Traditionelle Chinesische Medizin - Ernst Urschitz - E-Book

Traditionelle Chinesische Medizin E-Book

Ernst Urschitz

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Beschreibung

Die TCM ist ein umfangreiches System von Methoden, die Gesundheit zu erhalten und wiederherzustellen. Meinen Zugang zu dieser Materie habe ich so dargestellt, wie er sich mir in Theorie und Praxis erschlossen hat. Dabei sind auch meine persönlichen Erfahrungen in China mit eingeflossen. Dieses Buch soll Interessierte und Therapeuten anregen, sich mit den Methoden der TCM zu arbeiten. Diese chinesische Medizin sucht nach dem „Muster der Disharmonie“, sie beschreibt eine Situation des „Ungleichgewichts“ im Körper. Die TCM eröffnet uns mit dem völlig anderen Ansatz bei Diagnose, Behandlung und Denkweise alternative Möglichkeiten. Als Präventivmedizin kann sie zur Gesunderhaltung über Lebensführung im Sinne der „Alten Chinesen“ zur Verlängerung des Lebens beitragen.

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TIAN REN HE YI

Mengzi (370 v. Chr. bis 290 v. Chr.),

Schüler von Konfuzius

Inhalt

Einführung

1.1 Grundlagen

1.2 Westliches und östliches Denken

1.3 Historisches

Die Prinzipien der taoistischen Philosophie in der TCM

2.1 Qi

2.1.1 Formen des

Qi

2.1.2 Funktionen des

Qi

2.2 Blut-

Xue

2.3 Körperflüssigkeiten-

Jin-Ye

2.4 Essenz-

Jing

2.5 Geist -

Shen

Das

TAO

und die Urkräfte

YIN

und

YANG

Die Fünf Wandlungsphasen

4.1 Die Qualitäten der Fünf Wandlungsphasen

4.1.1 Das Holz-Element

4.1.2 Das Feuer-Element

4.1.3 Das Erde-Element

4.1.4 Das Metall-Element

4.1.5 Das Wasser-Element

4.2 Die Zyklen der Fünf Wandlungsphasen

4.2.1 Hervorbringungszyklus (Ernährungszyklus)

4.2.2 Kontrollzyklus

4.2.3 Überwältigungszyklus

4.2.4 Widerstandszyklus

4.2.5 Mutter-Sohn-Zyklus

4.2.6 Mutter-Sohn-Zyklus, Sohn schwächt Mutter

4.3 Weitere Beispiele für Zyklen

4.4 „5 Elemente“ und „Innere Faktoren“ oder Emotionen

Zang-Fu

-Funktionskreise

5.1 Speicher-

Zang

-Organe

5.2 Hohl-

Fu

-Organe

5.3 Außerordentliche

Fu

-Organe

5.4 Die

Zang Fu

- Organe im Einzelnen

5.4.1

Zang

-Organ Leber

- Gan

5.4.2

Fu

-Organ Gallenblase

- Dan

5.4.3

Zang

-Organ Herz

- Xin

5.4.4

Fu

-Organ Dünndarm

- Xiao Chang

5.4.5

Zang

-Organ Milz

- Pi

5.4.6

Fu

-Organ Magen

- Wei

5.4.7

Zang

-Organ Lunge

- Fei

5.4.8

Fu

-Organ Dickdarm

- Da Chang

5.4.9

Zang

-Organ Niere

- Shen

5.4.10

Fu-

Organ Blase -

Pang Guang

5.4.11

Zang

-Organ Perikard -

Xin Bao

5.4.12

Fu

-Organ 3 Erwärmer -

San Jiao

Das Leitbahnsystem

6.1 Meridiane und die „5 Elemente“

6.1.1 Meridiane des METALL-Elements Lunge - Dickdarm

6.1.2 Meridiane des ERDE-Elements Magen - Milz/Pankreas

6.1.3 Meridiane des FEUER-Elements Herz-Dünndarm

6.1.4 Meridiane des WASSER-Elements Blase-Niere

6.1.5 Meridiane des FEUER-Elements Perikard - 3E

