Zeugen der Anklage - John Grisham - E-Book

Zeugen der Anklage E-Book

John Grisham

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Beschreibung

Lacy Stoltz, Anwältin bei der Rechtsaufsichtsbehörde in Florida, wird mit einem Fall richterlichen Fehlverhaltens konfrontiert, der jede Vorstellungskraft übersteigt. Ein Richter soll über viele Jahre hinweg Bestechungsgelder in schier unglaublicher Höhe angenommen haben. Lacy Stoltz will dem ein Ende setzen und nimmt die Ermittlungen auf. Eins wird schnell klar: Dieser Fall ist hochgefährlich. Doch Lacy Stoltz ahnt nicht, dass er auch tödlich enden könnte. In dieser Kurzgeschichte erfährt der Leser die spannende Vorgeschichte zu diesem Korruptionsfall. Die Geschichte "Zeugen der Anklage" entspricht 34 Manuskriptseiten.

Die Kurzgeschichte "Zeugen der Anklage" erscheint exklusiv als ebook only.

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Seitenzahl: 87

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Das Buch

Lacy Stoltz, Anwältin bei der Rechtsaufsichtsbehörde in Florida, wird mit einem Fall richterlichen Fehlverhaltens konfrontiert, der jede Vorstellungskraft übersteigt. Ein Richter soll über viele Jahre hinweg Bestechungsgelder in schier unglaublicher Höhe angenommen haben. Lacy Stoltz will dem ein Ende setzen und nimmt die Ermittlungen auf. Eines wird schnell klar: Dieser Fall ist hochgefährlich. Doch Lacy Stoltz ahnt nicht, dass er auch tödlich enden könnte. In dieser Kurzgeschichte erfährt der Leser die spannende Vorgeschichte zu diesem Korruptionsfall.

Die Kurzgeschichte »Zeugen der Anklage« erscheint exklusiv als ebook only.

Der Autor

John Grisham hat 29 Romane, ein Sachbuch, einen Erzählband und sechs Jugendbücher veröffentlicht. Seine Bücher wurden in mehr als 40 Sprachen übersetzt. Er lebt in Virginia.

JOHNGRISHAM

ZEUGEN DER ANKLAGE

Kurzgeschichte

Aus dem Amerikanischen vonKristiana Dorn-Ruhl

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Die Originalausgabe erschien unter dem TitelWitness To A Trial bei Doubleday, New York
Copyright © 2016 by Belfry Holdings, Inc. Copyright © 2017 der deutschen Ausgabe by Wilhelm Heyne Verlag, München, in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München Redaktion: Oliver Neumann Umschlaggestaltung: Nele Schütz Design, München

1

Der erste Zeuge der Anklage war der Sheriff von Brunswick County, einem spärlich besiedelten Winkel im Nordwesten Floridas, dem sogenannten Panhandle. Clive Pickett, ein einfacher Mann vom Land, trat in voller Uniform in den Zeugenstand und schwor, die Wahrheit zu sagen. Seine Aufgabe war es, den Tatort zu beschreiben und den Geschworenen zu berichten, was er und seine Leute vorgefunden hatten.

Zwei Leichen hätten dort gelegen, eine männliche und eine weibliche, beide nackt und mit Einschusslöchern im Kopf. Sie hätten sich im Schlafzimmer der Frau befunden, und alles habe darauf hingedeutet, dass sie auf frischer Tat ertappt worden seien. Die Frau sei mit jemand anders verheiratet gewesen, der Mann ebenfalls. Am 17. Januar 1995, irgendwann zwischen 14 und 15 Uhr, müsse der Angeklagte, der drüben am Tisch der Verteidigung sitze, hereingestürmt sein und sie entdeckt haben. Er sei der Ehemann der Frau gewesen und habe den Mann gut gekannt.

Das erste große Farbfoto, Beweisstück Nr. 1 der Staatsanwaltschaft, zeigte die Außenansicht des Hauses, in dem die Tat stattgefunden hatte. Der alte Holzbau lag in der Tinley Road, etwa dreieinhalb Kilometer außerhalb des Tappacola-Reservats, also nicht auf Stammes-, sondern auf Countygebiet und somit in Picketts Revier. Der Sheriff erklärte, es habe keine Hinweise auf gewaltsames Eindringen gegeben. Der Ford-Pick-up Baujahr 1984 in der Einfahrt habe dem Verstorbenen gehört, einem gewissen Son Razko.

