ich wurde mit nur einem Schlag in die Luft geschleudert und bekam Nasenbluten. Ich machte anderthalb Saltos und landete mit dem Gesicht auf dem Boden.

Echt tolle Leistung mal wieder.

„Cid!“

„He, dann nehm ich mir dich wohl als Nächstes vor, Mädel“, sagte der Soldat mit einem perversen Grinsen.

„I-Ich zahl ja schon!“

Marie sammelte ihr Geld zusammen, das sie heute verdient hatte, und händigte es dem Soldaten aus.

„Warum nicht gleich so? Pah, das ist ja mickrig.“

„M-Mehr hab ich nicht. Sonst kann ich meinen Bestand nicht ...“

„Verarsch mich nicht!“, schrie der Soldat und packte Marie am Kragen. „Diesmal lass ich dir das noch durchgehen, aber beim nächsten Mal bin ich nicht so gnädig.“

Die Soldaten blickten wieder lüstern auf Marie und verließen die Taverne.

„Cid, geht’s dir gut?“, erkundigte sich Marie und kniete sich neben mich.

„J-Ja, Marie. Tut mir leid.“

„Du musst besser auf dich aufpassen.“

„Entschuldige ... Jetzt haben sie dein Geld geklaut ...“

„Ist schon gut.“

Marie tätschelte mir den Kopf und lächelte.

„Du nimmst das ja echt gelassen.“

„Ich bin es einfach gewohnt. Ich komme eigentlich aus der Stadt der Gesetzlosen.“

Hach ja, die Stadt der Gesetzlosen. Was ein wunderschöner Ort. Sie ist fast wie eine zweite Heimat für mich.

„Ich habe dort lange als Prostituierte gearbeitet. Das Leben war hart und ich wollte oft aufgeben, aber ich tat es nicht. Dann hat er mich gerettet ...“, erzählte sie mit funkelnden Augen. „Deshalb werde ich niemals aufgeben. Solange ich niemals aufgebe, werde ich ihn eines Tages wiedersehen ...“

„Da hast du wohl recht. Na dann, ich muss jetzt mal los.“

„Vielen Dank, Cid. Ich bin froh, dass du mir helfen wolltest“, verabschiedete sich Marie mit einem Lächeln.

***

In der kalten Nacht liefen drei Soldaten eine Straße entlang.

„Hah, das war ja ein Kinderspiel. Die war aber echt ’ne Pracht für so ein Kaff.“

In den Händen der Soldaten klirrten Säcke voller Münzen.

„Da hast du recht. Ich hab gehört, dass sie alle Einwohner umbringen werden, damit niemand auspackt.“

„Ich auch. Angeblich gibt’s bei der Burg irgendwie wichtige Ruinen ... Na ja, lasst uns noch mal richtig einen draufmachen, bevor alle abkratzen.“

Während die Soldaten sprachen, war in der kalten Luft ihr weißer Atem zu sehen.

Als sie eine Gasse betraten, erschien dort ein Junge.

„Hey“, sagte dieser mit einem schwachen Lächeln.

Er war ein völlig gewöhnlicher Junge mit dunklen Haaren und dunklen Augen.

„Du bist doch der Bengel von vorhin.“

„Ja, sieh mal einer an. Wenn das nicht der erbärmliche Schwächling ist, der grad mal mit einem Hieb durch die Luft gesegelt is.“

„Lasst ihn uns einfach umlegen“, schlug einer der Soldaten vor und zückte ohne zu zögern sein Schwert.

Doch der Junge war auf einmal verschwunden.

„Er ist weg?!“

„Hä?! Wo isser hin?!“

„H-Hinter uns?!“

Der Junge stand tatsächlich auf einmal hinter den Soldaten, und zwar haargenau in der gleichen Haltung, als wäre rein gar nichts geschehen.

„Ihr wollt mich also ganz im Stadt-der-Gesetzlosen-Stil einfach umbringen“, meinte er und nickte zufrieden.

„Wie hast du das gemacht?!“

„Der ist irgendwie komisch.“

„Jetzt scheiß dir nicht ein!“

Einer der Soldaten schwang sein Schwert, doch der Junge war abermals verschwunden.

„Sch-Schon wieder?!“

„Dann macht ihr mir die Sache einfach“, ertönte die Stimme des Jungen.

„Wo ist der Beng... Gagh?!“

Der Junge war hinter dem Soldaten erschienen, der zuletzt gesprochen hatte, und hielt nun dessen Herz in seiner Hand.

Frisches Blut befleckte den Schnee.