6.1.6 Meridiane des HOLZ-Elements Gallenblase - Leber

6.2 Zwei Sondermeridiane

Yang

und

Yin

6.2.1 Das Lenkergefäß

- Du Mai

6.2.2 Das Konzeptionsgefäß

- Ren Mai

Die Fünf Säulen der TCM

7.1 Ernährung

7.2 Akupunktur, Moxibustion/Moxa, Schröpfen

7.3 Kräutermedizin

7.4

Tuina

und Chinesische Osteopathie

7.5 Qi Gong

7.5.1

Ba Duan Jin

– die acht edlen Übungen

7.5.2

Nei Yang Gong

– Inneres nährendes

Qi Gong

7.5.3

Taijiquan

Diagnose

8.1 Die Acht Leitkriterien -

Ba Gang

8.1.1

Yin

und

Yang

8.1.2 Mangel/Leere

- Xu

und Fülle

- Shi

8.1.3 Kälte -

Han

und Hitze

- Re

8.1.4 Außen -

Biao

und Innen -

Li

8.2 Übergänge und Sonderformen

8.3 Weitere Betrachtungen

8.4 Pathogene Faktoren

8.5 Chinesische Puls- und Zungendiagnose

8.5.1 Pulsdiagnose

8.5.2 Zungendiagnose

8.5.3 Leitsymptome der

Zang-Fu

-Syndrome

Die Acht Außerordentlichen Gefäße und ihre Pulse

9.1 Was sind die Acht Außerordentlichen Gefäße?

9.2 Die Öffnungs- und Ankopplungspunkte

9.3 Diverse Funktionen der Außerordentlichen Gefäße

9.4 Überblick über die Acht Außerordentlichen Gefäße

9.4.1 Lenker-, Konzeptions- und Durchdringungsgefäß

9.4.2

Yin-

und Yang-Schreit-Gefäß

9.4.3

Yin-

und

Yang

-Verbindungsgefäß

9.4.4 Gürtelgefäß

9.5 Anwendung der Außerordentlichen Gefäße

9.6 Die acht Außerordentlichen Gefäße und ihre Pulse

Resümee und Zusammenfassung

Anhang

11.1 Glossar chinesischer Begriffe

11.2 Ausgewählte Akupunkturpunkte

11.3 Ausgewählte Rezepte, Deutsch – Pinyin

11.4 Abbildungsverzeichnis

11.5 Literaturverzeichnis

1 Einführung

Die TCM – Traditionelle Chinesische Medizin – Zhōngyi, - ist ein methodisches System die Gesundheit zu erhalten und wiederherzustellen. Verschiedene Behandlungsmethoden aber auch die Lebensführung stehen dabei im Vordergrund.

Dieses Buch gibt einerseits einen Überblick über die Grundlagen und die verschiedenen Methoden, die die TCM ausmachen, vertieft andererseits wichtige Aspekte und erklärt Zusammenhänge. Auf detaillierte Beschreibungen im Umfeld von Akupunkturpunkten oder Heilkräutern wird hier verzichtet. Dafür gibt es bereits sehr gute und ausführliche Literatur, die dann zu Rate gezogen werden kann.

Ich beschreibe die TCM, wie sie sich mir in Theorie und Praxis erschlossen hat. Natürlich sind auch meine persönlichen Erfahrungen in China eingeflossen. Die Denkweise und das Verständnis dieser Methoden sind uns oft fremd und schwer zu verstehen. Meinen Zugang zu dieser Materie möchte ich mit diesem Buch möglichst verständlich weitergeben an Interessierte und Therapeuten, die mit den Methoden der TCM arbeiten möchten.

Diese Einführung möge den Leser anregen, sich mit den kosmischen Prinzipien von Yin und Yang und den „5 Elementen“ (= fünf Wandlungsphasen) – Wu Xing näher vertraut zu machen, um sie als Grundlage für chinesische Diagnose und Therapie schrittweise zu verstehen.

