Weinen in der Dunkelheit - Ursula Burkowski - E-Book

Weinen in der Dunkelheit E-Book

Ursula Burkowski

4,4

Beschreibung

Winter 1953 in Ost-Berlin. Die zweijährige Ursula und ihre Geschwister entgehen nur knapp dem Tod. Von ihrer Mutter verlassen, die sich in den Westen abgesetzt hat, werden die Kinder ausgehungert von ihrem Großvater gefunden. Ursula wird, getrennt von den Schwestern, in dem Kinderheim „Königsheide“ untergebracht, einer Vorzeige-Einrichtung der DDR, in der die Kinder zu mustergültigen „sozialistischen Persönlichkeiten“ entwickelt werden sollen. Für das Mädchen beginnen damit Jahre des Leids … Ursula Burkowski beschreibt ergreifend und schlicht ihre Zeit im Kinderheim. Sie erzählt von den ersten Erfahrungen als elternloses kleines Mädchen bis hin zu den alltäglichen Problemen einer heranwachsenden jungen Frau, die langsam beginnt, innerlich aufzubegehren gegen die Unfreiheit, der sie ausgesetzt ist. Der Autorin gelingt es mit bewundernswerter Leichtigkeit, ihre Vergangenheit lebendig werden zu lassen und die Leser zu berühren. „Weinen in der Dunkelheit“, erstmals 1992 erschienen und stark beachtet von Medien und Politik, gilt als ein zentrales Buch zum Thema Heimerziehung. Die Neuausgabe enthält ein aktuelles Vorwort der Autorin, ein Grußwort der thüringischen Stasi-Unterlagen-Beauftragten Hildigund Neubert sowie ausgewählte Pressestimmen.

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Beliebtheit




Ursula Burkowski

Weinen in der Dunkelheit

Das Schicksal eines Heimkindes in der DDR

Jaron Verlag

Neuausgabe

1. Auflage dieser Ausgabe 2011

© 2011 Jaron Verlag GmbH, Berlin

Alle Rechte vorbehalten. Jede Verwertung des Werkes und aller seiner Teile ist nur mit Zustimmung des Verlages erlaubt. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Medien.

www.jaron-verlag.de

Umschlaggestaltung: Bauer + Möhring, Berlin,

unter Verwendung eines Fotos von Ursula Burkowski

Satz: Pinkuin Satz und Datentechnik, Berlin

ISBN 9783955521943

Die Originalausgabe dieses Buches erschien 1992

Inhaltsverzeichnis

Grußwort

Vorwort zur Neuausgabe 2011

Vorwort zur Erstausgabe

So könnte es gewesen sein

Weihnachten

Kinderheim

Geburtstag

Krank

Christian

Einschulung

Ausflug nach »drüben«

Pflegeeltern

Mein Bruder

Wiedersehen mit Christian

Ämterplan

Gruppenkeile

Pech für zwei

Die Verpflegungstüte

Meine erste Banane

Juri Gagarin

Die Mauer

Stubenappell

Herbstferien

Eifersucht

Schulalltag

Rache ist süß

Der Chorleiter

Meine erste Ohrfeige

Tod

Toro

Mein erster BH

Gefährliche Bootsfahrt

Erzieher in Not

Unterschied zwischen Ost und West

Ausgenutzt

Winterferien

Die Liebe wird probiert

Bei den Bäckersleuten

Westbesuch zu Ostern

Jugendweihe

Mein erster Kuss

Jugendwerkhof

Wo ist meine Schwester?

Was soll ich werden?