„W-Was?! Er hat ihm gerade mit bloßen Händen das Herz rausgerissen!“

„D-Dabei ist er doch so ein Schwächling ...“

Es folgte eine fließende Bewegung.

Der Junge warf das Herz in den Schnee und durchbohrte von hinten die Brust des nächsten Soldaten, der soeben fliehen wollte.

„Agh ... B-Bi... Hilf...“, konnte der Soldat gerade noch herauspressen, ehe der Junge sein Herz zerdrückte.

Eine Blume aus Blut erblühte auf dem weißen Schnee.

„T-Tut mir leid! Tut mir leid, dass ich dich geschlagen habe!!!“

Der Junge richtete seinen blutverschmierten Arm auf den letzten Soldaten.

„In der Stadt der Gesetzlosen sind die Starken im Recht.“

„B-Bitte ni...“

Er durchbohrte den letzten Soldaten.

Auf dem Boden der Gasse hatte sich eine Blutlache gebildet.

„Deshalb bin ich Gerechtigkeit.“

Das Mondlicht beschien drei Leichen, jede mit einem Loch in der Brust.

„Eine Burg und Ruinen ... Das klingt doch spannend.“

Der Junge warf das Herz zu Boden, hob die Geldsäcke auf und sah zur entfernten Burg.

***

„D-Du Monster ...“, murmelte Kouadoi.

Nummer 664 konnte ihm nur zustimmen.

Sie lehnte an einem Baum und Nummer 665 lag vor ihr auf dem Boden.

Beiden war jede Magie ausgegangen und sie konnten nicht mehr kämpfen.

Doch um sie lagen unzählige Leichen – bestimmt mehr als hundert.

Inmitten des Gemetzels stand blutüberströmt Nummer 559.

Seit Rose weggebracht worden war, hatte sie ununterbrochen gekämpft. Sie hatte die schwarz gekleideten Gestalten und die drei hohen Tiere alle in einer Nacht getötet. Sie hatte sogar die Verstärkung abgeschlachtet, die von der Burg herbeigeeilt war.

Ihr Kampf hatte drei Tage und drei Nächte gewährt und sich durch den ganzen Wald erstreckt.

Doch auch Nummer 559 war nicht unverletzt geblieben.

Ihr Rücken war aufgeschlitzt, ihr Bauch durchbohrt und ihr linker Arm abgetrennt worden. Nun hing das pechschwarze Schwert in ihrer rechten Hand kraftlos herunter.

Bei so schweren Wunden war es ein Wunder, dass sie noch stehen konnte.

Aus dem Stummel am Arm strömte das Blut. Sie besaß wahrscheinlich keine Magie mehr, um die Blutung zu stoppen.

„D-Deine Magie ist wohl endlich erschöpft“, sagte Kouadoi mit zitternder Stimme. „Du hast mir ja ordentlich Probleme bereitet.“

Er ging zu ihr und trat ihr in den Magen.

„Gugh ...“

Mit einem erstaunlich schwachen Schrei brach Nummer 559 zusammen.

Kouadoi setzte einen Fuß auf ihren Hals.

„Vielleicht sollte ich dich einfach tot trampeln“, meinte er und übte allmählich immer stärkeren Druck aus. „Es wird kein schneller Tod sein. I-Ich werde dir klar machen, wie viele Verluste wir wegen dir zu verzeichnen haben.“ Kouadoi lächelte sadistisch und stampfte auf Nummer 559 ein. „Aber es war die Opfer wert. Denn jetzt haben wir Rose Oriana. Dumme wird bestimmt zufrieden sein.“ Zufrieden schaute Kouadoi auf einen Brief in seiner Hand. „Also, wo wollen wir anfangen? Bei deinem rechten Arm vielleicht? Oder deinem Bein? Vielleicht sogar bei deinem Auge ...“

Sein Schwert strich über den Körper von Nummer 559 und brachte ihr einige Schnittwunden bei. Ohne Magie war der Schleim-Bodysuit nutzlos.

Nummer 664 konnte indessen nur machtlos zusehen, wie Nummer 559 verletzt wurde.

„Warum machst du das?“, fragte Kouadoi und schaute misstrauisch auf Nummer 559 herab.

Diese lächelte nämlich. Es war ein klares, wunderschönes Lächeln.

„Ihr rettet mich schon wieder ...“, sprach sie dann mit Tränen in den Augen.

„Du Miststück. Verabschiede dich von deinem rechten Arm.“

Gerade als Kouadoi sein Schwert schwingen wollte, fiel er mit einem schrecklichen Schrei zu Boden. Sein Knöchel und sein Fuß waren brutal zerfetzt worden.

