Wachstumsmarkt  Ambulante Pflege - Birger Schlürmann - E-Book

Wachstumsmarkt Ambulante Pflege E-Book

Birger Schlürmann

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Beschreibung

auf den Punkt gebracht: • Konzepte für den Weg zum professionellen Pflege-Allrounder • Die Zukunftschance: maßgeschneiderte quartiernahe Angebote • Zielvision: der attraktive Arbeitgeber in der Pflege Im Gesundheitsmarkt der Zukunft werden ambulante Pflegedienste eine wesentlich größere Rolle spielen als bislang. Ambulante Pflege muss dafür allerdings lokal und regional bestens verankert sein. Nur als multiprofessionelle Dienstleister können ambulante Pflegeanbieter ihr Wachstumspotenzial heben. Birger Schlürmann beschreibt schlüssig und klar, welche Weichen ambulante Dienste jetzt stellen müssen, um wirtschaftlich effizient und flexibel auf Herausforderungen zu reagieren. Er liefert Lösungen (neue Geschäftszweige und Wohnformen), gibt Tipps für Personalmanagement und -entwicklung. Das Buch zeigt, wie es Pflegeeinrichtungen gelingt, • unterschiedliche Wohnformen aufzubauen; • fachspezifische Pflege mit entsprechenden Versorgungsverträgen anzubieten; • sich im nahen Umfeld zu verankern; • die Belegschaft kontinuierlich weiterzuentwickeln; • als attraktiver und prosperierender Arbeitgeber wahrgenommen zu werden; • durch Diversifikation die Zukunft zu sichern.

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Seitenzahl: 121

Veröffentlichungsjahr: 2015

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Birger Schlürmann

Wachstumsmarkt Ambulante Pflege

Angebote – Chancen – Modelle

schütersche

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliothek; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

ISBN 978-3-89993-339-0 (Print)

ISBN 978-3-8426-8597-0 (PDF)

ISBN 978-3-8426-8614-4 (EPUB)

Über den Autor: Birger Schlürmann ist Pflegefachkraft, TQM-Auditor sowie Pflegedienst- und Heimleiter. Er arbeitet als Geschäftsführer eines ambulanten Pflegedienstes in Köln.

Der Pflegebrief Newsletter – für die schnelle Information zwischendurch Anmelden unter www.pflegen-online.de

© 2015  Schlütersche Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG,

Hans-Böckler-Allee 7, 30173 Hannover

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der gesetzlich geregelten Fälle muss vom Verlag schriftlich genehmigt werden. Alle Angaben erfolgen ohne jegliche Verpflichtung oder Garantie des Autoren und des Verlages. Für Änderungen und Fehler, die trotz der sorgfältigen Überprüfung aller Angaben nicht völlig auszuschließen sind, kann keinerlei Verantwortung oder Haftung übernommen werden.

Die im Folgenden verwendeten Personen- und Berufsbezeichnungen stehen immer gleichwertig für beide Geschlechter, auch wenn sie nur in einer Form benannt sind. Ein Markenzeichen kann warenrechtlich geschützt sein, ohne dass dieses besonders gekennzeichnet wurde.

Reihengestaltung:

Michael Fröhlich, Hannover

Satz:

PER Medien+Marketing GmbH, Braunschweig

Druck:

Stürtz GmbH, Würzburg

Inhalt

Vorwort

1Problem: Die heutige Lage ambulanter Pflegedienste

1.1Rote Zahlen trotz rosiger Zukunft?