Mein Dank gilt meinen zahlreichen Lehrern in der TCM, der Akupunktur und in der Naturheilkunde, dem Arzt und Leiter des Medicol Lehrinstituts in München, Herrn Arnold Schimscha, meinen Lehrern in Beidahe, China, Frau Liu Yafei und Herrn Xiao Yuande, meinem Lehrer in Kötzting, Herrn Dr. Gunter R. Neeb, Herrn Toshikatsu Yamamoto als Seminarleiter an der Universität Graz, Österreich, sowie Herrn Robert Pfrogner, Bad Aibling, Bayern, für seine Unterstützung zum Erstellen dieses Buches.

TCM - Traditionelle Chinesische Medizin – was ist das?

Nach Gründung der Volksrepublik China versuchte die Staatsführung die traditionellen Zöpfe abzuschneiden und den Fortschritt für das Land in den Fokus zu stellen. [1] Dazu gehörte auch die Westliche Medizin als zukünftiger Hoffnungsträger zur Modernisierung des Landes. Die moderne TCM wurde in dieser Zeit am grünen Tisch aus bestehenden Medizinsystemen zusammengestellt, entrümpelt und dem Zeitgeist unterworfen. Dabei wurden auch Kompromisse eingegangen, um sie für westliche Ärzte attraktiv zu machen. Diese „neue“ TCM ist exportfähig und wird als Ausbildung weltweit an Universitäten angeboten. Viele Ärzte reisen auch nach China, um vor Ort diese TCM zu studieren. Der Begriff „Traditionelle Chinesische Medizin“ ist also ein Konstrukt der Neuzeit.

Die Ursprünge dieser Medizin entstammen einem, über 5000 Jahre altem, erfahrungs-medizinischem Wissen – einer Naturheilkunde aus dem Alten China. Erste schriftliche Aufzeichnungen finden sich vor ca. 2200 bis 2500 Jahren, aus der Zeit der streitenden Reiche. Seit der Einigung Chinas unter dem ersten Kaiser Qin Shihuang (226 v. Chr.) kam es naturgemäß immer wieder zur Zentralisierung von Wissen und Erkenntnissen aus den verschiedenen Landesteilen. Einflüsse aus anderen Regionen wie Indien, Korea und der Mongolei kamen mit der Zeit hinzu.

Medizingelehrte wie Wang Shu-He (3. Jhdt) 1 , Sun Simiao (6. Jhdt.) [2], der Arzt und Naturforscher Li Shizhen (16. Jhdt.) 2 sammelten das damalige medizinische Wissen und hielten es in Büchern fest. Einige dieser Werke wurden zum Standard der Medizinliteratur und sind noch heute Grundlagen dieser Medizin. Über die Jahrhunderte bis zur Gegenwart wurden die Aufzeichnungen und Erfahrungen immer wieder überprüft, ergänzt und aktualisiert.

1.1 Grundlagen

Verschiedene grundsätzliche Überlegungen und Philosophien sind Grundlage dieses ganzheitlichen Systems. In dieses System flossen sehr früh ein die Philosophie von Yin und Yang, vom Yi Ging, dem Buch der Wandlungen und der fünf Wandlungsphasen („5 Elemente“) - Wu Xing, sowie deren Zusammenwirken und deren Entsprechungen in der Natur und im Körper (wie außen – so innen). Meridiane (Leitbahnen), der Fluss von Qi und „Blut“, u.v.m. sind Teile dieser Betrachtungen.

Die TCM in der klassischen und in ihrer heutigen modernen Form werden beide in diesem Buch der Einfachheit halber als TCM bezeichnet. Die TCM ist ein eigenständiges und völlig durchgängiges System. Verschiedene Aspekte wie Gesundheit, Lebensführung, Lebensumfeld, Ernährung und Medizin werden dabei immer im Zusammenhang gesehen.

Ein Grundprinzip in der TCM ist: Gesundheit ist Gleichgewicht, Harmonie, innerhalb des menschlichen Körpers ebenso wie zwischen Mensch und Umwelt. Dazu gehört der ständige harmonische Ablauf der Lebensvorgänge. Wird diese Harmonie aus irgendeinem Grund gestört, entsteht Krankheit. Die chinesische Medizin bezweckt daher mit ihren Methoden die Wahrung bzw. die Wiederherstellung der Harmonie. [3]

Was ist aus dem Gleichgewicht?

