Verrat an Frankreichs Küsten - Adam Frank - E-Book

Verrat an Frankreichs Küsten E-Book

Adam Frank

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Beschreibung

September 1792: Ein Krieg mit Frankreich liegt in der Luft. Das blutige Regime der französischen Revolution erfüllt Europa mit Entsetzen. Doch England und seine Flotte unterstützen die Aufständischen in den französischen Provinzen nur halbherzig. Kapitän David Winter und seine Männer von der Fregatte Shannon erleben neben den Kämpfen auf See auch Verrat und blutige Auseinandersetzungen an Land, als sie die Landung der Emigrantenregimenter in der Bucht von Quiberon unterstützen ...

David Winters Abenteuer sind ein Spiegelbild seiner Zeit, des rauen Lebens in der Royal Navy, aber auch romantischer Gefühle, des heldenhaften Mutes und der Kameradschaft auf See. Vom Eintritt in die Royal Navy über die Zeit des amerikanischen Unabhängigkeitskrieges bis in die napoleonischen Kriege verfolgen wir David Winters Aufstieg vom Seekadetten bis zum Admiral.

Aufregende Abenteuer auf See, eingebettet in die faszinierende Geschichte der Marine.

Für alle Fans von C.S. Forester, Alexander Kent, Patrick O'Brian und Richard Woodman. Weitere Bücher von Frank Adam bei beTHRILLED: die Sven-Larsson-Reihe.

eBooks von beTHRILLED - spannungsgeladene Unterhaltung.

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Inhalt

Cover

Grußwort des Verlags

Über dieses Buch

Titel

Vorwort

Hinweise für den historisch interessierten Leser

Personenverzeichnis

Verzeichnis der Abbildungen

Das Wetterleuchten der Revolution

Meuterei auf der Shannon

Sturmfahrt in den Krieg

Auf Prisenjagd

Die Vendée steht auf

Flucht und Heirat

Eine Armee stirbt

Der halbe Sieg

Vorposten vor der Bretagne

Landung in den Tod

Nachwort

Glossar

Über den Autor

Alle Titel des Autors bei beTHRILLED

Impressum

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Über dieses Buch

September 1792: Ein Krieg mit Frankreich liegt in der Luft. Das blutige Regime der französischen Revolution erfüllt Europa mit Entsetzen. Doch England und seine Flotte unterstützen die Aufständischen in den französischen Provinzen nur halbherzig. Kapitän David Winter und seine Männer von der Fregatte Shannon erleben neben den Kämpfen auf See auch Verrat und blutige Auseinandersetzungen an Land, als sie die Landung der Emigrantenregimenter in der Bucht von Quiberon unterstützen ...

Frank Adam

Verrat an Frankreichs Küsten

Historischer Abenteuerroman

Vorwort

In diesem Band erzähle ich David Winters Abenteuer in den ersten Jahren des großen Krieges, der mit wenigen Monaten Unterbrechung von 1793 bis 1815 dauerte.

Die Französische Revolution von 1789 fand in England viele Sympathisanten, aber natürlich auch entschiedene Gegner. In dieser turbulenten Zeit erhält David Winter das Kommando über die Fregatte, auf der er seine Laufbahn als junger Bursche begonnen hatte, die legendäre Shannon. Er führt diese Fregatte in den Krieg gegen das Frankreich der Revolution.

Dies ist ein anderer Krieg, als ihn David Winter gegen Schweden erlebt hat. Er erfährt ihn an den Küsten Frankreichs als grausamen Bürgerkrieg der Revolutionäre gegen die Königstreuen, die auf Englands Hilfe hoffen. David Winters Erlebnisse zeigen die Gewissenskonflikte eines Kapitäns, der selbst die mörderischen Exzesse des Bürgerkrieges vor Augen sieht und den eine egoistische und kurzsichtige Machtpolitik der eigenen Regierung immer wieder an wirksamer Hilfe hindert.

Die Aufstände in der Vendée und in der Bretagne mit ihren Erfolgen und furchtbaren Niederlagen sind Geschichte, an die heute in der britischen Flotte nicht so gern erinnert wird, die David Winter aber als Augenzeuge miterlebt hat und unter denen er schrecklich litt. Auch die Versuche, von den britischen Kanalinseln aus durch Agenten und Waffen die Aufstände am Leben zu erhalten, sind vielfach belegt. Für die englische Politik gegenüber den Aufständischen trifft immer wieder die Charakteristik zu: zu wenig und zu spät. Diese halbherzige Politik gipfelt in dem Desaster der Landung bei Quiberon.

Verrat und Tod prägen die Erfahrungen David Winters in diesen Jahren, aber er erlebt auch herausragende Schiffskämpfe und gewinnt reiche Prisen, vor allem aber findet er Ehe- und Vaterglück mit der dänischen Baronesse Britta Jensen, die er als junges Mädchen in Kopenhagen (›Der Kapitän der Zarin‹) kennengelernt hatte.

Ich hoffe, dass ich dem Leser wieder ein historisch stimmiges Bild aus dieser ereignisreichen Zeit im Leben David Winters nacherzählen konnte.

Für Hilfe bei meinen Recherchen danke ich besonders Frau Dipl.-Bibl. S. Winkler von der Bibliothek der Universität Landau, Frau Hermes von der Bibliothek des Wehrgeschichtlichen Museums, Schloss Rastatt, sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der historischen Gesellschaften und Museen auf Guernsey und Jersey.

Wie immer hat Herr Chefredakteur Rainer Delfs auch diesen Band mit seiner Kompetenz und seiner nie ermüdenden Sorgfalt betreut. Ich bin ihm sehr zu Dank verpflichtet.

Frank Adam

Hinweise für den historisch interessierten Leser

Zur Information über Schiffe, Waffen und Besatzungen der britischen Flotte verweise ich auf mein neues Buch mit zahlreichen weiteren Literaturangaben:

Adam, F.: Herrscherin der Meere. Die britische Flotte zur Zeit Nelsons. Hamburg: Mittler 1998

Über die britische Politik gegenüber den gegenrevolutionären Bewegungen in Frankreich orientiert umfassend und genau:

Wagner, M.: England und die französische Gegenrevolution 1789 – 1802. München: Oldenbourg 1994

Die kriegerischen Auseinandersetzungen in der Bretagne und ihre politischen Hintergründe beschreibt am detailliertesten:

Hutt, M.: Chouannerie and Counter-Revolution. Cambridge. University Press 1983,2 Bände

Für die anschauliche Beschreibung der Kämpfe in der Vendée ist immer noch unentbehrlich:

Boguslawski, A. von: Der Krieg der Vendée gegen die Französische Republik 1793 – 1796. Berlin: Mittler 1894

Leben und Aktivitäten des Prinzen von Bouillon werden breit, aber leider nicht detailgenau dargestellt in:

Balleine, G.R.: The Tragedy of Philippe d’Auvergne. London: Phillimore 1973.

Populärwissenschaftlich und auch andere Agentenaktivitäten einbeziehend ist:

Hutt, M.: Spies in France 1793 – 1808. In: History Today, 1962,12, S. 158 – 167.

In dem oben genannten zweibändigen Werk von M. Hutt findet sich auch die genaueste und dem Forschungsstand entsprechende Darstellung der Kämpfe um Quiberon 1795. Einen umstrittenen Aspekt hat der Autor besonders herausgegriffen:

Hutt, M.: The British Governments responsibility for the divided command of the expedition to Quiberon. In: English Historical Review 1961, 76, S. 479 – 489.

Die französische Sicht der Landung beschreibt:

Barreau, J.: Quiberon 1795: Causes et responsabilités du désastre royaliste. In Revue Historique des Armées 1979,1, S. 95 – 122.

Für die Kämpfe zur See ist immer noch unentbehrlich:

James, W.; The Naval History of Great Britain, Vol. I. Neuauflage London: Bentley 1886

Weniger ausführlich ist die Darstellung in dem sehr gut ausgestatteten Werk:

Meyer, J. und Acerra, M.: Segelschiffe im Pulverdampf. Bielefeld: Delius, Klasing & Co. 1996

Personenverzeichnis

Kapitän:

David Winter

Erster Leutnant:

Stephen Church

Ab Herbst 1793: Paul O’Byrne

Ab August 1794: James Neale

ZweiterLeutnant:

James Neale

Ab August 1794: Richard Rossano

Dritter Leutnant:

Richard Rossano

Ab August 1794: Henry Brenton

Leutnant derSeesoldaten:

Basil Scott

Schiffsarzt:

James Cotton

Master:

Perceval Ryland

Midshipmen:

Frank Penrose

Ernest Henderson

Jean Austin

(gefallen im November 1793)

Phillip Woodfine

Charles Cox

John Bentrow

Gilbert Osgood

Geoffrey Wilson

Schulmeister:

Reginald Ballaine

Zahlmeister:

Timothy Robins

Bootsmann:

Jonas Brown

Führer in derVendée:

Marquis Charette de la Contrie, Graf Lejeune, Charles Stofflet, Sapinaud, La Rochejaquelein, d’Elbée

Führer derChouannerie:

Georges Cadoudal, Joseph de Puisaye

Verzeichnis der Abbildungen

Übersichtskarte Englischer Kanal

Das Aufstandsgebiet der Vendée

Übersichtskarte Bretagne

Halbinsel und Bucht von Quiberon

Jersey

Das Wetterleuchten der Revolution

(September 1792)

Der elegant gekleidete ältere Herr mit der weiß gepuderten Perücke nickte nachdrücklich und führte die Hände so zusammen, dass sich die Spitzenmanschetten bewegten und der Applaus angedeutet wurde, gleichzeitig aber kein Geräusch die Konzentration störte.

