Totempfähle - auf fünf Kontinenten - Harry Eilenstein - E-Book

Totempfähle - auf fünf Kontinenten E-Book

Harry Eilenstein

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Beschreibung

Totempfähle in Korea, Somalia, auf den Südseeinseln – und sogar bei den Germanen? Sie sind tatsächlich auf allen fünf Kontinenten zu finden – und das in großen Mengen ... Diese hohen geschnitzten und bemalten Stämme mit den Abbildungen von Menschen, Vögeln und verschiedenen Tieren stammen wie die Schwitzhütten, die Feuerläufe und die Familienaufstellungen aus der "Kindheit der Menschheit" – die frühesten Totempfähle sind in Göbekli Tepe gefunden worden, wo die ersten Tempel der Menschen stehen, die am Ende der Eiszeit um ca. 10.000 v.Chr. erbaut worden sind. Der "klassische Totempfahl" mit dem Vogel an seiner Spitze ist vor über 12.000 Jahren aus der Verbindung von zwei Elementen entstanden: einem beschnitzten Stamm, der einen Ahnen repräsentiert, und einem "Vogel-Stab". Dieser "Vogel-Stab" ist eine Vogelstatuette auf einem Stock und weist auf das fundamentale spirituelle Erlebnis hin: Bei einem Beinahe-Tod erlebt der Betreffende, wie er seinen Körper verläßt und über sich selber schwebt und sich von oben her sehen kann – er wird sozusagen zu einem Vogel. Dies ist der Ursprung der Erkenntnis, daß die Menschen eine Seele haben. Solch ein Vogel-Stab wurde bereits vor 18.000 Jahren in der Höhle von Lascaux neben einen verunglückten Jäger gemalt – und auch sie finden sich fast überall. Die Totempfähle sind die archaische Verkündung der Erkenntnis, daß der Tod nicht das Ende ist. Aber es gibt noch viele weitere Verwendungen der Totempfähle, die von einem Bestattungs-Pfahl über einen Wächter bis hin zu der mit geschnitzten Bildern erzählten Mythe reichen. Die Totempfähle sind jedoch nicht nur eine archäologische Kuriosität aus längst vergangenen Zeiten, sondern können auch noch heute ausgesprochen hilfreich sein – man kann z.B. ein "magisch-spirituelles Selbstbildnis" in der Form eines Totempfahls anfertigen ... ein ausgesprochen wohltuendes Erlebnis ...

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für Wakiash

Bücher von Harry Eilenstein:

- Astrologie (496 S.)

- Photo-Astrologie (64 S.)

- Tarot (104 S.)

- Handbuch für Zauberlehrlinge (408 S.)

- Physik und Magie (184 S.)

- Der Lebenskraftkörper (230 S.)

- Die Chakren (100 S.)

- Meditation (140 S.)

- Drachenfeuer (124 S.)

- Krafttiere – Tiergöttinnen – Tiertänze (112 S.)

- Schwitzhütten (524 S.)

- Muttergöttin und Schamanen (168 S.)

- Göbekli Tepe (472 S.)

- Hathor und Re:

Band 1: Götter und Mythen im Alten Ägypten (432 S.)

Band 2: Die altägyptische Religion – Ursprünge, Kult und Magie (396 S.)

- Isis (508 S.)

- Die Entwicklung der indogermanischen Religionen (700 S.)

- Wurzeln und Zweige der indogermanischen Religion (224 S.)

- Der Kessel von Gundestrup (220 S.)

- Cernunnos (690 S.)

- Christus (60 S.)

- Kursus der praktischen Kabbala (150 S.)

- Eltern der Erde (450 S.)

- Blüten des Lebensbaumes:

Band 1: Die Struktur des kabbalistischen Lebensbaumes (370 S.)

Band 2: Der kabbalistische Lebensbaum als Forschungshilfsmittel (580 S.)

Band 3: Der kabbalistische Lebensbaum als spirituelle Landkarte (520 S.)

- Über die Freude (100 S.)

- Das Geheimnis des Seelenfriedens (252 S.)

- Von innerer Fülle zu äußerem Gedeihen (52 S.)

- Das Beziehungsmandala (52 S.)

Inhaltsverzeichnis

I Was sind Totempfähle?

Erster Teil: Die Geschichte der Totempfähle

II Die grundlegende Symbolik der Totempfähle

III Totempfähle in der Altsteinzeit

IV Totempfähle in Mesopotamien, Ägypten und Europa

IV 1. Die Totempfähle in der Jungsteinzeit in Mesopotamien

IV 1. a) Der Totempfahl von Nevali Cori

IV 1. b) Bruchstück eines Totempfahles von Nevali Cori

IV 1. c) Totempfahl von Göbekli Tepe

IV 1. d) Die Kranichtänzer von Göbekli Tepe

IV 1. e) Der kopflose Mann mit einem Vogelkopf in Göbekli Tepe

IV 1. f) Die Statuette von Kisilisk

IV 1. g) Die Vogelstäbe von Nemrik

IV 1. h) Die Tempelpfeiler

IV 1. i) Der Schlangen-Kopf von Nevali Cori

IV 1. j) Zusammenfassung

IV 2. Totempfähle aus der mittleren Jungsteinzeit in Mesopotamien und den umliegenden Gebieten

IV 3. Die Megalithkultur

IV 3. a) Göbekli Tepe

IV 3. b) Atlit Yam

IV 3. c) Der Steinkreis von Nabta Playa

IV 3. d) Die Tempel von Malta

- Hal Saflieni

,

Xaghra

,

Kordin

,

Mnajdra

,

Gigantija

,

Tarxien

,

Skorba

,

Hagar Qim

,

Borg in-Nadur

,

Tal Qadi;

- Frauenstatuen

IV 3. e) Der Cromlech von Almendres

IV 3. f) Die Menhire von Carnac

IV 3. g) Der Cairn von Gavrinis

IV 3. h) Der Cairn von Barnenez

IV 3. i) Die Megalith-Anlagen von Poitou

IV 3. j) Der Cairn von Les Pierres Plates

IV 3. k) Stonehenge

IV 3. l) Der Cairn von Newgrange

IV 3. m) Die Irischen Polyeder-Kugeln

IV 3. n) Die senegambischen Steinkreise

IV 3. o) Die Menhire von Somalia

IV 3. p) Die Menhire von Indien

IV 3. q) Die Menhire von Korea

IV 3. r) Die Steinurnen von Laos

IV 3. s) Die chinesischen Pyramiden

IV 3. t) Die Menhire in den USA

IV 3. u) Menhire in Mittel- und Südamerika

IV 3. v) Die Verbreitung der Megalith-Anlagen

IV 3. w) Woodhenge

IV 3. x) Der jungsteinzeitliche „Streifen-Stil“

IV 4. Totempfähle aus der späteren Jungsteinzeit in Mesopotamien und den umliegenden Gebieten