Das zweite Foto, Beweisstück Nr. 2, zeigte die Frau, rücklings auf dem Bett liegend, Kopf und Schultern in einer Lache von Blut, das die weißen Laken durchtränkte. Der Verteidiger hatte die Verwendung der Fotos abgelehnt, weil sie reißerisch und einseitig belastend seien, doch sein Einspruch war abgewiesen worden. Fotos vom Tatort wurden grundsätzlich zugelassen, ganz gleich wie gruselig sie waren. Die Geschworenen reichten das zweite Foto eifrig weiter, obwohl manchen bei dem Anblick das Entsetzen ins Gesicht geschrieben stand und andere gar nicht hinsehen konnten. Das Gleiche galt für das dritte Foto, Beweisstück Nr. 3, auf dem der Mann zu erkennen war, der in seinem eigenen Blut ausgestreckt auf dem Boden lag. Auf den nächsten beiden Fotos, den Beweisstücken Nr. 4 und 5, sah man das Schlafzimmer und die Leichen aus verschiedenen Perspektiven. Während die Bilder auf der Jury-Bank die Runde machten, warfen die Geschworenen dem Angeklagten starre Blicke zu, als könnten sie es nicht abwarten, endlich das verdiente Urteil über ihn zu sprechen.

Vor den Geschworenen wurde ein Stativ mit einem großen Schaubild aufgestellt, und der Staatsanwalt ging mit Sheriff Pickett Schritt für Schritt den Grundriss des Hauses durch, das achttausend Quadratmeter große Grundstück darum herum, die Tinley Road sowie das angrenzende Stammesgebiet. Er hob hervor, wie abgelegen der Tatort sei, dass das nächste Haus dreihundert Meter entfernt liege und von der Einfahrt aus nicht zu sehen sei.

Nachdem die äußeren Bedingungen detailliert geschildert worden waren, gab der Staatsanwalt den Zeugen für das Kreuzverhör frei, das jedoch nichts Neues ergab und nach wenigen Minuten beendet war. Sheriff Pickett wurde entlassen und durfte im Gerichtssaal verbleiben, da er nicht noch einmal aufgerufen werden würde.

Der Angeklagte. Name: Junior Mace, der Abstammung nach ein Tappacola-Indianer, siebenunddreißig Jahre alt, Vater dreier Kinder und Ehemann von Eileen, deren Ermordung ihm zur Last gelegt wurde. Bis zu seiner Verhaftung war er Lkw-Fahrer gewesen und hatte für eine Firma in Moreville Propangas ausgeliefert. Der Job warf kaum genug ab, um die Familie über Wasser zu halten. Er und seine Frau mussten ein kleines Darlehen auf das alte Haus abzahlen, das sie Eileens Eltern vor deren Tod abgekauft hatten. Da Junior über keinerlei finanzielle Polster verfügte, musste er sich mit einem vom Gericht zugewiesenen Verteidiger begnügen.

Junior war mit über einem Meter achtzig ein großer schlanker Mann und hatte langes dunkles Haar, das ihm bis zum Kragen reichte. Obwohl er bis zur Eröffnung des Verfahrens bereits fünfzehn Monate im Gefängnis verbracht hatte, war seine Haut dunkel wie eh und je. Im Prozess trug er jeden Tag dieselbe Kleidung – verblichene Jeans, Stiefel, ein braunes Lederhemd und Perlen an beiden Handgelenken. Aufrecht und stolz saß er da und hörte sich jedes Wort an, ohne mit der Wimper zu zucken, obwohl er seine Unschuld am liebsten hinausgeschrien hätte.

2

Der zweite Zeuge der Anklage war ein Provinzpolizist namens Willard, der sich offiziell Detective der Mordkommission nennen durfte, in Wahrheit aber nichts weiter war als ein altgedienter Deputy in Picketts magerer Truppe. Er erwähnte, dass er in den elf Jahren, die er für den Sheriff arbeitete, insgesamt nur vier andere Mordfälle bearbeitet habe. Der Verteidiger ging nicht darauf ein. Für den Anlass hatte sich Willard in sein einziges Jackett gezwängt, das er vor Jahren gekauft hatte, als er fünfunddreißig Kilo leichter gewesen war.

Willard berichtete der Jury, dass die Polizei sofort nach dem Angeklagten gesucht habe, nicht weil er verdächtig gewesen wäre, sondern weil er zur Familie gehöre. Sie hätten sich allerdings gewundert, als gegen 19 Uhr ein Barmann aus einer vierundzwanzig Kilometer entfernten Kneipe im Büro des Sheriffs angerufen und berichtet habe, dass Junior Mace in seinem Pick-up über dem Lenkrad hänge, zu betrunken zum Fahren sei und Hilfe brauche. Der Barmann habe gesagt, dass Junior ihm bekannt sei, und gemeint, er wolle der Polizei nur Bescheid sagen, damit Junior die Sicherheit der anderen Verkehrsteilnehmer nicht gefährde. Willard habe sich mit zwei weiteren Beamten unverzüglich zu der Kneipe begeben, wo sie Junior in dessen Wagen vorgefunden hätten, bewusstlos und mit schwachem Atem. Sie hätten einen Rettungswagen gerufen, der Junior nach Walton County ins Krankenhaus verbracht habe. Anschließend habe Willard ohne Durchsuchungsbeschluss den Pick-up durchsucht und eine Smith & Wesson mit zwei Kugeln in der Trommel gefunden. Unter dem Vordersitz habe außerdem eine Brieftasche gelegen, die Son Razko gehörte.

