Versöhnung auf dem Friedhof - Christoph-Maria Liegener - E-Book

Versöhnung auf dem Friedhof E-Book

Christoph-Maria Liegener

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Beschreibung

Kevin ist ein junger Student und genießt sein Leben zur Wendezeit in Berlin. Zwischen West-Berlin und Ost-Berlin hin- und hergerissen, findet er seine große Liebe. Doch dann geschieht ein Mord in seiner Familie. Der Verdacht fällt auf ihn. Was hat er damit zu tun?

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Seitenzahl: 79

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Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Autors und des Verlages unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Inhalt

Vorwort

La vie en rose

Eine kurze Ehe

Gaudeamus igitur

Tamara

Im Westen

Verwicklungen

Akteneinsicht

Vietnam

Ein Ultimatum

Ein ungeklärter Todesfall

Ermittlungen

Frau Kluge forscht weiter

Versöhnung auf dem Friedhof

Epilog

Vorwort

Überflüssigerweise – aber aus einem bestimmten Grund – möchte ich bemerken, dass dieser Roman frei erfunden ist. Gestalten und Ereignisse haben nichts mit realen Gegenstücken zu tun. Wer sich darin wiederzuerkennen glaubt, muss sich im Klaren darüber sein, dass er irrt.

Christoph-Maria Liegener

La vie en rose

West-Berlin, 1967

„Alex“, rief Juliane Münzer freudig überrascht, als ein gutaussehender Herr plötzlich hinter dem nächsten Busch auftauchte. Sie hatte ihn zwar schon gesucht, aber doch nicht damit gerechnet, ihn so plötzlich zu finden. Die beiden kannten sich seit gut einem Jahr und hatten sich in diesem Park zu einem Rendezvous verabredet. Ohne einen genaueren Ort auszumachen, hatten sie sich zuversichtlich gezeigt, sich schon finden zu werden. Was hiermit geschehen war. Alex hatte sie zuerst gesehen und sich versteckt, um sie zu necken. Sie strahlten beide übers ganze Gesicht, traten aufeinander zu und reichten sich die Hände. In die Arme fielen sie sich trotzdem nicht. Soweit waren sie noch nicht in ihrer Beziehung.

Beide waren unverheiratet und glücklich, sich gefunden zu haben. Er war um die vierzig und schon einmal verheiratet gewesen. Sein unstetes Leben als Kriegsberichterstatter hatte jedoch dazu geführt, dass seine Ehe bald in die Brüche ging. Da die Ehe bis dahin kinderlos geblieben war, traten bei der Scheidung keine Probleme auf. Er war also jetzt frei.

Auch sie war frei. Sie hatte mit ihren 37 Jahren noch immer keinen Mann gefunden. Offenbar war sie vom Typ Mauerblümchen, obwohl sie nicht einmal als hässlich bezeichnet werden konnte. Im Gegenteil stellte sie eine recht aparte Erscheinung dar. Aber sie wirkte unscheinbar und lebte zurückgezogen. Es hatte sich einfach nie ergeben, dass sie einen geeigneten Partner getroffen hätte.

Ihrem Verehrer Alex war sie auf einer Party ihrer älteren Schwester Helene begegnet. Ihm ging es nach seiner Scheidung schlecht und sie hatte ihn getröstet, was sie gut konnte, da sie einfühlsam und warmherzig wirkte. So waren sie ins Gespräch gekommen und hatten bald eine Seelenverwandtschaft festgestellt.

Seitdem verabredeten und trafen sie sich an den verschiedensten Orten der Stadt, liefen zusammen umher und unterhielten sich stundenlang. Von Zeit zu Zeit setzten sie sich zum Ausruhen in ein Café oder ein Restaurant.

Heute schlenderten sie nun also durch den Thielpark in Dahlem. Es war ein wundervoller Nachmittag im Altweibersommer, die goldene Sonne stand halbhoch am wolkenlosen Himmel, die Temperatur fühlte sich angenehm warm an, ein laues Lüftchen wehte. Von ferne drangen Fetzen eines Beatles-Songs an ihre Ohren.

