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Helene Falkenau, Investigativ-Journalistin des Magazins FREI//KÖRPER, schleicht sich in den sagenumwobenen Berliner „Verbotenen Lesekreis“ ein. Was als Enthüllungsrecherche beginnt, wird zu einer sinnlichen Initiation: Angst-Sätze, die sie in ihre Unterwäsche schreibt, werden archiviert; ein Laser versehrt ihren Körper mit Versen; Orgien mischen Macht-Eliten, Literatur und BDSM-Rituale. Je tiefer Helene in die Stufen der Fleischlichen Bibliothek vordringt, desto stärker verwandelt sich ihr Körper in ein lebendiges Buch. Als der charismatische Meister ihre Kamera zerbricht und sie auf einem alten Schreibtisch brandmarkt, entscheidet sie sich gegen den Scoop und für die völlige Hingabe. Im Epilog steht Helene vor ihrem Chefredakteur - anstelle einer Story zeigt sie eine Brustwarze, auf der ein fluoreszierender Vers pulsiert: „Eres lector.“ Damit opfert sie ihre journalistische Identität und wird selbst zur endgültigen Ausgabe der „Verbotenen Lektüren“.
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Veröffentlichungsjahr: 2025
Inhaltsverzeichnis
Kapitel 1 — Die Einladung
Kapitel 2 – Blinde Abholung
Kapitel 3 — Notizen in der Redaktion
Kapitel 4 — Das Spiegelkabinett
Kapitel 5 — Maskenball
Kapitel 6 – Flüssigkeitsarchiv
Kapitel 7 – Konzert aus lebendem Pergament
Kapitel 8 – Verbotene Orgie
Kapitel 9 – Die zerbrochene Kamera
Kapitel 10 — Epilog Ohne Tinte
Weitere Titel aus der Reihe Verbotene Lektüren
Impressum
Berlin, Spätherbst. Der Regen glitzerte wie kalte Tinte auf den Pflastersteinen des Bebelplatzes, wo die alte Staatsbibliothek trotz aller Renovierungen noch immer nach gebleichtem Pergament, gewachstem Holz – und etwas roch, das niemand benennen konnte.
Die meisten Besucher ignorierten dieses dritte Aroma – eine Mischung aus Vanille, Metall und feuchtem Leder –, aber Helene Falkenau, Reporterin des investigativen Magazins FREI//KÖRPER, nahm es sofort wahr, als sie das Vestibül betrat: ein Versprechen, geschrieben jenseits jedes Archivs.
Sie kam nicht als Leserin. Sie suchte einen Mythos, der seit Monaten in der Berliner Gegenkultur geflüstert wurde: Der Verbotene Lesekreis, angeführt von einer gewissen Laura Valdez und einem geheimnisvollen Partner, den manche einfach den Meister nannten. Man sagte, dort würden Bücher nicht mit den Augen, sondern mit dem Körper gelesen.
Bücher in Haut gebunden, Verse in Fleisch gebrannt… hatte ihr ein Informant anvertraut, bevor er sich weigerte, weiterzusprechen.
Finde die Bibliothek ohne Katalog und du wirst dich selbst finden, hatte er hinzugefügt.
Helene hatte über Sex, Politik und Korruption geschrieben, aber hier vermischten sich Macht, Literatur und Begierde zu etwas, das nach journalistischem Gold roch – oder nach Abgrund.
Das Café
Der Hinweis war präzise: Samstag, 16:00 Uhr, Café "Papiermond" in Kreuzberg. "Setz dich allein und bring ein schwarzes Notizbuch mit." Mehr nicht.
Helene kam fünfzehn Minuten früher, nahm einen Tisch am Fenster, legte ihr Moleskine ab und aktivierte den Mikrorekorder, der unter dem Ledereinband verborgen war. Der Stoff ihrer Unterhose begann, an der Haut zu kleben – nicht wegen der Kälte, sondern wegen einer warmen Feuchtigkeit, die sie noch nicht zu benennen wagte.
