Was ist ein geistiger Meister? - Omraam Mikhaël Aïvanhov - E-Book

Was ist ein geistiger Meister? E-Book

Omraam Mikhaël Aïvanhov

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Beschreibung

'Ein Meister ist wirklich ein außerordentliches Wesen, das im Stande ist die Menschen zu den höchsten geistigen Gipfeln zu führen. Aber sowohl für ihn selbst als auch für seine Schüler kann dieses erhebende Abenteuer nur unter den größten inneren Anstrengungen verwirklicht werden. Seinem Meister zu begegnen, bedeutet für den Schüler, eine Mutter gefunden zu haben, die ihn willig neun Monate unter ihrem Herzen trägt, um ihn in der geistigen Welt ins Leben zu rufen. Und wenn er in dieser Welt geboren ist, dann Schauen seine Augen die Schönheit der Schöpfung, hören seine Ohren das göttliche Wort, kostet sein Mund die himmlischen Speisen, tragen seine Füße ihn an die verschiedensten Orte des Raumes, um Gutes zu tun, und lernen seine Hände in der feinstofflichen Welt der Seele zu erschaffen.' Omraam Mikhaël Aïvanhov

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Über den Autor

Omraam Mikhaël Aïvanhov war ein großer spiritueller Meister, ein lebendiges Vorbild, ein »Überbringer des Lichts« und ein warmherziger, humorvoller Lehrer, der durch sein selbstloses, zugängliches und brüderliches Verhalten überzeugte.

Er strebte an, alle Menschen bei ihrer persönlichen Entwicklung zu begleiten – so wie ein Bergführer seine Kameraden sicher bis auf den höchsten Gipfel führt.

Das Gedankengut, das Omraam Mikhaël Aïvanhov verbreitet hat, bietet zahlreiche Methoden und einen klaren, begehbaren Weg zu größerer Vollkommenheit und mehr Lebensglück.

In wohltuend einfacher Sprache erklärt er alle wichtigen Zusammenhänge des Lebens und ist gerade bei den Fragen unserer heutigen Zeit wegweisend. Ob es um die Bewältigung des Alltags geht, um das Thema der Liebe und Sexualität oder um tiefgründige philosophische Themen – stets sind seine Antworten überraschend klar und hilfreich.

Kurzbeschreibung

»Seinem Meister zu begegnen, bedeutet für den Schüler, eine Mutter gefunden zu haben, die ihn willig neun Monate unter ihrem Herzen trägt, um ihn in der geistigen Welt ins Leben zu rufen. Und wenn er in dieser Welt geboren ist, das heißt wenn er geistig erwacht ist, dann schauen seine Augen die Schönheit der Schöpfung, hören seine Ohren das göttliche Wort, kostet sein Mund die himmlischen Speisen, tragen seine Füße ihn an die verschiedensten Orte des Raumes, um Gutes zu tun, und lernen seine Hände in der feinstofflichen Welt der Seele zu erschaffen.«

Omraam Mikhaël Aïvanhov

Inhaltsverzeichnis

Über den Autor

Kurzbeschreibung

Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1: Wie man einen wirklichen geistigen Meister erkennt

Kapitel 2: Von der Notwendigkeit eines geistigen Führers

Kapitel 3: Spielt nicht den Zauberlehrling!

Kapitel 4: Spiritualität nicht mit Exotik verwechseln

Kapitel 5: Vom Ausgleich zwischen geistiger und materieller Welt

Kapitel 6: Der Meister, ein Spiegel der Wahrheit

Kapitel 7: Erwartet von einem Meister nur das Licht

Kapitel 8: Der Schüler vor dem Meister

Kapitel 9: Die universelle Dimension eines Meisters

Kapitel 10: Die magische Gegenwart eines Meisters

Kapitel 11: Die Identifizierung

Kapitel 12: »Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder...«

Vom selben Autor – Reihe Gesamtwerke

Vom selben Autor – Reihe Izvor

Vom selben Autor – Reihe Broschüren

Copyright

Da Omraam Mikhaël Aïvanhov seine Lehre ausschließlich mündlich überlieferte, wurden seine Bücher aus stenographischen Mitschriften, Tonband- und Videoaufnahmen seiner frei gehaltenen Vorträge erstellt.