„W-Wie ...?“

Nummer 559 stand langsam auf. Sie hielt etwas in ihrer rechten Hand.

Es war Kouadois Fuß.

„D-Du solltest keine Magie mehr haben, also wie nur ...?“

Im Nu wirbelte blauviolette Magie um Nummer 559 und heilte ihre Wunden. Die Magie war so dicht, dass die Luft bebte.

Sie nahm ihren abgetrennten linken Arm und legte ihn auf die Wunde, woraufhin sich die blauviolette Magie dort sammelte.

„Das ist seine Macht ...“

Ihr Arm war wieder an ihrem Körper befestigt.

„Es gibt noch viel mächtigere Monster in Shadow Garden als die Sieben Schatten ...“

Kouadoi machte kehrt und versuchte zu fliehen.

Sogar mit zerfetztem Fuß war er noch immer der Sturmwind. Seine Bewegungen ließen sich nicht mit bloßem Auge verfolgen, man spürte nur den Wind an einem vorbeiziehen.

„Du Narr. Du bist in seiner Reichweite“, murmelte Nummer 559.

Im nächsten Moment tanzte wie rote Blütenblätter Blut durch die Luft.

Der aufgeschlitzte Kouadoi rollte über den Boden und blieb nach wenigen Metern liegen. Vor Verblüffung waren seine toten Augen weit aufgerissen.

Klack Klack

Über den steinernen Boden schritten pechschwarze Stiefel.

„Es ist lange her, mein Lord ...“

Mit überglücklicher Miene kniete sich Nummer 559 hin.

Aus der Dunkelheit tauchte ein Mann in einem langen pechschwarzen Mantel auf. Das Blut an seiner pechschwarzen Klinge leuchtete in der Finsternis.

„Lord Shadow ...“, sprach Nummer 664 und kniete hastig ebenfalls nieder.

***

Burg Saisho war leer und weil ich in Richtung des nahe gelegenen Waldes Magie spüren konnte, machte ich mich dorthin auf.

Ich fand ein Mädchen mit pinkblonden Haaren vor, das in der Klemme steckte.

Sie kam mir irgendwie bekannt vor. Ich glaube, ihr Name war Victoria.

Ich hatte sie letztes Jahr bei einer Wanderung gefunden, von Besessenheit geheilt und dann bei Alpha gelassen.

Eigentlich war sie ein schwaches Mädchen, das nicht mal einer Fliege was anhaben konnte. Sie nun blutüberströmt so brutal kämpfen zu sehen, überraschte mich daher.

Es sah aus, als hätte sie Schmerzen, also hab ich sie geheilt, aber sie sollte sich noch ein wenig ausruhen. Den komischen Typen, gegen den sie gekämpft hat, hab ich zerschnippelt.

„Alles in Ordnung?“, fragte ich Victoria.

„Ja.“

Dann ist ja gut.

Aber was war denn hier bloß los? Überall lagen tote Soldaten rum.

„Was ist geschehen?“

„Nur ein kleines Missgeschick. Es scheint, als würden die Pläne des Diaboloskults nun voll aufgehen.“

Ein Missgeschick?

Na ja, jeder hat Dinge, die man lieber verbergen will. Sie hatte bestimmt irgendwas verbrochen und war von den Soldaten erwischt worden. Und um es zu vertuschen, schob sie das Ganze auf den Diaboloskult.

Viel zu offensichtlich.

Neben Victoria gab es noch zwei andere Mädchen, die zuvor zusammen mit Rose unterwegs gewesen waren. Die beiden wirkten nicht schwer verletzt, aber vorsichtshalber heilte ich sie trotzdem.

„V-Vielen Dank.“

„Danke sehr.“

Sehr schön. Die Mädchen waren immerhin anständig.

„Lord Shadow, ich habe etwas zu berichten“, verkündete Victoria leicht eingeschnappt und zupfte an meinem Mantel.

Wie nostalgisch. Sie hatte auch früher immer so an meinem Mantel gezogen, nachdem ich sie von Besessenheit geheilt hatte.

„Es geht um die Verräterin, Nummer 666.“

Wer war das noch mal?

Die Mitglieder von Mitsugoshi schienen sich gegenseitig mit Nummern anzusprechen, aber ich konnte mir doch keine sechshundert Leute merken.

„Eine Verräterin ...?“

„D-Das stimmt nicht! Sie hat uns nicht verraten, sondern wollte nur ihre Mutter retten!“

Das eine Mädchen wirkte ein bisschen wie eine Klassensprecherin und verteidigte Nummer 666.

