VERURTEILT! - Tabita Dietrich - E-Book

VERURTEILT! E-Book

Tabita Dietrich

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Beschreibung

Der Urlaub, der zum Alptraum wurde – unschuldig verurteilt in der Gefängnishölle von Trinidad, Karibik. Im Alter von 23 Jahren wurde die Schweizerin Tabita Dietrich in der Karibik unschuldig zu drei Jahren Gefängnis verurteilt wegen angeblichen Drogenschmuggels. Drogen, die ein Freund in ihrem Gepäck versteckte. Sie landete in Trinidad in der Gefängnishölle. Ihr Leben veränderte sich von einer Sekunde auf die andere. Heute, zwei Jahre danach in Freiheit, möchte die junge Schweizerin mit ihrem Schicksal Hoffnung machen, dass man alles schaffen kann im Leben, wenn man nur stark genug bleibt und den Glauben an die Gerechtigkeit nie verliert. Ihr Buch ist auch eine eindrückliche Dokumentation und Erklärung, wie sie ihr Schicksal aus spiritueller Sicht verarbeitet hat.

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Tabita DietrichVERURTEILT!

Tabita Dietrich

VERURTEILT!

Wie ich mit 23 Jahrenunschuldig in der Hölle landeteund mich wieder befreite

Giger Verlag

1. Auflage 2017© Giger Verlag GmbH, CH-8852 AltendorfTelefon 0041 55 442 68 48www.gigerverlag.chLektorat: Monika RohdeUmschlaggestaltung:Hauptmann & Kompanie Werbeagentur, ZürichUmschlagfoto: Joerg KressigLayout und Satz: Roland Poferl Print-Design, Kölne-Book: mbassador GmbH, BaselPrinted in Germany

ISBN 978-3-906872-26-1eISBN 978-3-039330-20-1

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Wie alles begann

Nach der Verurteilung

Immer nur einen Tag auf einmal leben

Tagebucheintrag vom 26.9.2013

Kämpfen, um zu überleben

Die Jugendlichen rufen mich

Arbeitsplatz

Rassismus

Tagebucheintrag vom 30.12.2014

Zerbrechen oder stärker werden

Sklaverei heute: emotionale, mentale und spirituelle Fesseln

Was du säst, wirst du ernten

Lektion: Das Wesen der Vergebung

Lektion: Initiation – die Ebene des Geistes integrieren

Loslassen und Gott zulassen

Lektion: Was Gott wirklich will

Lektion: Ich kann mir selbst nicht entkommen

Mediale Gaben schätzen lernen

Zwischenmenschliche Beziehungen

Tagebucheintrag vom 24.8.2014

Lektion: Versprechen für die Ewigkeit werden gegeben, um gebrochen zu werden

Die Welt des Unsichtbaren sehen

Ich kann nichts allein – das Wirken der Gemeinschaft

Lektion: Zum Wohle des Ganzen

Der Geist »Bacchanal«

Lektion: Die Energie treibt die Menschen zum Handeln an

Das Leiden der Frauen

Tagebucheintrag vom 22.6.2014

Tagebucheintrag vom 24.7.2014

Lektion: Kein Schutz kann negative Energien von mir fernhalten, wenn ich in mir das entsprechende Muster nicht geklärt habe

Inneren Gleichmut erlangen

Tagebucheintrag vom 25.4.2015

Lektion: Jeder ist mein Spiegel

Überstellung in die Schweiz und die Zeit danach

Lektion: Trennung existiert nur in unserem Geist

Konsumgesellschaft goodbye

Dann kam die physische Freiheit

Lektion: Bewusstsein ist der Weg zur Freiheit

Ein Wort an die Frauen

Schlusswort

Danksagung

Über die Autorin

Vorwort

Ich verstehe unter dem Begriff Gott nicht ein männliches Wesen, das im Himmel sitzt, auf uns herunterblickt und entscheidet, welche unserer Begehren erfüllt werden und welche nicht. Ich sehe Gott als das Leben selbst und als jenen Teil in uns, der weiß, wer wir in unserem wahren Kern wirklich sind. Der Teil, der uns auf dem Weg des Lebens dabei hilft, diese Wahrheit zu erkennen und in der physisch-materiellen Form zum Ausdruck zu bringen, indem wir immer genau die Lektionen und Erfahrungen vor die Nase gesetzt bekommen, die uns dabei helfen, dieser Essenz etwas näher zu kommen und etwas mehr davon in unserem Leben zum Ausdruck zu bringen. Erst wenn wir unser Wissen im täglichen Leben anwenden, wird es sich in Weisheit transformieren.