1.1.1Zwischen Gesetzen und Verträgen

1.1.2Die Personalsituation: angespannt

1.1.3Kundenstruktur und -anforderungen: veränderlich

1.1.4Gewinne: sinkend

1.2Die Konsequenz eines Stillstandes

1.2.1Der Trend spricht gegen die Grundpflege

1.2.2Gleichschritt ist Rückschritt

1.2.3Die schleichende Insolvenz

1.2.4Schlussimpuls: Ihr Denken muss die Richtung ändern

2Kurzfristige Lösungen

2.1Haushaltsnahe Dienstleistungen

2.1.1Die »Service-Karte«

2.1.2Privatzahlerkatalog

2.2Ausbau des Demenzbereichs

2.2.1Nutzen Sie konsequent die §§ 45b, 123 und 124 SGB XI

2.3Ambulante psychiatrische Krankenpflege

3Langfristige Lösungen

3.1Aufbau ambulant betreuter Wohngemeinschaften

3.1.1Die ambulant betreute WG

3.1.2Die Intensivpflege-WG

3.1.3Die Kosten-/Erlösentwicklung in der Heimbeatmungspflege (»1:1-Versorgung«)

3.2Aufbau einer Tagespflegestation

3.2.1Die Voraussetzungen für den Betrieb einer Tagespflege

3.2.2Die Erlösstruktur einer Tagespflegeeinrichtung

3.2.3Die Kosten einer Tagespflegeeinrichtung

3.3Aufbau einer Kurzzeitpflege-Station

3.3.1Voraussetzungen für den Betrieb einer Kurzzeitpflege Station

3.3.2Erlöse und Kosten

3.4Stationäre Pflege

3.4.1Voraussetzungen für den Betrieb

3.4.2Finanzierung und Erlösstruktur

3.5Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Versorgungsformen

3.5.1Finanzielle Synergieeffekte

3.5.2Personelle Synergieeffekte

3.5.3Fachliche Synergieeffekte

3.6Ihr Personal wächst mit

3.6.1Ihre Attraktivität als Arbeitgeber wächst

3.6.2Nie wieder Leitungskräftemangel

4Fazit

Literatur

Register

Vorwort

Die Zukunft ist bunt – das ist Hoffnung und Anspruch zugleich:

»Mit klassischer ambulanter Pflege – so wie wir sie seit den 80er-Jahren kennen, ist kein Blumentopf mehr zu gewinnen.« Das macht Birger Schlürmann auf der ersten Seite seines Buches unmissverständlich klar. Er bereitet für Sie überzeugend auf, worauf es ankommt, welche Möglichkeiten sich Ihnen bieten, um Ihren Dienst wirklich zukunftsfit zu machen. In allen Bereichen.

Nicht nur wirtschaftlich, wo es darum geht, trotz real sinkender Vergütungen im ambulanten Feld durch kluge Synergien und marktgerechtes Handeln ein gedeihliches Wirtschaften zu erzielen, sondern auch, wenn es darum geht, wie Sie ein (noch) attraktiver(er) und abwechslungsreicher(er) Arbeitgeber für Ihre zukünftigen Mitarbeitenden werden.

Denn: Mit einer Vielfalt an Angeboten erhöhen Sie Ihre Attraktivität für die »High Potentials«, hochqualifizierte und engagierte Mitarbeitende, die überall händeringend gesucht werden.

Sehr schlüssig, anschaulich und aufrüttelnd ist Birger Schlürmanns Warnung vor dem »Weiter so!« – denn es führt in den Rückschritt und eine schleichende Insolvenz ist dann nicht weit.

Dieses Buch macht auf eine ganz pragmatische Weise Mut – auch denjenigen, die bisher noch nicht über Veränderungen nachgedacht haben. Beim Lesen kommt sofort der Gedanke: Warum nicht? Mit einem Augenzwinkern bekommen Sie knapp und konkret Lösungsoptionen präsentiert. Ein echtes Lesevergnügen.

Dabei bleibt Birger Schlürmann nicht stehen: Wie Ihr persönlicher Trainer entwirft er mit Ihnen den Spielplan der Zukunft – bis die Strategie stimmt, die Mannschaft steht und Sie Ihren persönlichen Sieg feiern.

Ich wünsche Ihnen einen weiteren erfolgreichen Aufstieg in die erste Liga!