„Verstehe ...“

Nummer 666 von Mitsugoshi hat sie also verraten. Vielleicht hat sie ja Industriespionage betrieben oder so.

Während ich vielsagend nickte, zupfte die eingeschnappte Victoria wieder an meinem Mantel.

„Nummer 666 ist Eurer nicht würdig, Lord Shadow. Ich ...“, erklärte sie, wurde aber von einer kalten Windböe unterbrochen, die einen Brief heranwehte.

„Hm ...?“

Meine Neugier war geweckt, also nahm ich den Brief und guckte hinein.

Frohe Kunde! Rose Oriana und Dumme Ridiot werden heiraten!!!

„Was ...?“

Rose wird heiraten?

Dabei war sie doch eigentlich so erpicht darauf gewesen, die neue Königin zu werden, dass sie auf dem Bushin-Festival sogar ihren eigenen Vater getötet hatte. Und nun heiratete sie auch noch ihren ehemaligen Verlobten, den sie schon mal hatte sitzen lassen? Warum jetzt doch auf einmal?

Irgendetwas musste passiert sein.

Sag nicht, dass sie ihren Traum, Königin zu werden, aufgegeben hat ...?

„Unverzeihlich ...“

Ich zerschnitt den Brief auf molekularer Ebene.

Die Schatten strahlen nur, wenn es auch Licht gibt.

Wenn sie Königin wird, kann ich in meiner Rolle als Eminenz immense Fortschritte machen.

„A-Aber! Wieso?!“

„Eine weise Entscheidung, Lord Shadow!“

„Absolut unverzeihlich ...!“

Ich werde diese Hochzeit nicht zulassen.

„Mach dich auf was gefasst, Rose Oriana.“

Wieso hast du denn sonst deinen Vater erstochen, Rose? Du wolltest doch Königin werden!

„Ich überlasse es Euch, die Verräterin zu beseitigen, Lord Shadow ...“

„Aber ... Nummer 666 ...“

Aus irgendeinem Grund strahlten Victorias Augen und die der Elfenmädchen waren von Verzweiflung erfüllt, aber ich sprintete einfach mit Vollgas durch den Schnee davon.

Ah, davor muss ich aber noch den Apfelsaft bezahlen.

***

Inmitten dieser ruhigen und kalten Nacht erwachte Marie ganz plötzlich.

Ihr Fenster war leicht geöffnet. Dabei hatte sie es doch eigentlich geschlossen, kurz bevor sie zu Bett gegangen war.

Marie seufzte leise und erhob sich. Doch dann nahm sie neben dem Fenster eine Bewegung wahr.

„I-Ist da jemand ...?“

Dort war der Schatten einer Person. Nur das Mondlicht erhellte den Raum.

„Ah ...“

Der Schatten trug einen vertrauten pechschwarzen Mantel.

„D-Du bist doch ...“

Im nächsten Moment verschwand der Schatten.

Marie eilte zum offenen Fenster, doch sie konnte niemanden mehr sehen.

„Vielleicht war er es auch nicht ...“

Bestimmt war es ein Dieb gewesen, der geflohen war. Diese Erklärung lag viel näher.

Doch seither musste Marie immerzu an ihn denken, egal ob sie durch die Stadt lief, arbeitete oder sonst irgendetwas tat. Irgendwie erinnerte sie auch der dunkelhaarige Junge an ihn, dem sie in der Taverne begegnet war.

„Ich bin so ein Dussel ...“

Sie stand gerade wieder einmal am Fenster und wollte es gerade schließen, als sie auf dem Boden einen großen Sack entdeckte.

„Ist das ...?“

In dem Sack befand sich eine gewaltige Menge an Goldmünzen und Marie stiegen Tränen in die Augen. Sie umschlang den Sack, der noch ein wenig warm war.

Kapitel 1: Lasst uns Roses Hochzeit aufhalten!

Ich war auf dem Weg in die Königliche Hauptstadt des Königreiches Oriana, dem Land der Künste.

Sie war berühmt für ihr wundervolles Stadtbild mit weißen Mauern und roten Dächern. Im Winter, wenn diese mit Schnee bedeckt waren, erstrahlte die ganze Stadt weiß.

Die Königliche Hauptstadt von Oriana war ein beliebtes Reiseziel, aber wie zu erwarten gab es zurzeit keine Touristen, weil jeden Moment ein Krieg ausbrechen könnte.

Die Einwohner waren auch angespannter Stimmung.

Obendrein kursierten Gerüchte, dass Dumme plante, durch eine Heirat an den Thron zu gelangen.

Unverzeihlich.

Ich musste Rose überreden.