Dieser göttliche Teil in mir hat mich auf dem Weg des Lebens stetig dazu angetrieben, jegliche Fesseln auf jede nur erdenkliche Weise zu sprengen, um auf jeder Ebene frei und selbstbestimmt zu leben. Um diese Absicht zu manifestieren, musste ich zuerst alle Formen der Gefangenschaft, Fesseln und Unfreiheit am eigenen Leib erfahren, fühlen und mich daraus befreien, um den Unterschied von Freiheit und Gefangenschaft in der Tiefe meiner Seele zu verstehen und in jeder meiner Zellen zu fühlen.

Es scheint eine Ironie des Schicksals zu sein, dass ich erst dann wirkliche Freiheit erfahren habe, als mir meine physische Freiheit genommen und ich in der Karibik zu drei Jahren Haft verurteilt wurde. Menschen in der freien Welt sind meist mehr gefangen als die, die sich im Gefängnis befinden. Ich war eine dieser Menschen und habe bis zu meiner Verurteilung nicht gesehen, wie sehr ich mich in mentalen, emotionalen und spirituellen Fesseln gefangen gehalten habe. Dieses Buch spricht von den Fesseln, die ich während dieser zwei Jahre sprengen durfte, um wahrhaftig innere Freiheit zu erfahren. Ich lade dich ein, diese Reise mit mir zu teilen, und hoffe, dass dieses Buch dir dabei helfen wird, deine eigene Freiheit zu verwirklichen. Möge Freiheit unser einziges Ziel sein, das uns ein Leben lang antreibt und unseren Kindern und Kindeskindern jenes Leben ermöglicht, das unser Geburtsrecht ist, zu dem wir geboren wurden.

In Herzensliebe Tabita

Wie alles begann

Ich schickte gerade die letzte Nachricht an meinen Freund, der mich freudig zu Hause erwartete, und teilte ihm mit, dass ich mich am Flughafen in Tobago befinde und meinen Anschlussflug nach London erwischen werde. Ich versprach ihm, mich am nächsten Tag zu melden, sobald ich in London gelandet wäre. Damals ahnte ich nicht, dass sich mein Leben in den kommenden Minuten von Grund auf verändern würde. Ich erinnere mich noch an das Mädchen mit den Goldlöckchen, das mich neugierig in meinem langen Kleid betrachtete, bevor mich ein Polizist in Zivilkleidung aufforderte, meine Tasche zu öffnen und zur Kontrolle freizugeben. Nachdem er und seine weibliche Kollegin mein Handgepäck durchsucht hatten, verlagerten sie die Kontrolle meines Reisegepäcks in einen Nebenraum. Sie nahmen den gesamten Inhalt aus der Tasche und durchsuchten auch die Laptop-Tasche, die ich für meine Schreibarbeit während einer Shoppingtour mit einem Kollegen gekauft hatte. Ich stand daneben und schaute ihnen bei ihrer Arbeit zu.

Als ich sie die Laptop-Tasche aufschneiden sah, durchfuhr mich ein gewaltiger Energiestoß und ich wusste schlagartig, dass sich eine dramatische Wende vollziehen würde. Im gleichen Augenblick rieselte weißes Pulver aus der aufgeschnittenen Zwischenwand. Mittlerweile schwebte ich bereits außerhalb meines Körpers und nahm den Rest des Szenarios fernab wie in einem bösen Traum wahr. Ich beobachtete die Geschehnisse von außen und hörte, wie mich der Polizist wegen gefährlichen Drogenbesitzes festnahm. Gleich darauf wurde ich in ein bereitstehendes Auto verfrachtet. Als ich im Auto saß, dämmerte mir allmählich, dass ich wahrscheinlich so schnell nicht mehr nach Hause zurückkehren werde und jemanden organisieren müsste, der meine Hündin am kommenden Tag beim Hundesitter abholt. Ich schickte meiner Hundesitterin eine schnelle Nachricht und teilte ihr mit, dass ich meine Hündin nicht abholen könne und deshalb jemanden schicken werde.

Nach einer kurzen Fahrt erreichten wir die Polizeistation nahe dem Flughafen Crown Point. Ich wurde in ein kleines Büro geführt, wo das Verhör begann. Ich schilderte meine Geschichte und erklärte dem Polizisten, dass ich nicht wusste, dass sich Drogen in der Tasche befanden. Ich könne es mir nicht anders erklären, als dass die Tasche am Abend zuvor ausgetauscht wurde, als wir alle gemeinsam feiern waren und einer meiner Kollegen mich zurück ins Hotel brachte. Ich hatte etwas zu viel getrunken und erinnerte mich nur noch daran, dass ich gleich weggedöst bin, als wir im Hotelzimmer angekommen waren. Als der Polizist die drei Pakete mit dem weißen Pulver gewogen hatte und ich das Gesamtgewicht auf der Waage sah, ergriff mich eisige Kälte. Ich begriff sofort den Ernst der Lage. Circa drei Kilogramm Kokain waren in der Laptop-Tasche eingenäht gewesen.