Kapitel 1: Wie man einen wirklichen geistigen Meister erkennt

Seinem Meister zu begegnen, bedeutet für den Schüler, eine Mutter gefunden zu haben, die ihn willig neun Monate lang unter ihrem Herzen trägt, damit er in der geistigen Welt geboren wird. Und wenn er in dieser Welt geboren ist, das heißt wenn er geistig erwacht ist, dann schauen seine Augen die Schönheit der Schöpfung, hören seine Ohren das göttliche Wort, kostet sein Mund die himmlischen Speisen, tragen seine Füße ihn an die verschiedenen Orte des Raumes, um Gutes zu tun und lernen seine Hände, in der feinstofflichen Welt der Seele etwas zu erschaffen.

Nur sehr wenige Menschen wissen, was ein Meister wirklich ist. Es gibt Bücher, in denen die unglaublichsten Dinge geschildert werden: Ein Meister ist vollkommen, allwissend, allmächtig... Er braucht weder zu essen, noch zu trinken, noch zu schlafen... Er ist gegen alle Versuchungen gefeit und vor allem verbringt er seine Zeit damit, Wunder zu wirken. Wie viele Menschen waren nicht von dem Buch von Spalding »Das Leben der Meister« hellauf begeistert und ahnten nicht, dass es alle möglichen unwahrscheinlichen Geschichten enthält! Es ist wahr, die großen Meister besitzen außergewöhnliche Fähigkeiten, aber sie benutzen sie nicht, um vor Schaulustigen Wunder zu vollbringen, plötzlich zu erscheinen oder zu verschwinden, auf dem Wasser zu gehen, im Raum zu fliegen, Festessen herbeizuzaubern, Flammen einer Feuersbrunst zu durchschreiten, Häuser aus dem Boden zu stampfen... Selbst wenn er dazu imstande wäre, würde ein wahrer Meister so etwas nicht tun, denn solche Kunststückchen können den Menschen nicht helfen, sich zu verändern.

Ihr müsst wissen, dass ein Meister genau wie alle andern Menschen gebaut ist. Er hat die gleichen Organe und empfindet die gleichen Bedürfnisse und Wünsche. Wenn er sich schneidet, ist das Blut, das fließt, genauso rot, wie das Blut aller anderen Menschen! Der Unterschied besteht darin, dass das Bewusstsein des Meisters weit umfassender ist als das der meisten Menschen. Er besitzt ein Ideal, einen höheren Blickpunkt, und vor allem hat er eine vollkommene Selbstbeherrschung erreicht. Dies erfordert natürlich enorm viel Zeit und eine ungeheure Arbeit, und deshalb wird niemand in einer einzigen Inkarnation zum Meister. Ihr müsst euch darüber im Klaren sein, dass er seine guten Eigenschaften und Tugenden nicht in einem einzigen Leben erworben hat. Nein, er musste Jahrhunderte, ja sogar Jahrtausende dafür arbeiten. Und da die guten Eigenschaften, die man durch eigene Anstrengungen erworben hat, erhalten bleiben, wenn man die Erde verlässt, bringt er sie in seiner nächsten Inkarnation wieder mit. Von Leben zu Leben fügt er neue geistige Elemente hinzu, bis er eines Tages ein wahrer Träger des Lichts und der göttlichen Tugenden ist.

Leider gibt es auch Wesen, die sich jahrhundertelang im Bösen geschult haben, und das sind die Meister der schwarzen Magie. Der Mensch kann frei zwischen Gut und Böse wählen. Wenn jemand das Böse vorgezogen hat, wird er – selbst wenn die kosmische Intelligenz ihm eine Weile freies Spiel lässt – am Ende natürlich doch vernichtet, weil er mit seinem Verhalten gegen die universelle Ordnung verstoßen hat. Aber am Anfang hat er die Wahl. Solange er lebt, kann er sich frei für die eine oder andere Richtung entscheiden.