Es war eine vornehme Versammlung, die sich in den Räumen der Royal Society in London zusammengefunden hatte, um einem Vortrag des Herzogs von Bourgoyne über die wahren Absichten der Umstürzler in Frankreich zu lauschen. Der Umsturz, die Rebellion, die Revolution, wie immer es einige nannten, hatte in diesem September 1792 viel von der ursprünglichen Sympathie verloren, mit der man sie anfangs in Britannien begrüßt hatte.

»Nicht Steuergerechtigkeit, nicht die Stärkung bürgerlicher Freiheiten und Rechte sind das Ziel dieser Umstürzler, meine Herren, sondern eine Diktatur gottloser Fanatiker, die nicht nur Frankreich, sondern ganz Europa unterwerfen wollen. Der Krieg gegen Österreich ist nur der erste Schritt.« Der Herzog, der mit Nachdruck in einem akzentgefärbtem, aber fehlerfreien Englisch gesprochen hatte, stärkte sich mit einem Schluck Wasser.

Etwa vierzig Herren lauschten seinen Worten. Die meisten waren älter, aber in der ersten Reihe saßen auch jüngere Männer, einer von ihnen recht wettergebräunt. Er hatte seine Blicke umherschweifen lassen und konzentrierte sie jetzt wieder auf den Redner.

»Wenn es noch eines Argumentes bedurft hätte, um die Naivität derjenigen bloßzustellen, die in diesem freien Lande von einer notwendigen Revolution sprachen, dann kann ich ihnen jetzt gleich drei anbieten: Erstens die Erstürmung des Königsschlosses und die Einkerkerung Seiner Majestät. Zweitens die Mordwelle, die der sogenannte Justizminister Danton jetzt ausgelöst hat und die mehr als zweitausend Unschuldige bedroht. Und drittens die Abschaffung des Königtums, die der sogenannte Nationalkonvent in Kürze beschließen wird, wie ich aus zuverlässiger Quelle erst gestern erfahren habe.«

Beeindruckt nickten mehrere der Zuhörer, aber da sprang plötzlich in der ersten Reihe ein junger Mann auf, schrie mit lauter Stimme: »Tyrannenknecht! Tod den Unterdrückern!« Er zog ein Messer aus dem Jackett und stürzte auf den Redner zu. Gleichzeitig wurde eine Saaltür mit lautem Krach aufgestoßen, und ein Trupp Männer stürmte herein, laut »Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit« schreiend.

Das Chaos konnte kaum schlimmer sein. Der Redner starrte mit offenem Mund wie gelähmt auf den Attentäter. Die Zuhörer schrien vor Schreck. Einige wollten davonlaufen, aber der junge, wettergebräunte Mann aus der ersten Reihe war blitzschnell aufgesprungen, schnitt dem Attentäter den Weg zum Rednerpult ab, schlug ihm mit einem kräftigen Tritt die Beine weg, sodass er lang zu Boden stürzte, traf ihn, als er sich wieder aufrichten wollte, mit einem Schlag der Handkante am Halsansatz, lief weiter zum Rednerpult, griff zwei der Kristallvasen, die dort mit Blumen zur Ausschmückung standen, und schleuderte sie nacheinander in den anstürmenden Trupp hinein.

Sein Nachbar war ihm zu Hilfe geeilt und hatte seinen Stuhl ergriffen, den er abwehrbereit den Heranstürmenden entgegenstreckte. Der andere hatte noch zwei Kristallvasen geworfen und zwei der Angreifer dadurch ausgeschaltet, während andere, sich Blumenwasser aus den Augen wischend, wieder voranstürzten. Aber nun hatte der Verteidiger die Gipsbüste eines berühmten Physikers ergriffen, schleuderte sie ebenfalls den Angreifern entgegen, packte dann die Holzsäule, auf der die Büste gestanden hatte, und schwang sie wie ein Beidhandschwert über dem Kopf. Sein Kamerad stand mit erhobenem Stuhl neben ihm. Die Angreifer stutzten, und dann waren die Diener heran, die von dem Geschrei bei ihrem Geschwätz im Gesinderaum aufgeschreckt waren, und überwältigten die Angreifer.

Der Tumult hatte sich gelegt, die erregten Zuhörer hatten wieder Platz genommen, aber ihre aufgeregten Gespräche konnten erst gestoppt werden, als der Vorsitzende wieder und wieder die Glocke geschwungen hatte.

Sir Joseph Banks, Präsident der Royal Society, hob die Hände und sagte: »Meine Herren! Sie alle waren Zeugen eines unerhörten Vorfalls, mit dem die Freiheit des Wortes in diesen Räumen, die wie wenige andere dem freien Gedankenaustausch gewidmet sind, geknebelt werden sollte. Dass dieser verabscheuungswürdige Versuch gescheitert ist, dass unserem verehrten Gast nichts geschehen ist, verdanken wir vor allem zwei unerschrockenen Zuhörern.«

Er wandte sich nun an den Herrn, der den Stuhl geschwungen hatte: »Mylord, die meisten Anwesenden werden Sie kennen als Herzog von Chandos und einen der Lords der Admiralität, selbst bewährter Flottenoffizier, aber stellen Sie uns bitte Ihren Begleiter vor, damit wir ihm für sein schnelles und tatkräftiges Handeln danken können.«

Der Herzog von Chandos stand auf und sagte: »Herr Präsident, meine Herren, ich habe die Ehre, Ihnen Mr. David Winter vorzustellen, Kapitän der königlichen Flotte, bewährt auf fast allen Ozeanen, geachtet von seinen Kameraden wegen seines unerschrockenen Mutes. Ich hoffe, dass es mir gelingt, ihm bald zu dem ersehnten Kommando zu verhelfen, damit er seine Geistesgegenwart und seine Tapferkeit wieder zum Wohle Englands einsetzen kann.«

Und nun war die Versammlung nicht nur vornehm, sondern begeistert. Man klatschte laut, rief »Bravo!«, und David Winter verbeugte sich. Wer in seiner Nähe stand, konnte sehen, wie er unter seiner Bräune errötet war. Der Herzog von Bourgoyne und Sir Joseph traten auf ihn zu und schüttelten ihm herzlich die Hand. Als der Beifall langsam verebbte, sollte der Vortrag fortgesetzt werden, aber der Redner war doch zu erregt, sodass er schnell zum Ende kam und die Versammlung sich nun zu den Büfetts mit den Getränken und den Zigarren begeben konnte.

Der Herzog von Chandos legte David Winter die Hand auf die Schulter und sagte: »Welch ein Glück, dass Sie immer noch so schnell und entschlossen handeln, David. Sir Joseph und der Franzose haben beide das Ohr des Königs. Nun wird man mir in der Admiralität nicht mehr andere Kandidaten entgegenhalten können, wenn ich Ihnen das Kommando verschaffen will. Nun sind Sie dran!«

David nickte, aber dann war er denen ausgeliefert, die sich um ihn drängten, ihm die Hände schüttelten und ihn beglückwünschten. Unter ihnen war auch Baron Jensen, dänischer Gesandter am Königshof und Vater von Britta, die David in den letzten Monaten und Wochen kaum aus dem Kopf ging. Baron Jensen fasste ihn um und sagte zu den Umstehenden: »Ich bin stolz, dass Kapitän Winter neben anderen Orden auch die dänische Medaille für Rettung aus Lebensgefahr trägt.« Und zu David fügte er hinzu: »Was werden sich meine Familie und die meines Schwagers freuen, wieder so Erfreuliches von Ihnen zu hören.«

Als David ein wenig Abstand gewinnen konnte, überlegte er, was wohl Baronesse Britta Jensen zu dem Vorfall sagen würde. Würde sie die höflich neutrale Haltung, die sie ihm gegenüber immer an den Tag legte, doch einmal aufgeben und echte Anteilnahme, echtes Interesse zeigen? Sie hatte ihn zuerst in Kopenhagen, im Haus der Nielsens, deren Sohn er vor dem Ertrinken und den Zähnen des Hais im Golf von Bengalen gerettet hatte, doch so bewundert. Nun ja, sie war jetzt drei Jahre älter, eine hinreißend schöne junge Dame von zweiundzwanzig Jahren, einer der Sterne der Londoner Gesellschaft. Aber sie war doch andererseits zu klug und zu natürlich, um sich von dieser Gesellschaft blenden zu lassen, in der fast alle nur Glücksspiel und oberflächliches Vergnügen suchten. Ob er ihr zu alt erschien, der er im nächsten Monat einunddreißig Jahre alt wurde?

