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Karriere- und Glücksratgeber lassen keinen Zweifel: Wer es zu etwas bringen will, muss möglichst dick auftragen. "Eigenlob stimmt!" heißt der Schlachtruf. Dem setzt Matthias Nöllke entgegen: Wer auf Rücksicht, Taktgefühl und Versöhnlichkeit sich selbst und anderen gegenüber setzt, dem sind nicht nur mehr Sympathien sicher, der kann auch im richtigen Moment punkten. Denn Understatement setzt voraus, eine hohe Meinung von sich zu haben. Dieses Buch lehrt die edle Kunst des Understatements, die einzig angemessene Art, entspannt mit Stil und Würde durchs Leben zu gehen - privat und beruflich.
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Seitenzahl: 245
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© Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2016
Alle Rechte vorbehalten
www.herder.de
Umschlaggestaltung: Rothfos & Gabler
E-Book-Konvertierung: post scriptum, Emmendingen / Hüfingen
ISBN (E-Book) 978-3-451-80920-0
ISBN (Buch) 978-3-451-34258-5
Inhalt
Untertreiben mit Genuss
1. Abschied von der »dicken Hose«
Die Kraftmeierei des positiven Denkens
Die anderen sind immer die Dummen
Werte und Geldwerte
Sich selbst überholen
Sich selbst verkaufen
Die bösen Statusspiele
Verborgene Gewinner
Unterschätzt ins Kanzleramt
Der Bürgermeister von Reykjavik
Der Papst vom »Ende der Welt«
Weiche Ziele
2. Die Kunst der vornehmen Zurückhaltung
Sich selbst klein machen
Die Gottkönige kommen
Ritterliche Tugenden
Der Gentleman tritt auf
Gebremste Gefühle
Bürgerliche Bescheidenheit
Sich selbst Grenzen setzen
Snobismus
Understatement für alle
3. Die Psychologie des Understatements
Das Selbstwertgefühl und die anderen
Das Handicap-Prinzip
Besser als erwartet
Nur nicht abheben
Dauerhaft unterschätzt
Vertrauenswürdigkeit
Humblebragging – Angeben für Fortgeschrittene
4. Understatement im Beruf
Der Dunning-Kruger-Effekt
Statusspiele
Den anderen das Feld überlassen
Selbstbehauptung
Etwas in der Hinterhand behalten
Verhandeln mit Understatement
Die anderen überraschen
Die Treppe der Dominanz
Bescheidenheit im Chefsessel
Die Stärke, nicht perfekt zu sein
5. Anziehsachen und andere Luxusprobleme
Bewusst underdressed
Der Herzog von Orléans zieht sich Hosen an
Das Kleine Schwarze und das Businesskostüm
Die feinen Unterschiede
Luxusprobleme
Das Spiel mit der Uhr
Am Ende steht das Understatement
6. Die Komik des Understatements
Schreckliches ganz klein machen
Haltung bewahren
Die feine Untertreibung
Selbstironie
7. Understatement unter Freunden
Seine Freunde nicht überfordern
Der Neid unserer Freunde
Verschiedenartige Freunde
Eine langsam wachsende Pflanze
Ratschläge und Meinungsverschiedenheiten
Ziemlich beste Freunde
8. Understatement als Lebensklugheit
Unter der Oberfläche
Im Verborgenen wirken
Sich selbst bescheiden
Die freundliche Selbstironie
Wabi-Sabi
Das weite Herz
Kleine Handreichung zum Understatement:Das Zehn-Punkte-Programm
Literatur
Zum Autor
Understatement ist eine feine Sache. Und das in jeder Hinsicht. Es macht Vergnügen. Es ist Ausdruck einer kultivierten, rücksichtsvollen Haltung. Es ist subtil und manchmal so fein gestrickt, dass es nicht jeder mitbekommt. Was natürlich schade ist. Es ist das Prinzip »mehr sein als scheinen«. Und das liegt nicht jedem. Wer mit Understatement auftritt, hält sich zurück, lässt anderen den Vortritt. Alles Großspurige ist ihm zuwider. Oder ihr. Denn auch wenn uns bei unserem Thema meist als Erstes der (englische) Gentleman einfällt: Frauen verstehen sich mindestens ebenso gut auf Understatement, wie wir noch sehen werden.
Understatement steht hoch im Kurs, gerade in unseren Tagen, da es die leisen Töne besonders schwer haben, Gehör zu finden. Doch umso stärker fällt der Unterschied ins Gewicht: Wenn alles nur noch knallt, kreischt und kracht, dann sehnen wir uns nach Ruhe, Schlichtheit und Gelassenheit. Sind wir von Selbstdarstellern umgeben, die uns von ihrer Großartigkeit überzeugen wollen, empfinden wir Zurückhaltung als höchst angenehme Eigenschaft. Das gilt nicht nur für unsere Mitmenschen, sondern auch für die Dinge, die wir wertschätzen. »Protz kommt aus der Mode«, konstatiert das Wirtschaftsmagazin Brand Eins in einem Artikel über Luxusprodukte. Es ist das Unaufdringliche, das Zuverlässige, das Kostbare, das seinen Wert verbirgt, das momentan besondere Achtung genießt. Das Logo einer Luxusmarke sollte heute eher klein und unauffällig sein – oder am besten ganz fehlen.