Es gibt einige sehr seltene Fälle von Wesen, die trotz der ihnen überlassenen Freiheit für immer festgelegt sind. Die großen Eingeweihten zum Beispiel haben sich für das Licht und die Liebe entschieden. Gewiss, manche sind vielleicht gefallen, aber die meisten sind doch Wesen des Lichts geblieben. Übrigens wird es ihnen mit der Zeit immer weniger möglich, ihre Richtung zu ändern, denn durch ihre geistige Arbeit verändern und vergöttlichen sie die Materie ihres Körpers, sodass sie wie rostfreies Metall, wie reines Gold wird. Aber solange ein Mensch diese Entwicklungsstufe nicht erreicht hat, kann er jederzeit eine andere Richtung einschlagen und es gibt historische Fälle, in denen weiße Magier zur Schwarzmagie übergetreten sind.

Ihr fragt euch, wie man ein Schwarzmagier wird... Das ist sehr einfach, sogar für euch: Ihr braucht nur eurer niederen Natur freien Lauf zu lassen. Wenn ihr ständig die Gesetze der Güte, der Gerechtigkeit und der Liebe überschreitet, indem ihr versucht, auf Kosten anderer zum Erfolg zu kommen, sie auszustechen und sie zu zerstören, werdet ihr unweigerlich ein Schwarzmagier. Das ist ganz klar und eindeutig. Viele Menschen stellen sich vor, man müsste bei einem teuflischen Meister in die Lehre gehen und bei ihm die Kunst der Verwünschung und die Beschwörung böser Geister erlernen. Das ist möglich, aber wer sich in den Dienst des Bösen stellen will, braucht nicht unbedingt einen Meister. Man kann auch ohne Lehrer, ohne Gebrauchsanweisung oder sonst etwas ein Schwarzmagier werden, und zwar wenn man sich zu sehr von seiner niederen Natur leiten lässt. Ebenso wird ein Mensch, der ständig den anderen helfen und ihnen das Licht der Erkenntnis bringen will, ein weißer Magier, auch wenn er keinen Meister hat, der ihn unterrichtet.

In Wirklichkeit hat jeder Mensch einen Meister, entweder einen sichtbaren oder einen unsichtbaren. Bei Verbrechern ist er im unsichtbaren Bereich und redet ihnen ständig ein, den anderen zu schaden. Selbst wenn sie behaupten: »Wir, einen Meister? Nie im Leben!«, müssen diese Blinden doch wissen, dass sie einen Meister haben und Tag und Nacht seine bösartigen Ratschläge befolgen.

Wenn ich von Meistern rede, so meine ich natürlich immer die wirklich großen geistigen Meister, die weißen Magier. Ich weiß, dass der Titel »Meister« vielen Handwerkern, ebenso wie Notaren, Richtern, Künstlern usw. als Zeichen der Fertigkeit in ihrem Beruf gegeben wird. Das ist Ansichtssache und ich spreche ihnen diesen Titel nicht ab. Ihr solltet jedoch wissen, dass ein wahrer Meister – im spirituellen Sinne des Wortes – erstens die grundlegenden Wahrheiten kennt, und zwar nicht diejenigen, die von den Menschen geschrieben, geschaffen oder erzählt wurden, sondern die wesentlichen im Sinne der kosmischen Intelligenz. Zweitens muss er durch seine Willenskraft vollständige Beherrschung, Meisterschaft und Selbstkontrolle erreicht haben. Und schließlich dürfen dieses Wissen und diese Selbstbeherrschung nur dazu dienen, alle guten Eigenschaften und Tugenden der selbstlosen Liebe zu offenbaren.

Einen wahren Meister könnt ihr an seiner Selbstlosigkeit erkennen. Jeder Meister kommt mit einer besonderen Fähigkeit auf die Erde. Es gibt also Meister der Weisheit, der Liebe, der Kraft oder der Reinheit... Aber alle wahren großen Meister haben unbedingt eine gemeinsame Tugend: Uneigennützigkeit.