Der „Werkzeugkasten“ des Therapeuten sind seine fünf Sinne: sehen, hören, riechen, schmecken, tasten. Darüber werden die Disharmoniemuster bestimmt und schließlich mittels Puls- und Zungendiagnose eine „chinesische Diagnose“ gestellt, danach Behandlungsprinzipien festgelegt und die Behandlungsmethoden ermittelt. Die Diagnose unterstützend sind die Methoden der 8 Leitkriterien (Ba Gang: Yin/Yang, Innen/Außen, Fülle/Leere, Hitze/Kälte).

Zusätzlich sind Diagnose und Abklärung nach unseren Gesetzen und Vorschriften Voraussetzung für eine Behandlung hierzulande!

Die Prinzipien der TCM sind Grundlage für die Diagnose, die Wahl der Behandlungsmethoden, die Einteilung und Wirkungsweisen von Lebensmitteln in der Ernährung und das Erkennen psychischer Muster.

Als Säulen der TCM sind zu sehen: Akupunktur und Moxibustion, Tuina, Kräutermedizin, Körperübungssysteme wie Qi Gong, Nei Yang Gong, Taijiquan und die Ernährung. Die Erklärung der Begriffe folgt:

Akupunktur ist eine uralte chinesische Methode. Akupunkturnadeln werden nach genauen Regeln in bestimmte Akupunkturpunkte gestochen, um Blockaden im Körper zu lösen. Wirkungsvolle Anwendungsgebiete sind chronische Schmerzzustände, Nervosität, Stress, Schlafstörungen, Erschöpfungszustände, Blutdruck- und Verdauungsbeschwerden, rheumatische Erkrankungen, u.v.m.

Bei der Moxibustion oder kurz Moxa genannt, werden Akupunkturpunkte oder Meridianverläufe erwärmt. Moxa wird hauptsächlich bei chronischen Erkrankungen und zur Stärkung der Immunabwehr eingesetzt.

Tuina ist mit Massagetechniken und chinesischer Osteopathie Teil der TCM und beruht auf den Konzepten von Meridianen und Akupunkturpunkten. Daher ist die Behandlung der betroffenen Körperstellen besonders wirksam. Angewendet wird Tuina bei Erkrankungen des Bewegungsapparates, zur Manipulation der Gelenke, in der Schmerztherapie, zur Entschlackung des Bindegewebes, zur Kräftigung des Körpers.

Kräutermedizin. Über die medizinische Wirkung von Kräutern, Wurzeln, Früchten, Pilzen und Beeren gibt es Erfahrungen über Jahrtausende. Bestimmte Mischungen und Abkochungen – Dekokte – werden für genau definierte Anwendungen auf die zu behandelnde Person und ihre Erkrankung maßgeschneidert erstellt. Diese Naturarzneien sind sehr wirkungsvoll, wenn sie über einen längeren Zeitraum eingenommen werden. Besonders wirkungsvoll ist die Kräutermedizin bei „Leere“- Mustern um „Energie“ aufzutanken (Qi und „Blut“ auffüllen und bewegen), was mit der reinen Akupunktur kaum gelingt. In vielen Fällen ist die Behandlung in der Kombination der Kräutermedizin mit der Akupunktur angezeigt.

Die Anregung der Selbstheilungskräfte unterstützen einfache Körperübungssysteme wie Qi Gong und Nei Yang Gong.

Nahrungsmittel werden den „5-Elementen“ (Holz, Feuer, Erde, Metall und Wasser) zugeordnet. Der gekonnte Einsatz dieses Wissens bei der Zubereitung und Nahrungsaufnahme wirkt ausgleichend und fördert die Gesundheit im Sinne von „Ernährung als Medizin!“

Das völlig eigenständige Medizinsystem der TCM, oder einzelne Methoden daraus, sind schon in vielen Fällen Behandlungsmethoden der Wahl, oder können, in Absprache mit dem behandelnden Arzt, zusätzlich angewendet werden. Sie bieten bewährte alternative Methoden und stellen eine Bereicherung des Behandlungsspektrums dar.