IV 5. Totempfähle in der Frühzeit der Epoche des Königtums

IV 5. a) Das frühe ägyptische Reich

IV 5. b) Mesopotamien

IV 5. c) Kreta

IV 5. d) Indogermanen

IV 5. e) Judentum

IV 5. f) Christentum

IV 5. g) Islam

V Totempfähle bei den Indianern

V 1. Der Charakter der indianischen Totempfähle

V 1. a) Die grundlegende Bedeutung der Totempfähle für die Indianer

V 1. b) Die verschiedenen Arten von Totempfählen

- Grab-Totempfahl

- Denkmal-Totempfahl für einen Verstorbenen

- Familiengeschichten-Totempfahl vor dem Haus

- Familiengeschichten-Totempfahl im Haus

- Prestige-Totempfahl

- Wächter-Totempfahl an der Dorf-Grenze

- Denkmal-Totempfahl für ein Ereignis

- Schand-Pfahl

- Takling-sticks

V 1. c) Die Elemente des Totempfahles

- Menschen

,

Vögel und Insekten

,

Raubtiere

,

Wassertiere

,

Schlangen

,

Sonne und Mond

,

Herdentiere

sonstige Tiere

,

Pflanzen

V 1. d) Das Lesen eines Totempfahles

V 1. e) Die neuere Geschichte der indianischen Totempfähle

V 1. f) Die Herstellung eines Totempfahles

V 1. g) Die Aufrichtung eines Totempfahles

V 1. h) Das Potlatch-Fest bei der Aufrichtung eines Totempfahles

V 1. i) Die Instandhaltung eines Totempfahles

V 1. j) Kennzeichen des Clans

V 2. Die Totempfähle der Kwakiutl

- Die Geschichte über Wakiash und den ersten Totempfahl

- „Klawulacha“ – Lied des Totempfahls des Wakiash

- weitere Totempfähle der Kwakiutl

V 3. Die Totempfähle der Tlingit

- Totempfahl des Häuptlings Johnson: Rabe und Nebelfrau

- Als der Rabe die Sonne stahl

- Der Sonnenrabe

- Der Totempfahl des Häuptlings Kyan

- weitere Totempfähle der Tlingit

V 4. Totempfähle der Haida

V 5. Die Totempfähle der Gitxsan

V 6. Ein Totempfahl der Nisga'a

V 7. Ein Totempfahl der Hesquiat

V 8. Die Totempfähle in Mittelamerika und in den angrenzenden Gebieten

V 9. Adler-Federn

V 10. Die heilige Pfeife

VI Totempfähle in Ostasien und Ozeanien

VI 1. Totempfähle in Sibirien

VI 2. Totempfähle der Ainu in Japan

VI 3. Totempfähle der Jilin in Ostchina

- stilistischer Vergleich China – Amerika

VI 4. Totempfähle in Korea

VI 5. Totempfähle auf den Philippinen

VI 6. Totempfähle auf Borneo

VI 7. Totempfähle auf Sumatra

VI 8. Totempfähle auf Papua Neuguinea

VI 9. Totempfähle auf Neu-Kaledonien

VI 10. Totempfähle auf Vanuatu

VI 11. Totempfähle auf den Fidschi-INseln

VI 12. Totempfähle der Maori auf Neuseeland

VI 13. Totempfähle in Australien

VI 14. Steinstatuen auf den Osterinseln

VI 15. Totempfähle auf Hawaii

VII Totempfähle in Afrika

VII 1. Totempfähle bei den Senufo

VII 2. Totempfähle bei den Yoruba

VII 3. Totempfähle bei den Ashanti

VII 4. Totempfähle bei den Yaure

VII 5. Totempfähle in Simbabwe

VIII Zusammenfassung

IX Das Umfeld der Totempfähle

X Die verschiedenen Arten des Totempfahls

XI Totempfahl-Elemente

Zweiter Teil: Neue Totempfähle

XII Selbstgestaltete Totempfahl

XII 1. Ein Totempfahl der Muttergöttin von Göbekli Tepe

XII 2. Ein Totempfahl des indigermanischen Göttervaters

XII 3. Der persönliche Totempfahl

XIII Die Wirkung eines Totempfahls

XIV Totempfahl-Tänze und Lieder

I Was sind Totempfähle?

Der Begriff „Totempfahl“ ist recht geläufig, aber im allgemeinen tritt er nur als Requisit bei der Darstellung eines Indianerdorfes auf und wird zudem häufig mit dem Marterpfahl verwechselt, an dem Gefangene gemartet und getötet wurden. Als „Indianerdorf-Requisit“ tauchen Totempfähle zudem fast immer bei Indianerstämmen auf, die in Wirklichkeit gar keine Totempfähle kannten.

Totempfähle haben eine ungewöhnliche Stellung: Sie sind den meisten bekannt, aber ihre Bedeutung ist in der Regel ausgesprochen nebelhaft.

Sogar die Bedeutung des Wortes „Totem“ selber ist mittlerweile recht diffus geworden, da es inzwischen weitestgehend durch den Begriff „Krafttier“ ersetzt worden ist, der in etwa dem „Totem“ entspricht.

zwei "Totempfähle" in einer humorvollen Cover-Illustration

Ein Totem ist ein Tier, eine Pflanze oder ein anders Wesen, das das Symbol einer Gemeinschaft ist, wobei diese Gemeinschaft auf verschiedene Weisen definiert sein kann, die von der Geburt in diese Gemeinschaft hinein über ein Omen bei der Geburt des Betreffenden bis hin zu den Ergebnissen einer Visionssuche reichen können.

Ein Totempfahl ist ein hoher Pfosten, der mit Figuren beschnitzt worden ist, die eine unterschiedliche Bedeutung haben können, die, grob gesagt, von der „Altarfigur“ bis zum „Denkmal“ reichen kann.

Das möglicherweise bekannteste und humorvollste Beispiel für einen Totempfahl als „Requisit zur Illustration eines Indianerdorfes“ findet sich auf dem Cover eines „Lucky Luke“-Comics. Dort ist der „Gebrüder Dalton Totempfahl“ zusammen mit einigen Tipis zu sehen – wobei die Stämme, die Totempfähle anfertigten, nicht in Zelten gelebt haben.

--- Erster Teil: Die Geschichte der Totempfähle ---

II Die grundlegende Symbolik der Totempfähle

Wenn man eine größere Anzahl von Totempfählen betrachtet, zeigt sich, daß sie so gut wie alle zwei Elemente enthalten: das Gesicht bzw. die Gestalt eines Menschen (meist ein Mann) und oben an der Spitze des Totempfahls einen Vogel.

Das Motiv „Mensch mit Vogel“ findet sich in den Mythologien auf der ganze Erde, da dieses Bild die grundlegende religiöse Erfahrung der Menschen beschreibt: das Nahtod-Erlebnis.

Bei einem solchen Beinahe-Tod erleben Menschen immer wieder dasselbe Szenario: Sie verlassen ihren materiellen Körper und schweben über ihm, entfernen sich bisweilen von ihrem Körper, gelangen an eine Jenseitsgrenze, die oft als ein Fluß erscheint, treffen dort ihre Ahnen und ihre eigene Seele – und kehren dann in ihren materiellen Körper zurück, weil es eben nur ein Beinahe-Tod war.