Beweismittel Nr. 6 der Anklage war der Revolver, dessen Zulassungsnummer herausgefeilt worden war, Nr. 7 die Brieftasche mit Mr. Razkos Führerschein, zwei Kreditkarten einer Bank und einer Ölgesellschaft sowie siebzehn Dollar in bar. Die Beweismittel wurden unter den Geschworenen herumgereicht.

Schon vor Monaten hatte die Verteidigung beanstandet, dass die Durchsuchung des Pick-ups ohne richterliche Anordnung erfolgt war, obwohl es keinen hinreichenden Verdacht und keine solide juristische Grundlage dafür gegeben hatte. Doch die Richterin hatte entschieden, dass die Durchsuchung rechtens gewesen sei, und so waren Waffe und Brieftasche als Beweismittel zugelassen.

Die Richterin. Name: Claudia McDover, Alter: vierzig. Im Jahr davor hatte sie ihren Vorgänger, der das Amt achtzehn Jahre lang innegehabt hatte, mit eintausend Stimmen Vorsprung geschlagen. Es war ihr erster Mordprozess, bei dem die Todesstrafe zur Debatte stand, genau genommen war es überhaupt ihr erster Mordprozess. Bevor sie Richterin geworden war, hatte sie als Kleinstadtanwältin mit anständigem Ruf und bescheidenem Erfolg gearbeitet. Mit einem satten Wahlkampfbudget im Rücken hatte sie monatelang an Türen geklopft und versprochen, in ihrem Gericht ein strenges Regiment zu führen. Sie war eine vehemente Verfechterin der Todesstrafe und wirkte fest entschlossen – zumindest aus Sicht der Anwälte, die den Fall verfolgten –, in der Sache Junior Mace ein Todesurteil zu fällen. Sie fand, dass sie das ihren Wählern aus dem ländlichen Nordwesten Floridas schuldete.

3

Der dritte Zeuge war der Barmann. Er ließ sich Spike nennen, und es war nicht zu übersehen, dass er den Großteil seines Lebens am Tresen verbracht hatte, entweder davor oder dahinter. Seine langen grauen Haare waren zu einem strengen Pferdeschwanz gekämmt, die Ohren mit Metall verziert. Ein weißes, spitz zulaufendes Bärtchen markierte sein Kinn. Spike wirkte im Zeugenstand so entspannt, als würde er Bier zapfen. Er berichtete den Geschworenen, dass Junior mindestens einmal pro Woche nach Feierabend auf ein paar Bier vorbeigekommen und normalerweise gut gelaunt und gesprächig gewesen sei. Bei diesem letzten Besuch aber habe er verstört gewirkt. Er habe hastig zwei Bier getrunken – wie immer Flaschenbier, nie vom Fass oder aus der Dose –, ohne ein Wort zu sagen. Dabei habe er am Ende des Tresens gesessen und starr vor sich hin geblickt, als wäre er in einer anderen Welt. Spike hatte dann anderweitig zu tun, weil neue Gäste eintrafen. Doch er bekam mit, dass Junior von der Theke aufstand, um mit einem Mann Darts zu spielen, den Spike in seinem Lokal noch nie gesehen hatte.

Junior bezahlte immer bar, sodass es keine Belege darüber gab, wie viele Biere er bestellt hatte. Außerdem hatte der Fremde ein paar Runden übernommen. Spike sah nicht, wie Junior die Bar verließ, doch gegen halb sieben flüsterte ihm ein Stammgast zu, dass auf dem Parkplatz ein Betrunkener umgefallen sei. Spike ging nach draußen, fand Junior, der mit dem Rücken an der Wand auf dem Boden kauerte, und hievte ihn in den Pick-up. Als Spike ihn um den Autoschlüssel bat, wehrte Junior ab und wurde für einen kurzen Moment handgreiflich. Daraufhin habe Spike Clive Pickett angerufen, um zu melden, dass es ein Problem gebe. Binnen zwanzig Minuten seien Officer Willard und zwei weitere Beamte vor Ort gewesen.