Essen, im März 2015

Karla Kämmer

1Problem: Die heutige Lage ambulanter Pflegedienste

Mit reiner ambulanter Pflege, so wie wir sie seit den 1980er-Jahren kennen, lässt sich heute kein Blumentopf mehr gewinnen. »Naja«, mag der eine oder andere von Ihnen einwenden, »wir haben aber den demografischen Wandel – immer mehr ältere Menschen – da können wir noch lange so weiter machen.« Richtig an diesem Argument ist, dass es auch in Zukunft ältere Menschen mit Pflegebedarf geben wird. Doch es wird eine andere Zielgruppe sein: anspruchsvoller, fordernder, aufgeklärter. Hierauf müssen ambulante Anbieter reagieren.

Hinzu kommen immer mehr Menschen mit demenziellen Erkrankungen, mit besonders schweren pflegerischen Situationen wie Beatmungspflicht und Wachkoma. Auch diese Gruppe wird für ambulante Versorger immer wichtiger.

Die unterschiedlichen Landesheimgesetze, die verabschiedet und zum Teil schon wieder modifiziert wurden (z. B. in Nordrhein-Westfalen), eröffnen mittlerweile neue Formen der ambulanten und teilstationären Versorgung.

Ambulante Dienste haben heute die Möglichkeit, die gesamte Dienstleistungspalette zu offerieren: von der einfachen Nachbarschaftshilfe bis hin zum spezialisierten Angebot für beatmete Menschen in ihrer eigenen Häuslichkeit.

Es ist heute also vieles möglich für ambulante Pflegedienste. Es ist aber zugleich vieles nötig, um die nächsten zehn Jahre und mehr als Pflegedienst zu überleben. Einen ersten Überblick über Ihre Chancen und Möglichkeiten finden Sie in diesem Buch.

1.1Rote Zahlen trotz rosiger Zukunft?

Sie verzeihen mir bitte, dass ich die Überschrift für dieses Kapitel abgekupfert habe. Das launige Wortspiel stammt von Professor Michael Isfort1. Bereits 2006 schrieb er: »Marktforscher bescheinigen der ambulanten Pflege regelmäßig eine rosige Zukunft. Zugleich kämpfen viele Pflegedienste ums Überleben, ausgebremst durch Struktur- und Finanzierungsdefizite des Gesundheitssystems. Fakt ist: Die Branche hat Wachstumspotenzial. Es zu nutzen heißt, als Pflegedienst neue und passende Angebote zu machen.«2 Tatsächlich hat sich an dieser kompakten Zustandsbeschreibung seither nicht viel geändert. Immer noch kämpfen in Deutschland die Pflegedienste ums Überleben. Immer wieder kommt es zu Meldungen wie dieser: »Rund 60 Prozent der ambulanten Pflegedienste von Caritas und Diakonie in Baden-Württemberg schreiben rote Zahlen«, titelte die Mainpost und nannte auch den Grund für die desolate Haushaltslage: die mangelnde Refinanzierung, denn Caritas und Diakonie müssen u. a. ihren Mitarbeitern Tariflöhne zahlen. Die Krankenkassen erkannten bislang diese Ausgaben nicht als betriebsnotwendig an. Das immerhin ändert sich mit dem ersten Pflegestärkungsgesetz. Doch ob das reicht?

Fakt

In Deutschland gibt es derzeit rund 12.000 ambulante Pflegedienste mit rund 200.000 Mitarbeitern. Ihre Arbeit wird zum Teil aus der Pflegeversicherung, der Krankenversicherung und zum Teil direkt vom Kunden vergütet. Die Ertragssituation vieler ambulanter Dienste ist allerdings nach wie vor heikel. Ambulante Dienste kämpfen vor allem mit dem Delta zwischen überproportional steigenden Betriebskosten und real sinkenden Vergütungen.