Aber dann ergriff Martin, Herzog von Chandos, vor elf Jahren mit ihm Leutnant auf der Surprise, seinen Arm. »Kommen Sie, wir essen noch eine Kleinigkeit in meinem Klub, und Sie bereiten sich darauf vor, morgen Ihren Namen in den Zeitungen zu lesen.«

»Woher sollen die denn davon erfahren?«

»David, so schnell und tapfer Sie im Kampf sind, so naiv sind Sie in politischen Fragen. Selbstverständlich sind die französischen Emigranten schon zu den Zeitungsleuten unterwegs. So ein verabscheuungswürdiger Mordversuch kommt ihnen doch gerade recht, um die britischen Sympathisanten des Umsturzes mit ihren ›Korrespondierenden Gesellschaften‹ und ihren ›Freiheitsklubs‹ in Misskredit zu bringen. Na ja, mir kommt der Vorfall auch zupass, um zu zeigen, dass die Flotte überall die Freiheit schützt und dass man den richtigen Leuten das Kommando übertragen muss, um das ich schon lange ersuche.«

David lächelte ihn an. »Ohne Sie, Martin, hätte ich so wenig Hoffnung wie die anderen über sechshundert Kapitäne und Commander, die ohne Schiff an Land hocken und neidisch auf die hundertfünfzig blicken, für die wir Schiffe im Dienst haben.«

»Ja, es geht langsam voran mit der Flottenaufrüstung. Premierminister Pitt und sein Außenminister Lord Grenville glauben immer noch, dass die Schwächung Frankreichs durch das Chaos der Revolution den Interessen Englands nur nützen kann. Sie vermeiden alles, was die Wiederherstellung eines starken Königtums in Frankreich unterstützen könnte, und übersehen völlig, dass die Revolution eigenen Gesetzen folgt. Die Revolutionstruppen haben jetzt schon den Preußen und Österreichern am Rhein Respekt beigebracht. Wenn sich die Revolution durchsetzt, hat England einen gefährlicheren Gegner, als es die französische Monarchie je war. Mich hat der heutige Vorfall in meiner Auffassung bestärkt, dass wir in weniger als Jahresfrist in den Krieg verwickelt sind. Die Radikalen im französischen Nationalkonvent, die jetzt die Mehrheit haben, sprechen immer offener darüber, dass sie alle Monarchien in Europa stürzen werden. Wir müssen uns auf Krieg einstellen, ob wir wollen oder nicht.«

David fand an diesem Abend lange keinen Schlaf. Er hatte das Gefühl, vor einer Wende in seinem Leben zu stehen. Im nächsten Monat wurden es zwei Jahre, dass er aus Russland nach England zurückgekehrt war. Zwei Jahre ohne Kommando, ohne Kampf, das hatte er seit seinem dreizehnten Lebensjahr nicht mehr erlebt.

Und doch war die Zeit nicht ereignislos gewesen. Er erinnerte sich an die Gespräche mit Martin und anderen Lords der Admiralität über seine Aufzeichnungen zu Struktur und Kampfkraft der russischen Flotte, seine Beförderung zum ›Post Captain‹, zum planmäßigen Flottenkapitän, der nicht bloß höflichkeitshalber so angeredet wurde, weil er ein kleineres Schiff kommandierte. Nein, jetzt war er planmäßiger Kapitän und würde in der Kapitänsliste automatisch nach Dienstalter weiter vorrücken, bis er – ebenso automatisch – Admiral wurde, wenn er lange genug lebte.

Aber er war ein Kapitän ohne Schiff. Martin hatte ihm die Stellung eines Kapitäns im Impress Service, der Musterungsbehörde für die britische Kriegsflotte, verschafft. In jeder größeren Hafenstadt stand ein Kapitän der Musterungsbehörde vor. Nur so konnte David den begehrten Rang erreichen, denn Schiffe waren immer noch knapp. Aber da David die Stelle für Portsmouth erhielt, richtete er den wenig anstrengenden Dienst so ein, dass er sich um sein Gut Whitechurch Hill kümmern und am Familienleben der Barwells teilnehmen konnte. Und ein Schiff würde er noch erhalten, das hatte ihm Martin versprochen.

Den Barwells war es nur recht, dass er noch an Land blieb. Wie viele Abende hatte er nicht über seine Erlebnisse in der baltischen Flotte berichten müssen? Seine Tante, die ihm nach dem Tod ihrer Schwester zur Mutter geworden war, hatte im Nachhinein angesichts der überstandenen Gefahren noch gezittert, über die Verwundung gejammert und vor allem über das Duell. »So etwas darfst du nie wieder tun, David! Das heißt Gott versuchen.«

Julie, seine Kusine, und William, sein langjähriger Flottenkamerad, waren ein glückliches und in jeder Hinsicht erfolgreiches Paar. Julie hatte Ende 1789 einen Sohn geboren und Ende 1791 eine Tochter, bei der David Taufpate war. Die Reederei florierte mit nun vier guten Schiffen und engen Verbindungen zu Mr. Borgmann in Amerika. William hatte David stolz gezeigt, wie sich sein Anteil an der Firma vermehrt hatte, und David hatte den Gewinn in der Firma belassen.

Wenn David das Glück der Hansens sah, musste er immer wieder an Baronesse Britta denken. Er sah ihre lebhaften Augen und erhoffte sich, sie würden ihn zärtlich anstrahlen. Er träumte von ihrem Dekolleté und ihren schön geschwungenen Schultern und wünschte, er könnte sie streicheln und küssen. Dann rief er sich selbst zur Ordnung und sagte sich, er sei doch kein unerfahrener Midshipman, der so schwärmen dürfe. Aber bald waren seine Gedanken wieder bei ihr.

Am nächsten Vormittag berichteten die Zeitungen, die an diesem Tag erschienen, von dem erstaunlichen Vorfall in der Royal Society. Der Wirt des Hotels, in dem David eine Suite – wie man jetzt sagte – bewohnte, wenn er in London war, hatte ihm die Blätter mit dem Frühstück aufs Zimmer geschickt. Zu seinem Erstaunen las David, dass der Mann mit dem Messer von französischen Radikalen bezahlt worden sein sollte, dass die anderen Störenfriede nichts von einem geplanten Mord gewusst hätten und nur die Versammlung sprengen wollten. Und dann las er noch, dass der gedungene Mörder gedroht habe, seine Freunde würden schon die fassen, die sich ihm in den Weg gestellt hätten.

David lächelte. Dieser Maulheld! Als Gregor mit frischem Kaffee das Zimmer betrat, sagte er ihm, was in der Zeitung stand. Aber Gregor fand das nicht so lustig. »Ich war auch gestern nicht nah genug, Gospodin, und wer weiß, wo die Sie erwischen wollen.«

»Wir gehen bald wieder auf ein Schiff, Gregor. Gefällt dir die Aussicht?«

»Ist mir recht, Gospodin. Aber ich bin auch gern auf dem Gut. Hauptsache, ich kann bei Ihnen sein.«

Ja, dachte David, das ist typisch für Gregor, und er sagt das nicht nur so dahin. Er ist unwandelbar treu und dankbar. Als er David nach der Rückkehr aus Russland wiedersah, weinte er vor Freude. Dabei war er nach seiner Flucht aus Russland kaum vier Wochen vor David in England angelangt. Er war ein Riese an Gestalt und Kraft und ein Kind in Zuneigung und Anhänglichkeit.

»Leg mir den guten grauen Anzug heraus, Gregor. Wir fahren heute Vormittag zu Lady Susan.«

Lady Susan Bentrow empfing David in ihrem Salon. Sie war eine schöne, selbstsichere, gereifte Frau mit ihren einunddreißig Jahren. Sie trat David lächelnd entgegen, ließ sich umfassen und bot ihm ihre Lippen zum Kuss. Aber es war ein Kuss, wie sich Geschwister küssen, herzlich, doch ohne Leidenschaft. Ganz anders, als sie sich vor einem Dutzend Jahren geküsst und geliebt hatten.

Warum war aus der großen Liebe eine herzliche Freundschaft geworden? Weil Susan aus der Ehe mit dem homosexuellen Lord Bentrow nicht fliehen wollte, auch nicht, als sie Davids Sohn geboren hatte? Weil David es nicht ertragen konnte, seinem Sohn in all den Jahren nur als Onkel David begegnen zu können? Vor allem aber wohl, weil Kamala, Davids indische Frau, auch nach ihrem schrecklichen Tod so stark in Davids Herzen lebte, dass sie Susan verdrängt hatte.

»Was liest man wieder von dir, David? Du ziehst Gefahren und Abenteuer an wie ein Magnet. Wo du bist, geschieht bald etwas Aufregendes und Ungewöhnliches, darauf kann man wetten. Immer wirst du nicht so gut davonkommen. Wann lebst du endlich ein Leben in Ruhe und Frieden?«

»Aber Susan! Friedlicher kann man doch nicht leben, als dass man mit einem Herzog zu einem Vortrag in die Royal Society geht. Da denkt doch niemand an etwas Böses.«

»Ja, aber wenn du da bist, passiert es. Wo war eigentlich dein Diener Hassan, dieser treue Malaie?«

»Er hat mich diesmal nicht nach London begleitet. Ich habe dir wohl schon gesagt, dass er Idina heiraten wollte, die Tochter einer Malaiin und eines Schweden, die wir in Kopenhagen kennenlernten. Die Hochzeit war vor einem Monat, und ich wollte das junge Paar seine Flitterwochen auf dem Gut genießen lassen. Gregor ist bei mir.«

»Ist das dieser junge russische Riese, den du mit Hassan gerettet hast, als er zu Tode geschleift werden sollte?« Als David nickte, fragte sie nach. »Und wo war er gestern, als du ihn brauchtest?«

»Aber Susan, man kann doch Diener nicht mit in den Vortragssaal nehmen. Sie warten in der Kutsche oder im Gesinderaum, wo er jetzt auch sitzen und sich von deinen Frauen verwöhnen lassen wird.«

»Nun, dann werde ich dich wohl auch verwöhnen müssen«, sagte sie lächelnd und läutete nach Tee und Gebäck. Sie sprachen über ihren Sohn John, jetzt elf Jahre alt, gesund, aufgeweckt und kräftig, der immer noch Flottenoffizier werden wollte. »Könntest du ihn als Midshipman nehmen, wenn du ein Schiff bekommst?«, fragte Susan.