Ferieneinsatz

Einsamkeit

Krankenhaus

Abschied vom Heim

Auszug aus dem Heim

Im Jugendwohnheim

Die Fabrik

Berufsschule

Freizeit

Tag der Republik

Die Mao-Plakette

Buchenwald

Vormilitärische Ausbildung

Vorweihnachtszeit

Verdacht

Weihnachten 1963

Gedanken

Potsdam

Hausarrest

Eine Enttäuschung und ein Entschluss

Mein »erstes Mal«

Tanzabend

Freundin Marie

Mein erster Freund

Die Verwandten

Wiedersehen mit Antje

Parteitag

Schwanger

Ein kleiner Denkzettel

Im Müttererholungsheim

Die Entbindung

Mutterpflichten

Wieder im Mütterheim

Abschied

Das Kinderheim

Pressestimmen zur Erstausgabe 1992

Dieses Buch ist Berko, Christoph, Stefanie und

Lina sowie allen Kindern und Jugendlichen

gewidmet – Kinder vergessen nichts

Grußwort

von Hildigund Neubert

Ursula Burkowski ist eines von bisher ungezählten Heimkindern der DDR. Das System der Kinderheime war das Versuchslabor für Margot Honeckers Ziel, die vollwertige sozialistische Persönlichkeit zu schaffen. Das Kinderheim Königsheide war die Vorzeigeeinrichtung.

In allen DDR-Kinderheimen galten die Prinzipien der Kollektiv-Erziehung. Vergehen der Einzelnen wurden an der Gruppe geahndet, die den Druck ungebremst und unter den Augen der Erzieher an die Einzelnen weitergab. Zuwendung, Entfaltung von Kreativität und individuelle Förderung hatten in diesem Konzept kaum Raum. Einzelne Erzieher, die dies versuchten, waren bald versetzt oder gefeuert.

Die »Königsheide« war nicht das schlimmste Heim. Alle Heimkinder wussten, es kann schlimmer kommen: Spezialkinderheime, Jugendwerkhof, Geschlossener Jugendwerkhof Torgau. Aber an der kalten Realität dieses Vorzeigeheimes der sozialistischen Volksbildung wird deutlich, in welchem Maß die Kinder zum Objekt eines Umerziehungsexperimentes wurden. Eigensinn und Individualität wurden gebrochen, sie störten den Erziehungsprozess. Es ging um die Produktion funktionierender Arbeitskräfte für den Produktionsprozess.

Die sozialistische Heimerziehung hinterließ tiefe Spuren, die entlassenen Jugendlichen hatten Schwierigkeiten, Beziehungen aufzubauen und sich im Alltag zurechtzufinden. Ganz zwangsläufig landet auch das neugeborene Kind der Protagonistin im Heim.

Ursula Burkowski öffnet uns ihr Herz, weil sie für die Kinder, die heute in Heimen leben, etwas verändern, Verständnis wecken will. Wir aber können aus diesem Buch auch sehen, wie die kommunistische Diktatur Menschen deformiert hat, im Kinderheim, aber auch in der Erziehungsdiktatur, die die DDR insgesamt war. Wir haben die Aufgabe, Wege der Heilung dieser Schäden zu suchen und denen, deren Seelen so früh beschädigt wurden, heute ein Leben in Würde zu ermöglichen – endlich.

Hildigund Neubert, Landesbeauftragte des Freistaats Thüringen für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR

Vorwort zur Neuausgabe 2011

Nachdem »Weinen in der Dunkelheit« 1992 erstmals erschienen war, erreichten mich zahlreiche Briefe aus Deutschland, Österreich und der Schweiz, aus Italien und der Türkei. So wurde das Buch auch ins Italienische übersetzt, und Güzin Özkan schrieb zu ihrer Diplomarbeit: »Ich wünsche mir, dass dieses Werk in türkischer Sprache erscheint und besonders von Eltern, die ihre Kinder verlassen haben, gelesen wird.«

Das Thema Heimkinder beschäftigt viele Menschen. Mein Buch veranlasste Betroffene und Interessierte, mir zu schreiben. Leider ist es mir nicht möglich, allen zu antworten. Doch ich möchte mich auf diesem Wege bei allen bedanken, die sich bei mir gemeldet haben – besonders bei den Kindern und Jugendlichen, die den Mut hatten, über ihre Probleme zu reden, oder die sich ganz einfach dem Thema Heimkind gestellt haben.

Es gab aber auch immer wieder Anfeindungen von Seiten ehemaliger Pädagogen, die an ihren Erziehungsmethoden bis heute nichts Verwerfliches finden.