Das wesentliche Element dieses Erlebnisses ist die Erfahrung, daß man unabhängig von seinem materiellen Körper existieren kann. Dieses Erlebnis ist der Ursprung der Erkenntnis, daß die Menschen eine Seele haben, die zumindestens nicht gleich beim Tod stirbt. Indirekt ergab sich aus diesem Erlebnis auch, daß es ein Jenseits gibt, also einen Ort, an dem sich die Seelen der Verstorbenen befinden, und daß somit die Möglichkeit bestand, diese Toten-Seelen, d.h. insbesondere die Seelen der eigenen verstorbenen Ahnen, um Hilfe zu bitten. Dieses Jenseits ist offensichtlich genau wie die Seelen selber für Lebende in der Regel unsichtbar.

Schließlich bildeten sich aus den Menschen, die ein Nahtod-Erlebnis gehabt hatten, die ersten „magisch-religiösen Spezialisten“ heraus: die Schamanen. Das wesentliche Merkmal eines Schamanen ist es, daß er nach einem Nahtod-Erlebnis durch Übung die Fähigkeit erlangt hat, willentlich seinen Körper zu verlassen und ins Jenseits zu den Ahnen zu reisen.

Solche Nahtod-Erlebnisse wird es auch schon in der Altsteinzeit gegeben haben – das Leben ist damals nicht gerade ungefährlich gewesen …

Wie konnte nun ein damaliger Mensch, der ein solches Heraustreten aus seinem eigenen Körper erlebt hatte, dieses Erlebnis seiner Sippe beschreiben? Am ehesten durch die Worte: „Ich war wie ein Vogel über meinem Körper.“

Das Erlebnis des Schwebens hat zu dem Bild des Seelenvogels geführt. Dieses Motiv ist einfach deshalb weltweit verbreitet, weil es das Erlebnis am anschaulichsten beschreibt.

Heutzutage werden solche „out of body“-Erlebnisse meistens „Astralreise“ genannt.

Das Nahtod-Erlebnis ist die Wurzel der Religion, die sich schrittweise aus dieser Grunderkenntnis heraus entwickelt hat:

Nahtod-Erlebnis

=> Erkenntnis der Seele

=> Jenseits als Wohnort der Seelen der Toten

=> Wunsch nach Rat und Hilfe durch die Seelen der Ahnen

=> Entstehung des „Bundes der Schamanen“ als erster Priesterschaft

=> Ahnenkult

=> „Vergrößerung“ der Ahnen zu Göttern

=> … … …

mumifizierte Leiche und Seelenvogel; Papyrus des Ani, Ägypten, 1250 v.Chr.

Der Totempfahl, dessen zwei wesentliche Elemente die menschliche Gestalt und der Seelenvogel über ihr sind, wird daher ursprünglich die wesentliche religiöse Erkenntnis ausgedrückt haben: „Siehe, Du trägst eine unsterbliche Seele in Dir!“

III Totempfähle in der Altsteinzeit

Der älteste bekannte Totempfahl oder zumindest der älteste bekannte Vorläufer des Totempfahls „steht“ in Südwestfrankreich in einer Höhle in dem Kalksteingebirge am Ufer des Flusses Vezeres in der Nähe der heutigen Stadt Montignac.

In dieser „Höhle von Lascaux“ findet sich die Darstellung eines verwundeten oder toten Mannes vor einem Wisent – vermutlich ein Jagdunfall …

Neben diesem Mann befindet sich ein Vogel auf einem Stab und der Kopf des Mannes selber sieht auch wie ein Vogelkopf aus.

Vermutlich ist daher hier ein Toter oder Beinahe-Toter mit seinem Seelenvogel dargestellt worden.

Höhle von Lascaux, Südwestfrankreich, ca. 16.000 v.Chr.

Für das Stehen des Vogels auf dem Stab sind zwei Erklärungsmöglichkeiten denkbar: Entweder sollte der Stab das Fliegen des Vogels betonen, d.h. zeigen, daß der Vogel „oben“ ist, oder es hat damals ganz konkret solche „Vogelstäbe“ gegeben.

Da die damaligen Menschen durchaus geschickte Maler gewesen sind, hätten sie den Vogel jedoch sicherlich nicht sitzend, sondern mit ausgebreiteten Flügeln dargestellt, wenn sie sein Fliegen hätten betonen wollen – was die zweite Erklärung wahrscheinlicher macht.

Die Vermutung, daß es in der Altsteinzeit konkrete Vogel-Stäbe geben haben könnte, wird durch die vielen geschnitzten Vögel zwar nicht bewiesen, aber doch zumindestens unterstützt, da sich diese kleinen Schnitzereien leicht auf einem Stab befestigen ließen.

Schwan; Baikalsee, ca. 30.000 v.Chr.

Ente; Hohle Fels Höhle Baden- Würtemberg, ca. 30.000 v.Chr.

Vogel; Höhle von Buxu, Spanien, ca. 20.000 v. Chr.

Schwan o.ä.; Baikalsee, ca. 21.000 v.Chr.

tauchender Vogel; Baikalsee, ca. 20.000 v.Chr.

Wasservögel; Baikalsee, ca. 21.000 v.Chr.

Schwan o.ä.; Baikalsee, ca. 21.000 v.Chr.

evtl. Teil eines Vogel-Stabes; Andernach, Rheinland-Pfalz, 15.000 v.Chr., Hirschgeweih-Stück

Schwan o.ä.; Baikalsee, ca. 21.000 v.Chr.

Eule; Höhle von Chauvet, Südfrankreich, ca. 31.000 v.Chr.

Schwan o.ä.; Sibiren, ca. 21.000 v.Chr.

Schwan o.ä.; Baikalsee,ca. 21.000 v.Chr.

Eulen; Höhle von Trois Freres, Südfrankreich, ca. 16.000 v.Chr.

Schwan o.ä.; Baikalsee, ca. 21.000 v.Chr.

Pinguin o.ä.; Höhle von Cosquer, Südfrankreich, ca. 24.000 v.Chr.

Schwan o.ä.; Baikalsee,ca. 21.000 v.Chr.

Kraniche; Höhle von Labastide, Südfrankreich, ca. 15000 v.Chr.

Schwäne o.ä.; Baikalsee, ca. 21.000 v.Chr.

Schwan o.ä.; Baikalsee, ca. 21.000 v.Chr.

Der weitaus größte Teil dieser Vögel ist als Wasservogel erkennbar (Schwan, Gans, Ente, Falmingo u.ä.). Der Grund dafür könnte sein, daß die tiefen Wasser ein Symbol für das Jenseits gewesen sein werden – die Lebenden konnten weder in die tiefen Wasser noch in das Jenseits gelangen. Das Wasserjenseits findet sich in so gut wie allen frühen Mythen, über die es eine schriftliche Überlieferung gibt.

Die stilisierten Schwäne oder Gänse aus der Nähe des Baikalsees haben alle ein kleines Loch, sodaß man sie als Kettenanhänger getragen haben wird. Dies bestätigt die Annahme, daß diese Vögel die Seelenvögel der Ahnen dargestellt haben, deren Schutz und Hilfe sich die Träger erhoften.