Die TCM, verstanden als eine Art chinesischer Naturheilkunde, berücksichtigt auch, als ganzheitliche Methode, die Persönlichkeit und Lebenssituation. Einbezogen sind Körper, Geist, Seele, Familie und soziales Umfeld.

Grundlage für Gesundheit ist der Mensch in innerer Harmonie und sein Leben im Einklang mit der Natur und ihren natürlichen Abläufen. Die Lebensführung insgesamt steht dabei im Vordergrund. Eine Stärkung des Körpers führt zur Stärkung von Geist und Seele. Heilung erfolgt durch Anregung der Selbstheilungskräfte - in Ruhe und Entspannung.

Abbildung 1: Hua Tuo bei der Behandlung. Moderne Bildhauerarbeit in Stein im Tal der Heiligen, China

Körper, Seele und Geist bilden eine Einheit.

Gesundheit braucht einen bilanzierten Energiefluss im Körper. Blockaden führen zu Krankheit. Jede Energie soll ausgewogen zwischen zwei Polen vorhanden sein. Bei zu wenig Lebensenergie Qi kommt es zur Krankheit in einem bestimmten Bereich. Das wirkt sich über die Leitbahnen im Körper, den sogenannten Meridianen, auch auf andere Teile, auf Organe, oder den ganzen Körper aus. Sogar der frühe Entwicklungszeitraum der prä- und perinatalen Phase des Menschen soll zur Betrachtung seiner Gesundheit berücksichtigt werden.

1.2 Westliches und östliches Denken

Der Westen möchte die Natur beherrschen und unterwerfen („Macht euch die Erde untertan!“). Es liegt ein mechanistisch-analytisches Verständnis vor: es gilt der Gedanke „reparieren und ersetzen“. Die eigentliche Ursache des Entstehens (z.B. eines Tumors) wird eher ignoriert.

Abbildung 2: zwei Freunde, Hebei, China

Die Philosophien des Ostens erkennen die Zusammengehörigkeit von Mensch und Natur. Der Mensch hat sich in die Gegebenheiten der Natur einzufügen. Er soll sich als Einheit von Körper, Geist und Seele sehen, sowie als Teil einer umfassenden kosmischen Ordnung.

Westliche Medizin stellt eher das „Symptom“ an den Anfang und forscht nach präziser Ursache für eine spezielle Krankheit. Ihre Denkweise ist analytisch, sie entspringt der linken Gehirnhälfte, sie ist linear-logisch und kategorisiert: Ursache hat Wirkung.

Östliche Medizin sucht nach dem „Muster der Disharmonie“, nach dem „Ungleichgewicht“ im Körper. Die Denkweise ist synthetisch und ganzheitlich, sie umfasst das gesamte physiologische und psychologische Individuum.

Abbildung 3: Kopf einer Akupunkturpuppe und Büste von Sokrates

Die Therapie versucht die Harmonie im Individuum wieder herzustellen. Westliches Denken ist eher auf die linke Hirnhälfte konzentriert. Sie ist der Sitz des logischen, mathematischen und stark analytischen Verstandes. Östliches Denken erfolgt mehr mit der rechten Hirnhälfte: Ursprünge der Intuition und Phantasie. Beide Hirnhälften arbeiten für das ganzheitliche Begreifen.

Die TCM hat einiges an praktischem Nutzen zu bieten. Der völlig andere Ansatz bei Diagnose, Behandlung und Denkweise eröffnet uns alternative, zusätzliche Möglichkeiten. Naturheilkunde aber ist ganzheitlich. So ergänzen sich die westliche Schulmedizin und die TCM. Aber auch nur einzelne Elemente der TCM, Akupunktur, Tuina, Ernährung, Qi Gong, können einen Therapieansatz ergänzen.

Akute Krankheiten – „Fülle“ – stehen den chronischen – „Leere“ gegenüber: TCM hält für beide Ausprägungen Behandlungsmethoden zur Verfügung. Sie sind vielleicht nur Präventivmedizin zur Gesunderhaltung und Anleitung zur Lebensführung.

Heilung erfolgt in Ruhe und Entspannung!