Jedoch überwog die Zustimmung von Lehrern und Erziehern, die im Nachhinein ihre Arbeitsweise mit Kindern in Frage stellten.

Dennoch blieb bis heute vieles im Dunkeln. Ein böses Wort, eine schlechte Handlung gegenüber einem Kind können prägend sein und das ganze spätere Erwachsenenleben beeinflussen.

Ich wünsche mir, dass alle Pädagogen und die, die sich dazu ausbilden lassen, begreifen, dass ihnen anvertraute Kinder in liebevoller Sorge und Respekt besser gedeihen als mit Willkür und Missbrauch.

Ursula Burkowski, Berlin 2010

Vorwort zur Erstausgabe

In diesem Buch schreibe ich über meine schwierige Kindheit und Jugend.

Als ich mit zehn Jahren lernte, meine Umwelt zu begreifen, nahm ich mir vor, alles einmal aufzuschreiben. Mein erstes Tagebuch hatte ich mit 1 4 Jahren. Es ist von einem Freund, der eifersüchtig war, zerrissen worden.

1989 flüchteten viele Eltern ohne ihre Kinder durch die plötzlich offene Grenze in den Westen. Die Heime füllten sich mit verlassenen Kindern. Nun stand mein Entschluss fest: Ich muss allen Menschen zeigen, wie Kindern und Jugendlichen, die ohne Elternhaus aufwachsen, zumute ist. Denn wer weiß das schon? Wer macht sich schon Gedanken darüber, warum Kinder, wenn man sie befragt, über sich selbst schweigen?

Mancher jugendliche Leser wird sich in meinem Buch wiederfinden, trotzdem ist es eher ein Buch für Erwachsene. Aufmerksam gelesen, trägt es dazu bei, Verständnis für diese Kinder und Jugendlichen zu wecken, die es mit ihrer Umwelt und sich selbst schon schwer genug haben.

Ursula Burkowski, Berlin 1991

So könnte es gewesen sein

Ost-Berlin 1953. Eilig läuft die Frau durch den kalten Dezemberregen. Sie weiß, das ist ihre letzte Chance: Wenn sie die nicht nutzt, muss sie wieder ins Gefängnis.

Endlich, der Bahnhof! Die S-Bahn steht schon da. Hoffentlich kommt keine Polizeikontrolle, denkt sie und geht schneller. Gerade noch rechtzeitig erreicht sie den Wagen, denn da fährt der Zug auch schon los, Richtung West-Berlin.

Erleichtert lässt sie sich in einer Ecke auf die harte Holzbank fallen. Sie schaut in die dunkle Nacht und spürt Schadenfreude in sich aufsteigen. Das Leben noch einmal neu beginnen, ohne die Vergangenheit, das ist ihr Ziel.

Zufrieden betrachtet sie ihr Spiegelbild im Fenster, sie ist noch immer eine schöne Frau. Als der Zug hält, hört sie: »Lehrter Bahnhof«, erste Station in West-Berlin.

Weihnachten

Langsam geht der alte Mann durch die gottverlassene Gegend von Kaulsdorf. Ob seine Tochter es am Heiligabend den Kindern gemütlich gemacht hat? Er ist sich nicht sicher. Zu oft hat er die Kinder allein vorgefunden. Die Angst um seine Enkel treibt ihn hastiger vorwärts.

Erschöpft von der Anstrengung des langen Fußmarsches, erreicht er das einsame Haus am Bahngelände. Fast gespenstisch hebt es sich in der trüben Dämmerung gegen den Himmel ab. In den Fenstern brennt kein Licht, die Angst schnürt ihm fast das Herz ab. Also doch! Leise ruft er nach den Kindern. Erleichtert sieht er das schwarze Loch eines geöffneten Oberfensters. Er ruft noch einmal, diesmal lauter, dann hört er die Stimme seines ältesten Enkels.