Die Darstellung des Jagdunfalles in der Höhle von Lascaux sowie die Wasservogel-Kettenanhänger zeigen, daß das Motiv des Seelenvogels bereits in der späten Altsteinzeit bekannt und wichtig gewesen ist. Vermutlich hat es auch bereits das Motiv des auf einer Stange sitzenden Vogels gegeben, wobei diese Stange möglicherweise kein „Stab mit Vogel“ gewesen ist, sondern evtl. ein „Feder-Stab“, also ein Stäbe, an dem oben Federn anstelle einer Vogelstatuette befestigt waren.

Vielleicht hing man jedoch auch die oben abgebildeten kleinen, aus Mammutknochen geschnitzten Wasservogel-Kettenanänger manchmal auch an Stäbe.

Totempfähle gibt es nicht nur bei den Indianern, sondern auch in der frühen Jungsteinzeit in Mesopotamien, bei den Maori auf Neuseeland, in China, in Korea, in Indien und noch an einigen weiteren Orten. Es sind zwar generell auch Parallelentwicklungen an zwei voneinander getrennten Orten denkbar, aber eine so große Anzahl von parallelen Entwicklungen ist dann doch eher unwahrscheinlich – zumal selbst die Totempfähle der Indianer und die aus der frühen Jungsteinzeit in Mesopotamien recht große Ähnlichkeit miteinander haben.

Die Entstehung dieser verschiedenen Totempfähle aus einer gemeinsamen Wurzel heraus ist somit wahrscheinlicher. Diese Vermutung ist auch deshalb recht plausibel, weil das Erlebnis der Nah-Todes, das zu der Entdeckung der Körper-unabhängigen Seele und somit auch zu dem Motiv des Seelenvogels und des Totempfahles geführt hat, ein sehr altes Thema in den Vorstellungen der Menschen sein wird – einfach deshalb, weil solche Nah-Tode schon immer erlebt worden sein werden.

Die Indianer sind um ca. 14.000 v.Chr. von Nordostasien über die während der Eiszeit trockenliegende Beringstraße nach Nordamerika gewandert und mit Schiffen an der asiatischen und anschließend an der amerikanischen Küste entlanggefahren. Während der Eiszeit hat es diese Polar-nahe Landbrücke zwischen Sibirien und Alaska gegeben, weil aufgrund es vielen Wassers, daß zu den riesigen, 2km dicken Gletschern in Nordeuropa, Nordasien und Nordamerika geworden war, der Meeresspiegel damals 125m tiefer lag als heute.

die Landverbindung zwischen Ostasien und Nordamerika während der Eiszeit

Die Indianer werden daher um 14.000 v.Chr. dieselbe Symbolik der eurasiatischen Eiszeitjäger mit nach Amerika genommen haben, die auch um 16.000 v.Chr. in der Höhle von Lascaux dargestellt worden ist. Die indianischen Totempfähle stehen vor allen auf Vancouver-Island an der kanadischen Westküste, also genau dort, wo die ersten steinzeitlichen Seefahreer mit ihren noch recht einfachen Booten zuerst angelangt sein werden. Dort bestand die größte Chance, daß die alte Kultur beibehalten wurde, denn die neuen klimatischen und landschaftlichen Umstände im Inneren von Nordamerika und in Südamerika werden auch eine Veränderung der Kultur begünstigt haben.

Für das Ausbreiten einer Symbolik in dem gesamten Bereich von Ostasien bis hin nach Westeuropa wird man für die damalige Zeit jedoch eine recht beträchtliche Zeitspanne veranschlagen müssen – vermutlich mindestens 10.000 Jahre. Irgendwann wird einst jemand auf die Idee gekommen sein, sein Nahtod-Erlebnis durch einen Totempfahl darzustellen, was dann andere so überzeugend fanden, sodaß sie ebenfalls solche „Seelenpfähle“ errichtet haben. Der Totempfahl sollte daher spätestens um 30.000 v.Chr., aber vielleicht auch schon deutlich früher erfunden worden sein. Dieser vermutete späteste Zeitpunkt der „Erfindung“ des Totempfahls entspricht der Einwanderung des Homo sapiens von Afrika aus nach Eurasien, sodaß dieser als der „Erfinder“ des Totempfahls angesehen werden kann.

Die Totempfähle bei den übrigen asiatischen Völkern könnten aus derselben Kultur der späteiszeitlichen Mammutjäger stammen.

Die Maori auf Neuseeland, die ebenfalls Totempfähle herstellen, stammen aus Polynesien, deren Bewohner wiederum ab ca. 4000 v.Chr. die pazifischen Inseln von China aus mithilfe von Katamaranen (kentersichere Boote mit Auslegern) besiedelt haben. Auch die Maori stammen somit letztlich von den Steinzeitjägern im südlichen Eurasien ab (der Norden Eurasiens war während der Eiszeit von Gletschern bedeckt).

Die ersten Totempfähle wird es somit spätestens um 30.000 v.Chr., möglicherweise jedoch auch schon deutlich früher gegeben haben, da die Kultur der eurasiatischen Steinzeitjäger zwischen 600.000 v.Chr. und 10.000 v.Chr. weitgehend gleich geblieben ist. Der Träger dieser Kultur war zunächst der Homo erectus und ab ca. 30.000 v.Chr. der Homo sapiens.

Es wäre jedoch auch denkbar, daß die Erfindung der Totempfähle mit der Einwanderung des Homo sapiens und der verbesserten Steinbearbeitung ab 30.000 v.Chr. (Steinschliff statt behauene Steine) in Zusammenhang stehen, da durch diese neue Technik bessere Jagdwaffen zur Verfügung standen und daher mehr Freiraum für „kreative Tätigkeiten“ bestand wie u.a. auch die Herstellung der sogenannten „Venus-Statuen“ durch den Homo sapiens in Eurasien ab ca. 30.000 v.Chr. zeigt.

Diese Überlegung hängt allerdings sehr davon an, wie man sich einen solchen Totempfahl vorstellt, denn das Aufrichten eines Pfahles, der an seiner Spitze mit Federn oder mit einem „ausgestopften“ Vogel geschmückt ist, würde keine große Arbeit erfordert haben.

Einfache Totempfähle sind daher auch schon ab 600.000 v.Chr. und noch früher denkbar, während beschnitzte Totempfähle eher ab der Mittelsteinzeit, also ab 30.000 v.Chr. plausibel wären, da aus dieser Zeit sehr viele beschnitzte Knochen, Steinritzungen, die Venus-Statuetten und auch die Höhlenmalereien bekannt sind.