Es war der perfekte Tag für Alex, der Flamme seines Herzens seine Liebe zu gestehen. Am Thielstein, einem riesigen Findling im Schwarzen Grund, verweilten sie eine Weile. Sie legten ihre Hände flach auf den kühlen Granit, so dass sich ihre Finger berührten. Dabei sahen sie sich tief in die Augen. Dann nahm er sie sanft in den Arm und flüsterte:

„Ich muss dir etwas gestehen, Juliane: Ich liebe dich.“

Sie sträubte sich nicht und antwortete mit sanftem Blick:

„Oh, Alex! Ich liebe dich auch. Wie schön das ist!“

Da küsste er sie zärtlich und wieder versank sie in seinen Augen. Juliane schwebte im siebten Himmel! So lange hatte sie von diesem Augenblick geträumt und jetzt war er gekommen.

Sie sah das ganze Leben in Rosa. La vie en rose.

Innig wünschte sie sich, es möge für immer alles bleiben wie in diesem Augenblick.

Die beiden verbrachten den weiteren Nachmittag und Abend miteinander in Umarmung. Dann mussten sie sich trennen. Da sie beide strenggläubigen katholischen Familien entstammten, kam mehr für sie nicht in Frage. Gewiss, dies war eine Zeit der Umwälzungen, aber nicht alles, was an Umwälzungen auf sie zuraste, gefiel ihnen. Man musste nicht jede Lockerung der Sitten mitmachen. Die sexuelle Revolution war ihnen unheimlich und sie verkehrten in Kreisen, in denen solche Ideen verpönt waren.

Die Umstände begünstigten ihre Romanze nicht gerade. Der Vietnamkrieg wütete in der Ferne und Alex musste als Kriegsberichterstatter immer wieder vor Ort sein. Nicht ungefährlich, aber eben sein Beruf. Die Ungewissheit, ob er seinen Einsatz gut überstehen würde, belastete beide jedes Mal aufs Neue. Glücklicherweise hatten sie sich ihre Liebe gestehen können, bevor er wieder in eine ungewisse Zukunft entschwinden würde.

Die Pflicht rief nur zu bald. Er musste wieder aufbrechen. Sie hatten gerade noch Zeit, sich informell zu verloben und Hochzeitspläne zu schmieden. Wenige Tage später kam der Zeitpunkt der Abreise.

Zum Abschied hatte Alex ihr eine kleine antike Brosche in Form eines Falters geschenkt, gefertigt aus Tombak mit böhmischen Granaten. Dadurch möge sie während seiner Abwesenheit an ihn erinnert werden, flüsterte er ihr ins Ohr. Sie gelobten sich ewige Treue. Juliane bewahrte das Schmuckstück wie einen Schatz. Das war gut so; denn mehr sollte ihr von ihm nicht bleiben.

Sie sah ihn nie wieder. Während der Tet-Offensive war er in die unerwartet heftigen Kämpfe geraten und niemand aus seinen engeren Umfeld vor Ort hatte überlebt, der hätte sagen können, was aus ihm geworden war. Er galt als vermisst. Nach einiger Zeit wurde er für tot erklärt. Das jedenfalls war die offizielle Version. Juliane Münzer akzeptierte dieses Urteil nicht.

Sie gab die Hoffnung nicht auf und wartete jahrelang auf seine Wiederkehr. Schließlich musste sie sich wohl doch heimlich eingestehen, dass keine Hoffnung mehr bestand. Sie gab es jedoch nicht offen zu. Eine neue Bindung ging sie jedenfalls nie wieder ein. Immer trug sie die kleine Brosche, die ihr Verlobter ihr seinerzeit geschenkt hatte, und dachte täglich an ihn.