Hinzu kommt, dass der überwiegende Teil der ambulanten Pflegedienste (67 %) weniger als 50 Pflegebedürftige versorgt.3

Außerdem gibt es immer neue Qualitätsanforderungen (gern von den Pflegewissenschaftlern), die von Institutionen wie dem MDS geradezu begeistert aufgenommen werden. Gegen Qualität ist freilich nichts zu sagen, doch der Aufwand, den so manche Anforderung an einen ambulanten Pflegedienst stellt, ist enorm. Allein der Dokumentationsaufwand für die Beratung von Pflegekunden mit potenziellen Risiken kostet einen Pflegedienst mit 100 SGB XI-Klienten jährlich etwa 42.000 €, legt man pro Klient und Jahr allein hierfür 12 Dokumentationsstunden zu je 35 € Fachkraftkosten zugrunde. Im Umkehrschluss muss ein Pflegedienst dieser Größe eine komplette Fachkraft inklusive Lohnnebenkosten nur für die nicht-wertschöpfende Beratung beschäftigen.

Die Überbürokratisierung ist ein Konfliktfeld vieler ambulanter Dienste, denn im Gewirr zwischen SGB V und XI müssen sie sich fast allein durchschlagen.

Anfang Dezember 2014 legte das Bundesgesundheitsministerium die Finanzergebnisse der ersten drei Quartale des Jahres 2014 vor. Die Krankenkassen mussten zwar Verluste hinnehmen, verfügten aber über eine Reserve von 16 Mrd. Euro. Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe bezeichnete diese Bilanz als außerordentlich stabil. Dennoch darf man Kritik üben: In meinem Newsletter formulierte ich deshalb etwas spitz: »Umso fraglicher ist, warum es immer wieder vorkommt, dass unter fadenscheinigen Begründungen zum Teil lebensnotwendige Verordnungen zur Behandlungspflege im ambulanten Bereich abgelehnt werden. Hier nämlich entstehen im Umkehrschluss immer mehr Verwaltungskosten für ambulante Dienste: Es werden oft viele Arbeitsstunden nur darauf verwendet, Widersprüche zu formulieren – damit der betroffene Versicherte auch sein Recht bekommt.«4

Ein weiteres Problem vieler ambulanter Dienste: Es fehlt an Personal. Die Arbeitsbedingungen in der ambulanten Pflege sind nicht attraktiv. Die Arbeit ist herausfordernd, anstrengend, der Verdienst demgegenüber eher mager.

Doch selbst bei guten Arbeitsbedingungen haben Pflegedienste Schwierigkeiten, Personal zu bekommen. Ein Beispiel aus Sachsen-Anhalt: Dort ist »in jeder Sozialstation der Volkssolidarität eine Vollzeitstelle nicht besetzt, 13 insgesamt. Und nichts hilft, diesen Zustand zu beenden, obwohl Beate Bechmann [Geschäftsführerin des Regionalverbandes der Volkssolidarität Halle-Saalekreis, Anm. d. Verf.] zum Beispiel alles versucht: »Kommen Sie zu mir, Sie kriegen auch einen Dienstwagen mit privater Nutzung. Sie kriegen eine Altersvorsorge, Sie erhalten leistungsabhängigen Lohn, Sie erhalten sonnabends und sonntags Schichtzulage, Sie erhalten Ende des Jahres 60 Prozent als Sondervergütung«, zählt sie auf. Nichts passiert. Und das, obwohl diese Konditionen kaum jemand bietet. Beate Bechmann weiß selbst am besten, warum Altenpflegerinnen nicht einfach wechseln: »Die sagen, ich lasse meine Pflegenden nicht allein. Die fühlen sich, als ob sie den zu Pflegenden verraten. Und ich glaube, die meisten würden auf 200 Euro verzichten, nur damit sie den alten Menschen nicht enttäuschen.«5

Ob Beate Bechmann damit richtig liegt, können nur Sie, liebe Leserin, lieber Leser, beantworten. Fakt ist aber, dass Pflegekräfte ihren Beruf zumeist mit wirklicher Anteilnahme und großer Hingabe erfüllen. Da darf gern gefragt werden, ob sich die Politik nicht gerade deshalb so viel Zeit mit neuen Gesetzen lässt, weil sie weiß, wie geduldig die Pflegekräfte hierzulande sind …

