Vom Unsinn des Sinns oder vom Sinn des Unsinns - Paul Watzlawick - E-Book

Vom Unsinn des Sinns oder vom Sinn des Unsinns E-Book

Paul Watzlawick

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Beschreibung

Ein brillanter Essay über die Unverbindlichkeit der Wirklichkeit Der Philosoph und Psychoanalytiker Paul Watzlawick geht der Frage nach den Wirklichkeiten, den Sinnzuweisungen unserer Wahrnehmung nach. Vordergründig scheint es so etwas wie einen allgemeinen Konsens darüber zu geben, was »die Wirklichkeit« ist. Diesen Konsens stellt Watzlawick in Frage.

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Paul Watzlawick

Vom Unsinn Des Sinns Oder Vom Sinn Des Unsinns

Wiener Vorlesungen

Band 16

Der vorliegende Text basiert auf zwei aufeinander Bezug nehmenden Vorträgen im Wiener Rathaus, am 17. Mai 1989 und am 5. November 1991

Paul Watzlawick

Vom Unsinn Des Sinns Oder Vom Sinn Des Unsinns

Mit Einem Vorwort VonHubert Christian Ehalt

Picus Verlag Wien

Copyright © 1992 Picus Verlag Ges.m.b.H., Wien

8. Auflage 2024

Alle Rechte vorbehalten

Grafische Gestaltung: Dorothea Löcker, Wien

ISBN 978-3-7117-3032-9

eISBN 978-3-7117-5510-0

Informationen zu den Wiener Vorlesungen unter

www.wienervorlesungen.at

Informationen über das aktuelle Programm des Picus Verlags und Veranstaltungen unter

www.picus.at

Inhalt

Vorwort

Vom Unsinn Des Sinns Oder Vom Sinn Des Unsinns

Das Zusammenspiel Von »Innen« Und »Aussen«

Die Fraglichkeit Unseres Dualistischen Weltbildes

Die Erweiterung Unserer Sichtweise Durch Den Faktor »Beziehung«

Die Strategie Der Kleinen Schritte

Die Einheit Von »Innen« Und »Aussen«

Die Überwindung Der Diskrepanz Zwischen Selbst Und Welt

Die FragwÜrdigkeit Unserer Wahrnehmung

Die Unterscheidung Zwischen Wahrnehmung Und Sinnzuschreibung Als Basis Des Radikalen Konstruktivismus

Absage An Die Annahme Einer Objektiven Wirklichkeit

Die Grenze Zwischen NormalitÄT Und Wahnsinn

Sinn Oder Un-Sinn Unserer Wirklichkeitsvorstellung

»Sinn Oder Nichtsein, Das Ist Hier Die Frage«

Die Menschliche Imagination Als Gestaltende Lebenskraft

Der Radikale Konstruktivismus: Seine Aussagen …

… Seine Anwendungsbereiche

… Seine MÖglichkeiten

… Und Seine Zielsetzung

Der Autor

Vorwort

Paul Watzlawick hat im Rahmen der Wiener Vorlesungen zwei Vorträge gehalten, die beide der Relativität dessen gewidmet waren, was wir Wirklichkeit nennen. Der Autor war ein Vertreter des Konstruktivismus, der in den Natur- und ebenso in den Geisteswissenschaften ein neues wissenschaftliches Weltbild formuliert hat. Es gehört heute zum Allgemeinwissen breiterer Schichten, dass die Welt, wie wir Menschen sie mit unseren Sinnesorganen wahrnehmen, nicht objektiv so ist, wie wir sie sehen, hören, riechen, fühlen. Die Hunde etwa haben eine weit differenziertere Geruchswahrnehmung als die Menschen und nehmen somit im Kosmos der Gerüche Sektoren der Wirklichkeit wahr, die den menschlichen Riechorganen immer unbekannt bleiben werden. Die Facettenaugen der Insekten formen ein ebenso eigenständiges Raum- und Farbbild wie die Sehapparate der Chamäleons und der Menschen. »In Wirklichkeit«, so sagen uns die Naturwissenschaften, gibt es nicht diesen Tisch vor uns, sondern eine Anhäufung von Molekülen in einer bestimmten Organisation, Wellen mit unterschiedlicher Frequenz usw.

Über das Licht zum Beispiel haben die Physiker lange Zeit gerätselt, ob es »Materie« oder »Welle« sei, und auch wenn man von der Unvollkommenheit unserer Sinnesorgane bei der Darstellung »des Wirklichen« einmal absieht, gewinnen unsere Vorstellungen von der Welt nicht viel mehr an Objektivität.