Abbildung 4: Klinik in einer Parkanlage in Hebei, China

Die TCM-Klinik liegt in einem schönen Park mit Kiefern und Ginkgo-Bäumen, nur wenige Gehminuten vom Meeresufer entfernt. Mehrere Klinikgebäude sind hier in dieser großzügigen, schönen und ruhigen Parkanlage verteilt. Hektik und Stress scheint es hier nicht zu geben, nur Ruhe und Vogelgezwitscher. Patienten finden in diesem Umfeld Entspannung und Erholung. Auch schwere Fälle mit psychosomatischen Störungen werden behandelt. Für jeden Patienten sind individuelle Übungen empfohlen, um die Heilung zu fördern. Anfangs sind es einfache und kurze Übungen des Nei Yang Gong. Mit fortschreitender Genesung werden Übungen aus dem Qigong und dem Tai Chi Chuan geübt.

Einer meiner Lehrer dort machte mich darauf aufmerksam, dass wir als Therapeuten nicht nur einen ruhigen und angenehmen Behandlungsraum benötigen, sondern wir selbst diese Ruhe und Entspannung um uns herum vermitteln müssen. Die Atmosphäre soll für die Patienten angenehm sein, weil sie deren Heilungsprozess fördert. Ort und Therapeut müssen zusammenwirken.

1.3 Historisches

In „grauer Vorzeit“ – vermutlich um ca. 2800 v. Chr. - gab es in China den sagenumwobenen „Gelben Kaiser“. Die Überlieferung berichtet über seine Gespräche mit seinem Berater Chi Po. Diese Gespräche wurden lange mündlich überliefert und erst ca. im 3. Jahrhundert vor Christus niedergeschrieben. Sie gelten als die ältesten schriftlichen Aufzeichnungen der damals bekannten Medizin und der dahinter stehenden Philosophien.

Das Huangdi Neijing, der Klassiker des „Gelben Kaisers“, ist die älteste TCM-Literatur und besteht aus zwei Büchern: Das erste, “Suwen“ (reine Fragen), beschreibt die Physio-Pathogenese und Pathologie. Das zweite Buch “Ling Shu“ (wundersame Türangel) beschreibt die Therapieprinzipien.

Als Beispiel sei der Satz von Chi Po zum „Gelben Kaiser“ erwähnt:

„Eine Krankheit heilen, die bereits ausgebrochen ist, ist, als ob man einen Brunnen zu graben beginnt, wenn man Durst bekommt.“

Das Werk enthält Ausführungen über Akupunktur und Moxibustion auf der Basis der damaligen chinesischen Philosophie, der Erklärungen zur chinesischen Kräutermedizin und Konzepten zur Physiologie, Pathologie und Diagnostik. Es beinhaltet bereits erste Aussagen zu Yin und Yang.

Zusammenfassung 1

Einführung: Die TCM ist ein umfangreiches System von Methoden die Gesundheit zu erhalten und wiederherzustellen. Dieses Buch soll die Grundlagen der TCM vermitteln. Meinen Zugang zu dieser Materie möchte ich mit diesem Buch möglichst verständlich weitergeben.

Grundlagen: Die TCM in der klassischen und in ihrer heutigen modernen Form werden beide in diesem Buch der Einfachheit halber als TCM bezeichnet. Grundprinzip der TCM ist: Gesundheit ist Gleichgewicht. Die chinesische Medizin bezweckt die Wahrung, bzw. die Wiederherstellung der Harmonie. „Was ist aus dem Gleichgewicht?“ wird chinesisch diagnostisch mit den fünf Sinnen bestimmt. Eine Diagnose und Abklärung nach unseren Gesetzen und Vorschriften ist Voraussetzung für eine Behandlung hierzulande! Die Säulen der TCM sind: Akupunktur und Moxibustion, Tuina, Kräutermedizin, Körperübungssysteme und Ernährung. Körper, Seele und Geist bilden eine Einheit. Die Lebensführung steht dabei im Vordergrund. Gesundheit besteht bei ausgewogenem Energiefluss im Körper.