David sah sie nachdenklich an. »Ich habe es mir schon manchmal überlegt. Aber ich glaube, dass ich es nicht könnte. Ich muss jedem Mann auf dem Schiff, auch dem jüngsten Midshipman, Befehle geben, die zu seinem Tod führen könnten. Ich tue es jetzt ohne Ansehen der Person, weil ich in der gleichen Gefahr bin. Aber wie sollte ich das beim eigenen Sohn ertragen? Ich dürfte ihn nicht schonen. Ich würde sonst die Achtung der Besatzung und meine eigene verlieren. Aber wenn einer dieser Befehle zu seinem Tod führte, wie sollte ich damit leben?«

Susan blickte aus dem Fenster. »Was ist das nur für ein Beruf, David, in dem man die Fürsorge für das eigene Blut nicht ausüben darf? Warum bist du nur so mit Leib und Seele Flottenoffizier?«

»Du musst es so sehen, Susan: Alle Besatzungsmitglieder sind der Fürsorge des Kapitäns anvertraut. Wenn ich einen hervorhebe, entziehe ich anderen die Fürsorge.«

Susan schüttelte den Kopf. »Du bist ein Romantiker, David. Sieh dich doch um, wie viele Flottenkapitäne ihre Söhne oder enge Verwandte auf dem eigenen Schiff unterbringen und sie schamlos protegieren. Aber vielleicht hängen darum deine Leute so an dir. Ich verstehe dich und kann dich doch nicht verstehen. Lassen wir das Thema! Wirst du zum Ball des Prinzen von Wales gehen?«

»Ja«, antwortete David. »Der Herzog von Chandos hat mir eine Einladung verschafft. Charles Haddington will den Ball auch besuchen, und der dänische Gesandte fragte mich, ob er mich sehen werde.«

»Hat er nicht die schöne Tochter, von der jetzt oft gesprochen wird?«

»Ja, Baronesse Britta. Eine sehr intelligente und natürliche junge Dame.« David fühlte sich ein wenig verlegen, als er das sagte. Wie oft hatte er in den vergangenen Monaten nicht voller Sehnsucht an Baronesse Britta gedacht! Lächelte nicht auch Susan etwas hintergründig?

Aber sie überraschte ihn dann mit der Mitteilung, dass auch sie und ihr Mann den Ball besuchen würden. »Der Prinz hat großen Anteil daran, dass er zum Obersten der königlichen Garde befördert wurde. Da ist er ihm diesen Besuch schuldig. Du bist ihm noch nie vorgestellt worden, nicht wahr?«

»Nein.« David wusste nicht, was er sagen sollte. Er war nicht erpicht darauf, Susans Mann kennenzulernen, der sie unter falschen Voraussetzungen geheiratet und ihm die große Liebe genommen hatte, wie er damals meinte. Wie sollte man sich einem Mann gegenüber verhalten, der dem eigenen Sohn seinen Namen gegeben hatte?

Susan spürte den Zwiespalt seiner Gefühle und sagte: »Keine Sorge, David. Lord Bentrow ist sehr verbindlich und souverän. Du kannst ihm unbefangen entgegentreten. Er ahnt ja nichts. Und wenn er es ahnte, weiß ich nicht, ob es ihm etwas bedeuten würde«, fügte sie ein wenig resigniert hinzu.

Der Friseur sprang um David herum, legte hier eine Locke des weiß gepuderten Haares etwas anders, half dort mit der Brennschere nach, toupierte, zupfte und tupfte, bis David ungeduldig wurde. »Nun ist es aber genug! Gregor, ist mein Jackett fertig?«

»Gebügelt und gedämpft, Gospodin«, antwortete Gregor und brachte das blaue Uniformjackett, an dem die Orden funkelten. David trug schwarze, glänzende Schuhe mit Goldschnallen, darüber die weißseidenen Strümpfe, die bis unter die weißen Kniehosen reichten. Auch die Weste war weiß, ebenso das Hemd mit dem am Hals gekräuselten Jabot und den an den Armen angedeuteten Volants. Nun zog er das marineblaue Jackett über, dessen Schöße bis zu den Kniekehlen hinabfielen. Gregor strich die beiden weißen Revers der Jacke glatt. Die Taschen im Rock und die Stulpen an den Ärmeln waren mit je einer Goldborte eingefasst. Die Kenner ersahen daraus, dass der Träger dieser Uniform als Kapitän weniger als drei Dienstjahre aufwies.

David besah sich im Spiegel. Der St.-Gregor- und der St.-Wassilij-Orden funkelten. Die dänische Rettungsmedaille wirkte daneben bescheidener. Schade, dass er den Orden des Nizams von Haiderabad nicht zur britischen Uniform tragen durfte. Dazu brauchte er eine besondere königliche Genehmigung, die bei Orden der befreundeten europäischen Mächte generell erteilt wurde.

»Dann ist es wohl Zeit, Gregor«, sagte er zu dem Burschen, der in der marineblauen Jacke eines Maats auch respektabel aussah.

»Ich rufe die Kutsche, Gospodin.«

»Aber werde nicht gleich wild, Gregor, wenn wir vor dem Palast warten müssen und der Pöbel wieder in die Wagen glotzt!« David erinnerte sich, wie Gregor bei der ersten Gelegenheit drei oder vier Bettler gegriffen und zu Boden geworfen hatte, als sie bei der wartenden Kutsche auf die Räder stiegen und mit Fackeln in das Innere leuchteten. Sie spotteten dann und bettelten, waren aber sonst friedlich. Und die Londoner Gesellschaft hatte sich besonders bei den großen Bällen im Pantheon längst daran gewöhnt. Aber Gregor kannte das nicht und hatte an einen Raubüberfall geglaubt.

Ein Ball des Prinzen von Wales in London war ein Ereignis, bei dem die Gesellschaft allen Reichtum zur Schau trug, den sie besaß oder leihen konnte. Der Prinz liebte den gesellschaftlichen Trubel mehr als seine Eltern, König Georg III. und Königin Charlotte, ein eher hausbackenes Paar. Carlton House, sein Palais, war der Mittelpunkt gesellschaftlichen Lebens, nicht das Schloss Windsor.

David betrat den Ballsaal gemeinsam mit dem Herzog von Chandos, der seinen Namen dem Haushofmeister angab, der sie ankündigte. Aber in der regen Unterhaltung der bereits versammelten Gäste ging das unter, und nur, wer auf sie gewartet hatte, winkte zur Begrüßung oder kam auf sie zu.

Charles Haddington war der erste. Auch er trug die Uniform eines Flottenkapitäns, allerdings waren die Rocktaschen und die Ärmelmanschetten mit je zwei Goldborten verziert und wiesen aus, dass er länger als drei Jahre den Rang innehatte. Er kannte den Herzog von Chandos auch seit 1780, wenn auch viel weniger gut als David. Er begrüßte ihn freundlich und David herzlich. »Lord und Lady Bentrow haben schon nach dir gefragt, David.«

»Oh, dann lassen Sie uns doch alle zu ihnen gehen«, sagte der Herzog. »Ich habe Lord Bentrow noch nicht zur Beförderung gratuliert, und es ist immer eine Augenweide, seine schöne Frau zu sehen.«

Der Herzog begrüßte Lord Bentrow, gratulierte, küsste Susan die Hand und stellte dann seine Begleiter dem Lord vor. Lord Bentrow war ein großer, gut aussehender Mann in der prächtigen Uniform der königlichen Garde. Er begrüßte Haddington und David freundlich und betonte, dass seine Frau schon oft erzählt habe, dass sie beide zur Mannschaft der Shannon gehört hatten, die sie und ihre Eltern aus der Hand der Piraten befreit hatte. »Ich freue mich, Sie persönlich kennenzulernen, meine Herren, und hoffe sehr, dass wir noch Gelegenheit haben werden, unsere Gedanken auszutauschen. Aber ich sehe, dass der dänische Gesandte mit seiner Gattin und seiner reizenden Tochter den Saal betritt. Sicher werden Sie ihn auch begrüßen wollen. Ich werde Sie vorstellen.«

Aber bei David war das nicht nötig. Lord Bentrow staunte, als die Baronin Jensen David umfasste und mit ihm Wangenküsse tauschte. »Kapitän Winter gehört fast zur Familie, Mylord, seitdem er unserem Neffen das Leben rettete.« Die Baronesse reichte David dagegen förmlich die Hand zum Kuss. Der Baron wechselte einige Worte mit den Bentrows, dem Herzog von Chandos und mit Haddington, als schon Trompetenstöße das Erscheinen des Prinzen von Wales ankündigten.

David blickte ihm interessiert entgegen. Der Prinz hatte einen schlechten Ruf als Lebemann und Schürzenjäger. Überall sollte er uneheliche Kinder haben. Er war etwas füllig, hatte sinnliche Lippen und schaute lebhaft aus großen Augen umher. Neben ihm ging der Herzog von Bourgoyne, flüsterte etwas in das Ohr des Prinzen und blickte zu David hin.

Der Prinz steuerte auf die Gruppe zu und sprach den Herzog von Chandos an: »Ich höre, dass der Kapitän bei Ihnen ist, der kürzlich unseren französischen Freund vor Mörderhand bewahrte. Stellen Sie ihn mir doch bitte vor, nachdem ich den Damen meine Reverenz erwiesen habe.« Und er verbeugte sich galant vor Susan, Baronin Jensen und ihrer Tochter.