Es läßt sich über diesen „Boom des Kunsthandwerks“ in der Mittelsteinzeit genaugenommen jedoch nur sagen, daß aus dieser Zeit sehr viele Kunstwerke erhalten geblieben sind – ob die Steinzeitjäger auch schon vorher viel geschnitzt haben, aber eben nicht aus harten, beständigen Materialien, sondern aus schnell vergänglichem Holz, läßt sich nicht mehr feststellen … Es ist schließlich durchaus denkbar, daß die Kunstwerke der Mittelsteinzeit nur die aus dauerhaften Materialien hergestellte „Spitze des Eisbergs“ sind, dessen Hauptteil aus vergänglichen Holzschnitzereien, Malereien auf Felsen im Freien oder gar auf aufgespanntem Leder bestanden.

Man wird davon ausgehen können, daß allen diesen Kunstwerken aus dauerhaften Materialien, deren Herstellung viel Zeit und Aufwand erforderte, entsprechende Kunstwerke aus leichter bearbeitbaren Materialien vorausgegangen sein werden, sodaß man für die ersten Kunstwerke eine deutlich frühere Zeit als für die Anfertigung der ersten steineneren Kunstwerke ansetzen sollte.

Trotz aller Ungewißheiten läßt sich jedoch mit Sicherheit sagen, daß die Tradition der Totempfähle bis in die Altsteinzeit zurückreicht und daß sie die fundamentale religiöse Erkenntnis ausdrückt: „Ich habe eine Seele.“

Totempfähle in der Altsteinzeit

Aus der Altsteinzeit sind lediglich zwei Vogelstäbe bekannt: Der eine von ihnen ist lediglich gemalt, aber im Zusammenhang mit einem Tod oder Beinahe-Tod abgebildet worden und stellt somit recht sicher einen Seelenvogel dar. Der zweite ist eine einfache hohle Vogelstatuette, die möglicherweise auf einen Stab aufgesetzt worden ist.

Dieses beiden Funde machen es wahrscheinlich, daß es damals solche Vogel-Stäbe auch als konkrete Kult-Gegenstände gegeben hat. Diese Stäbe, die z.T. auch nur einfache „Feder-Stäbe“ gewesen sein könnten, waren die ersten Totempfähle.

Der Vogel als Symbol für die Seele ist jedoch bereits um 30.000 v.Chr., als der Homo sapiens in Eurasien eingewandert ist, ein wichtiges Element des damaligen Kunsthandwerks und somit auch der religiös-magischen Vorstellungen gewesen. Diese kleinen, aus Mammutknochen geschnitzten Vögel wurden vermutlich als Kettenanhänger getragen, um von den Seelenvögeln der eigenen Ahnen Schutz und Hilfe zu erhalten.

IV Totempfähle in Mesopotamien, Ägypten und Europa

Die Altsteinzeit stimmt zeitlich weitestgehend mit der letzten Eiszeit überein – beide begannen vor ca. 2.700.000 Jahren und endeten um 10.000 v.Chr. Während der letzten 600.000 Jahre der Altsteinzeit hat es eine weitestgehend einheitliche Jäger-Kultur in Eurasien südlich der bis zu 2km hohen Eisschicht im Norden von Europa, Asien und Nordamerika gegeben, die von Spanien über Mesopotamien bis nach Indien und China reichte.

Nach dem Ende der Eiszeit um 10.000 v.Chr. entstanden jedoch verschiedene eigenständige Kulturen in Mesopotamien/Europa, China/Ostsibirien und auch in Amerika, das ab 14.000 v.Chr. von Ostasien aus besiedelt worden ist.

Im Folgenden wird zunächst die Entwicklung der Totempfahl-Symbolik in Mesopotamien beschrieben, von der auch die altägyptische und die europäische Totempfahl-Symbolik abstammt.

IV 1. Die Totempfähle in der Jungsteinzeit in Mesopotamien

Als um 10.000 v.Chr. die letzte Eiszeit endete, veränderte sich die Situation für die damaligen Jäger-Sippen sehr deutlich, da damals in einigen Flußauen sehr fruchtbare Orte entstanden, an denen so viel Wild lebte, daß die Jäger nicht mehr weitestgehend als Nomaden leben mußten. Dadurch entstand die Möglichkeit einer größeren Ortsbindung als zuvor.

Es hat bereits in der frühen Altsteinzeit einfache „heilige Orte“ gegeben, die aus einem gepflasterten Platz und einem kleinen „Altar“ bestanden haben (Bilzingsleben in Thüringen, 400.000 v.Chr.) und ab 35.000 v.Chr. wurden mit recht großem Aufwand Höhlen reich bemalt, aber nach dem Ende der Eiszeit gab es die Möglichkeit, über mehr als tausend Jahre hinweg an demselben Ort zu leben, wodurch die Ortsbindung ein ganz anderes Ausmaß zu zuvor erhielt.

Ein solcher Ort ist Göbekli Tepe („Bauchberg“) im Südosten der Türkei an der Grenze zu Syrien. Dort wurden im Norden der 50km x 30km großen Tiefebene des Balikh, der einer der größten Nebenflüsse des Euphrat ist, auf einem hohen Berg die ersten Tempel errichtet. Von diesem Berg aus kann man die ganze fruchtbare und damals Wild-reiche Ebene des Balikh überschauen.

Diese Tempel hatten die runde Form der altsteinzeitlichen Hütten und hatten einen Durchmesser von ca. 6-8m. Sie bestanden im Wesentlichen aus einer runden Mauer, auf der sich ein Dach in der bisherigen Bauweise aus Stangen und Fellen befand. In der Mauer befanden sich meist acht senkrechte Steinplatten, die stilisierte Menschen darstellen sowie zwei weitere Steinplatten im Zentrum dieser Hütten. Die Bauweise dieser Tempel entsprachen den altsteinzeitlichen Wohnhütten, die aus einem runden Steinfundament bestanden, die mit einem Dach aus Stangen und Fellen gedeckt waren und zu der oft ein vermutlich ebenfalls überdachter Gang führte. Diese ersten Tempel sind wahrscheinlich aus der Schwitzhütte weiterentwickelt worden, die ebenfalls wie diese Wohnhütten aufgebaut waren.1

Steinfundament einer sibirische Hütte; ca. 22.000 v.Chr.

Eskimo-Hütte: Rundmauer mit Zeltdach und Eingangs- Gang; Ostkap von Sibirien, ca. 1900 n. Chr.

Eskimo-Jagdhütte; heute

Rekonstruktion einer Hütte aus Mammutknochen (Ritualhütte?, Schwitzhütte?); Ukraine, ca. 13.000 v.Chr.

Rekonstruktion eines Tempels: mehrere Rundmauern, Eingangs-Gang, Mittelpfosten, das Dach ist hier nicht dargestellt; Göbekli Tepe, ca. 10.000 v.Chr.

Aus dieser frühen jungsteinzeitlichen Kultur sind mehrere Totempfähle erhalten geblieben. Da die Tempelanlagen auf dem Berg Göbekli Tepe erst zu einem sehr kleinen Teil ausgegraben worden sind, ist es recht wahrscheinlich, daß sich noch weitere Totempfähle finden werden.

Rings um den größten „Tempelberg“ von Göbekli Tepe gab es noch weitere Tempel. In einem von ihnen, der in der Nähe von Nevali Cori 20 km nordwestlich von Göbekli Tepe liegt, wurde noch ein weiterer Totempfahl gefunden.