1.1.1Zwischen Gesetzen und Verträgen

Der ambulante Pflegedienst, der als Vertragspartner der Kranken- und Pflegekassen Dienstleistungen für pflegebedürftige Menschen in ihrer Häuslichkeit oder anderen geeigneten Orten anbietet, erfüllt folgenden Zweck:

■ Er erbringt häusliche Krankenpflege gemäß § 37 Abs. 1 SGB V (Grund und Behandlungspflege sowie hauswirtschaftliche Versorgung, wenn Krankenhausbehandlung geboten, aber nicht ausführbar ist, oder wenn sie durch die häusliche Krankenpflege vermieden oder verkürzt wird).

■ Er bietet häusliche Krankenpflege gemäß § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB V (Behandlungspflege zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung), häusliche Pflege gemäß §§ 198 RVO, 25 KVLG.

■ Er leistet Haushaltshilfe gemäß §§ 38 Abs. 1 SGB V, 199 RVO, 27 KVLG, 10 KVLG 1989.

■ Er stellt durch geeignetes Personal Leistungen der häuslichen Pflegehilfe nach §§ 36 und 39 SGB XI sicher.

■ Er übernimmt die Durchführung von Pflegeeinsätzen nach § 37 Abs. 3 SGB XI bei Beziehern von Pflegegeld.

Der Pflegedienst ist zudem eine selbstständig wirtschaftende Einrichtung unter ständiger fachlicher Verantwortung einer ausgebildeten verantwortlichen Pflegefachkraft gemäß § 113 SGB XI i.V.m. den Gemeinsamen Maßstäben und Grundsätzen zur Qualität in der Pflege in ihrer aktuellen Fassung. Dieser Satz ist ganz entscheidend: »Selbstständig wirtschaften« heißt sogar im Sinne des SGB XI auch automatisch, die Dienstleistungen wirtschaftlich zu erbringen.

■ Mit Krankenkassen werden Versorgungsverträge und Vergütungsverträge nach SGB V geschlossen.

■ Mit Pflegekassen werden Versorgungsverträge und Vergütungsverträge nach SGB XI geschlossen.

■Zudem rechnen ambulante Pflegedienste Leistungen mit den zuständigen Sozialhilfeträgern nach SGB XII ab.

■ Zusätzlich können die Leistungen auch ohne Beteiligung der oben genannten Kostenträger im Rahmen der Privatliquidation angefordert werden. Hierzu zählen auch Leistungen, die in Abgrenzung zu den definierten SGB V- und SGB XI-Leistungen als Privatleistungen angeboten werden.

Die Ausgestaltung dieser im SGB beschriebenen Möglichkeiten werde ich Ihnen in der Folge noch genau beschreiben. Halten wir zunächst fest: Die Dienstleistungen der ambulanten Pflegedienste sind in einer üppigen Gesetzeslandschaft festgehalten. Neu hinzukommen sind seit Januar 2015 das erste Pflegestärkungsgesetz und das Pflegezeitgesetz. Auch sie enthalten Möglichkeiten für ambulante Pflegedienste. Doch lassen Sie uns zunächst mit der Zustandsbeschreibung fortfahren und zu einem Punkt kommen, der immens wichtig ist: dem Personal.

1.1.2Die Personalsituation: angespannt

Jeder Pflegedienst verliert nach und nach an Attraktivität, wenn der fachliche Anspruch keine Herausforderungen und keine Qualifizierungschancen bietet. Die Durchführung der stets gleichen, ständig wiederkehrenden Tätigkeiten, wie es in einem normalen ambulanten Pflegedienst der Fall ist, führt bei vielen Mitarbeitern zu einer schleichenden Demotivation. Gerade jüngere, ambitionierte Mitarbeiter langweilen sich bei so einer Konstellation sehr schnell und kündigen. Besonders begabte Mitarbeiter wechseln ins Studium und gehen damit dem operativen Geschäft meist für immer verloren.