Pünktlich um 16:00 Uhr trat Gregor ein: mittelgroß, tabakfarbener Mantel, runde Brille, schüchternes Lächeln, aber ein einstudierter Gang. Er roch nach Tinte und Kardamom.
„Frau Voss?“ – er benutzte ihr Pseudonym.
Helene nickte. Gregor bestellte einen Filterkaffee und hielt ihren Blick, als wolle er ihre Herzschläge katalogisieren.
„Sie recherchieren Dinge, die besser zwischen Buchdeckeln bleiben würden,“ sagte er ruhig, „aber manchmal braucht ein Buch eine neue Leserin.“
Er zog ein gefaltetes Blatt hervor und legte es auf den Tisch.
Anleitung für die erste Prüfung:
Kaufen Sie einen schwarzen HB-Bleistift Staedtler Nr. 2.
Schreiben Sie mit eigener Hand einen Satz voller Angst auf die Innenseite Ihrer Unterwäsche.
Tragen Sie das Kleidungsstück mindestens drei Stunden.
Werfen Sie es um 07:00 Uhr, unverpackt, in den historischen Briefkasten rechts neben der Tür der Staatsbibliothek.
Helene las. Ihr Herz hämmerte gegen das Mikro.
„Und danach?“ brachte sie hervor, während sie die Oberschenkel zusammenpresste und fürchtete, dass das Echo ihrer Erregung bis zum Tischrand dringen könnte.
Gregor nahm das Blatt zurück, zerriss es in vier Streifen und ließ sie in seine Tasse fallen. Das Papier sog den Kaffee auf und sank wie typografisches Fett.
„Danach“ – lächelte er – „wird Ihr Körper entscheiden, ob er weiterlesen möchte.“
Er bezahlte beide Kaffees, grüßte mit kaum sichtbaren zwei Fingern und ging. Helene blieb zwischen einem Adrenalinschub und einer Hitze, die aus dem Unterleib emporstieg, hängen.
Nacht der Tinte
In ihrer Wohnung in Neukölln spielte Helene die Aufnahme ab; Gregors Worte vibrierten: … zwischen Buchdeckeln … neue Leserin … dein Körper entscheidet …
Sie öffnete eine Schublade, nahm einen schlichten Baumwollslip und den frisch gekauften Bleistift. Ein alter journalistischer Leitspruch hämmerte in ihrem Kopf: Schreib nie etwas, das du nicht zu veröffentlichen bereit bist. Und wenn die Veröffentlichung genau auf der Haut stattfand?
Mit zitternder Hand schrieb sie: Ich fürchte, nie wahren Genuss empfunden zu haben.
Die Bleistiftspitze glitt über den Stoff, als streife sie eine verborgene Falte ihres Inneren.
Als sie fertig war, wusste sie nicht, ob sie einen Satz geschrieben hatte … oder ein Geständnis, das sich von innen her zu befeuchten begann.
Der Graphit schwärzte den Stoff. Helene faltete das Stück wie ein Beweisstück und duschte. Das heiße Wasser konnte das Brennen zwischen ihren Schenkeln nicht löschen.
Lieferung im Morgengrauen
06:52. Gelblicher Nebel vor der Bibliothek. Helene trug einen langen Mantel; darunter nur das markierte Kleidungsstück und ihr Herz. Keine Kamera, kein Mikrofon – nur die Erinnerung an den eingeschlossenen Rekorder in ihrem Schreibtisch.
Der emaillierte Eisenbriefkasten hatte einen Bronzeschnabel. Als sie den Deckel hob, streifte ein warmer Hauch mit Vanilleduft ihr Gesicht – unmöglich an diesem frostigen Morgen. Sie zog die Unterhose hervor, ließ sie fallen; der Stoff rauschte wie ein Falterflügel.
Der Deckel schloss sich mit dem Klick eines Buches, das soeben sein Geheimnis versiegelt hatte.
Als sie sich umdrehte, glaubte Helene, einen tiefen Puls hinter der Tür zu hören – vielleicht nur ein Echo. Aber sie wusste, dass sie bereits den ersten Absatz betreten hatte.