»Opa, hilf uns! Wir sind allein und haben Hunger. An den Wasserhahn komme ich heran, zu trinken haben wir!«

Der Mann versucht, seine Enkel zu beruhigen, und ruft: »Ich hole Hilfe, bin gleich zurück!«

Mit Gewalt brechen die Polizisten die verschlossene Tür auf. Ein fürchterlicher Gestank von Kot und Urin schlägt ihnen entgegen. Der Lichtschalter funktioniert nicht. Beim Einschalten der Taschenlampe bietet sich ihnen ein grauenvolles Bild. Nackt, verdreckt und völlig unterernährt sitzen die Kinder auf den schmutzigen Holzdielen. Ein etwa zweijähriges Mädchen schaut mit großen, traurigen Augen still auf die Fremden und versucht, mit der einzigen Decke im Zimmer seinen mageren Körper zu wärmen. Im Zimmer herrscht eisige Kälte, der Kachelofen ist offenbar seit Tagen nicht geheizt worden. In einer Ecke steht ein rostiges Metallgitterbett, in dem ein vier Monate altes Mädchen liegt, mit den Haaren an den Gitterstäben festgefroren. Der vierjährige Bruder hat versucht, den schreienden Säugling mit Wasser aus der Suppenkelle zu füttern, er fand keine Flasche.

Fast eine Woche sind sie allein gewesen und haben trotz Hunger und Kälte überlebt.

Nach einem langen Krankenhausaufenthalt trennt man die Geschwister und bringt sie in verschiedenen Heimen unter.

Kinderheim

So bekam ich mit zwei Jahren den ersten Kontakt mit der staatlichen Gemeinschaft. Das Heim, in das man mich brachte, ist das größte Kinderheim in Europa. Es liegt im Süden der Stadt Berlin (Ost) in einem Wald, der Königsheide. Sechshundert Kinder fanden hier eine Unterkunft, ein Zuhause oder was sonst so ein Kind von einem Kinderheim halten mochte.

Von der Straße, der Südostallee, ist das Heim durch ein schmiedeeisernes Tor, verziert mit Eichhörnchen, zu betreten. Der Hauptweg endet vor der Schule, die dem Tor genau gegenüber steht. Rechts und links des breiten Weges zweigen kleinere Wege zu den Wohnhäusern ab. Große Rasenflächen mit Blumen und Bäumen vollenden die parkähnliche Gestaltung der unmittelbaren Umgebung. Hinter jedem Haus gibt es einen Spielplatz.

In den Häusern Nummer 1, 3 und 4 leben die Kinder, die zur Vorschule oder Schule gehen, in Gruppen. In Nummer 2 beginnt das Heimleben für die Säuglinge.

Im Wirtschaftshaus mit der Schuster-, Schlosser- und Schneiderwerkstatt, der Wäscherei und der Kleiderkammer befindet sich für etwa zweihundert Kinder der Speisesaal. Auch der Heimleiter wohnt dort, und im gleichen Gebäude hat die Fürsorge ihr Büro. Außerdem gehören zum Heim ein Schulgarten, ein Sportplatz, eine Turnhalle und eine Freilichtbühne.

Im Alter von zwei Jahren machte ich meine ersten Lebenserfahrungen mit der Kinderschwester. Sie band mich mit Gurten an das Kinderbett, so konnte ich nicht hinausklettern.

Ich weinte oft, denn die Gurte taten weh.

Besondere Freude schien sie daran zu haben, mich auf ein Schaukelpferd zu setzen. Ich schrie fürchterlich vor Angst, und je lauter ich weinte, desto stärker schaukelte sie mich.

Mit drei Jahren kam ich in das Vorschulhaus. Dort lernte ich ziemlich schnell, wie einsam Gruppenerziehung machen kann, aber auch, wie ich mich davor schützen konnte. Vor allem zwei Erlebnisse zeigten mir das deutlich.

Als ich einmal dringend zur Toilette musste, fragte ich die Erzieherin, ob ich gehen dürfe, denn ohne ihre Erlaubnis durften wir die Gruppe nicht verlassen. Wir spielten auf dem Waldspielplatz, der fünf Minuten vom Haus entfernt lag.