Der Kollege, der mich eigentlich auf diesem Flug begleiten wollte, ihn jedoch kurz zuvor absagte, hatte sich einen wunderbaren Plan ausgedacht und mich als Schmugglerin benutzt, in der Absicht, an die Ware zu kommen, sobald ich in die Schweiz zurückkehren würde. Während meiner Schilderung gelang es mir nicht, meine Fassung wiederzuerlangen. Der Polizist versuchte mich zu beruhigen und erklärte mir, dass es vielen jungen Frauen so ergangen wäre wie mir und dass es sein einziges Ziel wäre, die Männer und damit auch die ganze Organisation zu schnappen, die dahinter steht.

Ich konnte jedoch an nichts anderes mehr denken als daran, dass mein Leben, wie ich es bis dahin kannte, vorbei sein würde. Wie sollte ich das bloß überleben? Ich fragte ihn, ob ich nach draußen gehen könne, um eine Zigarette zu rauchen, da ich nicht mehr in der Lage war, dem Verhör zu folgen. Ich hörte ihn zwar sprechen, konnte jedoch seine Worte nicht verstehen, sie kamen nicht bei mir an. Er sagte mir immer wieder, dass er schreckliches Mitleid mit mir hätte und ich sein Herz berühren würde. Vielleicht war das der Grund, warum er mich nach draußen gehen ließ, um eine Zigarette zu rauchen und dabei seinen Job riskierte. Das Rauchen auf allen öffentlichen Plätzen und Dienststellen ist in der Republik Trinidad und Tobago (TT) streng verboten.

Als ich versteckt zwischen zwei Autos etwa die Hälfte meiner Zigarette geraucht hatte, verließ mich das letzte bisschen Kraft in meinen Beinen und ich sackte zusammen. Ich konnte meine Tränen nicht mehr zurückhalten. Alle Kraft verließ mich. Zurück im Büro bekam ich meinen Anruf und rief zuerst meine Mutter an, die aber nicht antwortete, und dann meinen Freund in der Schweiz, um ihm mitzuteilen, was passiert war. Ich bat ihn darum, meine Hündin beim Hundesitter abzuholen und für sie da zu sein, so lange, bis ich wieder zurückkehre. Der Anruf dauerte nicht mehr als zwei Minuten.

Der erniedrigendste Teil stand mir bevor, als alle männlichen Polizisten den Raum verließen und die weibliche Polizistin mich aufforderte, mich nackt auszuziehen. Während ich mich bückte und hustete, suchte sie nach Drogen in meinem Vaginal- und Analbereich. Sie bestand vehement darauf, dass ich Drogenpakete geschluckt haben könnte und sie sicher gehen wolle, dass ich nicht über Nacht sterben würde, weil eins der Pakete in meinem Körper platzen würde.

Als die männlichen Polizisten wieder hereingebeten wurden, nahmen sie eine Urinprobe, um damit zu bestätigen, dass sich keine Drogen in meinem Körper befanden. Der Test bestätigte meine Aussage, doch sie glaubten mir immer noch nicht. Daraufhin beschlossen sie, mich ins Krankenhaus zu fahren, um mich einem Röntgentest zu unterziehen. Ich wurde zurück in den Jeep verfrachtet und mit Blaulicht ins Krankenhaus gefahren. Mir wurde Blut und Urin abgenommen. Dann steckten sie mich in ein durchsichtiges Gewand und nahmen den Röntgentest vor. Als die Tests zurückkamen, wurde ihnen meine Aussage von dem untersuchenden Arzt abermals bestätigt und sie wussten mit Sicherheit, dass ich keine Drogenpakete geschluckt hatte.