IV 1. a) Der Totempfahl von Nevali Cori

Totempfahl (obere Bruchstücke)

Rekonstruktionszeichnung (obere Bruchstücke)

erweiterte Rekonstruktionszeichnung

Venus von Laussel

Dieser Totempfahl stand in einer Wandnische des Tempels von Nevali Cori und ist von dem Archäologen Klaus Schmidt aus mehreren Bruchstücken zusammengesetzt worden. Er besteht aus aus zwei Frauenköpfen, auf denen sich ein Vogel befindet, und zu denen möglicherweise noch ein weiteres Vogelpaar gehört, da die Steinart und die Pfostendicke beider Bruchstücke übereinstimmen. Dieser Totempfahl ist vermutlich ca. 3m hoch gewesen. Der Vogel ist wahrscheinlich ein Geier.

Die zweifache Frau ist als Motiv bereits aus der Altsteinzeit von dem Fundort Laussel in der Dordogne in Südwestfrankreich bekannt. Diese beiden Frauen stellen recht sicher die Große Mutter dar, die im Diesseits den Lebenden die Geburt und im Jenseits den Gestorbenen die Wiedergeburt gibt. Die beiden Frauen von Laussel sind jedoch nicht wie in Nevali Cori Rücken an Rücken, sondern wie bei einer Skatkarte angeordnet.

Die „Große Mutter“ ist das zentrale Symbol der späten Altsteinzeit zwischen 40.000 v.Chr. und 10.000 v.Chr. gewesen – wie u.a. ihre vielen Statuetten aus dieser Zeit zeigen.

Die Kombination dieser ältesten Göttin mit dem Seelenvogel bedeutet sehr wahrscheinlich: „Der Seelenvogel wird nach dem Tod im Jenseits von der Großen Mutter wiedergeboren.“

Diese Geiergöttin findet sich auch später in dem Tempel von Çatal Hüyük in der Westtürkei (7.000 v.Chr.) und in Altägypten (ab 3250 v.Chr.). Vogelgöttinnen sind aus sehr vielen Religionen bekannt, da die Kombination der Wiedergeburt durch die Große Mutter mit dem Seelenvogel sehr naheliegend war.

IV 1. b) Bruchstück eines Totempfahles von Nevali Cori

Bruchstück eines Totempfahles, Nevali Cori

Auf diesem Bruchstück ist der Kopf einer Frau (oder eines Mannes?) zu sehen, auf dem ein Vogel sitzt, dessen Krallen über dem Haaransatz der Frau, dessen Bauch über ihrem Scheitel und dessen Flügel neben ihrem Kopf zu sehen sind.

Diese Figur wird vermutlich eine Tote oder ein Toter mit ihrer bzw. seinem Seelenvogel sein. Diese Figur ist daher recht sicher ein Teil eines „klassischen Totempfahles“ gewesen.

IV 1. c) Totempfahl von Göbekli Tepe

„Totempfahl“ aus dem Tempel H

Der oben abgebildete, ca. 2m hohe „Totempfahl“ wurde dadurch gefunden, das die Ausgräber versuchten, im Südosten des Göbekli Tepe einen oben aus der Erde ragenden Stein „aufzuheben“, da dieser deutlich erkennbar bearbeitet worden war. Dabei stellte sich heraus, das es sich um eine Bildsäule handelt, die tief in der Erde steckte und an die Oberfläche hinaufragte.

Dieser Totempfahl ist Bestandteil einer Mauer, die vermutlich zu einem ca. 5m x 6m großen Tempel gehört. Sein Gewicht betragt mehr als eine halbe Tonne.

Das Hauptmotiv auf dem Totempfahl ist ein aufrechter Mensch, der durch verschiedene kleinere Motive an seiner Vorderseite ergänzt worden ist.

Von der Hauptfigur des Totempfahls fehlt das Gesicht. Die Arme der Figur liegen an ihrer Seite – die abgewinkelten Unterarme sind nach oben gerichtet. Die Geste erinnert an das Spenden eines Segens.

Unter den Händen der Hauptfigur ist eine zweite, kleinere Figur zu sehen, deren Kopf ebenfalls fehlt. Die Hände der Hauptfigur liegen neben dem Kopf der kleineren Figur – dies konnte möglicherweise eine Schutz- oder Segensgeste sein. Die Arme dieser mittleren Figur sind ebenfalls angewinkelt.

Unter der kleinen, mittleren Figur ist eine dritte, noch kleinere Figur zu sehen, deren Kopf erhalten geblieben ist und die denselben „Pony-Haarschnitt“ wie der Kopf von Nevali Cori hat. Die Hände der mittleren Figur liegen über dem Kopf der unteren Figur und sind vermutlich eine Variante der „Segensgeste“ der großen Figur.

Die untere Figur hält in den Händen ihrer nach unten ausgestreckten Arme eine Kugel mit zwei Vertiefungen, die man wohl als Kopf bzw. Totenschädel ansehen kann.

Dadurch ergibt sich eine Deutungsmöglichkeit für die Arme der drei Figuren. Die oberste Figur greift nach oben, die mittlere hält ihre Arme angewinkelt und die untere Figur greift nach unten. Die Wahrscheinlichkeit ist daher groß, das hier ein Verbinden von Oben und Unten dargestellt wird, ein Verbinden von Diesseits und Jenseits – der Totempfahl stellt also im wörtlichen Sinne „Religion“ , d.h. „Wiederanbindung“ dar.

Zusätzlich zu dieser Symbolik werden die „Hände am Kopf“-Gesten der drei Menschen aber wohl auch die Verbindung zwischen ihnen darstellen, durch die der Segen von dem Schädel bis zu der großen Gestalt fließt.

Der Schädel in den Händen der untersten Figur wird der Schädel eines wichtigen Ahnen sein, der vermutlich über die Reihe seiner Nachkommen (untere und mittlere Figur) seinen Segen und seine Kraft der oberen Figur sendet, damit diese sie den Menschen im Tempel gibt.

Die obere, große Gestalt ist somit ein Überbringer des Segens der Ahnen an die lebenden Menschen in dem Tempel (Schamane/Priester).

Links und rechts von diesem Totempfahl befindet sich je eine aufsteigende Schlange, die aufgrund ihrer Bewegungsrichtung den Weg aus dem Jenseits ins Diesseits darstellt. Sie könnten zudem auch die Ahnen selber symbolisieren, da die in der Erde bestatteten Toten mit den Schlangen, die auf und in der Erde leben, assoziiert worden sind. Auch diese Symbolik muß sehr alt sein, da sie weltweit zu finden ist. Die Seelen sind Vögel, aber die Toten sind Schlangen. Es ist weiterhin denkbar, daß diese Schlangen nicht nur die Ahnen selber, sondern auch die von ihnen an ihre Nachkommen gesandte Kraft darstellen.

Löwenmann aus der Stadelhöle; schwäbische Alp, ca. 35 .000 v. Chr.