Eine kurze Ehe

West-Berlin, 1969

Während Juliane vor zwei Jahren noch Bedenken hatte, mit ihrem Verlobten intim zu werden, machte ihre inzwischen volljährige Nichte Marianne Mahnfort sich derartige Gedanken nicht. Sie gehörte zur jüngeren Generation, sympathisierte mit der Flower-Power-Bewegung und ließ sich sorglos treiben. Gerade hatte sie sich mit einem gleichaltrigen jungen Mann, Friedrich, eingelassen, aber die Pille nicht mit der vorgeschriebenen Regelmäßigkeit eingenommen. Nun war es passiert. Mit ihren gerade einmal einundzwanzig Jahren wurde sie schwanger. Ihre konservative Mutter Helene Mahnfort drängte auf eine sofortige Heirat. Marianne weigerte sich, die Mutter drohte mit Enterbung und setzte damit ihren Willen durch. Friedrich, immer noch unsterblich verliebt in Marianne, war mit allem einverstanden und es wurde geheiratet.

Da die Ehe unter Zwang geschlossen wurde, nahm Marianne sie nicht ernst. Es ging schon auf der Hochzeit los. Bei der auf die Zeremonie folgenden Feier zog sie Friedrichs Trauzeugen Armand beiseite und flüsterte ihm ins Ohr:

„Hattest du schon einmal Sex mit einer Braut am Tag ihrer Hochzeit?“

Armand, der noch Junggeselle war, verneinte.

„Dann komm mit“, befahl sie und führte ihn in eine abschließbare Kammer, die sie hinter ihm verschloss. Sie packte sein bestes Stück aus und machte sich selbst untenrum frei. Sie hatten Sex in der Antilopenstellung. Er bewältigte den Kraftaufwand spielend. Beide genossen das Abenteuer, das seinen besonderen Reiz aus der spannungsgeladenen Situation zog.

Armand hatte sich nicht widersetzt. Warum sollte er? Marianne und er waren beide jung und voller Energie. Sie wirkte mit ihren roten Haaren und den grünen Augen überaus attraktiv. So eine Gelegenheit musste er doch beim Schopf packen! Dass Friedrich sein Freund war, störte ihn dabei nicht. So ein Angebot auszuschlagen, konnte er wirklich nicht von ihm verlangen! Außerdem: So wie es aussah, würde er nie von diesem Sex erfahren.

Übereilt geschlossene Ehen sind riskant. Manchmal gehen sie gut, manchmal nicht. Diese ging nicht gut. Das war im Licht der Ereignisse wohl zu erwarten gewesen. Marianne versuchte nicht einmal, den Anschein der ehelichen Treue zu wahren. Was noch schlimmer war: Sie machte sich über ihren düpierten Ehemann lustig. Ihm Hörner aufzusetzen, bedeutete nicht nur einen Kollateralschaden, sondern es schien ihr direkt darauf anzukommen. Sie wollte ihn quälen. Eine wahrhaft boshafte Frau.

Die einzig mögliche Konsequenz: Nach zwei Jahren ließ sich das Paar scheiden, sehr zum Missfallen der streng katholischen Mutter. Diese betrachtete die Ehe als unauflöslich. Selbst wenn Marianne sich trennen würde, bliebe sie doch vor Gott verheiratet, behauptete die Mutter, und Marianne dürfe nicht aufs Neue heiraten. Das war Einstellung der Mutter und das sollte sich zu gegebener Zeit noch als Problem für Marianne erweisen.

Marianne zog es nach der Scheidung zu anderen Männern. Sie überließ ihrem Ex-Mann Friedrich den unerwünschten Sohn Kevin. Dem mangelte es an nichts außer an seiner Mutter. Marianne hatte den Kontakt vollständig abgebrochen. Für den Jungen bedeutete es einiges, dass die Mutter ihn nicht sehen wollte. Er konnte diese Liebesverweigerung nicht verstehen und suchte die Schuld bei sich. Dabei war es seine bloße Existenz, die ihr nicht passte. Das ist grausam, aber der Junge ertrug es.

Sein Vater sorgte für ihn, so gut er es neben seinem Beruf vermochte. Lobenswerterweise kümmerte sich die Großmutter Helene ebenfalls sehr um ihn, unterstützte Vater und Sohn auch finanziell, wenn es notwendig wurde.