Irgendwo tief im Innern der Bibliothek würde bald jemand ihre Angst lesen, sie katalogisieren … vielleicht sogar riechen.
Helene schauderte … und lächelte.
Der Nebel hatte sich noch nicht verzogen, als Helene ins Redaktionsbüro zurückkehrte, doch das fehlende Kleidungsstück unter ihrem Mantel ließ sie sich nackt fühlen. Den ganzen Vormittag verbrachte sie damit, E-Mails zu überprüfen und Normalität vorzutäuschen, während eine seltsame Elektrizität unter ihrer Haut flackerte. Nichts: keine Nachricht, kein geheimer Anruf. Um 17:00 Uhr verwandelte sich ihre Unruhe in Zweifel: Was, wenn die Prüfung nicht bestanden war?
Um 22:11 Uhr klingelte ihr Handy – anonyme Nummer. „Bereit, weiterzulesen?“, flüsterte Gregors Stimme. Helene schluckte hart. „Ja.“ „Geh in die Gasse hinter der alten Mahlow-Buchhandlung. Trag die schwarze Augenbinde. Bring nichts mit außer deinem Körper und deiner Stimme.“ Die Leitung brach ab.
Die Gasse 23:00 Uhr. Berlin glänzte unter zerbrochenen Neonlichtern; die Gasse roch nach Feuchtigkeit und verrottetem Papier. Helene trug einen dünnen Pullover, dunklen Rock und die gefaltete Binde in der Tasche. Bevor sie sie sich über die Augen band, aktivierte sie – rein aus Reflex – das versteckte Mikrofon in ihrem Bluetooth-Ohrhörer. Ein Herzschlag hallte in ihren eigenen Trommelfellen wider.
Ein Motor stoppte. Schiebetür. Schritte. „Einsteigen“, sagte Gregor. Man half ihr in den Transporter. Der gepolsterte, warme Sitz berührte ihre nackten Oberschenkel unter dem Rock; ein Schauder lief ihr über das Steißbein, als ob der Stoff selbst sie lesen würde. Das Fahrzeug fuhr los; die Reifen knirschten über nassen Kies. Innen roch es nach sanftem Weihrauch und neuem Plastik.
„Niemand wird dir wehtun“, sagte eine unbekannte weibliche Stimme, „aber du darfst die Binde nicht abnehmen.“ Helene nickte. Ihre Ohren wurden schärfer: ein pochender Bass, vielleicht versteckte Lautsprecher, schlug wie ein künstliches Herz.
Die Hintertür Die Fahrt dauerte weniger als zehn Minuten. Als sie ausstieg, spürte Helene ein hallendes Echo, altes Gestein; sie war sicher, die Bibliothek erreicht zu haben, wenn auch durch einen Seiteneingang. Sie passierte eine Metalltür, dann einen Aufzug, der mehrere Etagen hinabfuhr. Die Luft wurde wärmer, dichter. Vanille und etwas Eisenhaltiges.
Als der Aufzug stoppte, nahm man ihr die Binde ab.
Der rote Gang Helene bemerkte, dass jede Lampe wie ein umgedrehter Eichelkopf geformt war, als ob der ganze Gang eine architektonische Erektion sei, die mit Erinnerung pulsierte. In den Wänden Nischen mit alten Büchern unter Glasglocken. Jede Glocke war mit einer römischen Zahl und einem Etikett in Gold, Silber oder Karmesin versehen… Helene erkannte – mit einem Schauer – ein Exemplar, eingebunden in etwas, das wie menschliche Haut aussah, signiert mit brauner Tinte.
Gregor trat vor. „Willkommen in Stufe Drei“, flüsterte er. „Du bist noch kein Mitglied, aber die Bibliothek erlaubt dir zu atmen.“
Ein leises Räuspern: Laura Valdez erschien, in einen schwarzen Kimono gehüllt, das weiße Haar zu einem Knoten gesteckt. Ihre braunen Augen lasen Helene wie ein offenes Vorwort.