Zurück auf der Polizeistation wurde ich in eine der beiden Haftzellen gesperrt. Als ich die Zelle betrat, verschlug es mir komplett den Atem wegen des Gestanks, der mir in die Nase stieg. Am Boden waren Urin-, Kot- und Kotzreste. Es befand sich eine Toilette in einem Betonsockel in einer Ecke, die von Überresten an Kot und Toilettenpapier nur so überquoll. Sie ließ sich in der Zelle nicht spülen. Ich musste eine Polizistin rufen, die weitaus Besseres zu tun hatte, als auf der anderen Seite der Wand die Spülung zu betätigen. Die zerfetzte Matratze am Boden war der einzige Platz, auf den ich mich setzen konnte. Ich breitete meine Jacke aus und gab mich erneut meinen Tränen hin. Wie konnte so etwas nur geschehen? Immer wieder ging ich in meinem Kopf das Szenario durch und fragte mich, was ich hätte anders machen können. Wie konnte ich bloß so naiv sein und mich zu einer Reise überreden lassen, von der mir meine innere Stimme immer wieder abgeraten hatte. Die Zeichen waren alle da und hatten mich davor gewarnt, diese Reise anzutreten, doch meine Ignoranz hatte gesiegt. Schließlich hatte ich seit drei Jahren keine Ferien mehr gemacht, da konnte ich mir eine kleine Reise wohl erlauben, dachte ich.

Ich sah, wie mein ganzes Leben wie ein Kartenhaus vor meinen Augen zusammenfiel und ich konnte nichts dagegen unternehmen. All die schönen Praktiken und Techniken, die ich meine Klienten all die Jahre gelehrt hatte, fanden in meiner Situation keinen Anklang. Die nackte Angst hielt mich fest im Würgegriff. Ein riesiges schwarzes Loch tat sich auf und schluckte mich buchstäblich mit Haut und Seele. Ein Leben ohne Angst ist leicht, wenn man nicht gerade wegen Schmuggel und gefährlichen Besitzes von Kokain verhaftet wurde. Wo war Gott in dieser Sache? Ich habe den Menschen auf bestmögliche Weise geholfen. Womit hatte ich das verdient? Was war der Sinn dahinter? Warum sollte mein ganzes Leben zusammenbrechen? Werde ich je wieder aus dem Gefängnis entlassen?

Alle diese Fragen und Gedanken machten sich in mir breit. Fragen über Fragen, auf die ich keine Antwort wusste. Ich erinnerte mich an ein Buch, das mir meine Mutter vor Jahren gegeben hatte. Es handelte von einer Frau, der das Gleiche widerfahren war wie mir, jedoch in Thailand. Gegen sie wurde die Todesstrafe ausgesprochen und ihre Mutter konnte sie in letzter Sekunde befreien, weil sie den Präsidenten um Gnade angefleht hatte. Was, wenn mir das Gleiche passieren würde? Erneut ergriff mich die nackte Panik. Ich flehte Gott auf Knien an, mir beizustehen und mir eine Chance zu geben, lebend aus dieser Sache herauszukommen und mir die Kraft zu geben, alles durchzustehen.

Ich erkannte mich selbst nicht wieder. Ich sprach stets davon, dass wir frei wären, unser Leben so zu erschaffen, wie wir es uns wünschten. Womit hatte ich das erschaffen? Wie habe ich diese Erfahrung in mein Leben gezogen? Ich erkannte dieses Häufchen Elend nicht mehr, das hilflos und geschlagen am Boden kauerte. Das war nicht die Frau, die ich gewohnt war zu sein. Nichts, aber auch gar nichts konnte mich von der Angst, der Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung befreien.

Ich wurde an einem Freitag verhaftet und an einem Montag vor Gericht gebracht. Ich bekam über das Wochenende einen Anruf vom schweizerischen Konsulat in Caracas, Venezuela. Er konnte mir nur noch sagen, dass ich auf keinen Fall plädieren sollte, solange ich keinen Anwalt hätte, bevor das Telefonat abrupt von einem wütenden Polizisten beendet wurde. Ihm gefiel es ganz und gar nicht, dass wir nicht englisch sprachen, und somit verweigerte er mir mein Recht, mit dem Konsulat zu sprechen. Als ich dann am Montag ins Gericht gebracht wurde, war die Anwältin, die meine Familie laut Aussage des Polizisten organisiert hatte, nicht anwesend. Ich ließ die Richterin wissen, dass ich ohne eine Übersetzerin und ohne eine Anwältin nicht plädieren könne, da ich sichergehen wolle, dass meine Rechte gewahrt würden. Sie vertagte die Verhandlung auf den kommenden Mittwoch. Als ich am Mittwoch erneut vor Gericht stand, war eine Übersetzerin zugegen, doch eine Anwältin war weit und breit nicht zu sehen. Ich plädierte ein weiteres Mal nicht und die Richterin wurde langsam ungeduldig. Sie vertagte die Verhandlung auf einen Monat später und schickte mich ins Frauengefängnis in Trinidad.