Martin, der Herzog von Chandos, sagte: »Königliche Hoheit, ich habe die Ehre, Ihnen Kapitän David Winter vorzustellen.«

David verbeugte sich tief, und der Prinz schaute ihn wohlwollend an und sagte: »Anerkennung, mein lieber Kapitän, für Ihr beherztes Eingreifen. Ich sehe an den Orden, dass Sie in Russland gedient haben.«

»Während des letzten russisch-schwedischen Krieges, Königliche Hoheit.«

»Interessant«, murmelte der Prinz. »Die Admiralität sollte Ihnen ein Kommando geben, Kapitän. Sagen Sie das dem Ersten Lord, lieber Herzog«, fügte er zum Herzog von Chandos gewandt leutselig hinzu und ging weiter.

Martin zwinkerte David zu und flüsterte: »Das ist es!«, aber da unterbrach sie der Herzog von Bourgoyne, der David heftig die Hand schüttelte und noch einflocht »Meine Tochter«, ehe eine junge Dame von etwa achtzehn Jahren David fast erdrückte: »Sie ’aben meine Papa das Leben gerettert. Ich lieben Sie dafür.« Dann drückte sie David einen Kuss auf die Wange, bevor er überhaupt reagieren konnte, und eilte ihrem Vater nach.

»Gratuliere zu der Eroberung«, bemerkte Haddington trocken, und die Baronin Jensen lachte. Susan blickte lächelnd in die Runde. »Wie man sieht, bringen gute Taten reiche Früchte.«

Alle schmunzelten, als Baronesse Britta recht spitz einwarf: »Brauchen Sie solche Dankeshymnen, Mr. Winter?«

Ehe jemand reagieren konnte, sagte Lord Bentrow ruhig und ganz bestimmt: »Derer bedarf er sicher nicht, Baronesse. Kapitän Winter kann der Dankbarkeit auch meiner Familie sicher sein, seitdem er meine Frau vor dem Pöbel während des Gordon-Aufstandes anno achtzig rettete. Wir wären glücklich, es ihm vergelten zu können.«

Baronesse Britta biss sich auf die Lippen, reagierte aber sehr schnell. »Oh, ich fürchte, ich habe mich in der fremden Sprache falsch ausgedrückt. Auch unsere Familien, die Jensens und die Nielsens, sind Kapitän Winter ohne viele Worte dankbar. Ich dachte nur, dass ihm so auffällige Dankbarkeit eher peinlich ist.«

Die Kapelle begann zum Tanz zu spielen. Lord Bentrow seufzte in gespielter Qual: »Oh nein, ein Contredanse. Da bin ich so unbeholfen.«

»Wenn Sie erlauben, Mylord, führe ich Lady Bentrow zum Tanz«, kam ihm David zu Hilfe und verbeugte sich vor Susan. Der Lord tat erleichtert, Susan nickte lächelnd ihr Einverständnis, und sie ordneten sich in die Reihe der Paare ein.

»Unser erster Tanz in Gibraltar war auch ein Contredanse. Erinnerst du dich, David?«

Ihm fiel es wieder ein. Der junge Midshipman und die hübsche Tochter der MacMillans. »Du hast mich damals in die Tücken des Tanzes eingeweiht, Susan.«

Eine Quadrille später flüsterte er ihr zu: »Ich hatte mir deinen Mann nicht so gewinnend und sympathisch vorgestellt.«

»Aber David«, flüsterte sie zurück. »Seine Homosexualität ist für die Ehefrau eine Tragödie, aber sie ändert nichts an seiner Klugheit, seiner Fürsorge und seiner Ausstrahlung, in die ich mich als junges Mädchen verliebte.«

»Ja, ich war wohl voreingenommen.«

»Das ist verständlich, und jetzt bist du blind und merkst nicht, wie du geliebt wirst.«

Meint sie sich? dachte David etwas erschrocken. Das ist doch vorbei! Aber dann sah er, dass sie zur Baronesse blickte, die von Haddington im Tanz geführt wurde. »Nein, Susan. Da irrst du dich. Baronesse Britta hat nur höfliches Interesse für mich.«

»Ihr Männer seid manchmal zu dumm. Sie liebt dich mit allen Fasern ihres Herzens und ist ängstlich bemüht, das zu kaschieren. Ihre unbedachte Äußerung vorhin war ein Ausbruch der Eifersucht, und sie war klug genug, das schnell zu korrigieren.«

»Ich kann das nicht glauben, Susan. Sie ist auch so begehrenswert, dass ihr alle den Hof machen.«

»Ja, mein lieber David. Ich verstehe ja auch nicht, was sie ausgerechnet an dir findet.« Und Susan strahlte ihn schelmisch an.

Einige Tänze später sprach ihn Britta auf dieses Strahlen an. »Lady Bentrow liebt Sie. Erwidern Sie diese Liebe? Entschuldigen Sie, dass ich so offen frage, aber Sie gehören ja fast zur Familie, Mr. Winter.«

»Ich wünschte, ich könnte bald ganz zur Familie gehören, Baronesse Britta«, antwortete David und sah ihr in die Augen, bis sie den Blick abwandte. »Lady Bentrow und mich verbindet eine lange, sehr herzliche Zuneigung. Aber sie würde ihrem Mann nie untreu werden, und ich erhoffe mir das auch nicht. Meine Liebe gehört einer jungen, begehrenswerten Dame, die das aber nicht zu bemerken scheint.«

»Oh, erzählen Sie mir von der Glücklichen, Mr. Winter.«

»Baronesse, jetzt scherzen Sie. Meine Gefühle können Ihnen nicht so verborgen geblieben sein.«

Die Musik beendete den Tanz, und David führte Britta ein wenig an die Seite. Sie schien unsicher. »Aber in Kopenhagen haben Sie mich wie ein Kind betrachtet, Mr. Winter. Woher soll ich jetzt wissen, dass Sie nicht mit meinen Gefühlen spielen wollen?«

»Aber Britta, das ist fast vier Jahre her. Sie sind eine junge Frau geworden, die begehrenswerteste im ganzen Saal. Ich liebe Sie und würde nie mit Ihren Gefühlen spielen.« Er fasste ihre Hände.

Sie wurde rot. »Ich habe mir das so gewünscht, David, aber nun geschieht alles so unverhofft, so schnell. Was soll ich nur sagen, was soll ich tun?«

»Nur sagen: ›Ich liebe dich auch, David‹ und mich sehr glücklich machen.«

»Ich tu es ja, David, aber jetzt lass mich erst zur Besinnung kommen, bitte!« Und sie löste sich von ihm und ging zu ihrer Mutter, fasste sie um und flüsterte: »Er hat mir gesagt, dass er mich liebt. Ich bin ja so glücklich. Was soll ich nur tun?«

»Ihm sagen, dass du ihn auch seit Langem liebst, was sonst, du Dummerchen. Du hast deine Zurückhaltung schon ein wenig übertrieben in letzter Zeit.« Und die Baronin zwinkerte David zu, der langsam und nachdenklich näher trat.

Britta löste sich aus den Armen ihrer Mutter und ging David zwei Schritte entgegen. »Ich liebe dich von ganzem Herzen, David, seit ich dich zum ersten Mal sah. Ich habe es vor dir immer verleugnet, weil ich nicht wollte, dass du mich aufdringlich findest. Aber nun kann ich es gestehen.«

»Willst du meine Frau werden, Britta, auch wenn ich nicht immer bei dir sein kann, weil ich zur See fahre?«

»Ja, David!«, sagte sie einfach.

Nun blitzte der Schalk in seinen Augen. »Wo ist hier nur ein Platz, wo ich dich küssen kann, ohne dass halb London zuschaut?«

»Dort führt eine Tür auf die Terrasse. Ein voraussehender Krieger hätte das längst erkunden müssen«, antwortete sie nicht minder schalkhaft. David nahm ihre Hand und führte sie wortlos zu der Tür und auf die Terrasse, die im Halbdunkel lag. Hinter einer Säule nahm er sie in die Arme und küsste sie innig und leidenschaftlich zugleich.

Britta atmete tief nach diesem Kuss und sagte dann: »Das sollten wir nicht so schnell beenden, Liebster«, und bot ihm wieder ihren Mund dar. Aber nach einiger Zeit sagten sie fast gleichzeitig: »Nun müssen wir wohl zu den Eltern.«

Die Baronin hatte ihren Mann schon vorbereitet, und beide sahen Britta und David lächelnd an. »Exzellenz«, bat David, »wann darf ich bei Ihnen und Ihrer Frau Gemahlin vorsprechen und Sie um die Hand Ihrer Tochter bitten?«

»Lieber David«, antwortete dieser, »Sie wissen doch, dass wir Dänen nicht so förmlich sind. Je eher ich Sie als unseren Sohn ansehen darf, desto glücklicher werden meine Frau und ich sein und Sie von ganzem Herzen willkommen heißen.« Er trat auf David zu, umarmte ihn, und danach schloss ihn die Baronin in die Arme und schaute ihn mit feuchten Augen an.

»Darf man an einem anscheinend freudigen Ereignis teilhaben?«, fragte der Herzog von Chandos, der mit Haddington vom Büfett zurückkehrte.

»Wir werden die Ehre und die Freude haben, Herzog, in Kürze zur Verlobung von Kapitän Winter und unserer Tochter einladen zu dürfen«, antwortete ihm Baron Jensen.

»Da gratuliere ich von ganzem Herzen, liebe Baronesse, lieber David, und wünsche alles Glück dieser Erde.« Martin reichte beiden die Hand und lachte sie an.

»Hier ist noch jemand, der gratulieren und die Braut küssen und sich außerdem als Trauzeuge und Taufpate anbieten will«, meldete sich Haddington.

»Du wirst dich etwas gedulden müssen, du kusswütiger Pirat. Erst wollen wir ganz formell ein Verlobungsgeschenk erhalten«, scherzte David und schüttelte seine Hand.