Es gibt dermaßen viele Betrüger und Scharlatane, die nur von der Naivität der Menschen profitieren wollen! Sie haben kaum ein paar Bändchen über okkultes Wissen gelesen, die oft auch noch von Dummköpfen geschrieben wurden, und schon geben sie sich überall als große Meister aus. Sie tragen nicht das geringste Zeichen, dass der Himmel sie anerkannt hat! Sie selbst haben sich zu Meistern ernannt und glauben, das würde genügen. Und anstatt einen solchen Menschen ein wenig zu beobachten, um ihn an seinem Verhalten zu erkennen, folgen die anderen ihm blindlings. Sie merken nicht einmal, wenn er sie betrügt, ausplündert und versklavt. Ja, das ist wunderbar... wenigstens ein intelligenter Mensch! Die Dummen sind die anderen... Warum fragen sie sich nicht wo er herkommt, wie er gelebt hat, wer sein Meister war und wer ihn geschickt hat? Aber nein, unnötig sich die Frage zu stellen: Solange er ihnen verspricht, sie innerhalb von drei Tagen einzuweihen – natürlich gegen Bezahlung einiger tausend Dollar –, glauben sie ihm. Sie haben es eilig, versteht ihr, die Einweihung darf nicht länger als drei Tage dauern. Und die Welt ist voll von solchen Leuten, von Angebern und Schurken, die aus der Gutgläubigkeit und Dummheit der anderen ihren Nutzen ziehen. Aber sie sind wenigstens intelligent! Ich bestreite nicht, dass solche Leute eine gewisse Macht besitzen, aber die kann jeder erwerben, wenn er sich übt. Die Frage ist nur, wie und zu welchem Zweck er sie anwendet, und gerade das beurteilt der Himmel. Er kümmert sich nicht um eure Fähigkeiten und Mittel, sondern um das, was ihr damit macht. Ihm kommt es nicht auf euer Wissen, eure Hellsicht und eure Macht an, sondern auf eure Selbstlosigkeit. Ihr könnt hellsichtig sein, Wissen und Macht besitzen, solange ihr nicht uneigennützig handelt, wird der Himmel euch nicht als Meister anerkennen, selbst wenn die Menschen es tun.

Das Unglück der Menschen liegt in ihrem mangelnden Unterscheidungsvermögen. Sie misstrauen einem wahren, selbstlosen Meister, aber dem ersten Besten, der ihnen Sand in die Augen streut und sich als Meister ausgibt, dem folgen sie. In Wirklichkeit wird ein wahrer Meister euch nie sagen, dass er ein Meister ist; er wird es euch fühlen und begreifen lassen, denn er hat es nicht eilig, erkannt zu werden. Ein falscher Meister dagegen hat, sobald er sich als solcher ausgibt, nichts anderes im Sinn, als sich den anderen aufzudrängen. Vor kurzem erhielt ich den Brief eines Mannes, der sich für fähig hielt, ein geistiger Führer zu werden. Er berichtete mir von seinen Schwierigkeiten und Ängsten. Er hätte natürlich mit diesen Schwierigkeiten rechnen müssen. Warum erdreistete er sich, die andern zu täuschen und behauptet sie führen zu können, wenn er selbst nicht vollkommen ist? Wer hatte ihm diese Aufgabe erteilt? Aber so sind die Menschen; sie maßen sich an, andere zu führen, ohne die notwendigen Tugenden wie Weisheit, Liebe, Reinheit, Kraft und Selbstlosigkeit verwirklicht zu haben. Nein, solange man nicht von einem höheren Wesen den Auftrag für die überwältigende Aufgabe erhalten hat, die Menschen zu führen, ist es sehr gefährlich, diese Rolle spielen zu wollen.

Ich hätte diesem Mann gerne geholfen, denn ich sah, dass er sehr unglücklich war und nicht einmal wusste warum. Er hatte sich vorgestellt, dass die Lektüre einiger Bücher über okkultes Wissen genügt und hatte die gewaltigen Kräfte der unsichtbaren Welt ausgelöst, ohne jemals gelernt zu haben, sich vorher mit ihnen zu harmonisieren. Nun, diese Kräfte rächen sich und sagen: »Warum willst du uns bezwingen, nur um deine Launen zu befriedigen? Du bist schwach und dumm, wir wollen uns dir nicht unterwerfen. Du verdienst eine gehörige Lektion.« Wie viele so genannte Okkultisten besitzen überhaupt keine wirkliche Kenntnis von den Gesetzen der geistigen Welt! Wie gesagt, sie haben ein paar Bücher gelesen und wollen jetzt ohne eigene Vorbereitung einige ihrer Anhänger mit ihren Wundertaten verblüffen. Nein, so geht das nicht.