Hinzu kommt der immense Stress, dem Mitarbeiter in der ambulanten Pflege jeden Tag aufs Neue ausgesetzt sind.

Fakt

In einer Studie des DBfK* heißt es: »Der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) beobachtet den zunehmenden Pflegekollaps, nicht nur in den Klinken, sondern auch in Heimen und der ambulanten Pflege. Unzureichende Personalausstattung, Dauerstress, schlechte Bezahlung und Dumpinglöhne, physisch und psychisch krank machende Arbeitsbedingungen, steigende Patientenzahlen bei gleichzeitig sinkender Verweildauer, schlechtes Image der Pflegeberufe in allen Sektoren der pflegerischen Versorgung sind die wichtigsten Auslöser.«

* DBfK (2009). Wie sieht es im Pflegealltag wirklich aus? Fakten zum Pflegekollaps. Berlin, S. 5

Vor allem eines setzt den Pflegekräften in der ambulanten Pflege zu: die Teilzeitbeschäftigung. Sie ist in der ambulanten Pflege am höchsten.6

Eine weitere Schwierigkeit ist der klare Blick der Pflegekräfte auf die Qualität ihrer Arbeit. So engagiert sie auch arbeiten, so wenig Rücksicht sie auch auf sich selbst nehmen – die Qualität ihrer Arbeit steigt nicht. In der DBfK-Studie gaben 35 % der befragten Pflegekräfte in der ambulanten Pflege an, dass die Qualität der Pflege gesunken sei. 32,2 % der Befragten würde Angehörige oder nahe stehende Bekannte nicht im eigenen Arbeitsbereich versorgen lassen.7

Die Studie des DBfK mag einige Jahre her sein, doch das folgende Zitat stammt von 2014: »Wer glaubt, Pflegerinnen und Pfleger schlecht bezahlen und sie unfreiwillig in Teilzeit drängen zu können, wird bald keine Fachkräfte mehr finden.«8 Gesagt hat es Franz-Josef Laumann, seines Zeichens Patientenbeauftragter der Bundesregierung. Bereits seit 2012 läuft das Projekt »Zukunft: Pflege«. »Bislang fehlen vor allem für die ambulante Pflege Konzepte, um auf die sich verschärfende Personallage in der Pflege zu reagieren. Hauptidee des Verbundprojekts Zukunft: Pflege ist es, zur Lösung des Problems zwei Aktionsfelder miteinander zu verbinden:

Zum einen soll die Arbeitsorganisation in der ambulanten Pflege so gestaltet werden, dass die Gesundheit, Qualifikation und Arbeitsmotivation der Pflegenden nachhaltig gesichert werden.

Zum anderen sollen die ambulanten Pflegeunternehmen in ein regionales Unterstützungsnetzwerk einbezogen werden.«9 Das Projekt läuft bis 2015 und es wird sicherlich interessante Ergebnisse zeitigen.

1.1.3Kundenstruktur und -anforderungen: veränderlich

Ambulante Dienste sind wichtig, notwendig, unverzichtbar und sie wachsen. Wesentlich stürmischer wachsen allerdings die Ansprüche der Kunden. Die »lieben älteren Leutchen«, die um 1925, 1935 geboren wurden, waren (und sind) dankbar für einfachste Hilfestellungen beim Waschen, Essen und Ausscheiden. Diese Generation hat den Weltkrieg miterlebt und gelernt, auch das Einfachste zum Überleben zu schätzen.

Ihre Kinder hingegen, die um 1945/1955 geborenen, wuchsen im Wirtschaftswunder auf. Sie lernten sichere Arbeitsplätze und ausreichende Renten kennen. Und diese Klientel kennt ihre Rechte, pocht auf ihre Ansprüche und setzt sich durchaus zur Wehr, wenn die Dinge nicht so laufen, wie sie sich das vorstellt.

Fakt