Westliches und östliches Denken: Die Beherrschung der Natur („Westen“) steht dem Leben mit der Natur („Osten“) gegenüber. Westliche Medizin definiert das Symptom und sucht wissenschaftlich nach der Ursache einer spezifischen Krankheit. Östliche Medizin sucht nach dem „Muster der Disharmonie“ und unterstellt eine Situation des „Ungleichgewichts“ im Körper. TCM eröffnet mit dem völlig anderen Ansatz bei Diagnose, Behandlung und Denkweise zusätzliche, alternative Möglichkeiten. Als Präventivmedizin kann die TCM zur Gesunderhaltung über Lebensführung, im Sinne der „Alten Chinesen“, zur Verlängerung des Lebens beitragen. Heilung erfolgt in Ruhe und Entspannung!

Historisches: Um ca. 2800 v. Chr. gab es in China den sagenumwobenen „Gelben Kaiser“. Die Gespräche mit seinem medizinischen Berater Chi Po wurden erst 2500 Jahre später niedergeschrieben. Sie gelten als älteste schriftliche Aufzeichnung der damals bekannten Medizin und der dahinter stehenden Philosophien. Das Huangdi Neijing, der Klassiker des „Gelben Kaisers“, ist somit die älteste TCM- Literatur.

1 Wang Shu-He (3. Jhdt.) legte in seinem Werk „Klassiker des Pulses“ (Maijing) als erster die Zuordnung der Organe zu den Pulstaststellen fest;

2 Vergleiche dazu Udo Lorenzen: Li Shi Zhen – ein außergewöhnlicher Arzt und Naturforscher in der Geschichte Chinas.

2 Die Prinzipien der taoistischen Philosophie in der TCM

Der Taoismus ist die prägende Philosophie Chinas, neben dem Konfuzianismus und dem Buddhismus. Tao oder auch Dao bedeutet Weg, ist aber auch Prinzip und Methode. In das Dao mischt man sich nicht ein, man fügt sich den Abläufen und übt Gleichmut.

In die Medizin eingeflossen sind Qi, Yin und Yang und die fünf Wandlungsphasen als Kern der Prinzipien der taoistischen Philosophie. Die Welt entsteht aus Wandlung.

Aufschlussreich ist es, neben Qi, die folgenden Grundsubstanzen zu betrachten: Blut-Xue, die Körperflüssigkeiten Jin-Ye, die Essenz-Jing und den Geist-Shen. Diese werden wir uns näher ansehen.

2.1 Qi

Qi wird oft mit dem Begriff „Lebensenergie“ bezeichnet. Das reine Qi ist immateriell, vorgestellt als eine Art Energie. Qi entspricht dem himmlischen Prinzip. Qi aber kann sich wandeln und sich als materialisierte Energie darstellen, wie z.B. Blut – Xue. Dazwischen gibt es eine Bandbreite von Substanzen, die entweder mehr zum Materiellen hin neigen, wie z.B. Schleim, oder mehr zum Immateriellen hin neigen, wie z.B. Körperwärme.

Qi, die alles erfüllende Lebensenergie

Qi zeigt sich in allen Lebensformen in verschiedenen Stadien der Materialisierung. Die Körperstrukturen sind eine materialisierte Manifestation, der Geist shen eine immaterielle. Selbst das chinesische Schriftzeichen für Qi zeigt dampfenden Reis, also „immateriellen“ Dampf und „materiellen“ Reis.

In China habe ich folgenden Zusammenhang gelernt:

Qi folgt der Aufmerksamkeit und Xue folgt dem Qi.

Ganz offensichtlich und wirkungsvoll ist das während einer Qigong-Übung oder Meditation zu erkennen. Die Konzentration auf eine schmerzhafte Stelle an einem Körperteil bringt das Qi in Bewegung und zwar hin zum Schmerzpunkt. In der Folge fließen Blut und andere Körpersäfte - Jin-Ye ebenfalls zum Schmerzpunkt. Somit entsteht ein Fließen und dieser Fluss löst die Blockade, die für den ursprünglichen Schmerz ursächlich war. Also folgt Qi der gerichteten „Aufmerksamkeit“, dem Geist, ihm nach folgt die Kraft.

