Von unsichtbaren Gorillas und tanzenden Bären - Diana Menschig - E-Book

Von unsichtbaren Gorillas und tanzenden Bären E-Book

Diana Menschig

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Beschreibung

Jeder weiß, was real ist. Alles, was wirklich ist. Und was ist wirklich? Da wird es schwieriger. Denn jeden Tag machen wir uns unser eigenes Bild davon, was wirklich ist. Viele nennen das Wahrnehmungstäuschungen. Wieso eigentlich Täuschungen? Sind es nicht ganz wichtige Techniken, die da ablaufen, die verhindern, dass wir in Einzeleindrücken versinken? Und was hat das alles mit Bären, Glasscheiben und Gorillas zu tun?Ausgehend von ihrer Profession als Psychologen beantworten die Autoren diese Fragen, stellen den aktuellen Forschungsstand zu Wahrnehmung, Gedächtnis und Realitätskonstruktion dar – und kommen zu überraschenden Erkenntnissen!

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Diana Menschig

Sebastian Bartoschek

Von unsichtbaren Gorillas

und tanzenden Bären

Ist unsere Realität real

oder nur das Ergebnis unserer Fantasie?

Inhalt

1. Einleitung

2. Alltägliche Konstruktionen der Realität

2.1. Erinnerung: Konstruktion der Vergangenheit

2.1.1. Anspruch und Wirklichkeit

2.1.2. Erklärungsansätze

2.2. (visuelle) Wahrnehmung: Konstruktion der Gegenwart

2.2.1. Anspruch und Wirklichkeit

2.2.2. Erklärungsansätze

2.3. Fazit

3. Diskussion möglicher Implikationen für die Fantastikforschung

3.1. Fantastik und die Grenze zwischen Realität und Fiktion

3.2. Der Fantastiker als Weltkonstrukteur – und was damit zusammenhängen könnte

4. Ausblick

Nachtrag

Bibliographie

Über die Autoren:

Sebastian Bartoschek

Diana Menschig

Impressum

Freilich wissen wir ja das Verborgene nicht und wollen nicht vergessen, daß Geschichte schreiben, auch wenn es noch so nüchtern und mit noch so guten Willen zur Sachlichkeit getan wird, immer Dichtung bleibt und ihre dritte Dimension die Fiktion ist.

~ Hermann Hesse, Das Glasperlenspiel

1. Einleitung

Die meisten Menschen glauben, eine klare Vorstellung davon zu haben, was „die Realität“ ist, das so genannte „wahre“ Leben: das, was uns täglich umgibt. Selbst diejenigen, die den Begriff „Realität“ nicht als objektiv oder unveränderlich gültig und für alle Menschen übereinstimmend definieren, nehmen häufig eine Abgrenzung vor, bei der sie „reale“ Erlebnisse, Wahrnehmungen und Emotionen vom Ausgedachten, Konstruierten, Fantastischen trennen.

Mit dem Begriff „Real-Life“ (abgekürzt RL) wird zunehmend zudem eine Abgrenzung der virtuellen Umgebung der Social Media (z.B. Facebook), der Chatrooms, Foren oder Online-Spiele vom Alltag vollzogen.

Doch ist solch eine Abgrenzung überhaupt möglich? Und, sofern möglich, ist diese Abgrenzung angemessen?

Die psychologische Sichtweise bei der Betrachtung der menschlichen Fähigkeit zur Erinnerung, Wahrnehmung und rationaler Handlungsentscheidung ist indes einfach: Eine objektive Realität, die nicht konstruiert ist, gibt es nicht, sie ist stets subjektiv, letztlich gar fiktiv. Selbst unter besten Voraussetzungen und dem festen Vorsatz zur Objektivität ist eine nicht–konstruierende und damit „realistische“ Betrachtung des eigenen Lebens nicht möglich, weder persönlich noch für Dritte, die keinen Zugriff auf das persönliche Erleben eines Anderen besitzen.

Dieser Gedanke ist nicht neu. Die Bereitschaft seine Gültigkeit anzuerkennen ist aber selten hoch ausgeprägt, insbesondere wenn Vorbehalte gegen die „Realität“ virtueller Welten oder die vermeintliche geringere Wertigkeit sozialer Online-Kontakte betrachtet werden.

Ziel der folgenden Ausführungen ist es, die Gültigkeit dieser Aussage zur subjektiven Realitätskonstruktion mit psychologischen Erkenntnissen zur menschlichen Fähigkeit der Gestaltung von Realität zu untermauern. Dabei mag es auf den ersten Blick so aussehen, als ob die Verfasser die Erkenntnisse psychologischer Studien als objektive Realität ansehen. Die Ergebnisse wissenschaftlicher Forschung sollen jedoch nicht als Abbild einer Wahrheit hinter den Dingen (miss)verstanden werden, sondern als Modelle, die Zusammenhänge beschreiben. Dabei ist Beschreibung durchaus wörtlich zu verstehen, denn „auf Basis der schriftlichen Darstellung kann sich jede oder jeder in die Position des Experimentators hineinversetzen. (…) Wenn du der entstehenden Vorstellung des Experimentes nicht glauben kannst, führe das Experiment selbst durch.“ (Oatley & Olsen 57, Übers. d. Verf.)1

Diese Modelle sind der Widerlegung, der Falsifikation zugänglich, wie es Karl Popper grundsätzlich für wissenschaftliche Theorien gefordert hat. Insofern sind die hier gemachten Ausführungen nur vorläufig, bis neuere, bessere Theorien mit mehr Evidenz auf den Plan treten.

Wenn es nun aber keine objektive Realität gibt, die „aufhören“ kann, wo beginnt dann Fiktion? Nach Ansicht der Verfasser kann es keine klare Antwort auf diese Frage geben. Viel wichtiger erscheint die Erkenntnis, dass jeder Form von Realität ein Stück Fiktion innewohnt. Und andersherum Fiktion retrospektiv zur Realität werden kann. Oder, um es mit Arthur Schopenhauer auszudrücken: Bei genauer Betrachtung gehen Realität und Traum (oder die Fiktion) fließend ineinander über und „so findet sich in ihrem Wesen kein bestimmter Unterschied und man ist genöthigt, den Dichtern zuzugeben, daß das Leben ein langer Traum sei.“ (21)

Diese Vorannahmen schaffen die Voraussetzung dafür, eine neue Charakterisierung der Personen vorzunehmen, die sich auf das Spiel mit Wirklichkeiten, der Fiktion und, im engeren Sinne, mit Fantastik, alternativen oder virtuellen Realitäten einlassen. Es soll eine dem aktuellen Forschungsstand angemessene Definition geleistet werden, und mögliche neue, sich daraus ergebende Fragestellungen innerhalb der Sozial-, Geistes- oder Kulturwissenschaften betrachtet werden.

2. Alltägliche Konstruktionen der Realität