„Die Prüfung der Stimme“, kündigte Laura an. „Du musst deinen Satz der Angst rezitieren.“ Ein Kloß in Helenes Kehle. Laura deutete auf ein Rednerpult. Auf dem Holz ein leeres Blatt und ein altmodisches Mikrofon. Helene stellte sich davor; das rote Licht überflutete sie, ein fleischliches Gemälde.
„Bitte“, sagte Laura. Helene beugte sich zum Mikrofon; der Raum war still geworden. „Ich fürchte… nie echten Genuss empfunden zu haben“, sagte sie, und ihre Worte schnitten wie ein Skalpell.
Stille. Dann ein leichtes Murmeln der Zustimmung. Laura lächelte. „Lass dein Fleisch beginnen, die Wahrheit zu sagen.“
Der Puls unter den Füßen Der Boden vibrierte; ein Gitter öffnete sich, und ein Sockel mit einem schlichten Montblanc-Füllfederhalter erschien. Gregor nahm ihn und reichte ihn Helene.
„Damit“, erklärte er, „liest du dich selbst.“ „Wie…?“ „Wie…?“
„Du brauchst keine Tinte, Helene“, antwortete Laura leise. „Jede Schriftstellerin muss ihre eigene Feder benetzen.“
Helenes Herz stolperte. Sie verstand: Sie sollte den Füller benutzen wie zuvor den Bleistift. Doch diesmal vor Zeugen. Gregor trat zurück. Laura setzte sich in einen Samtsessel, die Beine übereinandergeschlagen. Niemand bewegte sich; kaum ein Atemzug.
Helene hob langsam den Rock. Warme Luft strich über ihre Haut. Sie setzte die Metallspitze genau an die erste Falte ihres Verlangens. Die Haut zuckte. Die erste Berührung war minimal… doch genug, um ein leises Stöhnen aus ihrer Kehle steigen zu lassen, als würde schon jemand anderer durch sie lesen. Der Saal blieb still, wie eine erwartungsvolle Seite.
Sie bewegte den Füller in kleinen Kreisen; die kalte Spitze wärmte sich an ihrer Feuchtigkeit. Sie schluckte; die Spannung war unerträglich und köstlich. Sie schloss die Augen: Man konnte sie sehen, katalogisieren, aufnehmen; die Journalistin löste sich in lebendige Tinte auf.
Ihre Hüften fanden einen Rhythmus. Die Spitze berührte die Klitoris: ein Funke. Helene stöhnte, und das Echo vervielfachte den Laut. Sie hörte ihren eigenen Herzschlag über versteckte Lautsprecher verstärkt: bum bum, bum bum.
Schneller. Tiefer. Der Montblanc glitt ein Stück hinein, glitschig. Die Welt wurde rot und pulsierend. Als der Orgasmus kam, biss sie sich auf die Lippe, um nicht zu schreien, doch ein Schluchzen entwich, und die Bibliothek trank es wie einen neuen Vers.
Helene zitterte. Sie zog den Füller heraus: Die Spitze glänzte, überzogen von ihrem Verlangen.
Laura erhob sich, trat näher. Sie nahm die Feder behutsam, roch daran, lächelte. „Akzeptiert“, flüsterte sie.
Ein Bibliothekar – gesichtslos, weiße Handschuhe – kniete nieder, hielt ein schwarzes Tablett hin. Helene legte den Füller darauf und, einer stummen Anweisung folgend, auch ihren Rock. Der Mann bedeckte beide Objekte mit einem seidigen Tuch und verschwand in den Schatten.
Laura gab ein Zeichen. Zwei vermummte Gestalten brachten eine geöffnete Holzkiste heran. Darin erkannte Helene ihren Slip vom Vortag, auf Reispapier gelegt, nummeriert und versiegelt.
„Die Angst gehört nun zu unserem Archiv“, sagte Laura. „Jetzt wirst du deine Stimme archivieren.“
Gregor reichte Helene ein kleines Gerät mit Kopfhörern. Sie setzte es auf; die Stimme von Marcos – tief, lyrisch – ertönte in ihrem Ohr: „Nur wer sich als Seite akzeptiert, kann ein Buch sein.