Die Panther-Mann-Mischgestalt aus Göbekli Tepe wird sehr wahrscheinlich wie der altsteinzeitliche Löwenmann aus der Schwäbischen Alp ein Schamane sein, da sich das Pantherfell und das Löwenfell auch noch in den schriftlich überlieferten Religionen das Kennzeichen der Bestattungspriester, Trancepriester und Jenseitsreisenden ist.

Da die Pantherkraft das zu sein scheint, was die Jäger von Göbekli Tepe als „magisches Geschenk“ von ihren Ahnen im Jenseits erhofften, stellt der Panthermann die erfolgreiche „Kraftübertragung“ vom Jenseits in das Diesseits dar.

Der Totempfahl aus Göbekli Tepe zeigt, daß es zu Beginn der Jungsteinzeit um 10.000 v.Chr. schon verschiedene Varianten des Totempfahls gegeben hat. Es ist sehr wahrscheinlich, daß die Tradition dieser ursprünglich aus Holz hergestellten Pfähle zu dieser Zeit schon recht alt gewesen ist und daß die damaligen Menschen diese spezielle bildhauerische Kunst-Form mittlerweile nicht mehr nur für die Darstellung der Existenz der Seele benutzten, sondern mit ihrer Hilfe auch andere religiöse Themen darstellten. Auf diesem Totempfahl aus Göbekli Tepe findet sich die Anrufung der Ahnen und die Bitte um die Panther-Kraft und auf den Totempfählen von Nevali Cori ist die Wiedergeburt der Seele durch die zweifach Große Mutter dargestellt, die den Menschen ihre Geburt im Diesseits und ihre Wiedergeburt im Jenseits als Seelenvogel gibt.

Diese Themen-Vielfalt um 10.000 v.Chr. weist auf ein recht großes Alter der Totempfahl-Tradition hin, die bis in die Altsteinzeit hineinreicht.

IV 1. d) Die Kranichtänzer von Göbekli Tepe

Es war naheliegend, die Darstellung eines Menschen und seines Seelenvogels miteinander zu einem „Vogelmann“ zu verbinden, um den Menschen mit seiner Seele darzustellen. In Göbekli Tepe findet sich diese Kombination auf zwei Tempel-Pfeilern, wobei man nur an der Art der Beine erkennen kann, daß es sich um Menschen handelt – die beiden Kraniche haben Menschenknie und keine Vogelknie, die in die entgegengesetzte Richtung gebeugt werden können.

Diese Menschenknie sind mit Sicherheit Absicht, da alle anderen Tierdarstellungen „richtig“ sind.

Pfeiler aus einem Tempel von Göbekli Tepe

Kranichmann, Detail des Pfeilers links

Kranich

Mensch

In demselben Tempel findet sich auch der zweiter Pfeiler, auf dem Kranich-Menschen abgebildet sind. Auf ihm ist oben ein Fuchs, in der Mitte ein Wildschwein, unten links eine Ente o.ä. und unten in der Mitte sowie unten rechts ein Kranich-Mensch zu sehen.

Tempel-Pfeiler aus Göbekli Tepe

Detail des Tempel-Pfeilers links

IV 1. e) Der kopflose Mann mit einem Vogelkopf in Göbekli Tepe

Auf einem der eckigen Pfeiler in den Tempeln von Göbekli Tepe findet sich eine interessante Szene: Ein Mann ohne Kopf greift nach dem Kopf eines Kranichs.

Vermutlich stellt diese Szene einen Toten dar, der nach seiner Seele sucht und sie findet, d.h. der sich bei seiner Ankunft im Jenseits in seinen Seelenvogel bzw. in einen Vogelmann verwandelt.

Die Kopflosigkeit des Toten erklärt sich daraus, daß man damals die Schädel wichtiger Toter in Nischen in den Hauswänden aufbewahrte, um jederzeit mithilfe dieser Schädel zu den betreffenden Toten Kontakt aufnehmen zu können. Diese Funktion hat auch der Totenkopf ganz unten an dem bereits beschriebenen Totempfahl von Göbekli Tepe. Möglicherweise ist dieser im Verhältnis zu dem Mann sehr große Vogelkopf jedoch auch die Göttin, die als Mutter der Seelenvögel auch selber eine Vogelsgestalt haben konnte.

Der erigierte Penis dieses Mannes könnte ein Hinweis darauf sein, daß es schon damals die Vorstellung einer Wiederzeugung des Toten mit der Jenseitsgöttin gegeben hat, die der Wiedergeburt des Toten durch diese Göttin („Große Mutter“) vorausging.

In den vielen alten Religionen, die diese Symbolik kennen, scheinen die Frauen ohne Wiederzeugung wiedergeboren zu werden.

Tempel-Pfeiler von Göbekli Tepe

Detail: der kopflose Mann, der nach dem Hals bzw. Kopf des Vogels links von ihm greift

IV 1. f) Die Statuette von Kisilisk

Die Statuette aus diesem Tempel ist eine vereinfachte Variante des Totempfahls von Göbekli Tepe. Diese Statuette zeigt wahrscheinlich einen Ahn (große Gestalt), der seinen Nachkommen (kleine Gestalt vor ihm) beschützt.

Dieser Nachkomme legt seine segnenden Hände wiederum über eine runde Aushöhlung in dem Totempfahl vor ihm. Vermutlich wurde in diese Öffnung das gelegt, was letztendlich gesegnet werden sollte – ein variabler Allzweck-Totempfahl …

Statuette aus dem Tempel von Kisilisk mit Kopf, Armen und Händen

Vorderseite derselben Statuette

IV 1. g) Die Vogelstäbe von Nemrik

Während aus der späten Altsteinzeit bisher nur ein Vogelstab-Oberteil (aus dauerhaften Materialien wie Knochen, Horn oder Stein) sowie eine bildliche Darstellung eines Vogelstabes gefunden worden ist, finden sich in dem Tempel von Nemrik gleich mehrere obere Enden von solchen Vogel-Stäben. Dies legt nahe, daß die beiden bekannten Vogelstäbe aus der Altsteinzeit keine Einzelfälle gewesen sein werden.

Da jedoch nur die Köpfe dieser Vögel und ein Teil ihres Halses gefunden wurde, ist es nicht vollkommen sicher, daß diese Vogelköpfe tatsächlich das obere Ende eines Vogelstabes gebildet haben. Da die Seelen jedoch bereits zu dieser Zeit als Vögel aufgefaßt worden sind, ist die Deutung dieser Vogelköpfe als Oberteil von im Kult verwendeten Vogelstäben trotzdem recht sicher.

Die Existenz solcher steinerner Vogelköpfe, deren Herstellung recht aufwendig war, spricht dafür, daß sie die steinernen Varianten von früheren einfachen Vogel-Stäben aus einem Stab und Federn gewesen sind. Da die damalige Kultur sehr beständig war und es unwahrscheinlich ist, daß sich damals jemand große Mühe mit der Herstellung von Dingen gemacht haben wird, die keine große Bedeutung gehabt haben, können diese Vogelköpfe keine völlig neue Erfindung gewesen sein.