Die Reise über das Meer nach Trinidad war lang und mühselig. Mit Handschellen wie eine Schwerverbrecherin vor allen Leuten über die Reeling zu laufen, war eine zutiefst demütigende Erfahrung, die ich keinem Menschen wünsche. In den 28 Tagen im Frauengefängnis hatte ich Zeit, genügend Informationen zu sammeln, um zu erfahren, dass ich wahrscheinlich am schnellsten aus dieser Sache herauskommen könnte, wenn ich auf schuldig plädieren und meine Strafzeit akzeptieren würde. Ich erfuhr, dass, wenn ich nicht auf schuldig plädierte, die Drogen zur Beweisaufnahme in ein Labor geschickt würden. Bis diese Beweisaufnahme dann abgeschlossen wäre, könnten ein bis zwei Jahre vergehen, in denen ich alle 28 Tage eine anstrengende dreitägige Reise zurück nach Tobago auf mich nehmen müsste, während der ich auf harten Steinböden schlafen und stundenlang in Zellen für den Weitertransport warten müsste, nur um ein weiteres Mal vor Gericht zu erscheinen und gesagt zu bekommen, dass der Fall vertagt werden würde. Ich wäre im System verloren. Niemand würde sich mehr um mich kümmern.

Ich erfuhr außerdem, dass bei einem Drogendelikt normalerweise neben einer Verurteilung eine Buße verhängt würde, die nach Bezahlung meist zur Freilassung führte. Das weckte meine Hoffnungen. Darauf setzte ich, denn ich wollte auf keinen Fall auch nur einen Tag länger in dieser Hölle bleiben. Der Glaube daran, diese Buße zu erhalten, erhöhte sich, als ich in meiner Zeit in Arouca vor der Verurteilung miterlebte, wie eine Amerikanerin, die die gleiche Geschichte erlebt hatte wie ich und auch auf schuldig plädierte, mit einer Strafe von fünf Jahren und einer Geldbuße von 25000 TTD belangt wurde. Das sind umgerechnet etwa 2500 US Dollar. Ihre Familie bezahlte die Buße und sie konnte nach Hause zurückkehren, ohne die nächsten fünf Jahre, von denen sie drei Jahre und vier Monate hätte absitzen müssen, im Frauengefängnis von Arouca zu verbringen. Ich freute mich so sehr für sie und war in diesem Augenblick felsenfest davon überzeugt, dass ich ebenfalls eine Buße erhalten und nach Hause zurückkehren würde.

Als ich am 38. Tag nach meiner Verhaftung wieder vor Gericht stand, hatte ich 38 Tage gefastet und gebetet, um eine Buße zu erhalten und zurück nach Hause zu können. Meine Mutter und mein Freund reisten aus der Schweiz an, um das nötige Geld zu bezahlen und mich mit nach Hause zu nehmen. Doch es kam alles ganz anders als erhofft. Ich wurde am 21. 8. 2013 zu drei Jahren Haft mit »Hard Labour« ohne Buße verurteilt. Meine Mutter und mein Freund brachen weinend zusammen, während ich noch gar nicht richtig fassen konnte, was dieses Urteil wirklich zu bedeuten hatte. Die Beamten wollten mich gleich aus dem Gerichtssaal entfernen, als meine Mutter und mein Freund zu mir rannten. Ich sagte zu meiner Mutter: »Ich weiß nicht, ob ich das überleben werde.« Woraufhin sie erwiderte: »Du musst!« Dann rissen sie uns auseinander und meine lange und einsame Reise in einem fremden Land fernab von allem mir Bekannten begann.

 

Nach der Verurteilung

Meine Mutter und mein Freund kamen mich nach der Verhaftung besuchen und meine Mutter wollte gleich den Gefängnisdirektor sprechen. Als ich dann in den Besucherraum geführt wurde, waren meine Mutter, mein Freund und der Gefängnisvorsteher zugegen. Ich wusste damals nicht, dass meine Mutter ihm erzählt hatte, dass ich male und zeichne. Doch anscheinend redete sie stark auf ihn ein und hinterließ einen so bleibenden Eindruck, dass ich die weiteren Monate einen Aufpasser hatte. Von meinem Freund wusste ich, dass er auf mich warten würde, das hatte er mir versprochen. Als wir uns in diesem Raum in die Augen blickten, blieb die Welt um uns stehen; ich wusste in dem Moment und weiß es auch jetzt noch genau, als ob es gestern gewesen wäre, dass dies nicht das Ende unserer gemeinsamen Reise gewesen sein würde. Das war das letzte Mal, dass ich meine Mutter für die nächsten zwei Jahre gesehen habe. Sie musste zurückfliegen in die Schweiz und konnte nicht, wie mein Freund, noch eine Woche länger bleiben.