David war so erfüllt vom Glück, dass er sich an den weiteren Ablauf des Balls gar nicht mehr so genau erinnerte. Susan sah sein Glück, und es tat ihr ein wenig weh, obwohl sie sich mit ihm freute und ihm zuflüsterte: »Na, wer hat nun recht behalten?«

David tanzte oft mit Britta und war stolz über die bewundernden Blicke, die ihr galten. Sie sah hinreißend aus, als das Glück aus ihr leuchtete. Die weiße Perücke, die lebhaften braunen Augen, das fein geschnittene Gesicht, die schlanke Figur. Es gab nichts an ihr, was David nicht bewundernswert erschien. Britta bemerkte es und sprach zu sich: »Das hätte ich dir schon vor vier Jahren vorhersagen können, lieber David, und so soll es immer bleiben.«

Schon am nächsten Tag sprach David bei Baron Jensen vor und erneuerte seine Bitte in aller Form. Der Baron sagte ihm in herzlichen Worten, wie sehr er sich freue, ihn zum Schwiegersohn zu gewinnen, und wie glücklich Britta sei. »Sie wird mit meiner Frau in Kürze bei uns sein. Ich wollte mit Ihnen nur noch über ihre Mitgift sprechen, lieber David.«

Der Baron gab David einen Überblick über sein Vermögen, das aus Gütern in Dänemark und Staatspapieren bestand und das Britta einmal erben würde. »Ich dachte, dass ich ihr zehntausend Pfund als Mitgift aussetze. Wenn Sie das Geld im Augenblick nicht benötigen, würde ich vorschlagen, dafür Anteile bei den schottischen Eisenwerken zu kaufen. Täglich rückt der Krieg näher, und dann wird Eisen sehr knapp. Die Werke werden bis über ihre Kapazitätsgrenzen produzieren müssen und gewaltige Gewinne einstreichen. Die Anteile könnten sich ohne Weiteres verdoppeln. Wie denken Sie darüber, David?«

»Sind Sie so sicher, dass der Krieg bevorsteht, Baron?«, fragte dieser zurück.

»Absolut!«, antwortete Jensen. »Aus allen Nachrichten, die wir erhalten, kann man nur schließen, dass die französische Revolutionsregierung den Krieg nach Europa tragen will, um alle Kräfte Frankreichs nach außen zu richten und vom inneren Widerstand abzulenken. Die französischen Truppen an der Grenze zu den österreichischen Niederlanden können jeden Tag einmarschieren. Und lange werden sie an den Grenzen Hollands nicht stehen bleiben. Das wäre dann der casus belli für Britannien, wenn nicht schon vorher ein anderer auftaucht. Der Krieg ist unausweichlich, und das bedrückt mich, weil Sie wieder in den Kampf ziehen und sich Gefahren aussetzen werden, lieber David.«

»Ich war nie leichtsinnig, Baron, und werde es jetzt noch weniger sein. Ich bin einverstanden, wenn Sie die Mitgift in Form von Anteilen gewähren, und bedanke mich. Darf ich damit rechnen, dass Sie während meiner Abwesenheit ein Auge auf mein Gut haben werden, das Ihrem Rat schon so viel verdankt?«

»Nun können wir aber die Damen holen, David. Sie wollen das Glück mit uns genießen, und Sie wissen, dass beide mit den Problemen der Landwirtschaft nicht nur vertraut sind, sondern ein Faible für das Landleben haben. Ich glaube, für Britta ist ein Ritt oder Spaziergang durch blühende Wiesen im Frühtau ein schöneres Erlebnis als ein Ball.«

Die Damen wurden gerufen. Britta und David tauschten den ersten Kuss vor den Augen der Eltern. Frau Jensen wischte die erwarteten Tränen aus den Augen, und dann setzten sie sich zum Kaffee nieder, und die Damen diskutierten über die Gestaltung der Verlobungsfeier.

»Einen Augenblick«, schaltete sich David ein. »Es ist möglich, dass ich in wenigen Tagen Hals über Kopf zu irgendeinem Hafen abreisen muss, um ein Schiff zu übernehmen. Ich glaube nicht, dass wir auf längere Sicht planen können.«

Dieser Einwurf hatte eine Demonstration fraulichen strategischen Planens zur Folge. Minimal-‍, Maximal- und Ersatzlösungen wurden durchgesprochen, sodass der Baron und David zunehmend überflüssig schienen und sich belustigt zulächelten.

»Die Herren interessiert das wohl nicht«, sagte die Baronin schließlich ein wenig ernst, ein wenig scherzend. »Dann übernehmt nur den Text für die Anzeige in den wichtigsten Gazetten und die Benachrichtigung von Davids Familie.« Schließlich wurde man sich einig, was je nach Davids Verfügbarkeit getan werden könnte.

Dann meldete sich David wieder. »Mir wäre es lieb, wir würden noch über Whitechurch Hill sprechen. Würdest du dort nach unserer Hochzeit wohnen wollen, liebe Britta? Was sollte noch umgebaut werden? Kann Olsen mit Ihrem Rat rechnen, Baron, wenn ich auf See bin?«

Die Jensens waren mit der Situation in Whitechurch Hill, Davids Besitz auf der Insel Wight, völlig vertraut. Baron Jensen hatte aus seiner langjährigen Erfahrung als Gutsherr David bei einem Besuch in Portsmouth geraten, auf Vierfelder-Wirtschaft umzustellen, Brachland hinzuzukaufen oder zu pachten, die Einzäunung zu beantragen und auf Weizenanbau zu setzen. »Weizen wird knapp, wenn Krieg kommt, denn auch der arme Mann braucht Brot. Fleisch und Milch wird er sich nicht mehr kaufen können.«

Bei David hatte es vor einem Jahr einiger Zeit bedurft, bis er sich mit landwirtschaftlichen Fragen vertraut gemacht hatte. Sein Onkel verstand davon nicht viel, aber er konnte Freunde empfehlen. Und dann kam, vertrieben vom Umsturz in Frankreich, auch Jan Olson mit einem französischen Grafen nach London. Olson, ein entfernter Verwandter der Jensens, hatte in Frankreich als Verwalter neue Landwirtschaftsmethoden einführen sollen und war nun brotlos. Da traf es sich gut, dass auf Whitechurch Hill ein Verwalter gebraucht wurde.

Überhaupt hatte David seine Zeit an Land genutzt und sein Haus um- und angebaut. Aus Indien brachte er gewisse Vorstellungen mit, welchen Badekomfort eine Wohnung bieten sollte, und bei der Gelegenheit wurden noch einige Erweiterungen vorgenommen. Für Landarbeiter wurden Häuser gebaut, und David, dem Effektivität auf dem Schiff wichtig war, lernte nun, sie auch in der Landwirtschaft zu beachten.

Britta beteuerte, dass sie schon als Verlobte in Whitechurch Hill auf die Einrichtung achten werde, wenn David auf See sei. Verwalter Olson könne jederzeit mit Jensens Rat rechnen, und der Bürovorsteher der Reederei, ein früherer Zahlmeister Davids, würde die Bilanzen überprüfen. Und alte Schiffsgefährten Davids, wie Elias und Charly, seien auch dort. Was solle also passieren?

Baron Jensen räusperte sich und sagte dann: »Ich bitte um Entschuldigung, wenn ich noch ein sehr prosaisches Thema anschneiden muss. David, Sie wissen, dass der König mit Unterstützung von Sir Joseph Banks in Kew seine Schafzucht mithilfe von Merinoschafen veredelt, die mit List und Tücke aus Spanien herausgeschafft wurden. Die Erfolge sind überzeugend. Die Wollqualität wird entscheidend verbessert. Ich konnte vier Schafböcke und acht Schafe über Mittelsmänner erhalten. Sie sollen in wenigen Tagen in Plymouth ankommen. Ich will Ihnen gerne den halben Bestand abtreten und bitte Sie, den ganzen Bestand erst bei Ihnen aufzupäppeln, bis die Hälfte im Frühsommer auf unsere dänischen Güter weitergeleitet wird.«

David sah überhaupt keine Probleme und war überzeugt, dass Elias, der frühere Schiffsgefährte mit dem großen Viehverstand, alles bestens regeln werde. »Wenn Sie nicht Flottenoffizier wären, David, ein guter Gutsherr hätte auch aus Ihnen werden können«, sagte Baron Jensen abschließend.

Aber dann meldete Britta an, dass ihr Bedarf an Geschäftsgesprächen gedeckt sei und dass sie mit David noch ein wenig allein plaudern wolle. »Aber ja«, sagte die Baronin, »ich hab mich so daran gewöhnt, Britta, dass dein Vater immer erst alle Sachfragen geklärt haben will, dass ich ganz vergesse, dass junge Menschen andere Prioritäten haben. Komm, mein Lieber!« Und sie führte ihren Mann aus dem Zimmer.

Nun ja, die Plauderei wurde mit Küssen eingeleitet, aber dann sprachen sie doch noch über ihre Pläne. »Wollen wir morgen zum Maskenball des Savoir-vivre-Klubs ins Pantheon, Liebster, oder wollen wir allein zu Abend essen und plaudern?«

David merkte an den Untertönen, dass Britta mit ihm allein sein wollte, und ihm war es recht. Diese Londoner Maskenbälle mit mehreren Tausend Besuchern waren für ein verliebtes Paar nicht der richtige Rahmen. Und wer wusste, wie viel Tage ihnen noch blieben? Sie hatten sich ja auch so viel zu sagen von Hoffnungen und Unsicherheiten in der Vergangenheit bis zu ihrer gemeinsamen Zukunft.