Auch wenn Understatement etwas Vornehmes und Edles an sich hat, so lässt sich eines kaum vermeiden: Dass man unterschätzt wird. Ja, echtes Understatement legt es geradezu darauf an. Denn unterschätzt zu werden, das ist nicht immer ein Nachteil, sondern oft genug ein Vergnügen. Vielleicht kennen Sie das: Sie treten bescheiden, zurückhaltend und höflich auf. Vielleicht schwingt bei Ihnen auch ein wenig Selbstironie mit, die den Effekt noch verstärkt, wenn sie richtig dosiert wird. Die anderen haben Sie nicht auf der Rechnung. Und dann können Sie mit einem Mal zeigen, was in Ihnen steckt. Oder die anderen bemerken es einfach. Es liegt ein ganz besonderer Genuss darin, wenn Sie Ihre Mitmenschen überraschen, ja verblüffen können. »Oh, das hätte ich Ihnen aber nicht zugetraut.« Diesen Satz haben Sie vielleicht schon öfter gehört. Und jedes Mal zaubert er ein feines Lächeln in Ihr Gesicht. Manchmal ist es so fein, dass die anderen es gar nicht bemerken.
In diesem Buch geht es um ganz verschiedene Spielarten von Understatement. Wir schauen uns an, welche Traditionen eine Rolle spielen. Was der Philosoph Sokrates mit Understatement zu tun hat, welche Bedeutung die ritterlichen Tugenden und das Gentleman-Ideal haben. Auch werfen wir einen Blick nach Fernost und auf den britischen Humor. Wir beschäftigen uns mit Mode und mit Psychologie. Mit Freundschaft und mit Karriereaussichten. Dabei hat unser Thema durchaus seine überraschenden Seiten. So muss Understatement nicht immer Ausdruck besonderer Bescheidenheit sein, man kann mit Understatement sogar richtig angeben. »Humble bragging« sagen die Experten dazu. Und auch wenn das gar kein richtiges Understatement mehr ist, so erfreut sich »humble bragging« doch wachsender Beliebtheit: Wenn man schon angeben muss, dann doch am ehesten mit »humble bragging«.
Aber sehen Sie selbst. Und wenn Sie eigene Erlebnisse mit Understatement haben oder mir Ihre Gedanken mitteilen möchten, dann freue ich mich über Ihre Zeilen. Schreiben Sie mir, an den Verlag oder an [email protected]. Jetzt wünsche ich Ihnen erst einmal viel Vergnügen beim Lesen.
Matthias Nöllke
Es muss in den 1990er Jahren gewesen sein, da haben sie uns überrannt, die Vordrängler und Egomanen. Zwar gab es vorher schon allerhand von ihnen, doch dachte man: Das sind unangenehme Leute, die sich nicht benehmen können und die man am wirksamsten unschädlich macht, indem man sie nicht daran hindert, sich zu blamieren. Das klappte damals ganz gut. Zumindest war das unser Eindruck.
Doch irgendwann müssen sich all die Vordrängler und Egomanen zusammengetan haben. Und sie müssen sich gesagt haben: »Jetzt ist aber mal Schluss mit dem Bescheidenheitsterror! Nun gelten unsere Regeln!« Seitdem leben wir in der »Welt der dicken Hose«, in der »Frechheit siegt« und diejenigen abräumen, die sich nicht hinten, sondern gleich ganz vorne anstellen, damit für die anderen wirklich kein Krümel übrigbleibt.
Vielleicht hat es aber auch damit zu tun, dass damals alles unsicher, flexibel und riesengroß geworden ist. Es gab erstaunliche Umwälzungen, friedliche und weniger friedliche Revolutionen, Mauern und Grenzen fielen, das Internet wurde öffentlich zugänglich und wuchs in atemberaubender Geschwindigkeit um die Welt. Noch dramatischer entwickelten sich die Aktienmärkte: Die Kurse schossen in die Höhe. Seltsame Unternehmen mit rätselhaften Geschäftsideen gingen an die Börse und bekamen das Geld nur so nachgeworfen. Sie machten zwar niemals Gewinn, aber ihr Börsenwert stieg und stieg und stieg – bis er sich in Luft auflöste. Niemand hatte das alles so richtig vorausgesehen, am wenigsten die Experten, die uns hinterher wieder einmal erklären konnten, warum alles genau so hatte kommen müssen. Noch ahnungsloser waren eigentlich nur die Leute, die diese Veränderungen in Gang gesetzt hatten.
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
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