Noch komplizierter wird es, wenn wir uns die subjektive und individuelle Interpretation des sozialen Geschehens bewusst machen. Es ist eine Erfahrung, die jeder von uns im privaten und beruflichen Leben täglich macht, dass ein Geschehen, bei dem wir mit anderen gemeinsam handeln, von jedem/jeder Beteiligten anders gesehen und interpretiert wird. Ein Wortwechsel zwischen zwei oder mehreren Menschen enthält durch die Vieldeutigkeit der Begriffe und der nonverbalen Artikulationsformen so viele oft divergierende Sinngehalte, dass ihm im späteren Bericht von Beteiligten mit deren bestem Wissen und Gewissen unterschiedliche Bedeutungsinhalte zugeordnet werden können. Dies war ein wesentlicher Impulsgeber des Familien-, Bassena- und Bürotratsches, da – weil wir Menschen uns nicht mit mathematischen Formeln und Sätzen der von Wittgenstein geforderten Präzision miteinander verständigen – jede subjektive Wahrnehmung, Reflexion und Äußerung einen sozialen Inhalt weiterentwickelt.

Diese Subjektivität der Wirklichkeitssicht und -interpretation hat objektive – das heißt messbare – soziale (Schicht- und Milieuzugehörigkeit), geschlechts- und kulturspezifische Ursachen. Paul Watzlawick war wohl jener Forscher, der auf die Brüchigkeit der Wirklichkeit im Allgemeinen und die Relativität der Wirklichkeitsinterpretationen der Menschen im Besonderen pointiert verwiesen hat. In den letzten zwanzig Jahren haben fast alle geisteswissenschaftlichen Disziplinen eine konstruktivistische Phase durchgemacht. Die Ethnologen erkannten, dass Struktur und Geschichte der Stammesgesellschaften, über die sie aus einer europazentrischen und kolonialistischen Perspektive berichtet hatten, aus der Sicht der Betroffenen ganz anders aussehen. In der Geschichtswissenschaft hat die konstruktivistische Erkenntnis dazu geführt, die »Wahrnehmung« als eine zentrale Kategorie einzuführen und zu fragen, was die Menschen jeweils aus bestimmten Situationen gemacht haben, wie sie diese Situationen gesehen haben.

Was Weite und Enge bedeutet, kann jeweils unterschiedlich – kultur- und milieuspezifisch – interpretiert werden, wie Paul Watzlawick dies am Beispiel der Bewertung unterschiedlicher Körperdistanzen in verschiedenen Kulturen beschreibt. Watzlawicks Beispiele – etwa die unterschiedliche Bewertung des Kusses als Beziehungsschritt beim Kennenlernen von amerikanischen Soldaten und englischen Frauen – machen deutlich, dass es kulturell bedingte unterschiedliche Normalitätsvorstellungen gibt. Hier liegt wohl ein wesentlicher Aspekt der aufklärerischen Bedeutung von Watzlawicks Thesen.

Der Autor macht deutlich, dass es in den menschlichen Beziehungen und in deren Deutung keine einfachen Wahrheiten gibt, und dass nicht die Einheitlichkeit, sondern die Unterschiedlichkeit der Handlungs- und Interpretationsformen der einzelnen Individuen in einer Kultur – vielmehr noch in unterschiedlichen Kulturen – das »Normale« ist.

Man kann die konstruktivistische Interpretation des sozialen Geschehens, wie sie Paul Watzlawick vornimmt, als Fundament eines Relativismus und Nihilismus sehen. Das Gegenteil ist wohl zutreffender. Die Erkenntnis, dass Wirklichkeiten immer Konstruktionen sind, gibt dem Individuum die Möglichkeit, frei zu sein, sich für eine Wirklichkeit zu entscheiden, sich diese selbst auszusuchen. Man lernt mit dieser Perspektive, konziliant zu sein, weil man sich bewusst gemacht hat, dass eine Wirklichkeit nicht besser ist als die andere; und man lernt, verantwortlich zu sein für das, was man tut, weil einem niemand die Verantwortung abnimmt.

Das vorliegende Buch ist die Publikation zweier thematisch aufeinander bezogener Vorträge, die Paul Watzlawick im Wiener Rathaus gehalten hat und die pointiert zusammenfassen, was der Autor in einer Reihe seiner Bücher entwickelt hat. Wir freuen uns mit den Freundinnen und Freunden der Wiener Vorlesungen, dass Watzlawicks Ausführungen auf diesem Weg einer größeren Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden können.

Hubert Christian Ehalt

Paul Watzlawick

Vom Unsinn Des Sinns Oder Vom Sinn Des Unsinns

Zu Beginn möchte ich auf eine Frage eingehen, die heute immer häufiger gestellt wird, nämlich die Forderung nach einer eindeutigen Stellungnahme zwischen dem einen oder anderen Extrem Seele oder Masse, »innen« oder »außen«.