Um die Aufgabe eines geistigen Führers zu übernehmen, braucht man eine Urkunde, denn auch in der geistigen Welt bekommt man Zeugnisse. Die Urkunden der physischen Welt haben im geistigen Bereich ihre Entsprechung, denn der materielle Bereich wurde nach dem geistigen Vorbild geschaffen. Die lichtvollen Geister, die uns auf die Erde geschickt haben, beobachten und beurteilen uns und wenn sie sehen, dass wir uns angestrengt haben, dass wir uns beherrschen können und gewisse Fehler ausgemerzt haben, dann geben sie uns ein Diplom. Und wo befindet sich das? Auf jeden Fall ist es kein Stück Papier, auf dem man radieren und das man vernichten kann. Nein, es gleicht einem Siegel, das auf unserem Gesicht und unserem ganzen Körper eingeprägt ist und das von unseren Siegen über uns selbst zeugt. Die Menschen sehen es vielleicht nicht, aber die Naturgeister und Lichtwesen nehmen es schon von weitem wahr und dann gehorchen und helfen sie uns.

Ja, wer bestimmte Aufgaben im geistigen Bereich ausführen will, der braucht auch die Zustimmung bestimmter Geistwesen. Und glaubt nicht, das sei so einfach! Viele finden das Studium, um Erzieher oder Lehrer zu werden, lang und schwierig. Aber das ist gar nichts, verglichen mit den Bedingungen, die derjenige erfüllen muss, der Schüler in den Wahrheiten der Einweihungswissenschaft unterrichten will. Ich bin in Bezug auf folgenden Punkt immer wieder über die Unwissenheit und Naivität der Menschen erstaunt: Jeder oder fast jeder Beliebige glaubt sich weit genug entwickelt, um den Titel »Meister« tragen zu können. Und wenn sie dann einem wahren Meister gegenüberstehen, bilden sie sich ein, er sei ganz einfach so vom Himmel gefallen, ohne sich auch nur der geringsten Anstrengung unterzogen zu haben.

Nein, ihr werdet kein einziges Geschöpf finden, das perfekt auf die Erde gekommen ist. Jeder hat eine oder sogar mehrere Schwächen, egal ob er sie nun offen zeigt oder nicht. Selbst die hohen Eingeweihten haben mindestens eine Schwäche: entweder Angst oder Hochmut oder Geiz oder Sinnlichkeit. Die Erhabenheit eines Eingeweihten liegt jedoch darin, dass er sich seiner Schwächen erstens bewusst ist und zweitens alle Mittel verwendet, um sie zu überwinden.

Sobald ein Mensch sich auf der Erde inkarniert, vererben seine Eltern ihm – unabhängig von der Erhabenheit seines Geistes – eine mehr oder weniger unvollkommene Materie, die er verwandeln muss, und die er dank seiner Qualitäten und Tugenden veredelt. Durch diesen Vorgang wird er noch größer, denn er hat eine rohe, unbehandelte Materie in einen feinen, ausgearbeiteten Stoff verwandelt, den er für seine Arbeit verwendet. Bei den Eingeweihten können wir also die wahre Macht des Geistes erkennen, denn es gelingt ihnen, alles zu bezwingen, wohingegen die meisten Menschen ihr Leben lang irgendwelche Fehler mit sich herumtragen, derer sie sich nicht entledigen können.

Nun muss man natürlich wissen, dass ein Eingeweihter alle guten Eigenschaften, die er sich in den vorhergehenden Leben erarbeitet hat, auf die Erde mitbringt. Dank dieser Qualitäten wendet er sich instinktiv vom falschen Weg ab und richtet sein Streben auf aufbauende und lichtvolle Tätigkeiten. Selbst wenn er sich an nichts erinnert, drängt es ihn ohne sein Zutun in die gleiche Richtung wie in der Vergangenheit. Ich selbst hatte lange Zeit keinerlei Erinnerung an meine Inkarnationen, aber ich bin mit Prägungen in dieses Leben gekommen, die mich in eine ganz bestimmte Richtung trieben.