Vogelköpfe von Nemrik

Vogelköpfe von Nemrik

IV 1. h) Die Tempelpfeiler

Die Pfeiler in den Tempeln von Göbekli Tepe und denen aus den umliegenden Gebieten sind stilisierte Menschen, wie die Arme und Gesichter an ihnen zeigen.

Der paläo-kubistische Stil, in dem diese Pfeiler angefertigt worden sind, zeigt, daß die künstlerische Darstellung von Menschen durch Plastiken schon damals recht alt gewesen sein muß, da sich ein solcher Abstraktionsgrad der menschlichen Gestalt, der zudem nicht nur eine Vereinfachung, sondern ein formales Prinzip ist, wohl kaum am Anfang einer Tradition finden wird. Dies bestätigt wieder das vermutete hohe Alter der Totempfähle.

Da die Totempfähle zunächst einmal einen Menschen mit seinem Seelenvogel dargestellt haben werden und die in den Tempeln stehenden Pfeiler Menschen, d.h. wahrscheinlich die Ahnen darstellen, kann man davon ausgehen, daß sich diese Pfeiler in den Tempeln eine Variante der Totempfähle sind.

Noch in den heutigen Schwitzhütten werden die acht oder zwölf in einem Kreis stehenden Äste, aus denen das Gerüst der Schwitzhütte errichtet wird, mit den Ahnen assoziiert – und der Aufbau einer Schwitzhütte entstammt wie der Aufbau der Tempel von Göbekli Tepe von den runden Wohnhütten der Altsteinzeit ab.

Die diesem Motiv nah verwandte Auffassung eines Menschen als eines Baumes findet sich in sehr vielen Schöpfungsmythen: Die beiden ersten Menschen wurden aus einem Baum erschaffen. So wurden z.B. die beiden ersten Menschen in der germanischen Mythologie durch die Götter aus einer Esche (Mann) und aus einer Ulme (Frau) geformt – eine späte Erinnerung an die Herstellung von Ahnen-Totempfählen.

Man kann daher die Tempel-Pfeiler von Göbekli Tepe als eine Variante der Totempfähle ansehen.

Es hat zudem den Anschein, als ob auch die Pfosten, die die tragende Konstruktion der runden Wohnhütten und der Schwitzhütten gewesen sind, mit den Ahnen gleichgesetzt worden sind, da die Ahnen ihre Nachkommen auf dieselbe verläßliche Weise „tragen“ die die Pfosten der Hütte das Dach der Hütte tragen.

Tempel-Pfeiler mit Armen, Gürtel und Lendenschurz, Göbekli Tepe

Tempelpfeiler mit Armen (derselbe wie links, nur die andere Seite und noch nicht ganz ausgegraben), Göbekli Tepe

Vorderseite eines Tempelpfeilers mit zwei Händen, Nevali Cori

Bruchstück eines Tempelpfeilers mit Armen, Nevali Cori

Vorderansicht eines Tempelpfeiler mit Armen, Händen und Halskette, Nevali Cori

Seitenansicht desselben Tempelpfeilers mit Armen, Händen und Halskette, Nevali Cori

einer von zwei Mittelpfeilern mit Händen und Lendenschurz; unten Seelenvögel

Tempel: zweifache Mauer, 2 Innenpfeiler, 8 Außenpfeiler, umlaufende Sitzbank

Tempel-Rekonstruktion

halbausgegrabener Tempel

Tempelanlage (Rekonstruktion)

drei Tempel der Tempelanlage

künstliche Felsenlöcher

Vogel-Gravur, Göbekli Tepe

steinerner Geierkopf, Göbekli Tepe

IV 1. i) Der Schlangen-Kopf von Nevali Cori

In diesem Tempel, der 50km von Göbekli Tepe entfernt liegt, ist ein steinerner Kopf gefunden worden, an dessen Rückseite sich eine Schlange emporringelt. Die Schlange war damals ein Symbol für die Ahnen, da die Schlange als auf und in der Erde lebendes Tier mit der Welt unter der Erdoberfläche assoziiert worden ist, in der auch die Toten nach ihrer Bestattung lagen. Auch auf den Tempelpfeilern von Göbekli Tepe erscheint die Schlange häufig als Ahnen-Symbol.

Auf dem Totempfahl von Göbekli Tepe ringeln sich an den Seiten zwei Schlangen empor, die vermutlich die von den Ahnen gesandte Kraft darstellen. Aus dieser Schlangenkraft wurde dann später die Kundalini-Schlange, die im Yoga die im Inneren des Meditierenden aufsteigende Kraft symbolisiert.

Das Erlebnis dieser inneren aufsteigenden Kraft, die als eine große Hitze wahrgenommen wird, ist eng mit der Astralreise, also mit dem Verlassen des materiellen Körpers durch die Seele verbunden, da beide Erlebnisse durch sehr ähnliche Meditationsmethoden erlangt werden. Da die Fähigkeit zur Astralreise das wesentliche Merkmal eines Schamanen ist und die damaligen „religiösen Spezialisten“ Schamanen waren, kann man davon ausgehen, daß sie auch dieses „innere aufsteigende Feuer“ kannten – beide Erlebnisse liegen nah beieinander.

Die beiden Schlangen auf dem Totempfahl von Göbekli Tepe und die Schlange an dem Kopf von Nevali Cori können daher als die älteste Darstellung der Kundalini-Schlange angesehen werden. Diese Schlange ist somit auch ein Teil der Totempfahl-Symbolik der frühen Jungsteinzeit.

Stein-Kopf mit sich am Hinterkopf emporringelnder Kundalini-Schlange, Nevali Cori

Totempfahl von Göbekli Tepe

Totempfahl von Göbekli Tepe

IV 1. j) Zusammenfassung

Bereits in der frühen Jungsteinzeit um 10.000 v.Chr. hat es eine differenzierte und vielfältige Tradition der Totempfähle gegeben. Die Totempfähle aus der Altsteinzeit sind leider nicht erhalten geblieben, da sich Holz viel zu schnell zersetzt. Aus dieser Zeit ist lediglich das Bild des Vogel-Stabes aus der Höhle von Lascaux bekannt sowie der geschnitzte Vogelkopf aus Andernach, der möglicherweise der Aufsatz eines Vogel-Stabes gewesen ist.

Die Themen, die in der frühen Jungsteinzeit durch steinerne Totempfähle dargestellt worden sind, sind:

- der Mensch und sein Seelenvogel (Nemrik),

- Menschen als Seelenvögel (Kranichtänzer von Göbekli Tepe),

- die Ahnen (Tempel-Pfeiler von Göbekli Tepe und anderen Tempeln, Totempfahl von Göbekli Tepe, Statuette von Kisilisk),

- die Wiedergeburt der Toten als Seelenvogel durch die Große Mutter (Nevali Cori)

- die Anrufung der Ahnen (Göbekli Tepe),

- der Schutz durch die Ahnen (Kisilisk),

- die von den Toten in der Erde in der Gestalt einer Schlange (Kundalini) aufsteigende Kraft, die den Jägern hilft, zu einem „Panther“ zu werden (Göbekli Tepe) und wie ein Panther erfolgreich zu jagen.