Sie sagte: »Halt aus, bis wir hineingehen!«

Ich bettelte so sehr, dass sie mich schließlich doch gehen ließ, aber auf der Treppe machte ich mir in die Hose. Den Rest des Tages lebte ich in Angst davor, dass es jemand merken könnte und ich dafür eine Strafe bekäme. Davor fürchtete ich mich am meisten, denn bestraft wurde immer im Kollektiv. Alle mussten sich um das »böse« Kind stellen und auf das Kommando der Erzieherin »Pfui, pfui« rufen oder Ähnliches.

Mein Unglück war, dass ich meine Sachen nie ordentlich auf den Stuhl legte. Ausgerechnet an diesem Abend hatte ich sie besonders sorgfältig zusammengelegt, den Schlüpfer ganz unten. Dadurch verriet ich mich. Ich stand nackt im Waschraum, als die Erzieherin mit meiner Hose in der Hand hereinkam und in drohendem Ton fragte: »Hast du eingepullert?«

Vor Schreck und Angst bekam ich kein Wort heraus. Da rief sie alle Kinder in den Waschraum. Sie standen um mich herum, starrten mich an und warteten auf ihren Einsatz. Und dann brüllten alle auf den Befehl der Erzieherin im Chor: »Einpuscher, Einpuscher!«

Das Auslachen und die Beschimpfungen der Kinder schüchterten mich ein, ich schämte mich furchtbar, konnte aber nicht weinen. Daraus lernte ich, mich beim nächsten Mal schlauer zu verhalten.

Es war die Nacht vor dem 1. Juni, dem Tag des Kindes. Dieser Tag wurde als Höhepunkt des Jahres mit viel Tamtam im Heim gefeiert. Dazu gehörten einstudierte Tänze, Spiele, Luftballons und Bonbons. Unsere Erzieherin ermahnte uns, nicht ins Bett zu machen.

Ich gehörte nicht zu den Bettnässern, doch in dieser Nacht musste ich dringend auf die Toilette. Wir waren sechs Kinder im Schlafraum. Leise stand ich auf, ging zur Tür, erreichte die Klinke aber nicht. Ich war zu klein.

Langsam ging ich zum Bett zurück, setzte mich auf den Rand und überlegte, wie ich am besten aus dem Zimmer käme, da passierte es auch schon. Am liebsten hätte ich geweint, aber dann fiel mir ein: Vielleicht wird ein Kind davon wach und petzt? Die Strafe vom ersten Mal hatte ich nicht vergessen. Mit Mühe unterdrückte ich die aufkommenden Tränen, dachte an die Brause, die es am Morgen geben würde und auf die ich nicht verzichten wollte.

In meinem Zimmer lag ein Junge, von dem ich wusste, dass er Bettnässer war. Schnell zog ich mein Laken ab, warf es auf das Bett des Jungen und hockte mich auf den Fußboden, um ihm sein Laken unter dem Körper wegzuziehen. Als ich es hatte, ohne dass er davon erwachte, freute ich mich, denn es fühlte sich noch warm und trocken an. Gerade als ich damit beschäftigt war, das geklaute Laken über meine Matratze zu ziehen, ging das Licht an, und die Nachtwache stand im Raum.

»Was machst du denn da?«

»Mein Bett ist so zerwühlt«, antwortete ich, »ich will es ordentlich machen.«

Bei dieser Lüge wagte ich es nicht, sie anzusehen. Glücklicherweise entdeckte sie das Laken auf dem Jungen, ich hatte es einfach über seinen Körper geworfen. Sie nahm es in die Hände, betrachtete es von allen Seiten und schimpfte dabei: »Der hat ja schon wieder eingemacht!«

Wütend faltete sie das Laken zusammen, legte den schlafenden Jungen darauf, löschte das Licht und verließ den Raum.

Am nächsten Morgen fragte die Erzieherin: »Wer hat in der Nacht eingemacht?« Prüfend ging sie von einem Bett zum anderen. Die Kontrolle endete am Bett des Jungen, mein Herz schlug vor Aufregung bis zum Hals. Aber zum Glück war das Laken getrocknet. Ich war sehr erleichtert, denn nun bekamen wir alle Brause und keine Strafe.