Generell gesagt ist Qi somit die Grundlage aller Substanzen im Körper; vom Blut-Xue, der Körperflüssigkeiten-Jin-Ye, der Essenz-Jing bis zum Geist-Shen. Das Dan Tian, das energetische Zentrum, liegt ziemlich genau in der Körpermitte3. In China hat man mir erklärt, man sollte sich das Dan Tian etwa in Tischtennisball-Größe vorstellen.

Durch Meditation auf den Dan Tian und/oder auf Ming Men werden Blut und Qi gefördert!

Ming Men gehört bemerkenswerterweise nicht zu den Substanzen. Als „Tor der Vitalität“ oder „Lebensfeuer“, entspricht es dem Feuer in den Nieren und wird daher zum Nieren-Yang gerechnet. Das Ming Men ist die Quelle der Wärme im Körper, die Organfunktion und Fortpflanzung ermöglicht und zugleich von diesen Organen gespeist wird. Es ist auch der Ort, an dem die Essenz-Jing aktiviert und dem Körper zur Verfügung gestellt wird.

Eine Schwäche des Ming Men kann zu Ödemen, Verdauungsproblemen, Depressionen, dauernder Müdigkeit und Denkstörungen führen. Ein Erlöschen des „Lebensfeuers“ entspricht letztendlich dem Tod.

2.1.1 Formen des Qi

In unserem Körper kommt Qi in verschiedenen Formen vor, die unterschiedlich bezeichnet werden: Ursprungs-Yuan-Qi, Nahrungs-Gu-Qi, Sammel-Zong-Qi, Klares-Qing-Qi, Wahres-Zhen-Qi, Abwehr-Wei-Qi, Nähr-Ying-Qi, Meridian-Jing-Qi und Aufrechtes-Zheng-Qi.

Als Beispiel sei erwähnt, dass im Falle eines starken Aufrechten-Zheng-Qi, die pathogenen Faktoren Xie-Qi den Körper nicht attackieren können.

Diese Qi-Formen sind in C. Focks [4] sehr gut beschrieben und in der folgenden Übersicht erläutert.

Formen des Qi, Definitionen nach C. Focks:

Ursprungs-Yuan-Qi gehört zum vorgeburtlichen oder Vorhimmels-Qi, ist die dynamische Form der Essenz-Jing, entsteht zwischen den beiden Nieren und wird ständig durch das nachgeburtliche Qi (Nähr-Ying-Qi) ergänzt. Durch die Transportfunktion des Dreifachen Erwärmers (San Jiao) zirkuliert es im ganzen Körper und tritt an den Ursprungs-Yuan-Qi-Punkten aus den Meridianen aus. Funktionell betrachtet besteht ein enger Bezug zum Ming Men (Tor der Vitalität, Lebensfeuer, Yang-Aspekt der Nieren), erwärmt und aktiviert mit diesem alle Organe und fördert Entwicklung und Wachstum des ganzen Körpers.

Nahrungs-Gu-Qi: entsteht in der Milz und entspricht dem ersten Zwischenergebnis bei der Nahrungsaufbereitung. Funktionell betrachtet ist es die Grundlage für das nachgeburtliche Qi (Nähr-Ying-Qi).

Sammel-Zong-Qi: Synonym: Brust-Qi, oft auch unter Atmungs-Qi, Thorax-Xiong-Qi oder Großes-Da-Qi; befindet sich im Thorax, vor allem hinter dem Punkt Ren 17 (Danzhong) und wird in der Lunge aus Qing Qi (aus der Atemluft) und Nahrungs-Gu-Qi aus der Milz gebildet. Funktionell betrachtet unterstützt es die Respiration und die Stimmfunktionen (Lautstärke), hilft Herz & Lunge bei der Verteilung von Qi &Blut.

Klares-Qing-Qi ist Qi aus der Natur, das bei der Atmung von der Lunge aufgenommen wird.

Wahres-Zhen-Qi: ist das letzte Glied in der Aufbereitung von Nahrungs-Gu-Qi, Essenz-Jing und Atemluft in der Lunge. Es gibt zwei Formen:

Abwehr- Wei-Qi