Enttäuschung gab es schon, dass David für diesen Abend eine Verabredung mit Charles Haddington hatte, seinem Schiffsgefährten seit dem ersten Tage seines Bordlebens. »Meine Mutter predigt mir immer, dass eine Ehefrau Verständnis dafür haben soll, dass der Mann Zeit für seine Freunde braucht, aber muss das schon am ersten Abend sein, Liebster?«

»Britta, als ich mich mit Charles zum Essen an diesem Abend verabredete, wusste ich ja noch nicht, dass ich heute schon so gut wie verlobt sein würde. Ich hatte ihn vor dem Ball doch nur wenige Minuten gesehen, und alte Freunde haben auch viel zu erzählen«, wehrte sich David.

»Ach, ich möchte noch so viel von dir wissen, David, aber wir haben ja hoffentlich noch Zeit. Grüß Haddington von mir!«

Als David das separate Speisezimmer in dem Restaurant betrat, saß neben Haddington noch ein anderer Gast am Tisch. David stutzte einen Augenblick, aber dann erkannte er ihn: »Hugh Kelly, alter Freund, wie schön, dich gesund wiederzusehen. Wo warst du in den letzten Jahren? Erzähl doch mal!«

»Langsam, David, du bist der jüngste von uns alten Fahrensleuten der Shannon, also stell dich hinten an. Erst trinken wir einen Schluck, und dann kann Hugh erzählen. Ich habe ihn ja viel länger nicht gesehen als du.« Haddington hob sein Glas.

David hatte Kelly zuletzt gesehen, als er nach Kalkutta versetzt wurde und Kelly als Kapitän der Fregatte Sirius zurück nach England segelte.

»Anno sechsundachtzig war das, als ich deine Schätze nach Hause mitnahm, David«, sagte Kelly lächelnd. »Hast du schon alles ausgegeben?«

»Da kennst du ihn schlecht«, warf Haddington ein. »David ist ein rechter Geizknochen und Kaufmann. Der passt auf, dass sich sein Geld vermehrt. Und jetzt verlobt er sich noch mit einer klugen und geschäftstüchtigen Frau. Da kommt wieder etwas hinzu und wird noch besser gehortet.«

»Mein Gott«, lachte Kelly, »David, wie bist du heruntergekommen. Du warst doch früher ein fröhlicher Bursche und hattest etwas übrig für gewisse Stunden mit indischen Tänzerinnen. Willst du das alles aufgeben?«

»Nicht aufgeben, Hugh, steigern mit einer Frau, gegen die die kleinen Tänzerinnen nicht konkurrieren können. Ich bin nicht so ein Herumtreiber wie ihr. Ich weiß gern, wo ich hingehöre. Nie war ich so glücklich wie zu der Zeit, in der ich in Indien verheiratet war. Vielleicht ist das der Hannoveraner in mir.«

»Das wird es sein!«, bestätigte Kelly. »Unsere hannoveranischen Könige sind ja auch biedere Familienväter.«

Aber dann legten sich die Frotzeleien, und sie berichteten, wie sie die letzten Jahre verbracht hatten. Kelly war nach 1787 zwei Jahre an Land gewesen, hatte dann zwei Jahre zur Vertretung eine Fregatte vor Kanada kommandiert und hoffte jetzt auf ein neues Schiff.

»Dann kann ich dir eine gute Nachricht überbringen«, schaltete sich Haddington ein. »Nur unser David geht noch leer aus. Du sollst in Plymouth einen 64er übernehmen, Hugh. Ich erfuhr es heute in der Admiralität, als mir mitgeteilt wurde, dass ich einen 74er in Portsmouth erhalte und bis Januar seefertig zu sein habe.«

Hugh konnte sich vor Freude kaum halten. David gratulierte und sagte sich, dass er jetzt schon ein wenig enttäuscht wäre, wenn er nicht Britta hätte.

Haddington unterbrach seine Gedanken. »Was weißt du von Andrew Harland, David, deinem Ersten auf der Nicholas und später ihr Kapitän?«

»Er ist ein knappes Jahr nach mir aus Russland zurückgekehrt und lebt im Augenblick bei seinen Eltern.«

Haddington fragte, ob David etwas dagegen habe, wenn er um ihn als Ersten für sein Schiff bitte. Wenn David selbst in den nächsten Tagen ein Kommando erhalte, trete er natürlich zurück.

»Aber nein, Charles«, antwortete David. »Andrew ist ein hervorragender Erster Leutnant, und wenn er noch kein eigenes Schiff erhält, wovon man wohl ausgehen muss, dann sollte er bei dir Erster auf einem Vierundsiebziger werden. Ich habe ja doch höchstens eine Fregatte zu erwarten. Ich schicke dir morgen seine Adresse.«

Es wurde ein sehr lustiger Abend. Der Rehbraten war ausgezeichnet und der Wein nicht minder. Als sie um Mitternacht aufstanden, merkte wohl jeder, dass er nicht mehr so fest auf den Beinen war.

Haddington sagte: »Hugh wohnt ganz in meiner Nähe. Wir nehmen eine Kutsche. Sollen wir dich irgendwo absetzen, David?«

David lehnte dankend ab. Er wollte noch einige Schritte gehen und sich dann eine Kutsche nehmen. »Vorsicht auf den dunklen Straßen, David!«, mahnte Haddington, aber David sagte: »Ich hab doch Gregor bei mir«, und zeigte auf den Burschen, der im großen Speisesaal gegessen hatte.

»Donnerwetter, wo hast du denn den Riesen her?«, fragte Kelly, aber David wehrte ab. Die lange Geschichte erzähle er ein andermal.

Die Kutsche der beiden rollte fort, und David sagte zu Gregor: »Wir laufen noch ein paar Schritte in dieser Richtung, ehe wir eine Kutsche rufen. Wie war dein Essen?«

Gregor war zufrieden, und sie plauderten ein wenig beim Gehen. Dann sagte David: »Nun kannst du vorausgehen, Gregor, und dort an der Ecke eine Kutsche heranwinken.« Gregor schritt mit seinen großen Beinen schnell voran, trat auf die Straße, um den Bürgersteig zwei jungen Damen freizumachen, die höflich dankten, und ging dann weiter. Die beiden jungen Damen näherten sich David. Zwei Zofen oder Dienstmädchen dachte er. Sauber und geschmackvoll angezogen, aber was taten sie noch so spät allein auf der Straße?

Auch er wollte den Bürgersteig freimachen, aber die beiden hielten an, lächelten, öffneten mit schneller Bewegung ihre Jacken und zeigten ihm ihre nackten Brüste. »Na, junger Herr, können wir uns nicht noch ein bisschen amüsieren? Wir verwöhnen Sie, wie Sie es noch nie erlebt haben.«

Sie waren näher herangetreten, und die eine streichelte seinen Arm, während die andere seine Hand nahm und an ihren Busen führen wollte. David musste über diese Vorführung lachen, angeheitert wie er war. Aber er wehrte ab. »Nein, meine Schönen. Mit mir ist nichts zu verdienen. Ich bin in festen Händen. Versuchen Sie es woanders!«

Aber die beiden wollten noch nicht aufgeben. Die eine presste sich eng an ihn. Die andere hielt seine Hand fest und schilderte, was ihm alles geboten werden könne. Nun wurden sie David lästig. »Lassen Sie mich in Ruhe!«, sagte er lauter und machte sich frei.

Aus dem Torbogen gegenüber trat ein Mann und fragte: »Will der Kerl was von euch?«

Die beiden Dirnen schrien: »Er quatscht uns an und erzählt Sauereien.«

»Das ist aber gar nicht fein, der Herr!«, mokierte sich der Kerl, anscheinend ihr Zuhälter.

David rief laut: »Gregor!«, und herrschte die drei an: »Jetzt ist es aber genug! Verschwindet, ehe ich euch den Konstablern übergebe.«

Der Bursche zog ein Messer. »Große Fresse hat der Herr. Geht ihr man, ihr beiden. Ich hab mit dem Fatzken noch zu reden, und das ist nichts für Damenohren.«

Schnelles Fußtrappeln erscholl, und Gregor stürmte heran. Der Zuhälter warf ihm einen Blick zu, steckte sein Messer weg und rannte davon. »Soll ich ihn greifen und ihm die Knochen brechen, Gospodin?«

»Lass nur, Gregor. Es ist ja nichts passiert.«

Da aber irrte sich David, wie er merkte, als er vor dem Hotel den Kutscher bezahlen wollte. »Verdammt, das Hurenpack hat mir die Börse gestohlen«, zog er das Fazit nach einer minutenlangen Sucherei in allen Taschen. Er musste sich vom Portier das Fahrgeld auslegen lassen und ärgerte sich.

»Das Gesindel wird immer frecher, gnädiger Herr«, bestätigte der Portier. »War es denn viel?«

»Etwa zwei Guineen.«

»Nun ja«, meinte der Portier, aber David setzte hinzu: »Dafür muss ein Matrose rund zwei Monate arbeiten und sein Leben einsetzen.«

»Sehr richtig, der Herr«, bestätigte der Portier und dachte, dass mancher Lebemann vierzigtausend Guineen im Jahr für sein Vergnügen in London ausgebe.

David fiel auf einmal ein, dass er Britta ja die Geschichte erzählen müsse. Und da musste er lachen. Sie würde ihn sicher verspotten. Dann tauchte auch Kamala in seinen Gedanken auf. Für sie hatte das alles zum Leben gehört.

Hätte sie sich mit Britta verstanden, wenn sie sich kennengelernt hätten?