Ich weiß, manche von euch sind erstaunt und schockiert, wenn sie hören, dass selbst ein großer Meister nicht mit Vollkommenheit auf die Erde kommt. Und die Christen mögen mir verzeihen, wenn ich sage, dass selbst Jesus nicht vollkommen war, als er geboren wurde. Auch er musste lernen und eine große Läuterungsarbeit durchführen, bevor er mit dreißig Jahren den Heiligen Geist empfing. Leider wird in den Evangelien nicht erwähnt, was er in der Zeit zwischen seinem zwölften und seinem dreißigsten Lebensjahr gemacht hat. Jedes Wesen, das auf die Welt kommt, erhält zum Aufbau seines Körpers immer verbrauchte, trübe Elemente, die es zu reinigen, zu ordnen und zu harmonisieren gilt. Man muss verstehen, was diese Materie, die jahrhundertelang von Generation zu Generation weitergegeben wurde, eigentlich ist. Wie könnte sie makellos und rein sein? Selbst ein Eingeweihter, der außerordentliche Eltern hatte, muss an seinem physischen Körper arbeiten, bis dieser ein perfektes Instrument für seinen Geist wird. Ein Eingeweihter ist vielleicht dazu ausersehen, eine neue Religion zu bringen, aber auch er muss seinen Geist von der Macht der Materie befreien und sie verwandeln, vergeistigen und verfeinern. Der Himmel erkennt seine Größe an der Zeit, die er dafür aufwendet.

Selbst Jesus konnte nicht sofort die Macht seines Geistes offenbaren. Er musste lernen, sich üben und in seinem dreißigsten Lebensjahr vollbrachte er schließlich Wunder. Alle geistigen Meister wussten am Anfang ihres Lebens lange Zeit nichts von ihrer Aufgabe. Selbst wenn sie während ihrer Jugend einige Offenbarungen der göttlichen Welt erhielten, so waren sie sich doch ihrer Größe ganz und gar nicht bewusst. Ich weiß, viele wollen das nicht glauben, denn für sie kommt ein Eingeweihter allmächtig und allwissend zur Welt. Nein! Manche hatten sogar körperliche oder geistige Schwächen, die sie nie überwinden konnten. Aber es würde zu lange dauern, wenn wir auf diese Einzelheiten eingehen wollten, obwohl wir dabei außerordentlich interessante Dinge entdecken würden.

Glaubt nicht, dass ich in meiner frühesten Jugend schon so war, wie ich heute bin! Nein, auch ich musste jahrelang an meiner eigenen Materie arbeiten, und nichts ist schwieriger als das. Seele und Geist sind von göttlicher Beschaffenheit und in ihrer Welt erkennen und offenbaren sie sich als solche. Aber sie müssen sich auch durch die Materie, durch den physischen Körper äußern und erkennen. Gerade hier liegt das größte Mysterium der Existenz, welches durch die Schlange, die ihren eigenen Schwanz verschlingt, symbolisiert wird. Der Kopf der Schlange, das heißt der Geist, das höhere Ich, muss sich durch den Schwanz, die Materie, das niedere Ich, offenbaren. Der Geist, der oben allmächtig und allwissend ist, muss sich in der Materie wie in einem Spiegel betrachten können. Das ist das Ziel der Einweihung: die Materie so weit zu verwandeln, dass sie dem Geist sein eigenes Spiegelbild zurückschicken kann.

Wir kommen also immer wieder auf die an der Materie zu verrichtende Arbeit zurück. Hier liegt unsere wahre Aufgabe auf der Erde. Deswegen darf man sich nicht vorstellen, das Leben sei für die großen Meister einfach. Im Gegenteil, gerade sie stoßen auf die größten Schwierigkeiten und Hindernisse. Ihnen vertraut man die schwierigsten Aufgaben an, sowohl in Bezug auf ihre eigene Person als auch auf ihre Umwelt, weil sie die Fähigkeit und den Willen besitzen, diese Arbeit auszuführen, und dank der Schwierigkeiten steigen sie noch weiter auf. Ja, gerade durch die Schwierigkeiten.