Die Erzieher kamen, wenn es ums Strafen ging, auf die sonderbarsten Ideen. Redeten wir beim Abendessen zu laut, knipsten sie ohne Warnung das Licht aus und zogen die Vorhänge zu, so dass es stockdunkel im Zimmer war. Vor Angst schrien und weinten alle Kinder laut durcheinander. Sobald das Licht ausging, rutschte ich von meinem Stuhl unter den Tisch; hier fühlte ich mich sicher, hatte aber trotzdem wahnsinnige Angst vor dem Murmelmann.

Das Weinen der Kinder schien bei den Erzieherinnen erst dann Befriedigung zu finden, wenn es in lautes Brüllen überging. Das erreichten sie, indem sie von draußen an die Fensterscheiben klopften und dabei mit verstellter Stimme riefen: »Hu, hu, hier ist der Murmelmann, ich komme euch jetzt holen!«

Wenn wir dann schrien: »Nein, nein, wir sind wieder artig!«, ging das Licht an, und kein Kind wagte, auch nur zu schluchzen.

Geburtstag

Der Tag, an dem ich erfuhr, dass jeder Mensch einen Geburtstag hat, war viel aufregender als mein Geburtstag selbst.

Wir tobten gerade im Schlafraum, da stand die Erzieherin plötzlich vor uns und drohte einem Jungen: »Wenn du nicht sofort mit der Toberei aufhörst, fällt morgen dein Geburtstag aus!«

Nun wollten wir alle wissen, was ein Geburtstag ist. Ich musste darüber lachen, dass es einen Tag gab, an dem sich andere freuten, dass ich geboren war. Bisher hatte ich noch nie so eine Feier erlebt.

Vorsichtig fragte ich: »Wie lange dauert es noch bis zu meinem Geburtstag?«

»Du? Du hast in zwei Tagen Geburtstag.«

»Wie alt werde ich dann?«, rief ich erwartungsvoll und sprang dabei vor lauter Übermut und Freude gleich wieder herum. Ihre Ermahnungen waren vergessen.

»Fünf Jahre«, antwortete sie, und zur Strafe schickte sie mich in den Hof, dort sollte ich mir den Kopf abkühlen.

Draußen regnete es wie aus Kannen, aber es machte mir nichts aus. Ich tanzte um den Buddelkasten und rief dabei: »Hurra, hurra, ich habe einen Geburtstag!«

Plötzlich hielt ein schwarzes Auto im Hof, ein Mann winkte mir aus dem Wagenfenster zu. Ich lief zu ihm. Obwohl ich vom Regen klitschnass war, sollte ich einsteigen, was ich ohne zu zögern tat.

»Was macht so ein kleines Mädchen wie du hier draußen im Regen?«, fragte er. Ich erzählte von meiner Strafe und weshalb ich sie bekommen hatte. Im Auto war es angenehm warm und trocken, ich hörte den Regen auf das Dach prasseln und fühlte mich zum ersten Mal geborgen. Der Mann erzählte mir ein Märchen. Am liebsten wäre ich nie mehr ausgestiegen. Doch auf einmal stand die Erzieherin am Auto. Ich musste zurück ins Haus gehen. Heimlich drehte ich mich an der Haustür noch einmal nach dem Auto um. Ich sah, wie der Mann mit der Erzieherin sprach. Am nächsten Tag, ich spielte gerade mit Bausteinen, betrat der Mann mit vielen fremden Leuten das Spielzimmer. Sofort entdeckte er mich. Lachend nahm er meine Hand und sagte: »Wir machen jetzt eine Autofahrt.«

Während der Fahrt fragte er mich, ob ich die Kindersendung vom Meister Nadelöhr kenne. Natürlich kannte ich sie, alle Kinder kannten sie. Immer, wenn wir artig waren oder die Erzieher ihre Ruhe haben wollten, durften wir im Hausleiterbüro fernsehen.

So wurde ich für kurze Zeit eine Entdeckung für das Kinderfernsehen. Bei den Probeaufnahmen langweilte ich mich. Ich verstand nicht, weshalb die Großen immer dasselbe sagen sollten. Als die Drehtage endeten, war ich froh, wieder richtig spielen zu können.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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