Am Morgen brummte Davids Schädel, als Gregor ihn weckte. Das war wieder ein Glas Wein zu viel. »Was ist, Gregor? Warum weckst du mich?«

»Ein Bote der Admiralität brachte dieses Schreiben. Bitte quittieren Sie.«

David riss das Schreiben auf. Martin, der Herzog von Chandos, wollte ihn so bald wie möglich sprechen. »Gregor, ich wasche und rasiere mich. Danach Frühstück, und leg die gute Uniform raus!«

»Aye, aye, Sir.« Bei direkten Befehlen hatte sich Gregor schon die englische Redewendung angewöhnt, während er sonst häufig noch ›Gospodin‹ sagte und mitunter auch ›Sluschaju-s‹, die russische Bestätigungsformel, die ›Ich höre, Herr!‹ bedeutete.

In der Admiralität empfing Martin ihn sofort. »Ich werde mich bei Ihrer Braut furchtbar unbeliebt machen, David, aber ich habe ein Schiff für Sie«, überrumpelte er David, bevor dieser sich gesetzt hatte.

»Oh, ich finde das wunderbar, und Britta wusste, dass ich mit Leib und Seele Flottenoffizier bin.«

»Etwas wissen und dann sein Leben danach einrichten, sollen zwei verschiedene Schuhe sein, hab ich mir sagen lassen, lieber David. Aber zum neuen Kommando! Es ist eine Zweiunddreißig-Kanonen-Fregatte, völlig überholt, neu gekupfert, Vierundzwanzig-Pfünder-Karronaden auf Vor- und Achterdeck. Sie liegt in Portsmouth und soll Anfang Dezember auslaufen und vom Kanal nach Südwesten hin aufklären.«

David war nur verhalten begeistert. Er hatte in der russischen Flotte schon eine Sechsunddreißig-Kanonen-Fregatte und ein Vierundsiebzig-Kanonen-Linienschiff kommandiert. »Das hört sich gut an.«

Martin nickte verständnisvoll. »Ich habe versucht, Ihnen eine neue Sechsunddreißig-Kanonen-Fregatte zu verschaffen, aber um sie tobt ein fürchterlicher Beziehungskrieg. Die Fregatte, die ich Ihnen anbiete, war auch vergeben, aber ihr Kapitän hat sich gerade von einem französischen Emigranten im Duell töten lassen. Solange die Empfehlung des Prinzen von Wales noch frisch ist, kann ich Ihre Kommandierung beim Ersten Lord durchsetzen. Sie erhalten ein kleineres Schiff als erhofft, aber Sie haben es sicher. Umsteigen wird im Laufe des Krieges leichter. Sie müssten innerhalb einer Woche nach Portsmouth abreisen und vor Jahresende auslaufen. Aber Sie haben bei Kriegsausbruch dann auch die größten Chancen, gute Prisen zu machen. Sie müssen sich schnell entscheiden!«

Mehr zum Zeitgewinn fragte David: »Wie heißt die Fregatte?«

Martin blickte auf die Akte und sagte: »Shannon«.

Über David brach ein Strudel von Erinnerungen herein. Die Shannon, die Fregatte, auf der er 1774 mit knapp dreizehn Jahren seinen Dienst als Captain’s Servant angetreten hatte, die Shannon, auf der er vor Afrika und vor Amerika gekämpft hatte.

»Sie war mein erstes Schiff. Anno vierundsiebzig habe ich auf ihr den Dienst angetreten unter Kapitän Brisbane. Die Shannon war immer gut zu mir. Ich akzeptiere mit dem Ausdruck herzlichen Dankes für die Unterstützung.«

»Nicht so förmlich, lieber David. Möge Ihnen die Shannon weiterhin Glück bringen. Was wird nun aus der Verlobung?«

»Nach den Planungen der Damen findet in diesem Fall eine kleine Vorfeier in London statt, während die richtige Feier dann in zwei oder drei Wochen im Heimathafen ausgerichtet wird. Viele können ja nicht so kurzfristig aus London fortreisen, und meine Leute kämen nicht innerhalb weniger Tage nach London.«

»Sehr vernünftig«, befand Martin. »Die Dänen sind, soweit ich welche kennenlernte, überhaupt sehr praktisch veranlagte, vernünftige Menschen. Aber nun noch zu einigen Einzelheiten der Bemannung und Ausrüstung!«

Von der Admiralität eilte David sofort zu den Jensens. Nach den ersten freundlichen Begrüßungsworten sagte er: »Ich habe das Kommando über eine Fregatte erhalten und muss spätestens in sechs Tagen nach Portsmouth abreisen und von dort innerhalb eines Monats auslaufen.«

Die Reaktion bestätigte, was Martin über den praktischen Sinn der Dänen gesagt hatte. Britta nahm im ersten Schreck die Hand vor den Mund. Ihre Mutter erklärte sofort: »Dann feiern wir in vier Tagen die Londoner Verlobung und in drei Wochen die in Portsmouth. Paul, kann dein Schreiber gleich die Einladungen ausfertigen?«

Britta hatte sich gefasst und fügte sofort an: »Ich reise mit dir nach Portsmouth, David, damit ich in deiner Nähe bin, bis du ausläufst. Ob ich bei deiner Familie wohnen kann?«

Baron Jensen lachte. »Nun sehen Sie, lieber David, wie es in diesem Haus einem Mann ergeht, der einmal zu viel Ja gesagt hat. Bevor Sie auf See sind, haben Sie keine Chance mehr.«

Britta trat auf David zu und legte ihre Arme um seinen Hals. »Du verstehst mich doch, Liebster, nicht wahr?«

»Aber ja. Ich freue mich doch, wenn du bei mir bist«, antwortete David, hatte aber insgeheim doch Bedenken, ob er im Trubel einer Indienststellung noch Zeit für Britta finden könne.

»Es ist ja auch eine angenehme Diktatur«, spottete Baron Jensen, ehe ihn seine Frau lachend, aber resolut zwang, mit ihr den Text der Einladung zu formulieren.

Die Damen Jensen hatten nun nicht mehr viel Zeit, denn vom Koch über das Bedienungspersonal bis zum Schneider und den Dienern, die sofort die Einladungen austragen mussten, waren viele mit Instruktionen zu versehen. Aber nach den ersten Aktivitäten saßen sie doch noch zu einer Tasse Tee beisammen. Dabei erzählte David sein gestriges Abenteuer.

»Waren sie hübsch? Hatten sie schöne Busen?«, fragte der Baron lachend.

»Aber Paul!«, tadelte ihn seine Frau mit leichtem Schmunzeln.

»Ich hoffe, du hast gar nicht hingesehen«, meldete sich Britta.

»Ja, denkst du, David ist blöd?«, meldete sich der Baron wieder. Und nun mussten alle lachen. Lustig ist die Familie auf jeden Fall, in die ich einheiraten will, und falsche Prüderie kennt sie auch nicht, dachte sich David.

»Im Magistrat hat man mir gesagt, dass London bei einer Million Einwohnern etwa achtzigtausend Prostituierte aufweist. Demnach wäre fast jede fünfte Frau eine Prostituierte. Und die Taschendiebe werden von klein auf jahrelang an Stoffpuppen geschult, die mit kleinen Glöckchen versehen sind. Sie müssen immer wieder in die verschiedenen Taschen greifen, ohne dass eine Glocke anschlägt. Wenn sie bimmelt, setzt es Schläge. Ein harter Beruf.« Der Baron sah sie an.

»Ich bin immer froh, wenn ich aus dieser Riesenstadt hinauskann«, sagte die Baronin. »Darum freue ich mich auch, dass ich nach Portsmouth reisen werde.«

»Für mich wäre es eine große Freude, wenn Sie im Sommer Ihre Ferien auf meinem Gut verleben könnten. Besser kann es doch niemand beaufsichtigen«, bot David an.

»Mit dieser Einladung machst du nicht nur uns Frauen eine große Freude, sondern auch meinem Vater«, sagte Britta. »Er lebt mit der Landwirtschaft auf und weiß mindestens so viel wie der Verwalter.«

»Wir freuen uns darauf«, sagte der Baron, »und besonders wünschen wir uns natürlich, dass wir mit Ihnen dort Ferien verleben können, lieber David.«

Meuterei auf der Shannon

(Oktober bis Dezember 1792)

»Es war eine schöne Verlobungsfeier, nicht wahr, David?«, sagte Britta.

David, der gerade einen Reiter durch das Fenster der Mietkutsche nach Portsmouth betrachtet hatte, wandte sich ihr zu. »Ja, Britta, es war alles sehr harmonisch, und die Freunde deines Vaters sind nette Leute.«

»Meine Freundin hat dir aber noch besser gefallen«, spottete Britta.

»Nun, Liebste, Charles Haddington findet auch nicht gerade dein Missfallen. Und da er in Portsmouth sein Schiff übernimmt, ist er wahrscheinlich bei der zweiten Feier auch dabei.«

»Schön, dass die beiderseitigen Freunde uns beiden gefallen. Aber am schönsten ist doch, dass wir sagen können, wir sind Braut und Bräutigam. Ich habe oft leise vor mich hin gesprochen ›Er ist mein Bräutigam‹«. Und sie blickte glücklich auf den Ring mit Rubinen und Diamanten, den ihr David geschenkt hatte.

David lächelte auch glücklich und drückte ihre Hand. Aber dann wurde er ernst und räusperte sich. »Ich muss dir etwas sagen, Britta, was schon längst hätte gesagt werden müssen. Aber es ging ja alles etwas plötzlich.«

»Willst du mir die Affäre mit der Frau des russischen Gesandten in Kopenhagen beichten, mein Lieber? Das habe ich damals schon bemerkt.«